Montag, 19. März 2012
Wutgreis
che2001, 00:51h
Dazu gezwungen durch die ehernen Gesetze kapitalistischer Verwertung habe ich mich ein paar Mal selbst neu erfinden müssen: Referent einer Menschenrechtsorganisation, Journalist, Pressesprecher, Dozent, Lehrer auf befristeter Stelle und jetzt Gewerbetreibender. Mein Gewerbe gibt nicht genug her, um davon leben zu können, und so arbeite ich in 3 Jobs mit insgesamt 60-Stunden-Woche. Im Erstjob muss ich berufsbedingt Anzug mit Krawatte tragen, in meiner kargen Freizeit kleide ich mich eher leger, wobei es mir egal ist, ob das nun irgendein Style ist. Kleidung ist für mich eigentlich nur ein Schutz gegen Witterung, seit ich die spezifische Lederkluft der Alt-Autonomen abgelegt habe ist es mir eher wumpe, wie ich angezogen bin. In solch beliebiger Kleidung traf mich mein Vater, und er brüllte mich an: "So wie du rumläufst ist klar, dass du es nie zu was bringen wirst, fast 50 und noch immer ein Freak, wie willst du überhaupt Erfolg haben oder leben können, du kriegst überhaupt nichts auf die Reihe!"
Als ich antwortete: "Nach der Logik müsste ich mich umbringen." erwiderte er "Ja, mach das, dann ist endlich Ruhe!".
Ich hätte ihm am Liebsten in die Fresse geschlagen. Aber ein 83er Jähriger steht dann vielleicht nicht mehr auf. Wie geht man damit um?
Als ich antwortete: "Nach der Logik müsste ich mich umbringen." erwiderte er "Ja, mach das, dann ist endlich Ruhe!".
Ich hätte ihm am Liebsten in die Fresse geschlagen. Aber ein 83er Jähriger steht dann vielleicht nicht mehr auf. Wie geht man damit um?
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alterbolschewik,
Dienstag, 20. März 2012, 01:46
Ich kenne Deinen Vater ja nicht, deswegen ist eine Ferndiagnose natürlich etwas schwierig. Ich würde das aber gar nicht unbedingt so negativ sehen, wie es auf den ersten Blick erscheint: Er ist einfach alt und macht sich Sorgen um dich, auch wenn sich das in eine aggressive Form kleidet. Er meint, er sei verpflichtet, dir hilfreich zur Seite zu stehen, merkt aber, daß er dafür zu alt ist, und transformiert seine Hilflosigkeit in Aggression. Natürlich kommen da anerzogenen Wertevorstellungen hoch, die längst anachronistisch sind. Dennoch steckt da, glaube ich, eigentlich eine tiefe Sorge um dich dahinter, auch wenn das schwierig ist anzuerkennen.
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che2001,
Samstag, 24. März 2012, 00:56
Diese tiefe Sorge verstehe ich ja,aber mit der Antwort "Wenn Du stirbst, werde ich so viel erben, dass ich die Sorgen nicht mehr habe" wird er im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr leben können.
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