Mittwoch, 8. Juli 2020
Maske ja, Maske nein? Dieser Studien-Überblick könnte die politischen Diskussionen entschärfen
che2001, 20:29h
Ute Eppinger, Medscape
8. Juli 2020
Viele Menschen haben keine Lust mehr, sich den Lappen bei der Sommerhitze vors Gesicht zu schnallen. Während jene, die bereits Erfahrungen mit COVID-19 hatten, wie etwa der Schauspieler Tom Hanks, eindringlich ihre Mitmenschen zur Verantwortung rufen. Er fand klare Worte und bekannte, er habe „keinen Respekt vor Maskenverweigerern“.
Und was sagen die politisch Verantwortlichen? Welche Argumente kann inzwischen die Wissenschaft zu dieser aufgeheizten Debatte liefern? Ist die Gefahr durch Aerosole womöglich doch größer als bisher gedacht? Hier finden Sie einen Überblick zum aktuellen Stand in Sachen Masken:
Jedes Bundesland und seine Politiker setzen andere Schwerpunkte. Da tritt der Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern eine Debatte über ein baldiges Ende der coronabedingten Maskenpflicht im Einzelhandel los. Sein Kollege aus Niedersachsen schlägt vor, aus der Pflicht beim Einkauf eine „Empfehlung“ zu machen.
Sachsen will überlegen, wo auf die Maskenpflicht verzichtet werden kann, Bremen das Thema im Senat diskutieren. Die AfD poltert ohnehin seit Wochen gegen die Maskenpflicht, flankiert von selbsternannten `Experten´ in den sozialen Medien und begleitet von `Hygienedemos´.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nennt eine mögliche Aufhebung ein „völlig falsches Signal“. Auch für Martin Exner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, sendet eine Abschaffung die falsche Botschaft, dass die Situation im Griff sei.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betont die Notwendigkeit der Maskenpflicht, Kanzlerin Angela Merkel schaltet sich ein. Schließlich einigen sich die 16 Gesundheitsminister der Länder darauf, die Maskenpflicht beizubehalten. Nur einen Tag später regt die FDP an, die bundesweite Maskenpflicht doch „auf den Prüfstand” zu stellen…
Während sich die politische Debatte scheinbar im Kreis dreht, geht die wissenschaftliche Diskussion geradlinig in eine Richtung, wie auch aktuelle Studien wieder zeigen: Eine Schutzgarantie bieten die Masken zwar nicht, die Daten sprechen aber für das Tragen einer Gesichtsbedeckung.
Masken wichtiger als Social Distancing?
Ist der Mund-Nasen-Schutz womöglich sogar wichtiger als Social Distancing? Zu dieser Einschätzung gelangen US-Epidemiologen in ihrer jetzt in PNAS veröffentlichten Studie. Zhang und Kollegen konnten zeigen, dass sich die Kurven in Italien und in New York deutlich abgeflacht haben, seitdem eine MNB vorgeschrieben ist. Allein durch diese Schutzmaßnahme sei die Zahl der Infektionen signifikant gesenkt worden, d.h. um über 78.000 in Italien vom 6. April bis 9. Mai und um über 66.000 in New York City vom 17. April bis 9. Mai.
Andere Maßnahmen wie Social Distancing reichten allein nicht aus, um die Bevölkerung zu schützen. Sie kommen zu dem Schluss, dass das Tragen von Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit das wirksamste Mittel ist, um eine Übertragung zu verhindern. Ihrer Einschätzung nach war die frühe Empfehlung zum Tragen einer MNB maßgeblich daran beteiligt, dass die Zahl der COVID-19-Fälle in China schneller zurückging als in den meisten westlichen Ländern.
Rolle der Aerosole
„Inzwischen gibt es überwältigende wissenschaftliche Evidenz dafür, dass gerade Masken, auch einfache selbstgefertigte Baumwollmasken, eine mechanische Barriere für die Ausbreitung gerade von Coronaviren darstellen”, schreibt Jan-Heiner Küpper Mitte Juni, Professor für Molekulare Zellbiologie an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) in seiner Veröffentlichung zu COVID-19.
Küpper weist darauf hin, dass sich SARS-CoV-2 nicht nur in den ausgeatmeten größeren Tröpfchen befinden kann, die nach 1 bis 2 Metern schnell zu Boden sinken. Sondern auch in Aerosolen, die für viele Stunden in der Luft bleiben können. Dadurch kann die Infektionsdosis in geschlossen Räumen über die Zeit stark ansteigen, wenn sich eine akut infizierte Person darin befindet – und keine Maske trägt.
