http://anstalt.wordpress.com/2009/11/10/das-verschwinden-der-ddr-burgerrechtler
Btw: Wobei mich angesichts der Tatsache, dass Geschichte sich nicht ereignet, sondern gemacht wird noch heute die Frage nach Alternativen beschäftigt, Leute wie Momorules oder Workingclasshero ja auch.
(edit: ursprünglich stand hier etwas von einer inhaltlichen Zustimmung zu dem Beitrag von Califax, die aber eher darauf zurückzuführen war, dass ich den Beitrag so genau nicht gelesen hatte und nur den Widerspruch zwischen den politischen Ansprüchen der Bürgerrechtler und den rein materiellen eines Großteils der "Normalossis" mitgeschnitten hatte. Hierauf aufmerksam gemacht durch den Kommentar von momorules habe ich das Eingangsposting entsprechend überarbeitet.)
edit again: Und wenn ich jetzt lese, was Califax da in seinem eigenen Kommentarbereich schreibt kriege ich allerdings das kalte Kotzen. Da waren des Nörglers Worte noch sehr gemäßigt.
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Mit der rechts-links-Geometrie in diesem verlinkten (und tatsächlich lesenswerten) Beitrag tue ich mich auch etwas schwer. Sicher, wenn man die Staatspartei als einigermaßen weit links definiert, kann man natürlich von einem "Rechtsruck" sprechen. Aber irgendwie erscheint mir das zu eindimensional und verfälschend - auch angesichts der Tatsache, dass die Option vorher ja praktisch nicht da war, etwas "rechteres" oder systemferneres zu wählen als eine Blockpartei. Vielleicht haben die Leute drieben schon immer "rechter" (im Sinne von weniger sozialistisch) empfunden, aber eben keine adäquate Möglichkeit gehabt, diesen politischen Willen auch zu bekunden.
Wir hatten 1987 oder 1988 in einem Politik-Seminar bei Dieter Roth (der vom ZDF bekannte Wahlforscher von der FGW) übrigens mal rumspekuliert, welche Verschiebungen der politischen Geometrie für Gesamtdeutschland zu erwarten wären, sollte die deutsche Teilung irgendwann dereinst überwunden werden. Die Mehrzahl der Teilnehmer sagten einen deutlichen Pendelschlag in Richtung links voraus, wohingegen ich ziemlich alleine dastand mit der Erwartung , dass von einer Wiedervereinigung, so sie denn käme, zunächst das konservative politische Spektrum mehr profitieren würde. Schon allein, weil da eben jahrzehntelang der Deckel drauf war. Aber dass wirs bald erleben würden, das hatten wir nicht wirklich ernsthaft auf dem Schirm...
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Ergänzend ist dieser Text interessant, weil er sehr gut nachempfinden lässt, was damals für eine Stimmung in Teilen der DDR-Kulturszene herrschte:
http://www.kultiversum.de/Schauspiel-Theaterheute/Muehe-Mueller-Thate-Gespraech-4-November-1989.html?print=1
Macht halt deutlich, wie brutal schnell die Veränderungen kam.
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Dass sie unfähig waren zu der konkreten Politik, die dann kam, scheint mir eher für sie zu sprechen.
Die „nach Orientierung und Rat suchende Bevölkerung“, von welcher die Bürgerrechtsbewegung „entfernt“ gewesen sei, ist eine Erfindung von Califax. Der „Wenn die D-Mark nicht zu uns kommt, kommen wir zur D-Mark“-Pöbel brauchte keinen Rat und nahm auch keinen an – vor, während und nach der Wende nicht. Davor waren sie die kleinbürgerlich-spießigen Klappehalter und kurrassierten Ohnesorg-Abknaller; bereits da störten Intellektuelle. Während der Wende dann der hirnlose „D-Mark“-Krakeel, hilflos zurückgelassene Kinder („Vereinigungswaisen“) inklusive, ich nenne das verbrecherisch, und danach konnten sie gar nicht schnell genug Bewohner eines subalternen Beitrittsgebiets werden; Kriechertum hatten sie ja eingeübt.
Das ist die Kientel, die keine 2 Jahre später mit ihrem „So hatten wir uns das aber nicht vorgestellt!“-Gequengel nervte, und aus deren Reihen sich die DDR-Nostalgiker rekrutieren – nur mal um zu verdeutlichen, von welcher Qualität des Califaxens Sympathien sind.
Dass die Bürgerrechtler keine Antwort auf die Frage hatten, wie die 10millionste Nachkommastelle von Pi heißt, wird ihnen vom Vereinigungsfahnenschwenker angekreidet. Aber auf die eine – und zu diesem Zeitpunkt auch allein relevante – Frage hatten sie eine Antwort: nämlich auf die Frage, ob man gleich beitritt, egal wie, oder ob man erstmal das SED-Regime komplett abräumt, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zieht (au backe, wäre das für die Merkel hart geworden), die Eigenstaatlichkeit bewahrt, demokratische Reformen durchführt, um dann in Ruhe und konzeptionell unterfüttert überhaupt sinnvoll entscheiden zu können, ob man sich wiedervereinigen möchte oder nicht. Auf diese Frage hatten die Bürgerrechtler eine ganz dezidierte Antwort, aber die Datschen-Prolls wollten sie nicht hören.
Ich weiß nicht, in welcher Sprache sich die Bürgerrechtler artikulierten. (In den 70ern schienen sie mir durchaus normalsprachlich.) Aber ich weiß, in welcher Sprache Califax sich artikuliert. Es ist die Sprache des antiintellektuellen Vorurteils.
"Es war die bizarre, pseudowissenschaftliche Sprache, die Dorfpfarrern das Gefühl hoher Intellektualität verleihen sollte", im Unterschied zum Dorfpfarrer und Äntschie-Papi Kasner, der in verständlichem Deutsch und volksnaher Sprache die Weisheit der Partei und die Errungenschaften der DDR pries.
