Sonntag, 14. Dezember 2008
Die "Grüne Hölle" - eine Post-Doomsday-Apocalypse
Neue Forschungen haben ergeben, dass ein Großteil des amazonischen Regenwalds kein Urwald, sondern aus dem Brachliegen von Anbauflächen entstandener Sekundärwald ist. Vor dem Eintreffen von Kolumbus in der Neuen Welt war das Amazonasbecken eines der dicht besiedeltsten Gebiete der Welt überhaupt, mit einer mehrfach höheren Einwohnerdichte als das damalige Europa und einem Organisationsgrad in den Siedlungen, der von den mittelalterlichen Städten in keinster Weise erreicht wurde. Allerdings kann man sich das nicht wie europäische Städte und Anbaugebiete vorstellen, es war vielmehr eine Art Wohnwald: Dorfartige Siedlungen und Gartenstädte, die durch ein planvolles Netz von Zehntausenden Kanälen und Uferpfaden verbunden waren gingen gleichsam fließend in Anbaugebiete über, bei denen es sich um Palmen- und Obstbaumkulturen handelte, die von stehengelassenen Urwaldriesen abgeschirmt wurden. Es war eine vorbildliche Plenterwaldkultur, von der heutige Agrarökonomen viel lernen könnten. Während der eigentliche Regenwaldboden Amazoniens dünn und nährstoffarm ist (immergrüne Bäume, die keine Blätter abwerfen produzieren nunmal kaum Humus), finden sich hier in riesigen Arealen andere Böden: Die Tierra Negra, einen von den Einwohnern Amazoniens künstlich hergestellte Humuserde. Dem Waldboden wurden menschliche Exkremente, Küchenabfälle, Herdasche und eigens zu diesem Zwecdk hergestellte Holzkohle beigemengt. Wie Kohletabletten Im Darm Giftstoffe binden, so hielt die Holzkohle Nährstoffe im Boden fest. Einige Spanier, wie Carajal, hatten von riesigen Städten im Wald berichtet, aber als die Expeditionen der Conquistadores dort eintrafen fanden sie nichts vor - außer vereinzelten Gruppen von Indios, die sie oft mit ungeheurer Feindseligkeit angriffen. Sie begriffen nicht, was geschehen war, nahmen die verwilderten Plantagen auch nicht als Anbauflächen, sondern als Dschungel wahr. Mit den ersten Europäern waren der Schnupfen, die Grippe und die Pocken nach Südamerika gekommen, Krankheiten, gegen die die Waldbewohner keine Abwehrkräfte hatten und die in 3-5 Jahren 90& der Bevölkerung vernichteten. Der Schwarze Tod war eine Kinderkrankheit dagegen. Die Jäger und Sammler des Urwalds sind keine ursprünglichen Wildbeuter, sondern die letzten Überlebenden einer hohen Zivilisation.

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Gibt es eine Quelle dazu?
Immerhin ist die Theorie ziemlich spektakulär.

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Altamerikanistik ist ein bewegteres Feld, als man denken könnte. Aber natürlich auch nicht frei von Übertreibungen.
Wann hat denn Gaspar de Carajal (offenbar ein Mönch) diese riesigen Städte gesehen?
Sein Buch wurde bereits 1934 einmal auf Englisch übersetzt, so dass dies so neu auch nicht sein kann. Und viele dieser frühen Quellen sind nicht frei von Gerüchten, maßlosen Übertreibungen, etc.
Es gab ja Gerüchte über ein El Dorado (Stadt mit viel Gold zum Stehlen) im Amazonas. Nur wurd da nie was gefunden. U.a. mit Lope de Aguirre 1560. Darüber gibts einen Film mit Kinsky von Werner Herzog.

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Kuckt Ihr hier:
http://wissenschafts-news.blog.de/2008/12/12/amerika-bevor-kolumbus-kam-5209533

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Von Funden wusste ich bisher nichts, von den wilden Gerüchten schon. Ich dachte nicht, dass sich bei der hohen Umsatzrate des Bodens etwas erhält.
Dass menschliche Populationen mehr oder weniger resistent sind gegen bestimmte Erreger liegt an der zufälligen Verteilung bestimmter Mutationen/Gene und natürlich der sehr geringen Populationsgröße. Den Effekt nennt man Gendrift.
Aguirre kenne ich schon, bin ich doch bekennende Kinskiverehrerin.

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@Gendrift: Da kennen wir ja gemeinsam ein gutes Buch, gelle?


