Montag, 27. September 2021
Old School - New School
"Ihr sichert Euch mit Klemmkeilen? Das ist ja Oldschool!" meinte die aufreizend schöne blonde Klettertrainerin. Oldschool. In meiner Welt ist Oldschool Schlosserei, d.h. man kloppt mit dem Hammer Haken in den Fels, an denen das Seil fixiert wird oder nutzt einen Akkuschrauber, um sich sozusagen einen befristeten Klettersteig anzulegen.

Das machen wir Freeclimber natürlich nicht. Alles Sicherungsgerät wird wieder mitgenommen. Hier verwendet man Klemmkeile - Stahlstücke, die in natürlich vorhandene Spalten gesetzt werden - und Friends, aufklappbare Klammern, die sich vielfach im Fels verkanten und einen sicheren Halt bieten sowie Standplatzschlingen, die um eine Felsnase herumgeschlungen werden.


Aber die jungen Sportkletterasse machen das wieder anders, nur mit Schlingen, ohne Metall. Oder halt reine Partnersicherung durch den Nachsteigenden, Vorstieg ohne Hilfsmittel, aber mit kurzer Rücksicherung.

Free Solo macht kaum jemand.

Freilich sind die Ähnlichkeiten zwischen urbanen norddeutschen Sportkletterern und uns Alpinisten nicht überwältigend groß. Und Freeclimber verachten zum Teil Klettersteiggeher, während Free Solo in der öffentlichen Wahrnehmung das Nonplusultra darstellt, aber extrem lebensgefährlich ist. Mich kümmern die ideologischen Unterschiede nicht, ich gehe Klettersteige ebenso gerne wie Bohrhaken-gesicherte Routen, auch Rotpunkt, einmal hatte ich auch schon eine Direttissima. Und auch wenn ich auf die 60 zugehe will ich mich weiter steigern. Nur als Kraxler darf mich niemand bezeichnen.








Lisi, die Meisterin, von der ich die wichtigsten Dinge gelernt habe.

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Wow!
Starke Bilder! Das letzte, ist das in der Nordwand?

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Ja, eine Route, die "Ohne Rauch stirbst Du auch" heißt, 9. Schwierigkeitsgrad. Darüber Gardaseealpen, Sellatürme und Kendlgrat.

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Ich klettere Steilwände und Überhänge unter Verwendung von Sekundenkleber - der neueste heiße Scheiß im Alpinismus! Unser Motto: "Kleb und leb!"

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Die Routennamen sind echt witzig, es gibt "Dabistebaff", "Perlen für die Säue", "Demutskante", "Ötzi trifft Yeti", natürlich "Che Guevara", die ich noch nicht geklettert bin, dafür aber die "Bügeleisenkante".

Ohne Scheiß existiert auch eine Geiger-Südwand.
Der Preußturm wurde lange nur von den Italienern so genannt, weil Preuß Jude war und Deutsche/Tiroler nicht eingestehen wollten, was das für ein großer Alpinist gewesen ist.

Mein Bergführer in der Brenta, Sylvestro Faccione schwärmte noch 2016 von ihm.

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Weitere Routen: Riders on the Storm, Adrenalin, Dopamin, Masochist, Interstellar Spice, Parallelwelt, Aventure, Corona-Party.

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Kleb und leb wurde an der Großen Nöerglerkante eröffnet.

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Führt die nicht über den Adornograt auf die Stagitenspitze?

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Ja, mit einem herrlichen Blick über den Seinsgrund, der absolute Schwindelfreiheit erfordert.

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Wir nennen es den "Fundamentalontologischen Alpinismus", Szenegruß: "Glück auf, der Bergsteiger kommt!"

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"Mir selbst gelang es nicht, angesichts der alpinen Landschaft eine wirklich ästhetische Empfindung zu entwickeln; aber ich empfand Zuneigung für die Kühe, denen ich oft von einer Weide zur anderen begegnete." (Michel Houellebecq, Serotonin)

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Daß es auch anders geht, wußte der Meister selbst, nämlich Nietzsche:

"Denn vor nichts warnt uns gerade die Schopenhauerische Philosophie mehr als vor dem Verschleiern und Vernebeln jener tauben unbarmherzigen, ja bösen Urbeschaffenheit des Daseins: durch nichts erregt sie das schaudernde Gefühl des Erhabenen mehr, als dass sie uns in die höchste und reinste Alpen- und Eisluft trägt, um uns in den granitnen Urschriftzügen der Natur lesen zu lassen. Wer es hier nicht aushält und wem die Kniee zittern, der mag nur schnell wieder in die Weichlichkeit seiner Verklärungsbildung hinabflüchten." (Nietzsche, Nachgelassene Fragmente 1874)

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Und wer es dann besonders dialektisch mag, der lese in Hegels Tagebuch vom Juli/August 1796 seine Beschreibung der Landschaft der Berner Alpen und des Reichenbach-Wasserfalls sowie von der Kargheit der Landschaft und der Härte der Natur.

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man bringt ja immer seine persönlichen erlebnisse mit
und überträgt das auf die landschaft

mir macht klettern spazz bevor ich angst haben muss
ich hätte kein bock da einen überhängigen fels zu bewältigen

jeder mensch ist nu mal anders gebaut
wobei denen wo es können ich respekt zolle
nur für mich wäre es sinnentleert

son zitterwolf würde doch sagen:
kann man das nicht vorher wegsprengen
wenn ich schon da gequält hochmuss?

wie sieht das lunschpaket aus?
is da frisches brötchen und ne fleischwurst drinn?
ist da wenigstens in der wand eine raststelle ausgemacht?

missmutig auf der ausgemachten raststelle blickt er aufs tal
an die nächste scheisse die dann kommt denkend

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Rasten tut man mit gespreizten und dabei durchgestreckten Beinen im rechten Winkel zur Wand, tief ins Seil gestellt. Essen kannste waste willst, bei mir sind das aber Äpfel, Müsliriegel, oder Schokolade. Geschlemmt wird nach der Tour, Steak und Riesenportionen Gulaschsuppe oder Spaghetti Bolognese. Man verbrennt ja 10.000 Kalorien an einem Klettertag.

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ich schmäler da nix
ich find das ja geil
nur persönlich kann ich das nicht nachvollziehen

ich habe respekt vor der sportlichen leistung
aber der zitterwolfwelt ist diese fremd
er hüpft herum von stein zu stein ohne ihn zu beachten

der stein ist nicht der gegner den man beherrschen muss

nur einfach spazz aus fun gefahren zu bewältigen
das fällt mir schwer nachzuvollziehen

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Es geht da noch um ganz Anderes
Um existenzielle Erfahrungen und extreme Glücksgefühle.
Meine dollsten Empfindungen am Berg lassen sich als tiefe meditative Erfahrungen mit kosmischen Verbundenheitsgefühlen einerseits und andererseits so etwas wie einem mehrstündigen Dauerorgasmus beschreiben.

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da kannste mal sehen wie der mensch verschieden ist
und so muss er sich ja auch entfalten können
sonst wär er ein gleichstrom und wir würden alle heil rufen

aber ich würd bei einem überhängenden felsen scheisse rufen
die bohrmaschine verlangend oder mit letzter kraft hochtragend damit man da ein starkes stahlseil einziehen kann
dabei wär mir die lust am klettern vergangen
da dumm rummhängend und bohrend und wie ein rohrspazz schimpfend

eine völlig andere welt
aber jeder hat nun mal seine eigene welt
und das ist auch gut so

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In der Tat. Für mich ist das Klettern höchste Erfüllung.

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