Im Lauf der Pandemie hatten sich die Anzeichen gemehrt, dass sich das Virus nicht nur durch Husten und Niesen, sondern auch über Ausatmen und Sprechen infizierter Menschen ausbreitet. Anfang März veröffentlichten deutsche Wissenschaftler Daten über das erste COVID-19-Cluster bei einem Autozulieferer in Deutschland. Darunter waren 4 Personen, die erkrankten, nachdem sie mit Geschäftspartnern ohne auffälliges Fieber oder Husten in Kontakt gekommen waren. Die Schlussfolgerung daraus: Jeder könnte eine Quelle der Übertragung sein. Und der beste Weg, dies einzudämmen, waren Masken.
Welche Masken?
Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität der Bundeswehr München hat die diversen Maskentypen untersucht und kommt zu dem Schluss, dass eine einfache MNB oder eine chirurgische Maske die Aerosolausbreitung wirksam begrenzen können.
Einen eigenen effizienten Schutz vor einer Tröpfcheninfektion wiederum bieten nur eng anliegende, partikelfiltrierende Halbmasken. Studien mit Influenzaviren hatten bereits gezeigt, dass FFP2-Masken dem Träger einen höheren Schutz bieten als chirurgische Masken oder selbstgenähte Alltagsmasken.Welche Masken?
Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität der Bundeswehr München hat die diversen Maskentypen untersucht und kommt zu dem Schluss, dass eine einfache MNB oder eine chirurgische Maske die Aerosolausbreitung wirksam begrenzen können.
Einen eigenen effizienten Schutz vor einer Tröpfcheninfektion wiederum bieten nur eng anliegende, partikelfiltrierende Halbmasken. Studien mit Influenzaviren hatten bereits gezeigt, dass FFP2-Masken dem Träger einen höheren Schutz bieten als chirurgische Masken oder selbstgenähte Alltagsmasken.
Viruswolken durch den Spruch „bleib gesund!“
Dass ein Tuch über dem Mund beim Sprechen die Tröpfchenemission deutlich verringern kann, darauf weisen die Ergebnisse eine Studie im New England Journal of Medicine hin. Durch Visualisierung konnten die Forscher zeigen, dass durch das Aussprechen von “bleib gesund” zahlreiche Tröpfchen im Bereich von 20 bis 500 μm erzeugt wurden. Je lauter gesprochen wurde, desto mehr Tröpfchen entstanden.
Eine Studie in Physics of Fluids hat speziell Alltagsmasken auf Stoffbasis untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass locker gefaltete Gesichtsmasken und Bandana-ähnliche Abdeckungen aerolisierte Atmungströpfchen nur minimal blockieren.
Gut sitzende, selbstgemachte Masken mit mehreren Lagen Steppstoff und handelsübliche Kegelmasken konnten hingegen die Geschwindigkeit und Reichweite der Tröpfchen erheblich einschränken - wenn auch mit gewissen Verlusten bedingt durch das Material der Masken und die Ränder.
Anfang April konnten Epidemiologen in einer Studie in Nature Medicine zeigen, dass chirurgische Gesichtsmasken den Nachweis von Influenzavirus-RNA in Atmungströpfchen und Coronavirus-RNA in Aerosolen signifikant reduzierten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass chirurgische Masken die Übertragung von Coronaviren und Influenzaviren von symptomatischen Personen verhindern könnten.
Dass OP-Masken die Übertragung von SARS-CoV-2 bremsen zeigt auch eine Studie mit Goldhamstern. Forscher aus Hongkong konnten zeigen, dass durch das Tragen von Op-Masken die Übertragungsrate um mehr als 60 % reduziert wurde.
Vorbild Jena
Dass das Tragen von chirurgischen Masken und Alltagsmasken das Infektionsgeschehen in Deutschland reduzieren kann (Medscape berichtete) , darauf weisen auch die Ergebnisse einer Modellierung dänischer und deutscher Ökonomen und Statistiker Anfang Juni hin.