Der Schwarze Tod hätte sich nicht ereignet, wenn die Mongolen nach Gründung ihres Riesenreichs nicht dazu übergegangen wären, Zelt-Großstädte statt befristeter Lager in der Steppe zu errichten, in denen sie weiterhin mit Pferden, Rindern und Schafen zusammenwohnten. Die sich rasant vermehrenden Rattenpopulationen, die bei der nomadischen Lebensweise der Mongolen immer wieder massivst dezimiert wurden, weil ihre Wirte in einer Geschwindigkeit weiterzogen, der sie nicht folgen konnten, fanden nun ganz andere Bedingungen vor,und mit ihnen die Pestflöhe. Also: Reiter, bleib in Deinem Sattel!

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Ja, das Buch ist prima, immer noch :-)

Und Nomaden sind wir alle, zumindest im Sommer.
Teilzeitnomaden, nur eben, dass uns die Ratten eingeholt haben.

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Tierra Negra
Ob das wirklich so war? Ich habe davon auch schon gehört und gelesen. Es gibt da auch schon eine Firma, die diese Tierra Negra für die künstliche Fruchtbarmachung unwirtlicher Böden breit vermarkten möchte. Als ich diese Leute gesehen und gehört habe, dachte ich erst an einen Marketinggag.

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Ich fand den Artikel dazu in der aktuellen Epoc sehr überzeugend. Es gibt eine durchaus umfangreiche, allerdings ziemlich junge Forschung zu dem Thema, die bislang aber schwerpunktmäßig in den USA diskutiert wird.


http://news.mongabay.com/2008/0828-heckenberger.html

http://www.sciam.com/article.cfm?id=lost-amazon-cities

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Das erwähnte 1491 von Mann gibt einen ganz guten Überblick.
Altamerikanistik ist natürlich wg. dem kulturellen Status heutiger Indios, Mestizen und Zambos (Indianer/Mestizen mit Afrikaner im Stammbaum) politisch.
Offtopic aber irgendwie benachbart sind Keplers Haplogroup Threads:
- http://tinyurl.com/6gvxvb
- http://tinyurl.com/6gbtyw
Die meisten Amerikaner sind ja heute keine Indios. Aber zum Bleistift die Venezoelaner scheinen mehrheitlich auf der weiblichen Linie von einer abzustammen. Gilt übrigens auch für relativ viele US-Amerikaner.

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Haplogruppen, hmm. Über Eiweißmarker und Allelsequenzen möchte ich hier eigentlich nicht debattieren, das führt entschieden woanders hin, aber danke für die Links!

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Ts. Ts. Ts. Das naturwissenschaftliche sind doch Hilfswissenschaften. Zählt, was da rauskommt.
Oder auch die Erkenntnisse der Altamerikanistik. Das indianische Leben waren eben nicht nur diese insgesamt schon recht zwanghaften menschenopfernden Großstaaten Inka/Azteca, sondern sehr divers. Positiv.
Sehr viele Amerikaner sind genetisch Mestizen. Das bestätigen die Haplogruppen. Und das gleiche Mann - Frau Schema wie etwa bei der Normannen-Eroberung Englands.
Der Geburtsname meiner Mutter (Schirdewan) ist pruzzisch. Weiss wenig über den Deutschen Ritterorden, aber soweit scheinen mir das Schicksal der Pruzzen in vielen Punkten ähnlich zu dem der Indianer gewesen zu sein (natürlich ohne die Viren-Problematik). Sie wurden aber auch unterworfen. 1810 war ein Schirdewan landbesitzender Bauer in dem niederschlesischen Geburtsort meiner Mutter. Vielleicht war ein Vorfahre Soldat im 7-jährigen Krieg 1756-63. Die Pruzzen sind irgendwann als Deutsche assimiliert worden.
Mir erscheint das Schicksal der Indianer mit Ausnahme der Viren-Problematik nicht so irrsinnig einzigartig.
Btw. spielten die Viren auch bei der Conquista der Großreiche Azteca/Inka eine Rolle. Die Viren kamen nämlich vor den Konquistadoren. Das trug zur Verunsicherung der indianischen Kultur bei. Auch der Festsetzung der Nordwest-Europäer an der nordatlantischen Küste Amerikas gingen mehrere Viren-Wellen voraus.

Die indianischen Merkmale brechen in Chile nicht selten bei einem Kind mit eher "weißen" Eltern stark durch. Gibt da in der Mittelschicht häufig Operationen. Ich kenn zumindest einen, mit dem das gemacht wurde. Fast 450 Jahre nach der Gründung von Santiago de Chile als kolonialspanische Stadt.

