Donnerstag, 12. November 2020
RKI zur Corona-Lage: "Vorsichtig optimistisch"
„Vorsichtig optimistisch“, äußerte sich RKI-Chef Prof. Dr. Lothar Wieler bei der heutigen Pressekonferenz seines Institutes zur aktuellen Corona-Lage. Die Zahlen der Neu-Infektionen seien in den letzten Tagen „etwas weniger stark angestiegen“ – doch seien auch die Laborkapazitäten am Limit. Die Lage sei „nach wie vor sehr ernst“, sagte Wieler. Noch lasse sich nicht beurteilen, ob die Maßnahmen des Lockdowns schon Wirkung zeigten.

Das RKI hat in den vergangenen 24 Stunden knapp 22.000 neue Infektionen gemeldet. Knapp 12.000 Menschen sind in Deutschland inzwischen infolge von COVID-19 gestorben. Derzeit sind in Deutschland laut den Meldungen ans RKI 3.127 Personen wegen einer Corona-Infektion in intensivmedizinischer Behandlung, berichtete die Leiterin des Corona-Lagezentrum beim RKI Dr. Ute Rexroth. Und Wieler ergänzte: „Diese Zahl hat sich allein in den letzten 2 Wochen verdoppelt und liegt jetzt über dem Wert vom April dieses Jahres.“

Rexroth präsentierte auch die aktuellen Hospitalisierungsraten von Menschen mit SARS-CoV2. Auch hier zeige sich eine leichte Abflachung der Zunahme. Doch steige die Rate derjenigen, die 60 Jahre oder älter sind, was Anlass zur Besorgnis gebe. Zudem seien selbst unter den Todesfällen auch jüngere Patienten sagte sie. Und: Die wahre Zahl der mit SARS-CoV2 hospitalisierten Menschen werde wohl unterschätzt, da nicht alle Hospitalisierungen wegen COVID-19 an das RKI gemeldet würden.

Die Hälfte der Kliniken nur noch limitierte intensivmedizinische Verfügbarkeit
„Bei den intensivmedizinisch betreuten Patienten haben wir aber genauere Zahlen“, betonte Wieler. Dies dank des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), das nach seinem Wissen weltweit einzigartig sei. Und die aktuellen Zahlen stimmen den RKI-Chef nicht ganz so optimistisch. Er erwarte, dass aufgrund der sich in ältere Jahrgänge verlagernden Altersstruktur der Infizierten sich auch der Bedarf an intensivmedizinischer Betreuung vermehren werde, sagte er.

In den intensivmedizinischen Abteilungen machten sich sie aktuellen Infektionszahlen erst mit einem Zeitverzug von etwa 2 Wochen bemerkbar. Und bereits jetzt habe rund die Hälfte der Kliniken eine nur noch begrenzte Verfügbarkeit an intensivmedizinischer Betreuung gemeldet. Der Hauptgrund der Einschränkungen seien Limitationen beim Personal und bei den Räumlichkeiten, dagegen gebe es kaum Engpässe bei Verbrauchsmaterialien und Beatmungsgeräten. Ein Grund sei sicher, dass auch zunehmend das ärztliche und pflegerische Personal infiziert sei oder sich in Quarantäne befinde, so Wieler.


Nach Angaben des RKI bleibt das Ziel, die Infektionszahlen wieder so weit zu senken, dass die Gesundheitsämter, aber auch die Kliniken, „damit umgehen können“. Eine Inzidenz von 50/100.000 sei dabei „immer noch ein sehr wichtiger Wert“.

Als geeignete Maßnahmen dies zu erreichen verwies Wieler erneut auf die AHA-L-Regele (Abstand, Hygiene, Alltagsmasken, Lüften), auf die Bedeutung, die Kontakte zu reduzieren – und zum dritten, da ja die Testkriterien verschärft wurden und sich aufgrund zunehmender Engpässe bei den Laboren nicht mehr jeder mit Erkältungssymptomen auf Corona testen lassen sollte – darauf, dass Menschen mit Erkältungssymptomen eine 5-tägige freiwillige Quarantäne zuhause machen.