Sie stellten die Pandemie-Entwicklung in Jena, wo man schon am 6. April das Maskentragen anordnete, einem `synthetischen´ Jena ohne Maskenpflicht gegenüber. In einem zweiten Schritt verglichen die Forscher die Fallzahlen in den Städten und Kreisen, welche die Maskenpflicht zum 22. April eingeführt hatten, mit denen der Städte und Kreise, welche sie erst zum 27. April oder später eingeführt hatten.
Sie kommen zu dem Schluss, dass die Maskenpflicht die Wachstumsrate der COVID-19-Fälle in Deutschland um etwa 40% verringert. In Jena war es durch die frühzeitige Einführung der Maskenpflicht gelungen, die Zahl der Neuinfektionen praktisch auf null zu senken.
Desinfizieren der Wohnung?
Auch eine Studie im British Medical Journal lieferte Anfang Mai Hinweise darauf, dass Masken das Infektionsrisiko senken können. Pekinger Wissenschaftler hatten in 124 Familien, in denen sich einzelne Familienmitglieder mit COVID-19 infiziert hatten, untersucht, was die gesunden Familienmitglieder unternommen hatten, um sich zu schützen. Sie stellten fest, dass das Infektionsrisiko durch das tägliche Desinfizieren der Wohnung um 77 % und durch das Tragen von Masken um 79 % gesenkt werden konnte.
Neubewertung des RKI
Das RKI empfiehlt das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum zum Schutz von Risikogruppen und um die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 zu reduzieren, wenn Abstand halten nicht ausreicht.
Wie das RKI schreibt, beruht die Empfehlung auf einer Neubewertung der zunehmenden Evidenz, dass ein hoher Anteil von Übertragungen unbemerkt erfolgt, also schon vor dem Auftreten von Symptomen. Denn bereits 1 bis 3 Tage vor Symptombeginn können hohe Virusmengen ausgeschieden werden. Eine teilweise Reduktion dieser unbemerkten Übertragung durch das Tragen von Masken könnte die Ausbreitung von SARS-CoV-2 verlangsamen, so das RKI.
Voraussetzung für eine Schutzwirkung sei, dass genügend Menschen eine MNB tragen und sie richtig anwenden. MNB und FFP2-/FFP3-Masken unterscheiden sich dabei nicht nur in der Stärke der Filterwirkung der Atemluft. Während ein MNS primär andere Personen vor feinen Tröpfchen und Partikeln in der Ausatemluft schützt, zielen FFP2-/FFP3-Masken auf den persönlichen Schutz des Trägers ab. Kommerziell und privat hergestellte MNB bestehen meist aus Baumwollstoffen.
ECDC und CDC befürworten Masken, die WHO schwenkt um
In einer Stellungnahme kommt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zu dem Schluss, dass der Einsatz von Gesichtsmasken als Mittel der Kontrolle von Infektionsquellen eingesetzt werden kann, um die Ausbreitung des Virus durch infizierte, aber noch symptomfreie Personen zu verhindern.
Auch die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) sprechen sich für den Einsatz von MNB aus, um in Situationen, in denen ausreichend Abstand nicht eingehalten werden kann, eine Übertragung zu verhindern. Das dient besonders dem Schutz von Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.
Während in einigen Ländern Ostasiens der Mund-Nase-Schutz während der Grippe-Wellen seit Jahren verbreitet ist, wurde die Schutzwirkung gegen SARS-CoV-2 von westlichen Epidemiologen und von der WHO lange bezweifelt. Es wurde zu bedenken gegeben, dass sich die Träger von Masken womöglich unvorsichtiger verhielten, weil sie sich in falscher Sicherheit wiegen.
WHO hat nachgebessert
Nachdem nun die Ergebnisse einer großen, von der WHO in Auftrag gegebenen Meta-Analyse im LANCET vorliegen (Medscape berichtete) und auch der MNB eine gute Schutzwirkung attestieren, hat die WHO ihre Richtlinien zum Tragen von Schutzmasken aktualisiert.
Sie rät nun zum Gebrauch von Masken besonders an Orten, an denen das Virus weit verbreitet ist sowie in Situationen, in denen Abstand halten nur schwer möglich ist. Sie hebt aber auch hervor, dass Masken immer nur als Teil einer umfassenden Gesamtstrategie verwendet werden sollten.
In Bulgarien übrigens wurde die Maskenpflicht vor kurzem wieder eingeführt, nachdem sie am 15. Juni abgeschafft worden war. Das Modell der Freiwilligkeit hatte offenbar nicht funktioniert, die Neuinfektionen schnellten in die Höhe.
