Samstag, 26. Oktober 2013
Flüchtlingskämpfe, Queerkämpfe und Antietatismus
Gerade zur Zeit entwickeln sich gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen in eine Richtung, die hochinteressant ist. In Griechenland wird endlich gegen eine rasssistische Partei vorgegangen, die bisher gemeinsam mit den Bullen Jagd auf Flüchtlinge gemacht hat. Eine Genossin von mir hatte es erlebt, dass bei einer Demo für die Rechte von Refugees Nazis und Bullen Seite an Seite auf die DemonstrantInnen eingeprügelt hatten, bis sie selber völlig blutbespritzt war. Das Blut war nicht von ihr, die Umgebenden waren zusammengehauen bzw. teilweise mit Schrotflinten beschossen worden. (Comment an FreundInnen von Triggerwarnungen: So ist die Realität, und es wird nicht gewarnt.Take or leave real live). In Hamburg und Berlin läuft die Konfrontation zwischen Flüchtlings und ihren UnterstützerInnen und dem Staat an sich, mit durchaus militanten Aktionen von uns, also den antirassistischen Leuten gegen das System. In Frankreich mobilisierte sich eine mehrheitsfähige radikale Rechte gegen Schwule und Lesben, EinwanderInnen und Roma, und junge Leute, z.B. SchülerInnen, gehen vehement gegen diese vor, mit Streiks und Demos gewohnten französischen Charakters - wenn da gestreikt wird, fliegen die Bohrmaschinen durch die Fabrikhallen und werden Chefs in ihren Büros eingeschlossen. Was 1992 in dem Materialien für einen Neuen Antiimperialismus-Band "From Resistance to Rebellion" konstatiert wurde, nämlich, dass die Rassismus-Einwanderungs- und Sexismusfrage zur Grundlage einer Aufstandsbewegung werden könnte ist nun zumindest in Ansätzen da. Diese Ansätze aufzugreifen ist jetzt Aufgabe der Linken. Und das geht nicht ohne Kämpfe, es geht nicht ohne Risiko, ohne Verluste oder ohne Wagnisse. Es geht nur mit Angriff von unserer Seite. Fight the System! Millie, tanz!

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Millie tanzt nicht
Millie will nicht tanzen, außer vielleicht in Ausnahmefällen. Das Tanzen, besonders das wilde, das gilt ihr nämlich als unfein. Das ist heute wie gestern so.

Das ist im Übrigen auch vollständig logisch: Solange eine Bevölkerung in herkömmlichen Öffentlichkeiten eingebettet ist, können Protestformen - jedenfalls auf Dauer - nur dann aufrecht erhalten werden, wenn sie nicht skandalisierbar sind. Was also vereinzelt möglich ist im Kampf gegen Faschisten und Menschenfeinde, das ist längst noch nicht als Dauerveranstaltung mölglich, ja, nicht einmal auf andere Politikfelder übertragbar.

Sofern die Betreffenden sich selbst - und ihren Anliegen - nicht schaden wollen. Darum tanzt Milie eben nicht. Jedenfalls nicht sehr wild. Nicht heute - und auch nicht morgen.

Oh, und ich hätte - so rein gedanklich - beispielsweise schon gewisse Lust an der Vorstellung, wie ich mit meinen Kampfsporttechniken einem Krawatten tragenden Arschloch wie Pofalla in wenigen zehntel Sekunden einige Rippen breche.

Aber ganz real und dann auch noch als politisches Statement? Nein, Millie tanzt nicht. Che, deine Vorstellungen entbehren jeglicher Grundlage. Die Verhältnisse haben sich teils verschärft - aber längst noch nicht so weit, dass die Denke, die du hier propagierst, auch nur einen Hauch der Berechtigung hat, verwirklicht werden zu dürfen.