In seiner Intellektuellenfeindschaft ist auch der Griff in die unterste Schublade noch nicht zu tief: „... wie die verschwurbelte Sprache vieler Wahnsinniger: lächerlich, bizarr, wirr.“ Volltreffer, Califax! So steht das auch in den Stasi-Protokollen, denn wer bestreitet, dass die Partei immer recht hat, kann nur verrückt sein.
Er ist ganz vernarrt in die Bürgerrechtlersprache, er kommt gar nicht davon los, zwanghaft muß er immer wieder dasselbe sagen:
„Und drittens schwurbelten sie mit einer Sprache durch das Land, die von den Durchschnittsmenschen als unnötig verkopft“ angesehen wurde, aber dass diejenigen, die das so sahen, mehr Spirituosen zu sich nahmen, als gut für sie war, sagt Califax selbst.
Es gehört zu den Bestandstücken der Geistfeindschaft, dass auch die Philosophie, die Califax nicht kennt, ihr Fett abkriegt:
„Die Bürgerrechtsbewegung diskutierte lieber philosophische Seichtigkeiten“, was nun nicht recht einleuchtet, da der Vorwurf gerade noch lautete, die Bürgerrechtler seien nicht seicht genug gewesen.
Nachdem Califax die tiefe Wahrheit seiner Verkopfungs- und Philosophie-Kritik durch deren stete Wiederholung dem Leser fühlbar machte, vermag er nun einen neuen Gedanken zu generieren, indem er beides verknüpft:
„Diese Künstler, Akademiker und Theologen waren in ihren [Achtung, jetzt die Verknüpfung!] verkopften philosophischen Debattierkreisen und Analyseversuchen gefangen, als das Volk die Führung übernahm“, wobei ein wenig Analyse und Debatte nicht geschadet hätte, bevor das Volk die Führung gleich wieder abgab, nämlich an treuhandgestützte Berater, Makler, Anwälte und andere kriminelle Abkassierer und Abwracker.
Indes erklimmt erst hier Califax den Gipfel seines Sprachschaffens:
„Wer stundenlang über die anzustrebende Subjektwerdung des Individuums in der sozialistischen Gesellschaft als dialogisches Fundament einer dialektischen Diskursanalyse der bestehenden Zustände schwafelt...“
Schau, Faxi, es ist so: Die ironische Imitation eines Sprachstils hat die Augenhöhe zur Minimalvoraussetzung. Wer auf eine Meßlatte draufspucken will, während er unter ihr durchläuft, dem fällt die Rotze ins Gesicht.
„Der zweite wichtige Punkt ist die Unfähigkeit zur konkreten Politik. (…) sie waren politisch inkompetent. (…) unfähig, konkrete politische Maßnahmen zu entwickeln. (…) Man glaubte ernsthaft, man müsse nur christliche Harmonierhetorik und philosophische Wortwahl einsetzen,“ im Unterschied sagen wir mal zu Stalin, der, wie geconsultet by Califax, christliche Harmonierhetorik und philosophische Wortwahl nicht einsetzte, sondern tatkräftige Antworten auf die anstehenden politischen Probleme fand.
Aber wer in einer Volkswirtschaft, in der Geldwesen und die Warenform herrschen, keine Marktwirtschaft erkennt, sondern von „Sozialismus“ halluziniert, weil die SED es ihm gesagt hat, der scheint mir ohnedies ungeeignet, zu ökonomischen und politischen Fragen einen irgend sinnhaft gearteten Beitrag zu liefern.
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Ich weiß nicht, in welcher Sprache sich die Bürgerrechtler artikulierten. (In den 70ern schienen sie mir durchaus normalsprachlich.) Aber ich weiß, in welcher Sprache Califax sich artikuliert. Es ist die Sprache des antiintellektuellen Vorurteils." --- Prächtig, einmal wieder ein glasklarer Nörgler. Meine Ergänzungen hierzu: Selbst Kohls 10-Punkte-Plan, den ich schon daneben fand, war noch besser als das, was dann kam, der bloße Beitritt. Es gab damals eine Kommission zur Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung, deren Konzepte still in den Schubladen verschwanden. Nach der 89er Revolution wurde die DDR wie ein besiegtes Land behandelt. Die Sprache der DDR-Bürgerrechtler kannte ich. Sie war weitaus einfacher und volksnäher als die, in der wir Westlinken so unsere Diskussionen führten.
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Es wäre interessant gewesen, in der DDR Demokratie und Marktwirtschaft neu aufzubauen. Doch ein Einreiseverbot oder Niederlassungsverbot für DDR-Bürger in der BRD wäre mit dem Grundgesetz nicht vereinbar gewesen. Damit fiel diese Option einfach aus realpolitischen Gründen weg.
Ich selbst war (mit 22) kein Datschen-Bürger und ich schätze mich bis heute nicht als »konsumgeil« oder auch nur konsumorientiert ein. Ich wäre wahrscheinlich nicht aus Dresden weggegangen. Aber ich hätte die Gründe für das Wegziehen anderer Leute akzeptieren müssen.
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Zur Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung: darauf hätten genau die Politiker den meisten Einfluss gehabt, die 1989ff in der alten Bundesrepublik das Sagen hatten — so ist nun mal Realpolitik. Ich will diese Politiker gar nicht alle aufzählen. Meint jemand, dass die eine bessere Verfassung als das Grundgesetz hervorgebracht hätten?
Ich bin ehrlich gesagt bis heute froh, dass es das Grundgesetz in seiner großenteils klaren und verständlichen Sprache gibt.
