Sonntag, 4. Dezember 2016
Van der Bellen Präsident!
Wow! Wenigstens in einem Land wurde der Sieg der Rechtspopulisten verhindert. Und nun wenden sich die Blicke wohl gen Italien und Frankreich....

... comment

 
Zur [Stich]Wahl standen zwei Persönlichkeiten. Das Ergbnis soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die FPÖ in der "Sonntagsfrage" mittlerweile seit einem Jahr mit einem Abstand von bis zu 10% an erster Stelle liegt. Der Zustimmungsgrad für die FPÖ ist stetig steigend.

Dass Van der Bellen als BP eine Angelobung von Strache zum Bundeskanzler - vermutlich bereits im nächsten Jahr - dauerhaft verweigern könnte, ist als Illusion zu bewerten. Er mag sie wohl hinauszuzögern versuchen. Aber auch davon wird er Abstand halten müssen.

Man führe sich vor Augen, dass die FPÖ nach der Abspaltung des BZÖ (Haider) in 2005 bei rd. 3% gelegen war und seither auf mittlerweile 35% angewachsen ist. Wenn sich also angesichts des Ergebnisses der BP-Wahl weit verbreitet ein erleichtertes Aufatmen bemerkbar macht, zeugt das von brandgefährlicher Kurzsichtigkeit.

---

In Frankreich kann man nach der Kür von Fillon zum Präsidentschaftskandidaten von einer heranstehenden Wahl zwischen Pest und Cholera sprechen. Hier Fillon, der im "Wettbewerbsfähigkeitslimbo" sogar Schröder/Fischer unterbieten will. Da Le Pen, deren Präferenzen den Euro betreffend sattsam bekannt sind und die im heißen Wahlkampf ungeniert die wirtschaftliche Hegemonialstellung Deutschlands angreifen wird. Damit wird sie den Austritt aus der EU argumentieren - und damit auch gewinnen, wie ich meine.

Italien hat nach dem Rücktrittsgesuch Renzis wegen der erneut aufwallenden Bankenkrise akute Sprengkraft für die Eurozone, falls ein kommender Refinanzierungsversuch am Kapitalmarkt scheitert. Einen "Rettungsschirm" kann es für Italien wegen der Größe des Problems nicht geben.

Die Chancen stehen schlecht für ein geeintes Europa.

... link  

 
Meinst du wirklich dass Le Pen eine Chance hat? Im zweiten Wahlgang dürften doch auch viele Linke für ihren Gegenkandidaten stimmen.

... link  

 
Gegenfrage: Wofür kann sich die Werktätige entscheiden, wenn sie die Wahl hat zwischen einer Anhebung der gesetzlichen Wochenarbeitszeit von 35 auf 39 Stunden (selbstredend ohne vollen Lohnausgleich = 11% Lohnkürzung) oder der Beibehaltung der 35-Stundenwoche (im Ausnahmefall der Wochenarbeitszeitanhebung unter der Bedingung des gleichbleibenden Stundenlohns = voller Lohnausgleich)? Das eine will Fillon, das andere Le Pen.

... link  

 
Und darin liegt auch das Scheitern Hollandes begründet, der als Neokeynesianist gestartet ist und sehr schnell zum Deregulierer und Sozialabbaubetreiber mutierte. Dazu kamen dann halt die extremen Terroranschläge unter seiner Ägide.

... link  

 
Schon verrückt, wenn die Rechten sich der Interessen der Arbeiter stärker annehmen als die Linken.

... link  

 
Einen Hinweis möchte ich noch geben.

Der FN ist mit z.B. AFD oder FPÖ nicht zu vergleichen. Das liegt daran, dass das FN-Parteiprogramm 106 Seiten umfasst. Jenes der FPÖ kommt auf schlanke 17 Seiten. Die AFD hat wenigstens 78 Seiten zustande gebracht.

Aber: Beim FN findet sich das Prozentzeichen (als Hinweis für Zahlenargumentation) 148 mal. Im AFD-Programm taucht dieses Zeichen lediglich einmal auf. Die FPÖ hat gänzlich darauf verzichtet - wie auch auf Zahlenangaben irgendwelcher Art.

Daraus folgt, dass man dem FN argumentativ stichhaltig entgegentreten kann, sofern es die Faktenlage hergibt. Bei AFD und FPÖ findet sich ausschließlich emotionalisierender Blahfasel. Daraus folgt weiter, dass man "den Stier (= FN) bei den Hörnern" packen kann. Und gleichzeitig kann man den braunen Nebelwefern von AfD und FPÖ die detailreiche Positonierung des FN (ich habe rd. 250 ganz konkret formulierte Forderungen gezählt) um die Ohren schlagen und ihre Inhaltsleere bloßstellen.