Eigentore sind nur im Fußball schön. Genau genommen auch nicht einmal dort. Würde ich es nicht besser wissen, würde ich dir beinahe schon unterstellen, ein verdummter Analyst einer einschlägig "geheimen" bundesdeutschen Einrichtung zu sein, der mit seinen Postings Leimruten im Internet auslegt.

So jedenfalls könnte man deine zusammenhanglos sinnlosen Gewaltverherrlichungen deuten. Falls daran auch nur einen Hauch wirklich politisch ernst gemeint gewesen sein sollte (was selbstredend nicht der Fall war), dann würdest du dir mit anderen zusammen eher Gedanken darüber machen, welche NEUEN Formen von gewaltloser Militanz, welche NEUEN Protestformen - zusammen mit bereits bewährten - für bestimmte politische Anliegen nützlich sind bzw. sein könnten. Und an Stelle seliger 80er-Jahre-Erinnerungen (an die alte, gewalttätige politische Militanz vereinzelter linker Extremisten nämlich) die Möglichkeiten neuer sozialer Kommunikation ausloten. Inklusive von Flashmobs, und halt eben das, was heute so geht. Auch so Sachen wie "Goldgrund Immobilien" - auch für andere Politikfelder. Da gäbe es ganz viel Neuland zu entdecken.

Und das konkret ausprobieren: Ob es funktioniert, und in welchen Rahmen das wirken kann. Mit angespitzten Fahnenhölzern, nur mal als Beispiel, auf hoch gerüstete Polizisten los zu gehen, und dabei irgendwelche wirren Anarchistenträume in den hochindividuellen Film schieben:

Das funzt nicht. Das ist einfach nur lächerlich.

P.S.
Ich fände es z.B. sehr witzig, wenn "schwarze Kontrollbeamte" eine Quasijagd auf Streifenpolizisten machen, dort "Kontrollen" vornehmen - in humorvoller, nicht bloß stellender Weise. Oder wenn in Guerilla-ähnlichen Aktionen normale Bürger "kontrolliert" werden, um damit auf die rassistischen Kontrollen durch die HH Polizei und die Praktiken des Sentas aufmerksam zu machen.

Wenn man so einen Ansatz gut ausarbeitet und öffentlichkeitswirksam gestaltet. Das wäre so eine Idee. Eine von tausenden.

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Oh der Kampf der Gerechten.
Dabei waren die Bewegungen, die sich der schwierigsten Forderungen der frz. Revolution, nämlich die Gleichheit, widmeten, gerade die, denen es gelang, die Gegenseite zum Nachdenken zu bringen, d.h. die Schwulen- und Frauenbewegung.
Meine Generation - und ich ganz bestimmt auch - wurden von aberwitzigen neoliberalen Ideen beeinflusst, die Existenz-Angst als produktives Moment zur Entwicklung der Menschheit postulierte.
Dass es diese Ideen überhaupt soweit brachten, zeigt doch, dass das menschliche Gehirn gegenüber irgendwelchen völlig unlogischen Makro-Theorien von der Evolution offensichtlich nicht gut ausgestattet wurde.
Und jetzt soll ich anderen Personen folgen, die kraft IHRER völlig unlogischen Makro-Theorien Ansätze aufgreifen, um auch meinen Träumen, Befürchtungen, Frustrationen, etc. als Bestandteil einer Massenbewegung in die wissenschaftliche Form zu geben.
Ich kann beobachten, wie die chilenische Gesellschaft ihr sehr extremes neoliberales Modell - an das ich selbst einmal geglaubt habe - immer mehr in Frage stellt. Erst die Massenproteste 2011, die Streiks 2012 und nun dieser lange Wahlkampf. Effektiv ist diese fortschreitende Demontage, wenn sie die richtigen Fragen stellen ohne genaue Vorstellungen über die Zukunft zu haben. Die hatte die Linke nämlich nie und sie wird sie nie auch haben, weil eine gerechtere Welt stets eine Tierra Incognita darstellt. Aber sie kann Menschen zum nachdenken bringen, selbst-bewusster machen, zu sich selbst führen.