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Viele andere Bürgerrechtler konnten im kleinen Kreis kluge Worte sagen, doch sie wurden von den professionellen Rednern aus dem Westen locker in die Tasche gesteckt. Ich erinnere mich noch an Lafontaines ersten Auftritt in Dresden. Mir hat zwar nicht gefallen, was der gesagt hat. Aber es waren viele beeindruckt, wie er es gesagt hat.
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Es mag sein, dass ich den Artikel im Grundgesetz noch nicht gefunden habe, nach dem es möglich gewesen wäre, alle DDR-Bürger auszusperren, sobald in der DDR Freiheit herrscht und die Demokratie aufgebaut ist ;-)
Aber nur auf diese Weise hätte man eine Zweistaatlichkeit erzwingen können.
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Ich war schon früh in den 80ern für die Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft und wüsste jetzt auch nicht, inwiefern das verfassungsrechtlich ausgeschlossen gewesen wäre.
Fand ich immer völkisch, da nun große Unterschiede zwischen Holländern, Spaniern oder Leipzigern zu machen. Wenn jetzt auf einmal ganz Amsterdam oder Prag sich hier ansiedeln wollen würde, dann wäre ja auch kein großer Taumel am Wirken, nun Holland mal wieder anzuschließen, und die Rentenansprüche der Alten aus Den Haag würde auch keiner übernehmen wollen. Letzteres vielleicht zu Unrecht. Das wäre mal eine Initiative wert. Aber dann bitte nur bei karibischstämmigen, sonst bin ich dagegen.
Der Asylrechtsparagraph ließ sich ja auch problemlos wegen irgendwelcher Lichtenhagener auf "Fidschi"-Jagd einschränken, die da ein wenig rumfackelten,
Was du ansonsten beschreibst, das ist ja zudem nix als Erpressung durch Ostdeutsche der westlichen Gesamtbevölkerung, genau wie Nörgler das beschreibt - auch 'n lustiger Politikbegriff. Komisch, wann "Realpolitik" Kriterium ist und wann nicht und warum jeweils.
Zudem ja auch das "wie" im Grunde genommen nie diskutiert wurde vor lauter nationaler Besoffenheit der Doofen. Ich kriege da auch 20 Jahre danach noch schlechte Laune, wenn ich an diese "Der böse Lafontaine will die Einheit ja gar nicht"-Erpressung zurück denke. Bei solcher nationalistischen Rhetorik kam immer historisch Fatales bei raus.
Nörgler, Danke für Deinen brillianten Kommentar zu Califax, ich war schon ein wenig erschüttert, wen und was der Che hier zustimmend verlinkt.
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Falsch ist das sicher nicht. Aber zumindest steht das auch nicht unbedingt in Widerspruch zu der Feststellung in dem verlinkten Artikel, dass die Bürgerrechtler es versäumt oder schlicht nicht geschafft haben, eine tragfähige Vision einer künftigen DDR zu entwickeln und kommunizieren. Ich finde es ein wenig überheblich, alle DDR-Bürger, denen das System der Bunzrepublik oder zumindest eine einstaatliche Lösung damals als die bessere Option erschien, als tumbe und konsumgeile Idioten zu diffamieren, denen es bloß um Videorecorder und tollere Autos ging. Da können wir, die wir das alles nicht unbedingt entbehren mussten und in Ungarn oder Bulgarien auch nicht als Urlauber zweiter Klasse behandelt wurden, natürlich leicht lästern über Pöbel, der auch endlich mal mit der blauen Tapete zahlen wollte. Ich denke, dass vielen DDR-Bürgern die Bunzrepublik (nicht nur wegen der D-Mark) verlockender schien und mehr Freiheit versprach als ein irgendwie reformierter Sozialismus.
Kann man das den Leuten wirklich übelnehmen? Ich persönlich neige eher zur Antwort "nein", auch wenn mir ein etwas anderer Verlauf der Geschichte auch lieber gewesen wäre.
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Den Spruch „Früher hatten wir Geld und nichts zu kaufen, heute gibt es alles zu kaufen, aber wir haben kein Geld“, habe ich schließlich nicht erfunden, sondern x-fach an der Glotze gesehen. Diese Leute bekunden doch selbst ihre Mentalität. Und Du meinst, die hätten noch hehre nationalstaatliche Motive gehabt? Ich bitte Dich! Falls ja, haben sie die verdammt gut versteckt, und zwar bis heute.
Dass Du ausgerechnet Autos erwähnst, ist ein schönes Beispiel. Nach der Wende fluteten die D-Mark-Fans flächendeckend die Gebrauchtwagenhändler. Die Preise gingen durch die Decke, da die Doof-Ossis jeden Preis zahlten. Ein befreundeter Händler, wahrlich kein Kind von Traurigkeit, wenn es darum geht, für ihn günstige Gebrauchtwagengeschäfte zu machen, erzählte mir, dass ihn irgendwann die Scham erfaßte, und er dem Ostkunden erklärte, Nee, 4000 Euro kann ich dafür nicht nehmen, die Karre ist bloß 1200 wert.
Die USA hatten gegen die Vereinigung Bedenken. Frankreich war dagegen, England war strikt dagegen. Kohl war gegen den Euro. Das heißt: Politiker, denen man es nicht zugetraut hätte, wollten das Richtige tun, bzw das Falsche unterlassen. Das hätte immense Vorteile gehabt, indem Erhaltenswertes erhalten worden wäre, zB die weltweit führende DDR-Erdwärmetechnologie, einzelne Aspekte des Ausbildungswesens und Leuna. Sehr witzig wie gerade aktuell Herr Holzer durchs Gelände springt und erzählt, zu Leuna habe er noch manches zu erzählen. Da machen sich gerade die Richtigen in die Hosen, harhar.
