Montag, 3. August 2020
Übertragung von SARS-CoV-2 durch Aerosole: Welche Rolle spielen dabei Klimaanlagen?
Brenda Goodman, medscape


Seit einiger Zeit steigen die COVID-19-Fälle im gesamten Süden der USA rapide an – dies trotz warmer sommerlicher Temperaturen. Einige Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass es einen wichtigen, aber bislang übersehenen Faktor bei der Ausbreitung des Virus in der Region geben könnte. Nun scheint es, dass er gefunden wurde: Klimaanlagen!

Es verhält sich ähnlich wie bei kalten Wintertemperaturen, die die perfekten Bedingungen für Erkältungen und Influenza bieten und Menschen dazu bringen, sich stundenlang in Innenräumen aufzuhalten, wo es leicht ist, Keime auszutauschen. Die Forscher glauben, dass die Gluthitze im Süden der USA den gleichen Effekt haben könnte: Sie verleitet Menschen zum Aufenthalt in Innenräumen, in denen die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen.

Man geht wegen der Abkühlung nach drinnen, so wie man im Winter wegen der Wärme hineingeht – und in beiden Fällen führt das dazu, dass soziale Distanzierung weniger greift. Prof. Dr. Edward Nardel
„Man geht wegen der Abkühlung nach drinnen, so wie man im Winter wegen der Wärme hineingeht – und in beiden Fällen führt das dazu, dass soziale Distanzierung weniger greift“, sagt Prof. Dr. Edward Nardell, Pneumologe und Professor für Immunologie und Infektionskrankheiten an der T.H. Chan School of Public Health an der Harvard Universität in Boston. „Es ist dann wahrscheinlicher, dass Sie die gleichen Oberflächen berühren, die von anderen durch Sprechen, Husten usw. kontaminiert wurden“, argumentiert er.

Und das ist nicht das einzige Problem
Die Luftkühlung ist aber auch aufgrund der Arbeitsweise der Klimageräte riskant. Denn wenn die Außentemperaturen extrem sind, passen HVAC-Systeme (HVAC: Heating, Ventilation, and Air Conditioning) die Mischung der Frischluft an, die sie ansaugen, um Energie zu sparen.

Das heißt, je heißer es draußen ist, desto mehr Raumluft zirkuliert, und das bedeutet: „Sie atmen einen höheren Prozentsatz derselben Luft ein, die andere Menschen ausatmen“, berichtet Nardell. Wenn jemand im Gebäude das Coronavirus ausscheidet, kann es sich so in der Umgebungsluft ansammeln.

Es ist offensichtlich, dass die Ventilatoren der Klimaanlagen die Luft herumwirbeln. Das gibt den kleinsten Viruspartikeln – den Aerosolen – zusätzlichen Auftrieb, so dass sie noch länger in der Luft schweben.

Sie atmen einen höheren Prozentsatz derselben Luft ein, die andere Menschen ausatmen. Prof. Dr. Edward Nardell
„Die Luftströmungen, die von Klimaanlagen, aber auch von Ventilatoren erzeugt werden, können die Partikel weiter tragen, als sie sonst gelangen könnten“, sagt er. Klimaanlagen entziehen der Luft auch Feuchtigkeit, „und wir wissen, dass Viren trockene Luft bevorzugen“. In bestimmten Situationen kann diese Kombination verschiedener Faktoren so die perfekten Bedingungen für eine Ansteckung schaffen.

Beweise für die Übertragung aus der Luft zeichnen sich ab
Studien zu Klimaanlagen – und ihre Rolle bei der Verbreitung von Coronaviren – sollten durchgeführt werden, sobald sich mehr Beweise für die Verbreitung von SARS-CoV-2 über die Luft ergeben, meint der Wissenschaftle

... comment