Montag, 29. Juni 2009
Unser täglich Rassismus gib uns heute, diesmal: neue Wege im Emsland
Der Landkreis Emsland hat einer Flüchtlingsfamilie einen Bescheid zugestellt, nach dem
die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis trotz Vorliegens einer Arbeit
und Erfüllung der übrigen Bedingungen der gesetzlichen
Bleiberechtsregelung mit der Begründung abgelehnt wird, die Familie sei
"sozial" nicht integriert, weil die Kinder die Sonderschule besuchten
bzw. besucht hätten und die Eltern es an einer adäquaten Förderung der
Kinder fehlen ließen.

Dabei geht es offenbar nur um das jüngste Kind: Der älteste Sohn hat
eine Arbeit und ein Bleiberecht bereits erhalten, die zweitgeborene
Tochter hat eine Familie gegründet und ist weggezogen, die drittgeborene
Tochter hat auf dem Umweg über BVJ und Berufseinstiegsklasse den
Hauptschulabschluss erreicht. Auch dem vierten Kind wird kein
gravierendes Fehlverhalten vorgeworfen. Kein Familienmitglied ist jemals
straffällig geworden, der tatsächliche Schulbesuch der Kinder wurde
nachgewiesen. Beurteilt und bewertet werden die Kopfnoten ("entspricht
sein Sozialverhalten den Erwartungen mit Einschränkungen"), der Besuch
der Sonderschule und die Weigerung der Eltern, sich von der
Ausländerbehörde - als Bedingung für eine Aufenthaltserlaubnis - zu
einem Nachhilfeunterricht verpflichten zu lassen.

Es mag dahin gestellt bleiben, ob eine mangelnde Bildungsorientierung
der Eltern oder das deutsche Schulsystem die Hauptverantwortung dafür
trägt, dass viele Flüchtlingskinder in Sonderschulen landen. Bislang
galt jedenfalls ein Sonderschulbesuch noch nicht als Ausschlussgrund. Im
Rahmen der Sozialauslese über die Altfallregelung geht der Landkreis
Emsland neue Wege.

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btw.: heute vor 15 Jahren wurde Halim Dener ermordet

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Oh ja, ich weiß noch, was für eine Wut wir damals hatten. Weniger wütend als sehr diszipliniert war dann allerdings die Demo in Hannover. Mit einem betont spießig aussehenden Auto wurden wir ungefilzt durch alle Absperrungen gewunken. Dabei hatten wir für die Armschützer und sonstigen Gerätschaften im Kofferraum schon eine schöne Geschichte von einem Cricketspiel uns ausgedacht. Absurdes Theater: Tiefvermummt wurde ich von einem NDR-Fernsehredakteur grinsend begrüßt. Nach der Demo stand ich entmummt, aber mit sichtbarer "passiver Bewaffnung" da und plauderte mit einer kurdischen Genossin, als ein Hundertschaftsführer (Kumpel eines Freundes) mit hochgeklapptem Helmvisier heranstratzte und fragte, wie es denn mit Grillen am nächsten Wochenende wäre. Und gerade erst hatten seine Kollegen einen Jungen wegen Plakatierens einfach abgeknallt. Irgendwie alles eine ziemlich absurde Situation.

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Echt schon 15 Jahre … Auweia.

Bei aller Wut an die ich mich erinnere, gibt es auch einiges, das mich damals positiv überraschte. Die grosse Anteilnahme im linksliberalen und sozialdemokratischen Spektrum, z.B. auch vertreten durch Bürgermeister Schmalstieg.

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Und genau solche Dinge führten dazu, dass wir seit dieser Zeit eng mit linksliberalen Gruppen und Menschenrechtsorganisationen zusammenarbeiteten. Die Netzwerke stehen heute noch. Nur deshalb weiß ich überhaupt so etwas wie die Emsland-Meldung.

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in HH waren damals, so weit ich mich erinnere, leider nur die knapp 1000 üblichen Menschen auf der (wütenden und entschlossenen) Demo, lag auch an einigen regionsspezifischen Entsolidarisierungsgeschichten

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Was für regionsspezifische Entsolidarisierungsgeschichten waren das? Ein Hamburger Genosse erzählte zu dem Zeitpunkt, dass da alle Strukturen geradezu weggebrochen waren, aber ich erinnere nicht mehr genau, wieso.

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gab da in Teilen der radikalen Linken (speziell bei diejenigen, welche in den 1980ern eng mit Dev Yol oder mit Komkar zusammengearbeitet hatten) verbunden mit niemals aufgeklärten Vorfällen grosse Vorbehalte gegen die PKK (die ganze Gerüchteküche dazu kann und will ich nicht ausbreiten)

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Das kenne ich auch noch. Ich erinnere mich da an eine Kurdistan-Soli-Veranstaltung, bei der es Ordner von der PUK brauchte, damit PKK/ERNK und TKP/ML/Tikko-Leute nicht aufeinander los gingen, bzw. genau austariert wurde, wieviele Mitglieder welcher Partei wo saßen. Die deutsche Kneipenfrau, bei der das stattfand sagte später, unter solchen Umständen dürfte bei ihr nie wieder eine Veranstaltung durchgeführt werden. Bei Diskussionen mit der PFLP fürchtete man, was passieren würde, wenn das Licht ausginge. Und als eine Palästinagruppe in Bremen eine Diskussionsveranstaltung mit Mitgliedern des Roten Halbmonds Irak zu den soziale Auswirkungen des Wirtschaftsembargos veranstalten wollten und wir kündigten unsere Teilnahme an wurde die ganze Diskussion sofort abgesagt, und die Leute blieben im Irak. Ein Genosse von uns hatte den Veranstaltern am Telefon derart den Marsch geblasen, dass sie annahmen, unsere Leute kämen mit Schrotflinten. Dabei wollten wir tatsächlich nur diskutieren;-)


Allerdings hatten ein paar von uns vorher die kubanische Botschaft besetzt gehabt und galten seither als zu allem fähig.

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zumindestens diese Geschichte aus Hamburg ist "öffentlich" wobei auch da noch einige Fragen offen sind: http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2002/01/03/a0044

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Was bei uns anders war war die Tatsache, dass die Mehrheit der kurdischen Leute in unseren Zusammenhängen in der PUK bzw. Komalah waren und insofern zwar Zweckverbündete, aber nicht Mitglieder der PKK. Ein PKKLer wiederum sagte ganz offen, dass die ERNK es in ihrer Propaganda mit der Wahrheit nicht so genau nehme. Die Leute, mit denen ich zu tun hatte pflegten fast alle eine gesunde Grunddistanz. Abgesehen mal von einem Vertreter der KP Irak, dem die RAF ein zu lascher Haufen war;-)

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"Abgesehen mal von einem Vertreter der KP Irak, dem die RAF ein zu lascher Haufen war;-)"

Zumindest konnte der aber gut kochen! ;)
(Ich glaube wir meinen denselben … und der war ja nun auch wirklich eher Ausnahme als Regel.)

Ich würde die Leute "mit der gesunden Grunddistanz" als "linke Sozialdemokraten" bis "undogmatische Kommunisten" begreifen.

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Klar meinen wir Denselben, wir kannten ja überhaupt dieselben Leute. Kochen konnten die übrigens alle gut;-)

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