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Noch im 18.Jahrhundert sprach man im ländlichen Sachsen ab Leipzig und auf dem Leipziger und Dresdner Markt mehrheitlich sorbisch bw. wendisch und nicht deutsch. Das fahrende Volk, also nicht Sinti und Roma, sondern Jenische und Zirkusleute sprachen bis in die Dreißiger Jahre eine eigene Sprache, in der Gott Mabukel heißt, Juchulo Hund und Nablo verrückt. Diese Sprache wurde in Paderborn vor dem Ersten Weltkrieg auch von den sesshaften Unterschichten gesprochen. Es handelte sich um eine Mischung aus Rotwelsch, jiddisch und platt.

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ad saltoftheheart
"sind genetisch Mestizen" - sind genetisch gar nix. Alles soziale Zuschreibungen. Du verbreitest hier völlig rassistische Ansichten.

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Das hatte ich mit "Über Eiweißmarker und Allelsequenzen möchte ich hier eigentlich nicht debattieren, das führt entschieden woanders hin" ja ganz dezent andeuten wollen, aber es half nichts.

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Also "genetisch Mestizen" ist nun echt nicht rassistisch gemeint sondern genau das Gegenteil.
Ich stell lediglich die Realität dar, dass Eltern den eigenen Familienstammbaum negieren, indem sie die Gesichter ihrer Kinder operieren lassen.
In einer weniger rassistischen Gesellschaft ist die gar nicht notwendig. Sie machen das, um der real existierenden sozialen Zuschreibung zu entgehen. Ich sehe in dem Vergessen der sozialen Zuschreibung die einzige Lösung.

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@Ich sehe in dem Vergessen der sozialen Zuschreibung die einzige Lösung. --- Das stimmt großenteils wohl, wird aber nicht immer einfach sein. Da werden sich Menschen tatsächlich neu erfinden müssen.

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... der nächste Präsident der Vereinigten Staaten?
... die anerkannt beste Architektin in dem Team, wo ich arbeite, ist Süd-Inderin. Als die zwischenzeitlich ziemlich dominant auftrat, wurd hier gemurrt, dass sie sich als indische Frau profilieren will. Aber das wars. Ich meinte, dass ich auch so dominant auftreten würde, wenn ich 2 Tage lang gegen heftige Widerstände einfach recht hätte. Die Widerstände wären auch gegen einen von uns gekommen, wenn wir so schlau wären. Eher ein über-durchschnitt-Problem. Mittlerweile ist akzeptiert, dass die einfach sehr gut ist. Da wurd sie auch netter.
Haplogruppen ändern auch nichts dran, weils es eh sichtbar ist. Die verlinkten Threads wurden von einem venezoelanischen expat gepostet, der sichtbar afrikanische, europäische, indianische und orientalische Vorfahren hat, mindestens 7 Sprachen beherrscht (spanisch, englisch, deutsch, niederländisch, russisch, französisch) und als Software Ingeniör in den Niederlanden lebt.

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che,
wahrscheinlich sitze ich auf einer insel der seeligen und da wo ich einblick habe is die mehrheit migrantisch. da findet keine soziale zuschreibunk statt.

wenn natürlich son berufs-antirassist da forschen würde käm er sicher auf 10 seiten rassistisches.

hier aufm dorfe findet abba soziale zuschreibunk statt. es wird unterteilt in gebürtich und nicht gebürtich. ich kann damit abba leben bez. mach mich darüber lustich.

das is vermutlich rassistisch also nich weitersagen sonst häng die mich annen dorfpranger.

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salto,
in der deutschen wirtschaft wirst du keine "soziale zuschreibung" finden weil dafür der wettbewerbsdruck zu hoch ist.

das is auch eine insel der seeligen aber man darf ja nix positives über dieses land sagen.

in frankreich is das anders.

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Ziwo,

in Deiner ostwestfälischen Provinz dürfte die Frage, ob jemand der heiligen Mutter Kirche angehört oder Ketzer ist sicher viel entscheidender sein. Ich kenne den homo sapiens paderpurnensiam ein wenig.

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ach che,
ich kenne jemanden der hat jahrelang kath. religionsunterricht gemacht weil kein anderer da war und war aus der kirche schon lange ausgetreten und was noch viel schlimmer war:

die meisten schüler waren moslems

ja und da isses dann auch nich weit bis zum moslem als schützenkönig der feierlich in den paderborner dom einzieht wie geschehen.

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Und der isst dann wahrscheinlich auch noch Schweinefleischdöner mit Sauerkraut.

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.
also generell ironisch geantwortet nach zitterwolf: wenn es keiner sieht ja.

und als alevit ja sowieso

abba bezogen auf den schützenkönich der isst kein schwein. soweit gehts dann doch nich.

ne in der regel löst es verwunderung aus wenn es eine veranstaltung gibt wo es nix für das moslem zu futtern gibt aussa waffeln mit sahne.

mit sauerkraut hat es der paderborner nich so abba schweinefleischdöner mit krautsalat gibts an der bude vonnem griechen.

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