Dienstag, 18. Januar 2011
Einmal luftgeholt - keine Atempause - Geschichte wird gemacht
Als ich im Herbst 2008 angesichts der ersten Riots in Griechenland prognostizierte, in Folge der Weltwirtschaftskrise würde es überall in Schwellen- und schwachen Industrieländern zu einer Welle von Aufständen in der Art der Brotpreisrevolten der 80er Jahre kommen und es sei jetzt einer der wichtigsten Aufgaben der hiesigen Linken, sich darauf einzurichten und dazu in irgendeiner Weise zu verhalten schallte mir unisono in der Blogwelt wie im real life entgegen das sei Quatsch und eine Mischung aus altlinker Revolutionsromantik und autonomer Krawallust, aber nichts politisch Fundiertes. Meine Antwort, die Fundierung seien die Mechanismen, nach denen kapitalistische Krisen nun einmal sich entwickeln plus die historische Erfahrung überzeugte so gut wie Niemanden.


Bislang scheint es aber so zu sein, dass ich in Allem Recht behalten habe, und in was für einem Gesamtszenario die Möglichkeiten linker Bewegungen hier verortet sind (oder sein können) skizziert Monoma.

"In der Gesellschaft des Spektakels sehen die Revolutionäre ihre Züge nicht einmal mehr davonfahren" (Guy Debord)

http://autismuskritik.twoday.net/stories/assoziation-2011-das-jahr-das-keine-gnade-kennt/

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Recht haben.
http://imagedir.org/Icons/arguing.jpg

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letztendlich würde ich auch die v.a. von SchülerInnen aus den "abgehängten" Stadtteilen Londons getragene militante Gegenwehr gegen die Bildungskürzungen da einordnen: Britannien ist letztendlich ein weitgehend deindustrialisiertes Land mit schlechtem Wetter, Atomwaffen und einem niedergehendem Finanzsektor, welcher dabei ist, seine Weltgeltung zu verlieren

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Mutig gewinselt!
Die Zustände im perfiden Albion führen aktuell zu rassistischen Auswüchsen wie denen:

http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=PTdkWyDMQGQ

Dort wird ein Mensch mit Migrationshintergrund, Chuka Umunna, der es trotz widriger Umstände bis in die Politik geschafft hat, bitter verhöhnt. Race riots sind die wohl kaum noch zu vermeidende Konsequenz.

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Wir haben die Mütter aller Commodity Preis Rallies. Wir haben die sogenannten Schwellenländer mit einem für nächstes Jahr prognostizierten Wachstum von 6% gegenüber 2% Industrieländer.
Die Demonstranten in Tunesien äussern sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Nichts deutet darauf hin, dass dort Marxisten oder Anarchisten das Heft des Handelns in der Hand hielten.
Warum sollte ausgerechnet jetzt in Schwellenländern ein Aufstand im Sinne marxistischer Ideen stattfinden?
Brotpreisrevolten vermutlich. Und zwar wegen der Commodity Preis Rallye, von der viele agrarexportierende Schwellen- und Entwicklungsländer auch stark profitieren.
Aber in Entwicklungsländern, nicht in Schwellenländern oder PIGS-Ländern.

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Marxisten sind das teilweise schon, aber eher im Sinne eines Bebelschen Arbeiterbewegungsmarxismus als im Sinne der Wertkritik. Die wollen neben Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Preissenkungen, Lohnerhöhungen und Konjunkturprogramme. Und Tunesien ist keines der Schwellenländer, die von der aktuellen Entwicklung sonderlich profitieren. Sieh das mal nicht durch eine Lateinamerika- oder Südostasienbrille. Die nichtölexportierenden arabischen Staaten sind da in einer ganz anderen Situation.

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Und eine Brotpreisrevolte ist das im Übrigen, nur ohne IWF-Diktat. Eine Revolte gegen aufgrund einer weltweiten Finanzkrise mit gleichzeitiger Lebensmittelpreishausse erfolgten Preiserhöhung, im Grunde einer klassischen Emeute des Vormärz strukturell eng verwandt.

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Reale Wachstumsraten um zwischen 4,5 bis 6% bis 2008. Keine türkischen Werte, aber so schlecht erscheint das erstmal nicht. Und ein großer Wandel im gesamten Maghreb besteht in den sinkenden Geburtenraten. Das gibts in Tunesien seit einiger Zeit. Zumindestens 2004.
Vom BIP Kaufkraftparität sind die etwa wie Kolumbien, Peru.
Für mich sieht das erst einmal wie ein Aufstand gegen den Schmutz in der Politik. Vergleichbar vielleicht zu der Entrüstung in Peru, die zur Absetzung Fujimoris im Jahr 2000 führte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Vladimiro_Montesinos
Eine wirtschaftspolitische Richtung seh ich da überhaupt nicht.

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Ein Großteil der Leute, die die Revolte dort tragen, neben der liberalen Intelligenz und den Gewerkschaften sind junge Leute mit einem sehr spezifischen Hintergrund (kenne Einige von denen persönlich und habe sie in Tunesien erlebt): Die studieren in Frankreich und Deutschland oder machen in Deutschland eine handwerkliche Ausbildung (Ausbildungsstipendien für Lehrlinge in Handwerken wie Bäcker, Konditor, Schlachter oder Koch hat Deutschland gegen die Auflage, dass die nach ihrer Ausbildung nach Tunesien zurückkehren an Tausende bis Zehntausende Tunesier vergeben) oder arbeiten eine Weile bei VW oder BASF und kehren dann zurück, bekommen aber keine Arbeit - Jobvergabe verläuft über Mauscheleien mit korrupten Beamten, Auslandsrückkehrer kommen in die Netzwerke gar nicht erst rein. Die haben deutschen Lebensstandard kennengelernt und eine entsprechende Anspruchshaltung entwickelt, zugleich haben sie eine freiere Gesellschaftsordnung kennengelernt als sie sie bisher kannten und kommen zurück in ein Land, wo für die meisten die "Perspektive" lebenslange Arbeitslosigkeit oder Tagelöhnerjobs lautet. Das ist die militante Basis der Proteste.

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Hier übrigens dazu eine kommunistische Stimme aus Tunesien:


http://entdinglichung.wordpress.com/2011/01/16/ein-statement-der-parti-communiste-des-ouvriers-de-tunisie-pcot-zur-situation-in-tunesien/

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vielleicht dazu passend:
frisch online gestellt: http://entdinglichung.wordpress.com/2011/01/18/proletarische-front-%e2%80%93-gruppe-westdeutscher-kommunisten-pf-von-der-programmatischen-erklarung-zum-aktionsprogramm-1972/ ... ein "Klassiker der Operaismus" in der BRD

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