Donnerstag, 23. Dezember 2021
24% weniger Hospitalisierungen mit Omikron; Ethikrat für Impfpflicht; 4. Impfung in Israel ? und vielleicht auch bei uns
Michael van den Heuvel, Medscape


Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 23. Dezember 2021
Heute meldet das Robert Koch-Institut 44.927 Neuinfektionen innerhalb der letzten 24 Stunden. Vor 1 Woche wurden 56.677 Positiv-Tests gemeldet. Die 7-Tage-Inzidenz sinkt auf 280,3 von 289,0 am Vortag. 425 weitere Menschen starben in Zusammenhang mit COVID-19 (Vorwoche: 522).

Dr. Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, rechnet ebenso wie RKI-Chef Prof. Dr. Lothar Wieler (wir berichteten) während der Feiertage mit einer Untererfassung von SARS-CoV-2-Infektionen. ?Verlässlich dürften die Zahlen erst wieder Anfang Januar sein?, sagt auch Teichert.

Als 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz nennt das RKI 4,57 Fälle pro 100.000 Einwohner, Stand 22. Dezember. Am Tag zuvor lag der Wert bei 4,73.

Laut DIVI-Intensivregister waren am 22. Dezember 4.474 Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, sprich 89 weniger als am Vortag. Aktuell sind bundesweit 852 Betten im Low-Care- und 1.910 im High-Care-Bereich frei. Hinzu kommen 280 freie ECMO-Behandlungsplätze.

RKI: Aktualisierung der Risikobewertung von COVID-19

STIKO: Booster Shot schon nach 3 Monaten

Ethikrat: Impfpflicht ja, aber mit Einschränkungen?

Erste UK-Daten bestätigen 24% weniger Hospitalisierungen mit Omikron

Israel: Bald 4. Impfung für Bürger ? auch Deutschland denkt darüber nach

ZI: Analyse zu häufigen Vorerkrankungen bei Post-COVID

Daten aus Frankreich: Impfen schützt vor PIMS

AstraZeneca-Vakzin: Schutz nimmt unabhängig von Varianten rasch ab

RKI: Aktualisierung der Risikobewertung von COVID-19
Auf Twitter informiert das RKI über Neuerungen zur Einschätzung der Lage durch Omikron: Die Gefährdung werde ?als sehr hoch eingeschätzt. Es kann zu einer schlagartigen Fallzahl-Erhöhung & rascher Versorgungs-Überlastung kommen.? Im Detail sei das Risiko ?sehr hoch? für Ungeimpfte, ?hoch? für Genesene & Geimpfte mit Grundimmunisierung (2x geimpft) und ?moderat? für Geimpfte mit Auffrischimpfung (3x geimpft).

STIKO: Booster Shot schon nach 3 Monaten
Auch die STIKO hat ihre Empfehlungen aktualisiert. Auffrischungsimpfungen sollen vollständig Geimpften bereits nach 3 und nicht wie zuvor nach 6 Monaten angeboten werden. Dabei seien Personen mit höherem Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken, bevorzugt zu berücksichtigen, schreibt die STIKO. Beide mRNA-Vakzine seien hinsichtlich ihrer Wirkung als gleichrangig zu betrachten.

Israel: Bald 4. Impfung für Bürger ? auch Deutschland denkt darüber nach
Auch in Israel breitet sich Omikron rasant aus. Laut Medienberichten hat die Regierung deshalb beschlossen, Bürger über 60 Jahren und medizinische Fachkräfte ein 4. Mal zu impfen. ?Die israelischen Bürger haben als erste auf der Welt die 3. Impfdosis erhalten und wir führen weiter mit der vierten Impfung?, erklärt der Regierungschef Naftali Bennett. Er wies Krankenkassen an, entsprechende Vorbereitungen zu treffen.

?Wir werden eine 4. Impfung brauchen?, sagte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) zur Lage in Deutschland. Wahrscheinlich werde eine spezifische Varianten-Impfung gegen Omikron. Dafür seinen bereits 80 Millionen Impfdosen bei BioNTech bestellt worden, so Lauterbach. Er wisse allerdings nicht, wann sich die STIKIO mit dem Thema befasse.

ZI: Analyse zu häufigen Vorerkrankungen bei Post-COVID
Je länger die COVID-19-Pandemie dauert, desto mehr Patienten mit Long-COVID werden behandelt. Im 1. Quartal 2021 sind laut Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) rund 110.000 Patienten mit dem Post-COVID-Syndrom (ICD-Code U09.9!) behandelt worden. Das entspricht etwa 6% aller bis Ende 2020 an COVID-19 Erkrankten.

Patienten mit Long-COVID waren meist zwischen 40 und 65 Jahren alt. Sie hatten häufig Vorerkrankungen wie Rückenschmerzen (42%), arterielle Hypertonie (39%), Asthma bronchiale (16%), Fettstoffwechselstörungen (26%), Adipositas (19%) oder Diabetes (14%). Auch Depression (19%), somatoforme Störungen (19%) sowie Belastungs- und Anpassungsstörungen (13%) wurden genannt.