Wenn das [europaweit] nicht passiert, liegt dies meiner Einschätzung nach an mangelnden intellektuellen Fähigkeiten nicht nur der "Linken".

... link  

 
Abgesehen von der seltsamen Faktenhuberei die hier betrieben wird hat h.z. so unrecht nicht, ich würde das allerdings anders übersetzen: Der FN ist eine rechtsradikale Programmpartei mit einem ideologischen Kanon der direkt auf die Nouvelle Droite des Alain de Benoist zurückgeht, angereichert durch sehr konkrete Bezüge zur aktuellen politischen Situation in Europa. AfD und FPÖ sind bloße Populistenhaufen. Denen das Programm der ND um die Ohren zu hauen halte ich allerdings für so unsinnig wie etwa 1936 der Falange und den Fascisti "Mein Kampf "(Hitler), "Volk ohne Raum"(Grimm), "Die Freigabe der Tötung lebensunwerten Lebens"(Binding/Hoche) und "Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene" (Baur/Fischer/Lenz)
unter die Nase zu halten und sie dafür zu verspotten, dass diese Parteien das nicht in ihrem Portfolio haben. So etwas nicht zu tun hat nichts mit mangelnden intellektuellen Fähigkeiten zu tun.

... link  

 
"So etwas nicht zu tun hat nichts mit mangelnden intellektuellen Fähigkeiten zu tun." --- Sondern?

btw: "Faktenhuberei" bei der Konzentration auf nachprüfbare (und demzufolge auch widerlegbare) Angaben zu erblicken fügt sich geschmeidig in die allgemein vorherrschenden kontrafaktischen Diskursgewohnheiten.

Politische Arbeit folgt selbstverständlich strömungsspezifischen Weltanschauungen. Sie hat aber an konkreten (und möglichst auch zutreffenden) Analyseergebnissen anzusetzen. Allem anderen ist energischer Widerstand entgegenzustellen.

Und noch eine sprachliche Feinheit: dem Verb bloßstellen wohnen, wie wir wissen, mehrere Bedeutungen inne. Ich hatte die Bedeutung aufdecken, entschleiern im Sinn.

... link  

 
@""So etwas nicht zu tun hat nichts mit mangelnden intellektuellen Fähigkeiten zu tun." --- Sondern?" --- Ich weiß sehr zu schätzen, dass Du diese Unterschiede herausgearbeitet hast, hat vor Dir auch noch niemand getan. Aber das Zählen von Prozentangaben und die zahlenmäßige Exaktangabe konkreter Formulierungen plus das Gegenüberstellen der Komplexität des FN-Programms kontra der Unterkomplexität der anderen Rechtsprogramme, um die AnhängerInnen Letzterer beschämen zu wollen - das ist Nerdtum am Rande des Polit-Autismus

... link  

 
Schönes Beispiel für die Mechanik, die den Rechten solchen Auftrieb gibt.

Die Nachfrage war, womit es sonst zu tun habe, wenn nicht mit mangelnden intellektuellen Fähigkeiten. Bleibt unbeantwortet. Nicht gut.

Nach der ausdrücklichen Klarstellung, dass das Verb bloßstellen im Sinne von aufdecken, entschleiern verwendet wurde, hängt die Behauptung "..., um die AnhängerInnen Letzterer beschämen zu wollen..." am sprichwörtlichen Siemens-Lufthaken. Auch nicht gut.

Nach der "Faktenhuberei" jetzt also das "Nerdtum am Rande des Polit-Autismus". Das ist deshalb nicht witzig, weil's dem Ernst der Lage nicht gerecht wird. Schon gar nicht gut.

"Rechts" wird die in der ursprünglichen Form geschätzte EU in den nächsten zehn Jahren völlig umkrempeln oder gar sprengen können, weil die in der Vergangenheit von "Links" genussvoll zelebrierten Abwertungswettkämpfe geschlagen sind. Ende der Fahnenstange. Das hat hier in A mittlerweile sogar einen Bundeskanzler den Job gekostet.

Also: Sich über "Faktenhuberei" zu mokieren, ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit, zumal auch die eigenen Echokammern gründlich zerlegt sein werden. Rechtsextremer legislativer Druck kann sehr unangenehm werden, wie wohl bekannt sein dürfte. Und dann? Straßenkampf? Klar. Aber als ultima ratio. Wer zuvor nicht sämtliche Register seiner vorhandenen Denkfähigkeiten zieht, entblößt sich, macht sich lächerlich.

