Freitag, 27. November 2009
Ein ganz großer Nörgler
che2001, 16:21h
Das gehört in Quarzit gemeißelt:
"Boche hat das Kapital-Wesen nicht gesehen, was einleuchtet, denn selbst Marx, und gerade er, fand den Begriff des Kapitals nicht im Wege einer Fabrikbesichtigung. Da geht es dem Marx wie dem Kant mit der “Transzendentalen Einheit der Apperzeption”: Man kann lange des Denkers Studierstube durchwühlen oder sein Gehirn vom Neurowissenschaftler scannen lassen – die Transzendentale Einheit der Apperzeption wird man nicht finden. Und dennoch hat Kant deren Existenz nachgewiesen.
Das mag nun alles etwas schwierig sein. Ich aber werde es für Dich einfach machen:
Ich darf davon ausgehen, dass wir zwei beide darin übereinstimmen, dass die menschliche Spezies existiert? Schön. Nun kann man einzelne Menschen anfassen, sehen, einsperren und erschießen, die Spezies als solche aber nicht, denn “Spezies” ist eine Abstraktion. “Spezies” ist etwas, das kein Gegenstand möglicher Erfahrung ist. Selbst wenn ich alle Menschen dieser Erde persönlich kennen würde, wäre ich diesem “Spezies”-Ding nie begegnet. Denn “Spezies” ist eine Abstraktion – und zugleich nichts bloß Ausgedachtes.
Du siehst: Es gibt Sachen, die nicht Bestandteile der empirischen Dingwelt sind, und dennoch sind sie da. Auf die argumentativen Begründungen Kants und Marx’ für die Tr. Einheit d. Apperzeption bzw das Kapital mit ‘Was ich nicht sehe, gibt’s auch nicht’ zu reagieren, ist doch recht holzschnittartig.
Aristoteles stellt zutreffend fest, man kann Gegenstände sehen, “aber das Sehen selbst kann nicht gesehen werden.” Würdest Du nun behaupten, Sehen gibt es nicht, weil man es nicht sehen kann?
Na also. War doch nicht so schwer, oder?
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“Ich halte den Artikel für Mumpitz, da er – nicht unüblich für linke Argumentationen – Systemen oder Dingen einen Quasi-Subjektstatus zuweist.”
Würdest Du meinen, es ist eine linke Argumentation, wenn man mit Äußerungen wie “Der Markt kann das besser” oder “Das muß man dem Markt überlassen” oder “Das regelt der Markt” dem System des Marktes doch ebenfalls einen Subjektstatus zuweist? Vermutlich würdest Du das nicht meinen, und doch wird von, nun ja, liberaler Seite ständig in dieser Weise geredet – was daran liegen könnte, dass der Markt tatsächlich Subjekteigenschaften besitzt. Er hat sogar eine Hand: die unsichtbare."
http://www.bissige-liberale.net/2009/11/22/diskriminierung/#comments
"Boche hat das Kapital-Wesen nicht gesehen, was einleuchtet, denn selbst Marx, und gerade er, fand den Begriff des Kapitals nicht im Wege einer Fabrikbesichtigung. Da geht es dem Marx wie dem Kant mit der “Transzendentalen Einheit der Apperzeption”: Man kann lange des Denkers Studierstube durchwühlen oder sein Gehirn vom Neurowissenschaftler scannen lassen – die Transzendentale Einheit der Apperzeption wird man nicht finden. Und dennoch hat Kant deren Existenz nachgewiesen.
Das mag nun alles etwas schwierig sein. Ich aber werde es für Dich einfach machen:
Ich darf davon ausgehen, dass wir zwei beide darin übereinstimmen, dass die menschliche Spezies existiert? Schön. Nun kann man einzelne Menschen anfassen, sehen, einsperren und erschießen, die Spezies als solche aber nicht, denn “Spezies” ist eine Abstraktion. “Spezies” ist etwas, das kein Gegenstand möglicher Erfahrung ist. Selbst wenn ich alle Menschen dieser Erde persönlich kennen würde, wäre ich diesem “Spezies”-Ding nie begegnet. Denn “Spezies” ist eine Abstraktion – und zugleich nichts bloß Ausgedachtes.
Du siehst: Es gibt Sachen, die nicht Bestandteile der empirischen Dingwelt sind, und dennoch sind sie da. Auf die argumentativen Begründungen Kants und Marx’ für die Tr. Einheit d. Apperzeption bzw das Kapital mit ‘Was ich nicht sehe, gibt’s auch nicht’ zu reagieren, ist doch recht holzschnittartig.
Aristoteles stellt zutreffend fest, man kann Gegenstände sehen, “aber das Sehen selbst kann nicht gesehen werden.” Würdest Du nun behaupten, Sehen gibt es nicht, weil man es nicht sehen kann?
Na also. War doch nicht so schwer, oder?
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“Ich halte den Artikel für Mumpitz, da er – nicht unüblich für linke Argumentationen – Systemen oder Dingen einen Quasi-Subjektstatus zuweist.”