http://www.youtube.com/watch?v=zxGdhnBEwtk

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Militanz ist für mich nicht gleichbedeutend mit Haue oder Sabotage. Straßenkontrollen durch Schwarze und Goldgrund-Immobilien: So etwas gehört zu unseren Praktiken. Wir haben mal vor einer Shoppingmeile am Samstag Straßensperren errichtet und an Passanten Passierscheine ausgeteilt, wer die haben wollte musste sich einer Anhörung unterziehen - Verfahrenssprache war Sorani. ich bin allerdings der Meinung, dass Widerstand sich niemals auf friedlich oder gewaltsam festlegen lassen darf, sondern in erster Linie für die Staatsmacht unkalkulierbar und unberechenbar sein muss, um die politischen Kosten einer falschen Politik unüberschaubar zu machen.

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@Dean, "zusammenhanglos sinnlose Gewaltverherrlichungen" usw.: Ich würde da ja eher von einer analytischen Beobachtung politischer Prozesse und daraus abgeleiteten Handlungsperspektiven sprechen. Und ich erinnere mal daran, dass im Oktober 2008, als in Griechenland Autonome wochenlang krawallierten und im Zuge dieser Auseinandersetzungen ein Jugendlicher von der Polizei erschossen wurde von Antibürokratieteam über Statler und Waldorf bis zu Dir und zu Metalust zu lesen war, dass dies reine Jugend- und Studentenkrawalle ohne gesellschaftspolitische Bedeutung seien. Ich hingegen schrub, dies sei der Anfang einer tiegreifenden Krise des Kapitalismus an sich, und auf Griechenland und überhaupt die Länder ums Mittelmeer herum würde Unruhen zu kommen, die vergleichbar den Brotpreisaufständen in den Schwellenländern der Achtziger Jahre seien. Dies wurde von fast allen an den damaligen Blogdiskusssionen Beteiligten vehement zurückgewiesen. Unisono mit Jo@chim, dessen Kommentarkurve und selbst Momorulez und Somlu schriebst Du - und zwar in den fast identischen Worten wie dort oben - dies seien die völlig haltlosen Omnipotenzfantasien eines Altautonomen und weit weg von der Realität. Betrachten wir einmal die Entwicklung seitdem - wer hat denn da Recht behalten?


@Willy, wir sind vielleicht weniger weit auseinander als es den Anschein hat. Ich denke da nicht an einen Linksruck, sondern eher an eine Zuspitzung der Verhältnisse, an eine Polarisierung, in der die immer marginale Linke angreifen muss, um nicht plattgemacht zu werden. Wir stehen immer mit dem Rücken zur Wand. Dies gibt uns einen gewissen Halt.

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Ich sehe eine ganz andere Entwicklung: Ein Erstarken der Rechten. Kürzlich sind innerhalb einer Woche zwei Linke Regierungen abgewählt und durch rechte ersetzt worden, in Australien und in Norwegen. In beiden Fällen haben die Rechten Wahlkampf gemacht mit dem Versprechen, die Zuwanderung zu mindern und damit vollen Erfolg gehabt. Dass die Front National z.Z. in Frankreich stärkste Partei in den Umfragen ist, hast du ja selbst erwähnt.

Das sind alles keine besonders konservativen Länder, aber die Rechte ist trotzdem auf dem Vormarsch.

Ich denke dass du die Stärke der Linken maßlos überschätzt. Wenn in Frankreich Schüler und Migrantenorganisationen auf die Straße gehen, ist irrelevant, solange 65% der Franzosen die Politik des Innenministers unterstützen.

Und ich befürchte, dass das so weiter gehen wird. ich bin eigentlich eher erstaunt, dass es in Deutschland bisher keinen vergleichbaren Rechtsruck gibt.

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"Betrachten wir einmal die Entwicklung seitdem - wer hat denn da Recht behalten?"