8. Juli 2020
Viele Menschen haben keine Lust mehr, sich den Lappen bei der Sommerhitze vors Gesicht zu schnallen. Während jene, die bereits Erfahrungen mit COVID-19 hatten, wie etwa der Schauspieler Tom Hanks, eindringlich ihre Mitmenschen zur Verantwortung rufen. Er fand klare Worte und bekannte, er habe „keinen Respekt vor Maskenverweigerern“.
Und was sagen die politisch Verantwortlichen? Welche Argumente kann inzwischen die Wissenschaft zu dieser aufgeheizten Debatte liefern? Ist die Gefahr durch Aerosole womöglich doch größer als bisher gedacht? Hier finden Sie einen Überblick zum aktuellen Stand in Sachen Masken:
Jedes Bundesland und seine Politiker setzen andere Schwerpunkte. Da tritt der Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern eine Debatte über ein baldiges Ende der coronabedingten Maskenpflicht im Einzelhandel los. Sein Kollege aus Niedersachsen schlägt vor, aus der Pflicht beim Einkauf eine „Empfehlung“ zu machen.
Sachsen will überlegen, wo auf die Maskenpflicht verzichtet werden kann, Bremen das Thema im Senat diskutieren. Die AfD poltert ohnehin seit Wochen gegen die Maskenpflicht, flankiert von selbsternannten `Experten´ in den sozialen Medien und begleitet von `Hygienedemos´.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nennt eine mögliche Aufhebung ein „völlig falsches Signal“. Auch für Martin Exner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, sendet eine Abschaffung die falsche Botschaft, dass die Situation im Griff sei.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betont die Notwendigkeit der Maskenpflicht, Kanzlerin Angela Merkel schaltet sich ein. Schließlich einigen sich die 16 Gesundheitsminister der Länder darauf, die Maskenpflicht beizubehalten. Nur einen Tag später regt die FDP an, die bundesweite Maskenpflicht doch „auf den Prüfstand” zu stellen…
Während sich die politische Debatte scheinbar im Kreis dreht, geht die wissenschaftliche Diskussion geradlinig in eine Richtung, wie auch aktuelle Studien wieder zeigen: Eine Schutzgarantie bieten die Masken zwar nicht, die Daten sprechen aber für das Tragen einer Gesichtsbedeckung.
Masken wichtiger als Social Distancing?
Ist der Mund-Nasen-Schutz womöglich sogar wichtiger als Social Distancing? Zu dieser Einschätzung gelangen US-Epidemiologen in ihrer jetzt in PNAS veröffentlichten Studie. Zhang und Kollegen konnten zeigen, dass sich die Kurven in Italien und in New York deutlich abgeflacht haben, seitdem eine MNB vorgeschrieben ist. Allein durch diese Schutzmaßnahme sei die Zahl der Infektionen signifikant gesenkt worden, d.h. um über 78.000 in Italien vom 6. April bis 9. Mai und um über 66.000 in New York City vom 17. April bis 9. Mai.
Andere Maßnahmen wie Social Distancing reichten allein nicht aus, um die Bevölkerung zu schützen. Sie kommen zu dem Schluss, dass das Tragen von Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit das wirksamste Mittel ist, um eine Übertragung zu verhindern. Ihrer Einschätzung nach war die frühe Empfehlung zum Tragen einer MNB maßgeblich daran beteiligt, dass die Zahl der COVID-19-Fälle in China schneller zurückging als in den meisten westlichen Ländern.
Rolle der Aerosole
„Inzwischen gibt es überwältigende wissenschaftliche Evidenz dafür, dass gerade Masken, auch einfache selbstgefertigte Baumwollmasken, eine mechanische Barriere für die Ausbreitung gerade von Coronaviren darstellen”, schreibt Jan-Heiner Küpper Mitte Juni, Professor für Molekulare Zellbiologie an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) in seiner Veröffentlichung zu COVID-19.
Küpper weist darauf hin, dass sich SARS-CoV-2 nicht nur in den ausgeatmeten größeren Tröpfchen befinden kann, die nach 1 bis 2 Metern schnell zu Boden sinken. Sondern auch in Aerosolen, die für viele Stunden in der Luft bleiben können. Dadurch kann die Infektionsdosis in geschlossen Räumen über die Zeit stark ansteigen, wenn sich eine akut infizierte Person darin befindet – und keine Maske trägt.