Würdest Du meinen, es ist eine linke Argumentation, wenn man mit Äußerungen wie “Der Markt kann das besser” oder “Das muß man dem Markt überlassen” oder “Das regelt der Markt” dem System des Marktes doch ebenfalls einen Subjektstatus zuweist? Vermutlich würdest Du das nicht meinen, und doch wird von, nun ja, liberaler Seite ständig in dieser Weise geredet – was daran liegen könnte, dass der Markt tatsächlich Subjekteigenschaften besitzt. Er hat sogar eine Hand: die unsichtbare."
http://www.bissige-liberale.net/2009/11/22/diskriminierung/#comments
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uwe sak,
Freitag, 27. November 2009, 16:44
Hmm,
der Link funktioniert leider nicht. Nur zur Info....
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che2001,
Freitag, 27. November 2009, 16:50
Also, bei mir schon. Liegt´s vielleicht an den Brausereinstellungen?
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stefanolix,
Freitag, 27. November 2009, 20:19
Hier ist der direkte Link zu dem Kommentar, auf den sich Nörgler bezieht. Damit man es nacheinander im Zusammenhang lesen kann.
Dann gebe ich hier auch noch meinen aktualisierten Senf dazu: Man kann Boches Zeilen natürlich verreißen. Man kann sie aber auch mit eingeschaltetem Ironie-Detektor lesen, zumindest von »Da scheint es ein gruseliges Wesen zu geben …« bis zu den Worten »Aber mal im Ernst«;-)
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Die »Hand des Marktes« ist eine Metapher. In Wahrheit hat der Markt Millionen Hände. Unsere gehören dazu.
Dann gebe ich hier auch noch meinen aktualisierten Senf dazu: Man kann Boches Zeilen natürlich verreißen. Man kann sie aber auch mit eingeschaltetem Ironie-Detektor lesen, zumindest von »Da scheint es ein gruseliges Wesen zu geben …« bis zu den Worten »Aber mal im Ernst«;-)
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Die »Hand des Marktes« ist eine Metapher. In Wahrheit hat der Markt Millionen Hände. Unsere gehören dazu.
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noergler,
Freitag, 27. November 2009, 21:49
Worauf ich auf Stefanolix antwortete, um es nochmal in anderen Worten zu sagen, dass Boches Einlassungen (Berichte über US-Gesundheitssystem sind nur Horrormärchen, Markt bringt stets das Bestmögliche hervor) so irreal sind, dass sie ironisch sein sollten, er sie aber leider bierernst meint.
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@Che: Bildungsauftrag ist, wenn man auch bei erwiesener Sinnlosigkeit der Bemühungen an ihm festhält.
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@Che: Bildungsauftrag ist, wenn man auch bei erwiesener Sinnlosigkeit der Bemühungen an ihm festhält.
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stefanolix,
Freitag, 27. November 2009, 23:39
Ich möchte jetzt nicht nachprüfen, ob Boche wirklich geschrieben hat, der Markt bringe stets nur das Bestmögliche hervor. Wie ich ihn kenne, hat er das nicht so geschrieben. Aber es ist schön, dass Du trotzdem geantwortet hast ;-)
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che2001,
Freitag, 27. November 2009, 23:46
New Buzzword: Blogtransfering
Dieses transbloggige Über-Bande-Spiel finde ich ja schon sehr cool;-)
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stefanolix,
Samstag, 28. November 2009, 00:08
Ja, das kann interessant sein. Wenn man nicht aneinander vorbeiredet. Vielleicht sollten wir die interessanten Teile der Diskussion über totalitären Medieneinfluss und Manipulation irgendwohin kopieren, wo Ruhe ist. Das hätte auch noch interessant werden können. Aber heute habe ich dafür keine Ressourcen mehr … Gute Nacht.
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che2001,
Samstag, 28. November 2009, 00:22
Vielleicht macht es Sinn, dass wir uns darüber intern unterhalten- per email oder so - oder ein internes Blog for peers einrichten, wo nicht Kreti und Pleti dazwischenfunken und die Debatte auf Sonderwege führen können. Das ständige Sich-Auseinandersetzen-Müssen mit Gelegenheitskommentatoren, die frühere Debatten zwischen uns oder Grundpositionen von Dir, mir, Momorulez, Nörgler, Rayson, Netbitch, Hartmut, Boche, Don Alphonso, T.Albert , Linksklave David und Zettel gar nicht wirklich kennen und dazu ständig unsubstanzielles äußern ist nicht nur nicht hilfreich, sondern debattenblockierend.
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stefanolix,
Sonntag, 29. November 2009, 18:25
OK, führen wir zwei Interviews per E-Mail. Im ersten befrage ich Dich und im zweiten befragst Du mich. Dann veröffentlichen wir jeder das Interview, das wir als Fragesteller geführt haben.
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che2001,
Sonntag, 29. November 2009, 18:54
Aber gerne doch. Nur der Zeitrahmen sollte nach hinten hin offen sein, habe gerade etwas wuchtige Projekte zu stemmen.
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stefanolix,
Sonntag, 29. November 2009, 19:21
Der Umfang muss ja auch nicht über zwei oder drei Seiten hinausgehen. Es soll ein Gespräch bleiben und es soll lesbar bleiben ;-)
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