Aber das D-Mark-Gejohle und Anrennen der Videorecorder- und Auto-Fraktion ließen Kohl keine Wahl. So kam es zu dem doppelten Unheil von Euro und Vereinigung, da Kohl sagte, ich bin für den Euro, wenn ihr für die Vereinigung seid.
Insoweit – nämlich wegen des Johlens und Anrennens – gab es tatsächlich keine Alternative. Aber die Alternative zur Dummheit wäre die Besonnenheit gewesen. Die DDR/neu hätte auf europäischer Ebene und durch die USA jede Unterstützung gehabt. Ohne den Druck des Ossi-Pöbels (dem alsbald der Druck des Wessi-Geschäftermacherpöbels sich hinzugesellte) hätte Kohl sagen können: OK Maggie, wir lassen das mit der Vereinigung, aber das kostet, und ihr beteiligt Euch an der Neustrukturierung der Ex-DDR.
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Ich frage mich halt nur: Hätte man sich (sei es als Wessi oder auch als Bürgerrechtler) ernsthaft hinstellen können und sagen: "Langsam, Leute, Autos und Videorecorder sind doch gar nicht so wichtig, Ihr solltet lieber verstärkt versuchen, den Sozialismus jetzt mal so richtig mit Leben zu füllen!"? Da wäre doch irgendwie so, wie wenn wir jetzt, nachdem wir jahrhundertelang die Luft verpestet haben mit unserer Industrie und dem privaten Verfeuern fossiler Brenstoffe, den Chinesen sagen würden, "langsam, Leute, macht mal nicht so viel Ruß und Kohlendioxid da unten und fahrt lieber Fahrradrikscha, das ist umweltfreundlicher!"
Vielleicht idealisiere ich es zu sehr, aber ich sehe in dem massiven Konsum-Run nicht nur, aber schon auch ein implizites Abstimmungsverhalten in der politischen Systemfrage. Und man muss es leider hinnehmen, dass die Vorstellung, noch weiter am Sozialismus rumzudoktern, den meisten DDR-Bürgern wohl nicht mehr zu vermitteln war. Und das mag schon auch ein Versäumnis oder Versagen der Bürgerrechtler gewesen sein.
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Die Blaupause für den Tag X hatten sie nicht in der Schublade. Aber das hatte niemand.
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Auch Noergler hat Recht, wenn er einwendet, dass die Fremdheit zur politischen Nomenklatura (in Ost und West!) größer war.
Ich denke, diese Fremdheit (insgesamt: zum politischen Diskurs!) liegt - jedenfalls teils - auch daran, dass der DDR-"Sozialismus" kaum politisch mündige Bürger hervor gebracht hat, sondern mehrheitlich solche, welche die Zumutungen ihres Systems mit Ignoranz zu ertragen lernten. Sie konnten sich nicht an offenen politischen Debatten beteiligen - und so mussten ihnen diejenigen fremd erscheinen, die sich politisch auszudrücken verstanden.
Man könnte auch sagen: Die Bürgerrechtler hatten das Pech, dass sie keine Leute wie Stolpe (u.ä.) hatten, welche wussten, wie sie "die Leute dort abholten, wo sie standen". Ihnen fehlten die Popularisierer bzw. allgemein akzeptable volkstümliche Polittalente, welche dabei geholfen hätten, die Anliegen der Bürgerrechtler (die ja auch Anliegen der DDR-Bevölkerung waren - das ist einer der Punkte, die Califax übersieht) politisch einflussreich und durchsetzungsfähig zu machen.
Eine Mitschuld an dieser Entwicklung spielten m. E. die Medien (besonders: das Fernsehen), welche an ihren Rezeptions- und Präsentationstraditionen fest hielten. So war (eigentlich völlig absurd) die Ost-CDU dann "die CDU" und galt als normal und akzeptabel, während die DDR-Bürgerrechtler bevorzugt als Sonderlinge präsentiert wurden.
Umgekehrt wäre es richtiger gewesen.
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Grundsätzlich steht man natürlich zur arbeitenden Bevölkerung und ist immer voll solidarisch. Wenn sich dann aber zeigt, daß die eben diese arbeitende Bevölkerung manchmal schlicht ein wenig konsumieren will (was nach ~ 40 Jahren Konsumentzug vielleicht sogar nachvollziehbar ist) und keine Lust auf Debatten hat, dann wendet man sich mit Grausen ob dieses widerlichen Plebs ab, äußert sich ein wenig arrogant, hält sich aber natürlich weiterhin für extrem volksnah und sozial bewusst - echt unterhaltsam!
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Dass die "arbeitende Bevölkerung manchmal schlicht ein wenig konsumieren will" darfst Du Deinen Neoconnarden-Kumpels vertellen, die ständig marmeln, die Löhne – wir erinnern uns: Lohn ist das, was der Malocher zum Konsum braucht – seien immer noch "zu hoch".
Hier aber brauchst Du das keinem zu erklären; da ist dieses Blog glatt der falsche Adressat.
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vorsicht, vorsicht.
das und genau das waren die arbeiter mit der ihnen eigenen arbeiter- und bauernschläue.
denen war völlig klar, dass eine nach den vorstellungen der bürgerrechtler
- das waren doch die, die sich mit den jungen bonzen der alten partei an eine tisch setzten, um dort die nützlichen idioten zu geben -
weiter betriebene ddr auf ihre knochen ginge. vor allem auf ihre knochen. weiss hier noch jemand, wie bitterfeld, leuna und wolfen von aussen aussahen, wie in espenhain produzert wurde, wie es in leipzig zu winters zeiten nach schwefliger braunkohle roch?
von daher war der grosse bruder im westen für sie die realistischere und angenehmere perspektive.
bei allem gemaule (arbeiter im beitrittsgebiet wählen die linke eher nicht, die ist die partei der damals um ihre karriere gebrachten aufstiegskader, der genossen im öffentlichen dienst und der alten lasten bei sed und stasi und auch all der intellektuellen, die sich zu wendezeiten und danach als genau das erwiesen, was bei marx parasitäre klassen heisst*) von den arbeitern wollen wenige in die ddr zurück.