Im Lauf der Pandemie hatten sich die Anzeichen gemehrt, dass sich das Virus nicht nur durch Husten und Niesen, sondern auch über Ausatmen und Sprechen infizierter Menschen ausbreitet. Anfang März veröffentlichten deutsche Wissenschaftler Daten über das erste COVID-19-Cluster bei einem Autozulieferer in Deutschland. Darunter waren 4 Personen, die erkrankten, nachdem sie mit Geschäftspartnern ohne auffälliges Fieber oder Husten in Kontakt gekommen waren. Die Schlussfolgerung daraus: Jeder könnte eine Quelle der Übertragung sein. Und der beste Weg, dies einzudämmen, waren Masken.
Welche Masken?
Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität der Bundeswehr München hat die diversen Maskentypen untersucht und kommt zu dem Schluss, dass eine einfache MNB oder eine chirurgische Maske die Aerosolausbreitung wirksam begrenzen können.
Einen eigenen effizienten Schutz vor einer Tröpfcheninfektion wiederum bieten nur eng anliegende, partikelfiltrierende Halbmasken. Studien mit Influenzaviren hatten bereits gezeigt, dass FFP2-Masken dem Träger einen höheren Schutz bieten als chirurgische Masken oder selbstgenähte Alltagsmasken.Welche Masken?
Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität der Bundeswehr München hat die diversen Maskentypen untersucht und kommt zu dem Schluss, dass eine einfache MNB oder eine chirurgische Maske die Aerosolausbreitung wirksam begrenzen können.
Einen eigenen effizienten Schutz vor einer Tröpfcheninfektion wiederum bieten nur eng anliegende, partikelfiltrierende Halbmasken. Studien mit Influenzaviren hatten bereits gezeigt, dass FFP2-Masken dem Träger einen höheren Schutz bieten als chirurgische Masken oder selbstgenähte Alltagsmasken.
Viruswolken durch den Spruch „bleib gesund!“
Dass ein Tuch über dem Mund beim Sprechen die Tröpfchenemission deutlich verringern kann, darauf weisen die Ergebnisse eine Studie im New England Journal of Medicine hin. Durch Visualisierung konnten die Forscher zeigen, dass durch das Aussprechen von “bleib gesund” zahlreiche Tröpfchen im Bereich von 20 bis 500 μm erzeugt wurden. Je lauter gesprochen wurde, desto mehr Tröpfchen entstanden.
Eine Studie in Physics of Fluids hat speziell Alltagsmasken auf Stoffbasis untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass locker gefaltete Gesichtsmasken und Bandana-ähnliche Abdeckungen aerolisierte Atmungströpfchen nur minimal blockieren.
Gut sitzende, selbstgemachte Masken mit mehreren Lagen Steppstoff und handelsübliche Kegelmasken konnten hingegen die Geschwindigkeit und Reichweite der Tröpfchen erheblich einschränken - wenn auch mit gewissen Verlusten bedingt durch das Material der Masken und die Ränder.
Anfang April konnten Epidemiologen in einer Studie in Nature Medicine zeigen, dass chirurgische Gesichtsmasken den Nachweis von Influenzavirus-RNA in Atmungströpfchen und Coronavirus-RNA in Aerosolen signifikant reduzierten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass chirurgische Masken die Übertragung von Coronaviren und Influenzaviren von symptomatischen Personen verhindern könnten.
Dass OP-Masken die Übertragung von SARS-CoV-2 bremsen zeigt auch eine Studie mit Goldhamstern. Forscher aus Hongkong konnten zeigen, dass durch das Tragen von Op-Masken die Übertragungsrate um mehr als 60 % reduziert wurde.
Vorbild Jena
Dass das Tragen von chirurgischen Masken und Alltagsmasken das Infektionsgeschehen in Deutschland reduzieren kann (Medscape berichtete) , darauf weisen auch die Ergebnisse einer Modellierung dänischer und deutscher Ökonomen und Statistiker Anfang Juni hin.
Sie stellten die Pandemie-Entwicklung in Jena, wo man schon am 6. April das Maskentragen anordnete, einem `synthetischen´ Jena ohne Maskenpflicht gegenüber. In einem zweiten Schritt verglichen die Forscher die Fallzahlen in den Städten und Kreisen, welche die Maskenpflicht zum 22. April eingeführt hatten, mit denen der Städte und Kreise, welche sie erst zum 27. April oder später eingeführt hatten.
