Donnerstag, 16. Mai 2019
Wie Rassismus wirkt
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Bernd Stegemann schreibt in „Die Moralfalle“ über Carolin Emcke:

„Es wird ein »Wir« konstruiert, das mit den Gedanken der Autorin harmonisiert, demgegenüber steht ein »Sie«, das all diejenigen bezeichnet, die hassen. Das »Wir« nimmt für sich in Anspruch, auf der Höhe der Moral zu sein. Die anderen gehören natürlich nicht dazu. Die Konstruktion des guten »Wir« bedient sich des bewährten Paradoxes der Dekonstruktion. Man wendet es so an, wie es einem gerade am besten passt. Für die Berichterstattung über die Täter von der Domplatte heißt das, dass eine »langsame« Berichterstattung mit genauen Fragen nach den »bedingenden oder erleichternden« Strukturen angebracht gewesen wäre. Wenn Sprache die Realität konstruiert, so sind solche Sätze ein Musterbeispiel für das, was in einem anderen Kontext als Relativismus oder Whataboutism kritisiert werden würde. Diese Methode durchzieht das ganze Buch. Immer wenn von Flüchtlingen oder Minderheiten, die auf der guten Seite des Paradoxes stehen, berichtet wird, wird diese sensible und um Verständnis heischende Sprache verwendet. Wenn hingegen von den Hassenden die Rede ist, so sind sie eine amorphe Masse, die keinerlei Verständnis erwarten darf.“

Genau das tut sie auch in diesem Text. Es werden willkürlich zwei Gruppen gegenüber gestellt, von denen die eine agiert und die andere nur reagiert. Die Identitätspolitik und der antiweiße Rassismus der Linken sind nur eine Reaktion auf den Rassismus der Mehrheitsgesellschaft.

Und weiter (unter Bezug auf ihr Buch „Gegen den Hass“):

„Gegen den Hass ist in seiner objektiven Wirkung fatal für das Projekt der Aufklärung. Es macht aus sozialen Widersprüchen moralische Fragen. Es reduziert den Widerstand gegen die Gegenwart auf ein einziges dumpfes Gefühl, den Hass. Und es verrät den universellen Anspruch der Menschenrechte, indem es aus ihm ein paradoxes Spiel macht, wo immer derjenige einen höheren Wert hat, der am schlauesten eine bedrohte Identität für sich behaupten kann - oder besser gleich zwei. Die Autorin selbst vollführt das Meisterstück, aus der praktizierten Doppelmoral für sich selbst den meisten Gewinn zu ziehen, indem sie sich gleich mehreren bedrohten Minderheiten zurechnet. … dass die Autorin nicht wenigen als linke Denkerin gilt, ist ein Offen¬barungseid. Doch wenn es keine anderen Mittel gibt, um für linke Politik zu kämpfen, als die weniger Privilegierten abzukanzeln und sich selbst trotz aller Privilegien als bedrohte Art zu stilisieren, dann ist von dieser Seite zumindest wenig für einen linken Aufbruch zu erwarten.“

Da kann ich nur sagen: Amen, Bruder.

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