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*) eine aufarbeitung dessen, was uns zwanzig jahre später als revolution verkauft wird, kann zu dem ergebnis führen, dass sowohl die intellektuellen im osten wie die im westen bis heute nicht begriffen haben, wie und was überhaupt. parasitäre klassen, die ihrer gesellschaftlichen aufgabe nicht gewachsen waren, nicht gewachsen sind.
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Ein neuerlicher Beitrag in bekannter noergler-Qualität!
Einfach mal gar nicht auf den Inhalt des Postings eingehen, sondern einen Strohmann aufbauen und nach Herzenslust darauf eindreschen. Aber vielen Dank, daß Du mich auf meine Neoconnarden-Kumpels hinweist, von denen ich bis dato gar nichts wusste. Schön auch, daß Du mir auch auf Erklärungsversuche, die ich gar nicht gebracht habe, antwortest. Wie wäre es, wenn Du das Forum alleine befülltest? Du könntest Dir lauter Strohmänner ausdenken und Dich herrlich an ihnen austoben.
Mal ganz ehrlich: "Fresse aufreißen und Scheiße labern" mag hier im Forum ja Spaß machen, aber wie hält Dein soziales Umfeld im realen Leben das aus? Oder bist Du da anders?
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"...wurde in diesem Thread inhaltlich und detailliert an der Sache diskutiert..."
Ja ja, in der gewohnten Sachlichkeit Deiner Beträge...
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"...Musik an sich..."
Deinen Musikgeschmack möchte ich nicht haben - Du stehst auf Modern Talking?
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Und da war die deutsche Wiedervereinigung ein fragiles und augenblicksabhängiges Gewächs. Ohne Gorbatschows Zustimmung hätte es sie nicht gegeben. Und Gorbatschow stimmte nicht zu, weil er ein so guter Mensch war oder weil der russische Michail den deutschen Michel schätzte oder weil er mit Genschman befreundet war, der bis dato nichts gemerkt hatte und dem wir darum damals symbolisch ein Hörgerät schenkten, nein, er tat das aus innenpolitischen Erwägungen. Jaja, ganz recht: Es kriselte im Kaukasus, und Gorbi meinte, die in der DDR stationierte Westgruppe der Roten Armee dort zu benötigen, weshalb sie abrückte. Zu den "Vätern der deutschen Einheit" müssten an prominenter Stelle die Gamsachurdias und Dudajews dieser Welt gezählt werden.
@Sprache der Bürgerrechtler: Schorlemmers pastorale Sprechweise wurde erwähnt, aber ich weiß nicht, ob das typisch war. Bärbel Bohley, der Herr Krafzyk, Hans Otto Dill, Wolfgang Maatz oder Ibrahim Böhme sprachen verständlich und nicht sonderlich moralisierend. Die Montagsdemonstranten, mit denen ich so zu tun hatte, gebrauchten einen Marxisten-Slang, der sich so anhörte: "Wir werden sehen, was diese Revolutionäre jetzt tun werden", "Die Dialektik der Kämpfe wird auch unter Vorbedingung der Gewaltfreiheit die Verhältnisse zum Tanzen bringen" usw. Wer sagt Übrigens, dass keine Arbeiter bei den ersten Montagsdemos dabei waren? Das habe ich anders in Erinnerung, und auch die zig Fernsehbilder, die jetzt so gezeigt werden, zeigen auf den Straßen unter anderen auch betont prollig aussehende Leute.
Dann die ständige Betonung des Mangels in der DDR: Klar war der da, und das Land zu diesem Zeitpunkt ökonomisch völlig am Ende, insbesondere in einer ernsten Versorgungskrise. Aber die Krokodilstränen, die deswegen so geweint werden finde ich doch übertrieben. Ich habe mich, als die DDR kollabierte, in Ägypten aufgehalten (weswegen ich entscheidende Momente des DDR-Kollapses nicht mitbekam) und dort richtiges Dritte-Welt-Elend von innen gesehen, z.B. bei sudanesischen Bürgerkriegsflüchtlingen in einem Slum in Assuan, die Licht machten, indem sie zwei unisolierte Kupferkabel mit einer Wäscheklammer zusammen klippten, und mich daran gewöhnt, beim Spazierengehen des Nächtens um die auf dem Bürgersteig schlafenden Familien herumzugehen. Da sehe ich das Wehklagen über DDR-Versorgungsengpässe aus einer anderen Perspektive. Kurz nach dem Mauerfall war eine Delegation von Äthiopiern in Berlin, denen das KaDeWe und das Kaufhaus Zentrum in Ostberlin gezeigt wurde. Befragt, wie sie die Unterschiede wahrnahmen erkärten sie, dass sie gar keine wahrgenommen hätten, für sie war das alles nur überschwänglicher Überfluss und Luxus pur. Allles eine Frage der Perspektive.
Historisch und volkswirtschaftlich halte ich es auch für vollkommen absurd, hinsichtlich von Lebensstandard, Infrastruktur und medizinischer Versorgung die DDR am Maßstab der BRD zu messen. Messlatte müsste ein Land sein, das hinsichtlich Fläche, Bevölkerungszahl und industriellem Output mit der DDR vergleichbar wäre, und das wäre im Westen dann Portugal oder Griechenland. Und in DEM Vergleich hätte die DDR vor Eintreten ihrer finalen Krise gar nicht einmal so ganz schlecht abgeschnitten.
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schwer zu glauben.
tina? das hat maggie aber anders gesehen.