Bislang eher niemand. Der Altautonome nicht, weil es eben - mal abgesehen von der Notwehr gegen die "goldene Morgenröte" etc - keine massive Steigerung militanter Proteste in "Autonomen-Art" gegeben hat. Das ist, alles in allem, seitdem sogar eher weniger geworden.

Was mich dann auch verblüfft.

Und die Übrigen hatten eher keine Prognosen abgeliefert, insofern konnten sie nicht "Recht behalten". Ich war allerdings relativ prognosefreudig, und gucken wir mal da hin:

So weit ich mich erinnere (aber leider hält man sich im Rückblick für deutlich klüger, als man tatsächlich ist), habe ich ebenfalls krisenhafte sozioökonomische Zuspitzungen kommen sehen - allerdings einen daraus entwickelnden massiven Protest der Linken. Ich nahm damals an, dass die Protestdynamik eben nicht als Fortsetzung (oder gar Steigerung) der ultrabrutalen griechischen Autonomen stattfinden wird. So gesehen lag ich da (bislang!) insgesamt halbwegs richtig.

Ein gewisses Aufkommen der Rechten, überhaupt gesellschaftliche Radikalisierungsprozesse im Zusammenhang habe ich in Zusammenhang mit der sich ausbildenden Massenarbeitslosigkeit und der mehr als erschreckenden Jugendarbeitslosigkeit erwartet. Mit der Stärke des Aufkommens faschistischer Bewegungen (und gar wie in Frankreich einen Schulterschluss mit konservativen Kreisen z.B. bei den homophoben Demos) habe ich allerdings nicht gerechnet. Da lag ich ziemlich daneben. Und dass die Linke in den südeuropäischen Ländern insgesamt so zivil bleiben würde: Auch da lag ich falsch. Ich hatte eher damit gerechnet, dass neue linke Bewegungen aufkommen, darunter explizit kämpferische - die dann aber mit altautonomer Militanz weniger zu tun haben. Neue Formen von Radikalität. In Teilen (z.B. Besetzungsbewegungen in Spanien) gab es das, aber deutlich weniger, als ich es erwartet hatte.

Tja: Stattdessen bleibt die Linke in Südeuropa insgesamt bzw. von der Tendenz recht genau so, wie sie es schon vor der "Finanz"Krise war. In der Summe würde ich sagen, dass ich die kommenden Entwicklungen und Prozesse (wenn ich meine Position aus dem Jahr 2009 zum Vergleich nehme) eher schlecht getroffen habe. Zwar - das könnte man als weitblickend betrachten - habe ich z.B. ein weiteres Abrutschen der Finanzmärkte nach dem Herbst 2009 ausgeschlossen - und ging sogar von einer gewissen, darauf folgenden Börsenhausse aus. Den Dollarkurs hatten ich und Don ziemlich gut voraus gesagt. Ganz im Gegensatz zu Don ging ich von einem Zusammenbruch der Silberhausse aus, sogar deutlich unterhalb von 30 Dollar. Da lag ich, man könnte sagen: "goldrichtig". Dass es aber (auch infolge des flutenden Geldes) seit Ende 2009 zu einer massiven Hausse an den Börsen der OECD-Staaten (sogar inklusive Spanien, Portugal etc.) kommen würde, weit über die Spitzenstände der Jahre 2007 und 2008: das habe ich in dem Umfang nicht für möglich gehalten. Und auch nicht, dass es seit dem bei den Rohstoffpreisen eine sogar recht stabile Seitwärtsentwicklung gab. Ich rechnete mit deutlichen Schwankungen.

Das flutende Zentralbankgeld hat in den letzten Jahren ja interessante Seiteneffekte gehabt, beispielsweise eine deutliche Beschleunigung der Mietpreisanstiege in den Großstädten - und zwar völlig abgekoppelt von der Einkommensentwicklung. Was im Prinzip, besonders für junge Menschen, auf eine indirekte Senkung der Nettoeinkommen und eine verstärkte Umverteilung von unten nach oben hinaus läuft.