Um auf den ursrpünglichen Anlass zurückzukommen, noch eine andere Anmerkung. Mir ist noch immer unerklärlich, weshalb der nun vollzogene "system change" in A - nämlich weg von Rot/Schwarz zu einem grünen(!) Bundespräsidenten - im Ausland nicht als solcher rezipiert wird. Rot/Schwarz hat in A schon seit längerem keine [Wähler]Mehrheit mehr. Dass sich daran auf kurze und mittlere Sicht etwas ändern könnte, zeichnet sich nicht ab. Das kann gewusst werden.

VdB ist zwar für sechs Jahre gewählt, doch sind auch schon Bundespräsidenten im Amt verstorben (siehe zuletzt Klestil). Ein:e Nachfolger:in Van der Bellens wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder nicht aus den Rot-Schwarzen Ecken kommen.

... link  

 
@"Und gleichzeitig kann man den braunen Nebelwefern von AfD und FPÖ die detailreiche Positonierung des FN (ich habe rd. 250 ganz konkret formulierte Forderungen gezählt) um die Ohren schlagen und ihre Inhaltsleere bloßstellen.

Wenn das [europaweit] nicht passiert, liegt dies meiner Einschätzung nach an mangelnden intellektuellen Fähigkeiten nicht nur der "Linken". ------ Wenn das geschähe wäre die zu erwartende Reaktion erstens Trotz und Aggression von AfD und FPÖ, als nächster Schritt aber "Wir brauchen auch so ein ausformuliertes Programm wie der FN." Absolut nichts, was aus linker Sicht irgendwie weiterführt, im Gegenteil.

... link  

 
Ok, das ist eine durchaus verblüffende Ansicht. Ist vermutlich von der Überzeugung getragen, dass mit unsubstantiiertem Geschwafel der Rechten leichter umzugehen sei, als mit konkret fass- und widerlegbaren Aussagen. Dann bliebe für die politische Auseinandersetzung wirklich nur das Mittel der Affektion. Daran ist die Linke mE aber europaweit elend verreckt, weil die Rechten dieses Handwerk schlicht besser beherrschen.

Ich schlussfolgerte aus dem Konkretisierungsgrad des FN-Programms, dass es demontierbar ("den Stier bei den Hörnern packen") sei, sofern es die Faktenlage hergebe. Der FN legte sich in seinen Problemanalysen im Gegensatz zu AfD und FPÖ sehr weitgehend fest. Diese Problemanalysen sind zuerst zu widerlegen. Wenn das nicht passiert, kann das im wesentlichen zwei Gründe haben: a) die Analysen sind korrekt oder b) der politische Gegner hat keine Ahnung von den maßgeblichen Sachverhalten.

Sollte a) zutreffen, wären aber als nächstes die Schlussfolgerungen (= Positionen) des FN anzugreifen. Wenn das unterbleibt, gilt wieder a) die Schlussfolgerungen sind korrekt oder b) die Gegner haben keinen Plan, welche andere Konsequenzen sich aus den korrekten Analyseergebnissen ihrer Überzeugung nach ableiten sollten.

Die Herausforderung für den politischen Gegner des FN stellen also die korrekten Teile der Problemanalysen, sowie die schlüssigen Positionen des FN dar. Affektion als einziges Instrument in der Auseinandersetzung zu nutzen, kommt einer intellektuellen Kapitulation gleich.


(das FN-Programm übrigens habe ich lediglich gesichtet, mit einfachsten statistischen Methoden auf materielle Substanz untersucht und bloß in einem einzigen Punkt - emploi, reindustralisation et pme/pmi - tatsächlich gelesen)

... link  

 
Einen Text mit statistischen Methoden anzugehen, auf die Idee käme ich nicht, unterhalb von Inhaltsanalyse würde ich nicht anfangen zu lesen. Die Positionen des FN fundiert zu widerlegen wäre ein ehrenwertes und sinnvolles Unterfangen, ist aber etwas Anderes als was Du zuerst geschrieben hattest, nämlich AfD und FPÖ das Programm des FN um die Ohren zu hauen. Etwas ganz und gar Anderes.

... link  

 
"...ist aber etwas Anderes als was Du zuerst geschrieben hattest,..." --- das ist eine kontrafaktische Aussage.

Mir ist schon klar, weshalb eine kleine polemische Pointe, die ohne inhaltlichen Verlust für das Ausgeführte weggelassen werden kann, derart in den Fokus genommen wird. Fällt unter Kampftechniken. Möcht ich mich nicht beteiligen daran.