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Das mal vorweg. Aber wenn wir schon im Irrealis II unterwegs sind, können wir auch nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass der Einigungsprozess dann eben etwas später mit anderen Vorzeichen stattgefunden haben könnte, oder?
Ich bin auch nicht sicher, ob der Kaukasus in den geostrategischen Abwägungen der SU-Oberen eine so zentrale Rolle gespielt hat. Da muss eine größere geostrategische Neuausrichtung stattgefunden haben. Immerhin scheint man sich ja ab einem gewissen Punkt mit dem Gedanken angefreundet zu haben, nicht nur Ostdeutschland von der Leine zu lassen, militärisch gesehen, sondern ganz Osteuropa. Ich wunderte mich z.B. auch, warum die SU nicht viel stärker in Richtung eines NATO-Austritts eines wiedervereinigten Deutschlands verhandelt hat. Plötzlich war dieses Thema vom Tisch. Standen die Sowjets damals wirklich so mit dem Rücken zur Wand?
EDIT: Ich greif den Punkt nochmal auf, den mein verschwundener Vorredner mit seinem etwas ungelenken Idiom machen wollte: Die Vermutung, dass es bei gestopptem oder sehr verlangsamten Einigungsprozess zu einem Massenexodus westwärts gekommen wäre, scheint mir nicht sonderlich weit hergeholt.
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Hätte zu der Zeit Lafo gekanzlert als Millionen konsumgeiler, die Zukunft einer "demokratischen DDR" um das Linsengericht eines gebrauchten Opels verratenden Ossis kollektiv ins gelobte Land der Dehmark rübermachen hätten wollten, so wäre der Lafo wohl der erste gewesen der das Wahlpöbelpotential ausgeschlachtet hätte, das sich ihm willig gegen den Umtausch von Aluchips in Westmahk angeboten hätte (ist das jetzt überhaupt ein Satz? egal).
So erlaube ich mir zu meinen.
Was hätte Lafo auch machen können, gegen die herandrängenden Millionenhorden konsumverblendeter Ossis, die die Grenzbefestigungen stürmten?
Einen Schiessbefehl erteilen?
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@ziwo: Wie neutral waren Österreich oder Schweden? Und Frankreich (ok, immerhin Atommacht) war ja auch einige Zeit auf Distanz zur Nato. Wenn das die Bedingung der Einheit gewesen wäre, hätte man das formal schon irgendwie drehen können. Ich verstehe nur nicht, warum die Soffjets da nicht stärker drauf gedrängt haben.
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Suffjets: man gab ihnen mehrere Milliarden gute Gründe.
@ che
"Und wird auch manches neu gestylt, Korea ist und bleibt geteilt."
Auch das wäre, sollte Kim & Cie. mal der Götter Gunst entzogen werden ein interessantes Experiment.
Würden die Nordschlitzis über ein "demokratisches Nordkorea" beraten, mit der Aussicht in Bälde täglich statt einer vielleicht gar zwei Handvoll Unkraut zum Stillen des nagenden Hungers zu kriegen oder würden sie kollektiv über die Friedensgrenze in den Süden stürmen?
Würde die einigende Kraft einer "nordkoreanischen Identität" über die Aussicht auf zwei warme Mahlzeiten täglich und das vage Versprechen von giergeilem Konsum siegen?
Es bleibt spannend. Glückauf!
Gar nicht zu sprechen von der sich dann für die meisten Nordschlitzis aufdrängenden Frage "Was ist Konsum?"
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Ich hoffe Du willst jetzt nicht auch noch Nordkorea in die Nähe eines Gulag rücken. Es ist immerhin eine der letzten antikapitalistischen Bastionen. Das muss man würdigen.
In der letzten Zeit bemerke ich hier bei einigen Foristen merkwürdig revanchistische, ans Neoliberale heranreichende, Züge. Und wo der Ungeist des Neoliberalen sein Unwesen treibt, da kann der Faschismus nicht fern sein.
Fruchtbar noch ist der Schoss aus dem das kroch!
Wehret den Anfängern!
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So richtig dürfte das nicht klappen, aber die Perspektive ist besser als die Realität. Und nur Langweiler flüchten sich in die Realität.
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Die »massiv goldene Klobrille« zeigt übrigens, dass der Autor nicht sehr weit gedacht hat: es existieren etwa 25 Gramm Gold pro Kopf der Weltbevölkerung ;-)
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dazu fällt mit der von mir der geschätzte gustav heinemann ein, der als bundespräsident im fernsehen sinngemäss sagte, wer mit dem finger auf andere zeigt, zeigt dabei mit drei fingern auf sich.
das mit den goldenen abortdeckeln lässt sich bis zu thomas morus, utopia, verfolgen, dort sind es massiv goldene nachttöpfe (pottschamber,frz. pot de chambre, auch vase de nuit).
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Nach Jahrzehnten des Herumeierns sollten die Kommunistenfresser nun doch einmal eine Entscheidung darüber treffen, ob sie die Idee des Sozialismus mit 'zu viel Armut' oder mit 'zu viel Reichtum' denunzieren möchten.
Freilich verstehe ich, warum sie nicht zu Potte kommen: Da das Objekt ihrer Anbetung, dieser Scheiß-Kapitalismus, der den Planeten und die Menschen umbringt, wachsenden Reichtum und wachsende Armut simultan produziert, wissen sie nicht so recht, wie sie das deuten sollen, und meinen, in jeder anderen Gesellschaft müßte das irgendwie so ähnlich sein.