Das sich die erwartbare "Flucht in die Sachwerte" auf diese Weise auswirken wird, das habe ich nicht gesehen. Also, Summa Summarum: Ich kann mich nicht so stolz wie du, Che, hinstellen, dass ich Ende 2009 überwiegend oder gar alles voraus gesehen hätte.

Nein: Ich lag oft genug daneben. Noch 2011 wäre ich mir sicher gewesen, dass die FDP aus dem Parlament fliegt, und die CDU in der Bundestagswahl Opposition machen darf. Ich hätte mit einer etwas stärkeren Erneuerung der SPD gerechnet, und mit einer insgesamt kämpferischeren, aggressiveren Opposition. Auch damit, dass die Piraten den Sprung in den Bundestag knapp schaffen werden.

Auch mit dem ganzen Kram lag ich daneben. Insgesamt würde ich meinen Prognosen aus dem Herbst 2009 eine gemischte Bilanz ausstellen.

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Proteste in Autonomen-Art bzw. von Autonomen getragen finden in Griechenland seit 2008 in Permanent statt. Die robuste Verteidigung von Flüchtlingen gegen Attacken von gemischten Trupps aus Bullen und Faschisten ist dort auch seit 2009 Dauerthema. Und in Ägypten hat der Schwarze Block auf dem Tahrir-Square beim Sturz Mubaraks eine strategisch entscheidende Rolle gespielt. Auf diesem Blog war ja auch mal von den Diskussionen amerikanischer mit ägyptischen Schwarzen Blöcken die Rede, die sich untereinander vernetzen.

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Nö, sorry Che: Das ist keineswegs eine Erscheinung, die es erst ab 2008 gab. Das gab es schon lange davor! Und zwar ganz schön heftig sogar. Irgendwie habe ich den Eindruck, du hättest wenig Umgang mit Griechen bzw., dass du dir die Informationen aus den herkömmlichen Medien ziehst.

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Dass es dies erst seit 2008 in Griechenland gibt habe ich ja nicht behauptet. Dass es da eine durchgehende Kontinuität seit den 1980ern gibt weiß ich nur zu genau, und wenn Du mein ursprüngliches Posting oben genau gelesen hättest müsstest Du wissen, dass ich meine Informationen zumindest zum Teil aus dem persönlichen Kontakt mit Leuten beziehe, die selbst an den Auseinandersetzungen teilgenommen haben. Und den rein zahlenmäßig größten Teil an Infos bekomme ich aus den internen Verteilern der Antirassismusgruppen, Flüchtlingsräte und Antifagruppen, auch der Gewerkschaften.

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Mal zum Thema autonome Politik
"Autonom" bedeutet ja keineswegs dumpfes Demohauetum, sondern einen Politikbegriff, der sich auf den Operaismus und Postoperaismus, die Dependenztheorie und deren Weiterentwicklungen und z.B. die Positionen von "Materialien für einen Neuen Antiimperialismus", "Wildcat" und FELS aufbaut. Dazu gehören auch Sachen wie antirassistische Arbeit an Schulen, mit Flüchtlingskindern schwimmen gehen oder in Wohnheimen Geschenke verteilen -aber auch militante Aktionen, unter Anderem. Deine Wahrnehmung, Dean, ist selber eher die des Verfaschungsschutzes.

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Verstehe. Dann sind dir die Hools aus Griechenland also auch suspekt.