Als meinen letzten Beitrag zum Thema lasse ich einen Link auf Frau Gertrude da. Sie hatte sich im BP-Wahlkampf als eine der letzten Zeitzeugen des NS-Regimes spontan an die Öffentlichkeit gewagt und einen Appell erlebbar gemacht.
https://youtu.be/uWzzbmvSpCQ

... link  

 
@"Fällt unter Kampftechniken. Möcht ich mich nicht beteiligen daran." ---- DU kannst bei mir davon ausgehen dass ich alles was ich schreibe so meine wie ich es formuliere. Strategische Hintergedanken sind mir viel zu mühselig.


BtW Deine polemische kleine Pointe kam bei mir als Deine eigentliche Kernaussage an.

... link  

 
Meine Two Cents zur AFD, es gehört schon ein bisschen mehr dazu, als materielle Angst, um Fan von denen zu werden. Man könnte schließlich auch eine andere Spaßpartei wählen, wie Die Linke. Tut man aber nicht.

Die AFD zieht stark bei Kleinunternehmern, (Schein)Selbstständigen, bei Realschülern, beim Self-made man (Frau) mit seiner Mischung aus Naivität und Größenwahn.

Und mit dieser Haltung nur umso stärker auf Aufklärung zu setzen, wird man solchen Phänomen nicht beikommen können (Sehr sympathisch von Robert Kurz, die Aufklärung gleich ganz in die Tonne zu treten.). Es braucht Strukturen, die außerhalb des Staatsapparats eine Anziehungskraft, Autorität ausstrahlen (Autorität mit möglichst wenig Herrschaft)und wer meint auf Sozialdarwinismus machen zu können und/oder Volksgemeinschaft gehört in das Abseits gedrängt.

... link  

 
100 % ACK. Interessant ist übrigens dass der Erste, der mit damit kam dass die BRD eine GmbH sei ein Versicherungskaufmann mit Realschulabschluss und diffusem Migrationshintergrund aber deutscher Staatsbürgerschaft war. Also sehr weit außerhalb sowohl akademischer Diskurse als auch proletarischer Traditionsmillieus oder subkultureller Szenekreise.

... link  

 
"BtW Deine polemische kleine Pointe kam bei mir als Deine eigentliche Kernaussage an." ---- Verzeihung, wie bitte???

... link  

 
Ja natürlich, wie auch sonst? Ich las Dich so dass Du vorhättest AfD und FPÖ mit dem Pogramm des FN zu konfrontieren und Dich dann über deren Programmarmut lustig zu machen.

... link  

 
Die Kernaussage betraf mangelnde intellektuelle Fähigkeiten nicht nur der "Linken". Und sie bezog sich auf den gesamten Absatz davor.

... link  

 
Also rein semantisch weiß ich nicht, wie man aus: "Daraus folgt, dass man dem FN argumentativ stichhaltig entgegentreten kann, sofern es die Faktenlage hergibt. Bei AFD und FPÖ findet sich ausschließlich emotionalisierender Blahfasel. Daraus folgt weiter, dass man "den Stier (= FN) bei den Hörnern" packen kann. Und gleichzeitig kann man den braunen Nebelwefern von AfD und FPÖ die detailreiche Positonierung des FN (ich habe rd. 250 ganz konkret formulierte Forderungen gezählt) um die Ohren schlagen und ihre Inhaltsleere bloßstellen.

Wenn das [europaweit] nicht passiert, liegt dies meiner Einschätzung nach an mangelnden intellektuellen Fähigkeiten nicht nur der "Linken"." etwas anderes ableiten könnte als das, was bei mir ankam. Im übrigen würde ich mangelnde intellektuelle Fähigkeiten der Linken eher in der Tatsache sich auswirken sehen, dass kaum jemand mehr den Mut und den geistigen Horizont hat, Alternativen zum Kapitalismus zu denken bzw. aus dem aktuellen Krisengeschehen Klassenkampfperspektiven abzuleiten. Das tut auf der Basis des "Sozialismus der dummen Kerle" der Rechtspopulismus, ohne den Kapitalismus selbst zu kritisieren. In der kapitalismustheoretischen Perspektivlosigkeit der Linken, weniger in der mangelnden geistigen Auseinandersetzung mit rechten Programmatiken liegt der Hund begraben. Das Beides miteinander zu tun hat und miteinander zu verknüpfen wäre ist allerdings mehr als richtig.

... link  


... comment