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"Die Perspektive ist besser als die Realität. Woher kommt mir das nur bekannt vor?" Du meinst offenbar, dass es Dich an die Politiker erinnert, die seit 1 Jahr alle paar Wochen erzählen, die Krise sei überwunden. Aber bei Che soeben steht das in in einem ganz anderen Zusammenhang. –
Richtig, die Goldmenge ist begrenzt. Aber für die Klobrillen haben wir auch noch Silber und Platin, und die Freunde der Atomenergie kriegen ihre Toiletten sowieso aus abgebrannten Brennelementen gefertigt.
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Oder auch die sozialistischen Politiker, die selbige bessere Perspektive für spätere Generationen im Kommunismus voraussagten.
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Klobrillen aus Silber sind ja stillos. Warum kam von Euch keiner auf die Idee, dass es dann nur noch Gemeinschafts-Latrinen gibt, für die das Gold natürlich reicht? Muss man hier alles erklären? ;-)
—
Ich glaube nicht, dass der Kommunismus jemals das Problem »zu viel Reichtum« haben wird …
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Ich höre gar nicht hin, wenn Politik-PR mir vermitteln will, dass Deutschland aus der Krise stärker hervorgeht ;-)
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"Wer in Politik, Staat, Kirche, Wirtschaft, Militär, Parteien, Organisationen keine Gaudi sieht, hat mit uns nichts zu tun. Boykottiert alle herrschenden Systeme und Konventionen, indem ihr sie nur als missratene Gaudi betrachtet. Dem Satz "Wissen ist Macht", der das Zeitalter der Wissenschaft eingeleitet hat, wird der Satz folgen "Gaudi ist Macht", der das Zeitalter der Gaudi einleitet. So wie Marx aus der Wissenschaft eine Revolution abgeleitet hat leiten wir aus der Gaudi eine Revolution ab. Die sozialistische Revolution mißbrauchte die Künstler. Die Einseitigkeit dieser Umstürze beruhte auf der Trennung von Arbeit und Gaudi. Eine Revolution ohne Gaudi ist keine Revolution. Unbrauchbarkeit ist unser höchstes Ziel: Gaudi ist unpopuläre Volkskunst. Alles, was anwendbar ist, ist nicht für den Menschen. Wir fordern allen Ernstes die Gaudi. Wir fordern die urbanistische Gaudi, die unitäre, totale, reale, imaginäre, sexuelle, irrationale, integrale, militärische, politische, psychologische, philosophische....Gaudi. Durch die Realisierung der Situationistischen Gaudi werden alle Probleme der Welt gelöst: Ost-West-Problem, Algerienfrage, Halbstarkenkrawalle, Gotteslästerungsprozesse und sexuelle Verdrängungen. Wir engagieren die ganze Welt für unsere Gaudi!"
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Ich glaube nicht, dass der Kommunismus jemals das Problem »zu viel Reichtum« haben wird …Ich glaube nicht, dass der Neo"liberalismus" jemals das Problem »wachsender Wohlstand breiter Bevölkerungkreise« haben wird …
Der Witz daran ist: Es ist evident. Der Neo"liberalismus", zumal in seinen krassen Zuspitzungen wie sie unsere bloggenden Rechtsliberztären befürworten, ist gescheitert, jedenfalls, sollte er jemals zum Ziel gehabt habe, wachsenden Wohlstand zu organisieren.
(oh, jetzt ist Stefanolix gleich beleidigt und verkrümelt sich wieder...)
Aber im Ernst: Wer sich als Neo"liberaler" ausgerechnet über die teils theologische Struktur konkurriernder politischer Ideologien (inkl. Heilserwartungen und Segensversprechungen) aufregt, der muss schon ein gutes Stück weit blind sein - gegenüber der Ideologie, der er selbst vertritt. Die an "den" Markt gerichteten Harmonieerwartungen sind im Kern theologischer Natur.
@ Urfaust
Du magst ja Recht haben, dass die Häme von Lebemann vorhersehbar ist und einen irgendwie verblühten Eindruck macht. Die Idee ist aber falsch, von einem "nie Erblühten" auszugehen.
Was bei ZiWo Sache ist, weiß ich nicht, ich vermute da Einsamkeit. Man begeht oft einen Fehler, wenn man aus der politischen Haltung eine Versager-Stellung im Leben deutet. Unsere rechtslibertären Blogger beispielsweise (mal von krakeelenden Maulaffen wie C., W. oder b. abgesehen) stehen privat eigentlich ganz gut da.
Sie haben nur eine drei Ängste:
Erstens, dass sie wegen Steuerzahlungen eines Tages vollends verarmen werden, zweitens, dass "der" Islam sie zu Dschimmis machen wird, drittens, dass "die" Linken das Sagen bekommen und sich daraufhin der Abgrund der Hölle eröffnen wird.
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Es ist aber auch dumm.
Frau Wagenknecht, deren Vorstellungen ich oft nicht bzw. nur teils teile, hat sehr wohl wirtschaftspolitische Kompetenz - zumal im Vergleich zu Politikern wie Westerwelle oder Brüderle. Hier wirkt sie, fernab ihrer politischen Ausrichtung, im Bereich der Wirtschaftspolitik und allgemein in Wirtschaftsfragen sogar deutlich kompetenter. Sie weiß mehr. Sie hat deutlich mehr Ahnung in Bezug auf Wirtschaftswissenschaften. Sie ist sogar realistischer. Das bedeutet natürlich nicht, dass ihre Vorschläge und politischen Ideen befürwortet werden müssen. Dennoch: Mag man ihre Vorschläge ablehnen, aus guten Gründen heraus, sie hat eine ausgeprägte Kompetenz in wirtschaftspolitischen Fragen.
Verwechselt Stefanolix Ideologie bzw. politische Orienitierung mit Kompetenz?
Ich nehme an, das ist so.
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Sie werden damit nicht beeinflussen, ob ich mich hier an den Diskussionen beteilige. Oder anders gesagt: Es geht mir nicht wirklich nahe, was Sie über mich schreiben.
