Montag, 23. April 2007
Bleiberecht mitTriage
Schon interessant, die neue Bleiberechtsregelung, wie sie von der niedersächsischen Landesregierung geplant ist: Bürgerkriegsflüchtlinge mit Duldung oder sans papiers dürfen dann ein Bleiberecht bekommen, wenn die Härtefallkommision sich dafür auspricht. Voraussetzung ist ein möglichst unbefristeter Job (Arbeitgeber wie etwa Universitäten oder Krankenhäuser vergeben im Allgemeinen grundsätzlich nur befristete Stellen). Das heißt also, dass arbeitslose, kranke und behinderte Flüchtlinge von Vornherein von der Bleiberechtsregelung ausgeschlossen sind, ihre Fälle von der Härtefallkommission gar nicht erst geprüft werden, sondern die Abschiebung erfolgt. Jung, gesund, berufstätig, das ist die Voraussetzung, um ein Bleiberecht in Deutschland zu bekommen, der Rest wird ins Elend zurückgeschickt. Damit folgt die Anerkennungspraxis den gleichen Regeln wie die Selektion an der Rampe von Auschwitz. Abschiebung ist die Entsorgung überflüssiger Esser.

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was mich ärgert...
...ist die partielle blindheit vieler leute in den erwerbslosen-, behinderten- und auch antira-gruppen, die anscheinend die parallelität oder vielleicht besser: strukturelle gleichheit der laufenden angriffe nicht wahrnehmen. und wenn sie´s doch wahrnehmen, führt das jedenfalls selten zu einer wirklichen zusammenarbeit.

ich kann mich noch gut an antirassistische initiativen anfang der 90er erinnern, die damals völlig berechtigt drauf hingewiesen haben, dass das regime gegen migranten *auch* eine art testballon ist: was schluckt die hiesige bevölkerung, bzw. wie gleichgültig verhält sie sich? und stück für stück wird das einstmals gegen "ausländer" erprobte auch auf "inländer" ausgeweitet (was kein anlaß zur schaden- freude ist).

die triage war meiner meinung nach niemals völlig verschwunden, nur taucht sie jetzt wieder offen auf - ein text von 1996 mit prophetischen aussagen zur entwicklung im gesundheitswesen:

http://www.parkinson-net.de/soz/politik/rentdial.htm

um den bogen zu schlagen: schon beim "fall kevin" in hb habe ich eine unausgesprochene, "halbgewollte" und strukturell in den behördlichen streichungsorgien mitsamt ihrer logischen folgen verborgen liegende selektion vermutet - etwas strukturell ähnliches lässt sich beim verhungerten mann in speyer vermuten, auch wenn beide geschichten oberflächlich viele unterschiede aufweisen.

was bei geschichten wie den obigen noch eher verschleiert stattfindet, wird bei flüchtlingen/migranten mehr oder weniger offen praktiziert - die selektion aufgrund ökonomistischer kriterien unter inzwischem völligem verzicht auf alle "humanitätsduselei", sprich empathie u.a.

und diese situation enthält tatsächlich immer noch bzw. schon wieder etliches von dem, was zur rampe in auschwitz geführt hat.

drüben bei

http://unkreativ.twoday.net/stories/3625142/

hat das jemand treffend ausgedrückt:

"Aber Menschen durch die Gesetzeslage und den damit verbundenen Ausführungsanweisungen sterben lassen ist schon sehr dich daran, Menschen aktiv zu töten."

es ist absolut an der zeit, jegliche illusionen über die weitere entwicklung dieses systems abzulegen. und es ist auch an der zeit, seine verteidiger bzw. schönredner als das zu sehen, was sie sind:

helfershelfer und nützliche idioten von zunehmend offen faschistoid agierenden schwerkriminellen bzw. antisozialen im klinischen sinne.

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