Sie kommen zu dem Schluss, dass die Maskenpflicht die Wachstumsrate der COVID-19-Fälle in Deutschland um etwa 40% verringert. In Jena war es durch die frühzeitige Einführung der Maskenpflicht gelungen, die Zahl der Neuinfektionen praktisch auf null zu senken.
Desinfizieren der Wohnung?
Auch eine Studie im British Medical Journal lieferte Anfang Mai Hinweise darauf, dass Masken das Infektionsrisiko senken können. Pekinger Wissenschaftler hatten in 124 Familien, in denen sich einzelne Familienmitglieder mit COVID-19 infiziert hatten, untersucht, was die gesunden Familienmitglieder unternommen hatten, um sich zu schützen. Sie stellten fest, dass das Infektionsrisiko durch das tägliche Desinfizieren der Wohnung um 77 % und durch das Tragen von Masken um 79 % gesenkt werden konnte.
Neubewertung des RKI
Das RKI empfiehlt das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum zum Schutz von Risikogruppen und um die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 zu reduzieren, wenn Abstand halten nicht ausreicht.
Wie das RKI schreibt, beruht die Empfehlung auf einer Neubewertung der zunehmenden Evidenz, dass ein hoher Anteil von Übertragungen unbemerkt erfolgt, also schon vor dem Auftreten von Symptomen. Denn bereits 1 bis 3 Tage vor Symptombeginn können hohe Virusmengen ausgeschieden werden. Eine teilweise Reduktion dieser unbemerkten Übertragung durch das Tragen von Masken könnte die Ausbreitung von SARS-CoV-2 verlangsamen, so das RKI.
Voraussetzung für eine Schutzwirkung sei, dass genügend Menschen eine MNB tragen und sie richtig anwenden. MNB und FFP2-/FFP3-Masken unterscheiden sich dabei nicht nur in der Stärke der Filterwirkung der Atemluft. Während ein MNS primär andere Personen vor feinen Tröpfchen und Partikeln in der Ausatemluft schützt, zielen FFP2-/FFP3-Masken auf den persönlichen Schutz des Trägers ab. Kommerziell und privat hergestellte MNB bestehen meist aus Baumwollstoffen.
ECDC und CDC befürworten Masken, die WHO schwenkt um
In einer Stellungnahme kommt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zu dem Schluss, dass der Einsatz von Gesichtsmasken als Mittel der Kontrolle von Infektionsquellen eingesetzt werden kann, um die Ausbreitung des Virus durch infizierte, aber noch symptomfreie Personen zu verhindern.
Auch die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) sprechen sich für den Einsatz von MNB aus, um in Situationen, in denen ausreichend Abstand nicht eingehalten werden kann, eine Übertragung zu verhindern. Das dient besonders dem Schutz von Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.
Während in einigen Ländern Ostasiens der Mund-Nase-Schutz während der Grippe-Wellen seit Jahren verbreitet ist, wurde die Schutzwirkung gegen SARS-CoV-2 von westlichen Epidemiologen und von der WHO lange bezweifelt. Es wurde zu bedenken gegeben, dass sich die Träger von Masken womöglich unvorsichtiger verhielten, weil sie sich in falscher Sicherheit wiegen.
WHO hat nachgebessert
Nachdem nun die Ergebnisse einer großen, von der WHO in Auftrag gegebenen Meta-Analyse im LANCET vorliegen (Medscape berichtete) und auch der MNB eine gute Schutzwirkung attestieren, hat die WHO ihre Richtlinien zum Tragen von Schutzmasken aktualisiert.
Sie rät nun zum Gebrauch von Masken besonders an Orten, an denen das Virus weit verbreitet ist sowie in Situationen, in denen Abstand halten nur schwer möglich ist. Sie hebt aber auch hervor, dass Masken immer nur als Teil einer umfassenden Gesamtstrategie verwendet werden sollten.
In Bulgarien übrigens wurde die Maskenpflicht vor kurzem wieder eingeführt, nachdem sie am 15. Juni abgeschafft worden war. Das Modell der Freiwilligkeit hatte offenbar nicht funktioniert, die Neuinfektionen schnellten in die Höhe.
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