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Sein "liberaler" Stil der Diskussion mit mir rührt nicht daher, dass ich ihm irgendetwas angetan hätte, sondern dass er sich mit den Auffassungen nicht beschäftigen mag, die ich vertrete. Außerdem ist es halt seine teils schwer merkwürdige Auffassung von "Liberalismus", die sich hier niederschlägt.
Da redet man halt mit bestimmten politischen Konkurrenten nicht.
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Die Anforderungen an die demokratischen Kräfte in der Deutschen Demokratischen Republik haben sich nach dem Mauerfall dramatisch geändert. Geld- Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- Innen- und Außenpolitik sind eben etwas anderes als der intelektuelle Widerstand gegen eine Diktatur. Zumindest aus meinem Politikverständnis heraus. Die Leute besassen auch keine Zeit in die neuen Anforderungen hereinzuwachsen. Im Grundgesetz war von dem Ziel der Wiedervereinigung die Rede.
Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hatten natürlich Schwierigkeiten sich an die veränderten Bedingungen anzupassen. Auch für den Westen änderte sich die Welt durch die vertiefte Globalisierung dramatisch.
1990 sah es kurz so aus, als wären wir eine Art gelobtes Land. Von der Währungsreform über die (je nach Geschmacksrichtung) Ostpolitik und/oder NATO Doppelbeschluß alles richtig gemacht. Und dann war dieses von seiem Wesen sehr föderale Land plötzlich "vereinigt".
Viele Probleme der Ostdeutschen mit der Vereinigung hab ich erst in Gesprächen mit ebensolchen halbwegs verstanden. Überstülpen eines Rechtssystems überliest sich schnell. Kann aber konkret verstehen, dass Leute eine Abwehrhaltung entwickeln, wenn sie begleitet mit Sprüchen "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht" in die Mühlen der Bürokratie geraten.
Das ist nur ein Beispiel.
Sowas find ich wesentlich interessanter als die Sahrah Wagenknecht, die dusselige Kuh.
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Die Frau Wagenknecht hat sich im Übrigen im Lauf der Jahre auch ziemlich zu ihrem Vorteil verändert.
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Ja, dieses Andere war schneller wieder vom Tisch als man gucken konnte. Genau wie das Thema Blockfreiheit/Neutralität und vieles mehr. Das rasende Tempo, in dem damals sozusagen in voller Fahrt die Weichen gestellt wurden, kann einen heute auch im Rückblick noch schwindlig machen. Aber so viel klarer sehe ich auch nach dieser Diskussion noch nicht, wo genau die Ansatzpunkte gewesen wären, an denen man dem Einigungsprozess realistischerweise eine andere Richtung hätte geben können.
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Das war im Wesentlichen eine Ausräuberung der EX-DDR (bzw.: "Beitrittsgebiete") durch Managereliten. Würde man in diesem Schlamm noch einmal gründlich wühlen (z.B.: wie geradezu zu Vertragsbrüchen aufgefordert wurde), träte eine geradezu irrsinnige Menge Schmutz zutage - und ein guter Teil der Neuverteilung des Immobilien- und Landbesitzes in der DDR würde in einem anderen Licht da stehen. Die in der Treuhand tätigen Manager hatten weit überwiegend nicht das geringste Interesse daran, zum Wohl der Allgemeinheit zu arbeiten.
Sie dachten, zusammen mit anderen "kreativen Leistungsträgern" (oder wie Wirtschaftsbetrüger seitens von FDP-Jünger bezeichnet werden), vor allem an den eigenen Vorteil.
Die sogenannte Wiedervereinigung hätte völlig anders organsiert werden müssen. Hätte man den volkseigenen Besitz, beispielsweise,
a) zu 1/3 behalten/weiter geführt als volkseigenes Eigentum mit dem Ziel der wirtschaftlichen Entwicklung
b) zu 1/2 meistbietend - ohne jegliche Kaufpreis senkende Auflagen - versteigert
c) zu 1/ 6 den Rentenkassen übereignet,
dann wäre das ein weitaus besserer Weg gewesen, der sogar ein vielfaches (!) an Einnahmen ermöglicht hätte, bei gleichzeitig besserer Schonung bzw. Modernisierung der industriellen Substanz der Ex-DDR.
Es hätte auch ein weitaus besserer Schutz der ehemaligen DDR-Bevölkerung vor Betrügern, Versicherungsverkäufer und anderem Gesocks organisiert werden müssen. Die Verbraucherzentralen wurden allerdings krass unterfinanziert.
Das ökonomische Sündenregister der Wiedervereinigung ist lang, sehr lang. Nur brunzdumme Pseudoliberale und rechtslibertäre Sektierer können die Vorgänge in der Summe für "gelungen" halten.
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wohingegen etwas recherche, beispielsweise die landtagsfraktionen der die linke im beitrittsgebiet ganz deutlich zeigt, wer da woher gekommen ist.
die jungkader von vor zwanzig jahren sind endlich wieder am trog.
herr platzeck will sich jetzt sogar mit welchen von denen versöhnen, nur damit er ministerpräsident bleiben kann. das hätten er und die anderen bürgerrechtler vor zwanzig jahren billiger haben können.
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Biermann?
Bohley, die heute bei Kohl aufm Schoß sitzt?
Vera Wollenberger? (okay, das war jetzt böse!)
Eppelmann?
IM Czerny? IM Dr. ralf Schirmer? IM Küster? Pfarrer Ebbeling (der diese kuriose DSU gegründet hat und im Dezember 89 nachgeholten widerständigen Mut in sich entdeckte)?
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Die Frau Wagenknecht hat sich im Übrigen im Lauf der Jahre auch ziemlich zu ihrem Vorteil verändert.Hat sie nicht.
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