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Nicht unbedingt immer und in jeder Situation, grundsätzlich aber schon. Meine Leute sind das nicht. Einige von denen dürften als internationale Demotouris für die Eskalation z.B. in Heiligendamm mitverantwortlich sein, wo sie mit deutscher Polizei Rechnungen begleichen wollten, die sie eigentlich mit der griechischen hatten. Die ist z.T. geradezu surreal brutal, was die Gewalttätigkeit der griechischen Demoklopper evozierte. Ich kenne eine Geschichte von Athener Punks (wobei in Griechenland phänotypisch schon Punk ist, wer ein schwarzes Kapuzi und Chucks trägt), die am Rande einer Haue-Demo brutalstenst von den Bullen mißhandelt wurden. Die griffen die Punks deswegen an, weil sie sich an die Autonomen, die Mollies direkt auf den Mann warfen und mit Davidsschleudern Pflastersteine schossen nicht rantrauten, aber Fenstnahmeerfolge vorweisen mussten. Die verprügelten sie nicht nur, sondern rissen ihnen die Piercings raus und Nasenflügel und Ohrläppchen mit, und auf die Frage, wieso sie die Punks quälten gaben die Antworten wie: "Ihr seid alles schwule Albaner, ihr verdient nicht zu leben." Die Unterschiede zwischen Polizei und Neofaschisten sind da nur graduell.

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Die Geschichte mit den "internationalen autonomen Demo-Touris" ist ja ohnehin sehr interessant. Bei manchen Veranstaltungen laufen als "Autonome" (?) deutlich mehr Touris und Provos der Ämter rum als andere. Da werden echte Antifas verprügelt (ich habe solche interviewt), neben dem allgemeinen Feuerspaß (Container) wird immer wieder mal versucht, Wohnblocks in Brand zu setzen, wogegen sich dann die Anwohner zur Wehr setzen, und derlei Späße mehr.

Besonders großartig finde ich dann in dem Zusammenhang irgendwelche vollverblödeten "Linken", die dort auch herum rennen und sich untereinander über die "Weltrevolution" unterhalten, während sie auf Flaschensammler losgehen.

Genau das habe ich erlebt. Allerdings ist so ein "linkes" Saupack (das solche Veranstaltungen wegen der erhofften Erlebnisqualität anziehend findet) durch dauerhaftes, kontinuierliches Anspucken und Anbrüllen leicht zu vertreiben.

Aber gemessen an den (imho weitgehend unpolitischen) griechischen Autonomen sind mir diese deutschen Erlebnisqualitätsrevoluzzer noch deutlich lieber, so lächerlich ich sie auch finde.

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Inder Süddeutschen Zeitung von heute steht, dass in Brasilien die Zustimmung der Bevölkerung zu den Protesten von über 90 auf 65% zurück gegangen ist, nachdem in letzter Zeit vermehrt der "Schwarze Block" bei Demos randaliert hat. Ausgesprochen kontraproduktiv sowas.

Ist nicht online, aber hier:http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/sao-paulo-protest-nahverkehr

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Subjektiv kann ich den Schwarzen Block angesichts verschiedener Sozialsysteme auf diesem Planeten verstehen. Objektiv stärkt das aber eher den status quo. Gewalt entwickelt halt eine Eigendynamik. Die Perzeption in der Bevölkerung bezüglich Gewalt ist deutlich schwerer kalkulierbar als das Risiko für die Sicherheitskräfte.
Malcolm X hat zwar die coolere story, aber Martin Luther King war sicher unendlich viel effektiver.

In Chile funktioniert z.Zt. sehr gut, dass die Sozialen Bewegungen einige mediale Naturtalente und Lernfähige in die Fernsehstudios schicken.
Roxana Miranda beherrschte am Wochenende den Wahlkampf, nachdem sie

a) Sie Michelle Bachelet in einer Radio-Diskussion sagte, sie hätte einen Masters in Volkswirtschaft dank der 260 Euro + 60 Euro Bon vom Staat 1x im Jahr, von dem sie seit Jahren pro Monat lebt.
Die Qualität des Witzes versteht man nur, wenn man erfahren hat, welche magischen Fähigkeiten dort über Jahre Ökonomen zugesprochen wurden.

b) sie gewisse giftige Selbstmedikations-Praktiken in Sachen Zahnmedizin ansprach, die unter den Armen sehr verbreitet sind.
Im El Mercurio vom Sonntag sagte dann der Zahnärzte-Verband, dass die Frau einfach nur die Wahrheit ausspricht.