Daten aus Frankreich: Impfen schützt vor MIS-C
Zu den seltenen, aber gefährlichen Erkrankungen nach Kontakt mit SARS-CoV-2 gehört das Multisystemische Entzündungssyndrom bei Kindern (MIS-C, Multisystem Inflammatory Syndrome in Children). Es ist auf eine Überaktivierung des Immunsystems nach der Infektion mit dem Coronavirus zurückzuführen. Die meisten betroffenen Kinder haben keine Vorerkrankungen. Französische Wissenschaftler gingen der Frage nach, ob Impfungen gegen das Krankheitsbild schützen.

Ihre Auswertung verschiedener Datenquellen zeigt: Zwischen 15. Juni und 31. Oktober 2021 haben in Frankreich 76,7% aller Jugendlichen ab 12 mindestens 1 Dosis eines COVID-19-Vakzins erhalten, und 72,8% waren vollständig geimpft. Als Impfstoffe wurden BNT162b2 (Pfizer-BioNTech; >95%), mRNA-1273 (Moderna; <5%) und andere COVID-19-Vakzine (<1%) verwendet.

Vom 1. September 2021 bis 31. Oktober 2021 wurden in Frankreich insgesamt 107 Kinder mit MIS-C ins Krankenhaus eingeliefert, darunter 33 (31%) als impffähige Jugendliche. Jugendliche mit MIS-C waren im Median 13,7 (12,5-14,9) Jahre alt, 27 (81%) waren männlich und 29 (88%) wurden auf eine Intensivstation aufgenommen.

Von ihnen waren 0 vollständig geimpft, 7 hatten 1 Dosis mit einer medianen Zeit zwischen Impfstoffinjektion und MIS-C von 25 (17-37) Tagen erhalten und 26 waren nicht geimpft worden. Die Hazard Ratio für MIS-C betrug 0,09 (95%-KI 0,04-0,21; p<0,001) nach der 1. Impfdosis im Vergleich zu ungeimpften Jugendlichen. ?Diese Ergebnisse legen nahe, dass die COVID-19-mRNA-Impfung mit einer geringeren Inzidenz von MIS-C bei Jugendlichen verbunden war?, schreiben die Autoren.

AstraZeneca-Vakzin: Schutz nimmt unabhängig von Varianten rasch ab
Nach einzelnen Berichten über die abnehmende Effektivität des AstraZeneca-Vakzins (ChAdOx1 nCoV-19) stellte sich die Frage, welche Rolle Varianten dabei spielen. Forscher haben deshalb 2 große Kohorten retrospektiv ausgewertet. Sie verglichen Daten aus Schottland, wo zum Studienzeitpunkt Delta vorherrschend war, mit Daten aus Brasilien. Dort spielte Delta damals noch keine Rolle. Die Aufnahme in die schottische Kohorte begann am 19. Mai 2021, die Aufnahme in die brasilianische Kohorte am 18. Januar 2021. Die Nachbeobachtung dauerte in beiden Kohorten bis zum 25. Oktober 2021.

1.972.454 Erwachsene erhielten in Schottland und 42.558.839 in Brasilien 2 Dosen ChAdOx1 nCoV-19. Die Ratenverhältnisse (RR) für schweres COVID-19 stiegen nach 10-11 Wochen auf 2,01 (95%-KI 1,54-2,62), nach 14-15 Wochen auf 3,01 (2,26-3,99) und 5,43 (4,00-7,38) 18-19 Wochen nach der zweiten Dosis.

Das Ergebnis war in Brasilien ähnlich, mit RRs von 2,29 (2,01-2,61) nach 10-11 Wochen, 3,10 (2,63-3,64) nach 14-15 Wochen und 4,71 (3,83-5,78) 18-19 Wochen nach der zweiten 2.

In Schottland sank die Wirksamkeit des Impfstoffs von 83,7% (95% KI 79,7-87,0%) nach 2-3 Wochen auf 75,9% (72,9-78,6%) nach 14-15 Wochen und 63,7% (59,6-67,4) 18-19 Wochen nach der 2. Dosis. In Brasilien verringerte sich die Effektivität von 86,4% (85,4-87,3%) nach 2-3 Wochen auf 59,7% (54,6-64,2%) nach 14-15 Wochen und 42,2% (32,4-50,6%) nach 18-19 Wochen.

Damit sinke der Schutz unabhängig von der zum Zeitpunkt der Studie vorherrschenden Variante rasch, resümieren die Autoren. ?Es muss in Betracht gezogen werden, Personen, die ChAdOx1 nCoV-19 erhalten haben, eine Auffrischungsimpfung zukommen zu lassen.?

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