Die Frau hat sich vorher einige Eigentore geschossen, aber sie lernt. Doppelschlag in den letzten 15 Minuten sozusagen.

In Spanien seh ich die Linken als chronisch erfolglos. Da macht eine wirklich ziemlich rechte Regierung was Merkel will. Die Indignados Bewegung ist früh zusammengebrochen.

Chávez, den ich für eine Katastrophe halte, war medial a) ein Naturtalent und b) umfassend beraten.

Argument Nummer 217, warum Dependencia Theorie in der heutigen Welt überhaupt keinen Sinn mehr macht: Australien ist für Deutsche auch aus Ökonomischen Gründen. Deren Ökonomie besteht im Kern darin, dass sie einem kommunistisch regierten Entwicklungsland (China) Rohstoffe liefern.

Sich selbstrespektierende XXXL Revolutionäre, die vermehrt in der Altersgruppe zwischen 18 und 30 auftreten, finden natürlich bei jedem medial gut rüberkommenden Genossen problemlos mehrere Haare in der Suppe. Die würden sie auch finden, wenn Karl Marx wiederbelebt würde. Nur gehts halt darum, die Bevölkerung zu überzeugen.

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Allgemein denke ich, dass es für jedes Beispiel erfolgloser oder dummer linker Militanz auch Gegenbeispiele gibt.

Was mich als in Hamburg Lebenden nervt, sind die dauernden Revierkämpfe mit den Cops.
Bringt nix, nervt nur.
Andersrum bin ich Realist genug um zu wissen, dass Linke in der Lage sein müssen, ein Bedrohungspotential aufzubauen. Zum Beispiel, wenn es gegen die Faschisten geht. Ohne militante Antifa hätte es zu Che und meiner Zeit in Göttingen ganz schön finster ausgesehen. Das war die Zeit, als man im Imbiss Antifarabatt bekam und Grüne und Sozen hinter vorgehaltener Hand ihre Genugtuung über linke Militanz äußerten. Die wollten ja auch mit ihren schwulen oder ausländischen Freunden durch die Stadt spazieren gehen. Die Antifa ermöglichte ihnen das.
Ich bin auch heute ganz froh, dass es mutige junge Leute gibt, die es verstehen, mit Faust und Knüppel die Faschisten in Schach zu halten.
Ich glaube, wir Alten haben es aber ein wenig versäumt, gewisse Erfahrungen weiterzugeben, weshalb sich bestimmte Fehler wiederholen. Siehe mein Eingangsbeispiel.
Wie siehst Du diesen Punkt, Che?

@Lemmy:
"Malcolm X hat zwar die coolere story, aber Martin Luther King war sicher unendlich viel effektiver."

Weiß ich nicht. Der späte King war doch sehr verzweifelt und fand, wenn ich nicht irre, X dann doch nicht so verkehrt.

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@Tuc: Ich sehe diesen punkt ähnlich wie Du, es ist hier ja aber mein Dauerthema, dass linke Kontinuitäten seit mehr als 20 Jahren grundsätzlich nicht mehr stattfinden und Engagement in autonomen oder so-ähnlichen-Szenen von vornherein als befristeter Post-Pubertätstrip angelegt ist. Die subkulturellen Milieus mit ihrer Gegenökonomie und ihren sozialen Auffangbecken, die radikalen Menschen Rückhalt boten scheinen nicht mehr zu existieren, oder sie sind zu eher elitären Insiderklüngeln mutiert. Grün-alternative oder reala-feministische Seilschaften sind dann in ihrer gesellschaftlichen Funktionalität nichts Anderes mehr als Studentenverbindungen mit anderem Geschmack.

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