Schulen als Infektionstreiber?
Auf die Situation an Schulen angesprochen und ob es nicht doch auch darüber zu vermehrten Infektionen komme, räumte Wieler ein, dass derzeit auch bei den 10- bis 19jährigen die Inzidenzen steigen. „Sie tragen es sicher auch weiter, ab der Pubertät ist die Virusausscheidung wohl nicht geringer als bei Erwachsenen, auch wenn viele Kinder und Jugendliche selbst kaum Symptome entwickeln“, sagte er. Er appellierte an die Schulen die Hygienekonzepte konsequent umzusetzen. Eine Maske zu tragen schade der Gesundheit der Kinder nicht.

Auf die Frage nach der Dunkelziffer an Infektionen verwies der RKI-Chef auf verschiedene Studien, nach denen von 4 bis 5 Mal so vielen Infektionen auszugehen ist, wie nachgewiesen werden. Doch auch dieser Wert hänge natürlich auch von den Testkriterien ab, die ja vergangene Woche verschärft worden sind. Damit sei auch mit einer Verschiebung der Schwere der Verläufe zu rechnen, sagte Rexroth. Wird restriktiver getestet, werde der Anteil der schwer Erkrankten unter den positiv Getesteten steigen.

Wie lange der Lockdown dauern werde, ob er verlängert werden müsse und ob er überhaupt greife, lasse sich derzeit noch nicht vorhersagen, sagte Wieler. Die 2. Welle sei – allein schon wegen der Jahreszeit – schwieriger zu bewältigen als die 1. Welle im Frühjahr. Auch wenn die Infektionszahlen wieder abnehmen, müsse sich die Bevölkerung weiter an die oben genannten Regeln halten. Selbst wenn man nach den Ankündigungen Anfang der Woche nun bezüglich eines Impfstoffes optimistisch sein könne – „es wird dauern, bis sich alle impfen lassen können“.

Update vom 10. November 2020
Positionspapier von Ethikrat, Leopoldina und STIKO: Wer wird zuerst geimpft?

4 verschiedene Impfziele

Die Auswahlkriterien für Impfentscheidungen

Regierung plant Impfzentren – niedergelassene Ärzte außen vor

EU-Vertrag über Corona-Impfstoff ist ausgehandelt

Fachärzte fordern einheitliches Corona-Konzept der gesamten Ärzteschaft


Positionspapier von Ethikrat, Leopoldina und STIKO: Wer wird zuerst geimpft?
Mehr als 200 Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 befinden sich in der klinischen Entwicklung. Erste Vakzine könnten bereits Anfang 2021 zugelassen werden, schreiben die Ständige Impfkommission (STIKO), der Deutsche Ethikrat und die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina in einem gemeinsamen Positionspapier. „Anfängliche Knappheit von COVID-19-Impfstoffen erfordert Auswahlentscheidungen darüber, wer zuerst geimpft werden soll.“

4 verschiedene Impfziele
Die Expertengruppe nennt 4 vorrangige Impfziele: Vakzine sollen schwere COVID-19-Verläufe verhindern und die Mortalität verringern. Hinzu kommt der Schutz beruflich stark exponierter Personen. In Einrichtungen mit vulnerablen Personengruppen, das könnten Alten- und Pflegeheime sein, versprechen sich die Experten einen Schutz vor weiteren Übertragungen. Und nicht zuletzt ist ein Ziel, das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten.


„Idealerweise erfüllt ein Impfstoff alle Impfziele, aber vermutlich liegt das Ganze zumindest anfangs irgendwo zwischen Verhinderung schwerer Verläufe und Eindämmung der Übertragung“, sagt Prof. Dr. Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. „Es sollten also die prioritär geimpft werden, die das höchste Risiko für Tod und schwere Erkrankung tragen (hohes Alter, aber auch bestimmte Vorerkrankungen – die STIKO wird die Feinheiten noch ermitteln).“

Die Auswahlkriterien für Impfentscheidungen
Zu den Details: Im nächsten Schritt analysierte die STIKO wissenschaftliche Publikationen, um Personengruppen für eine Impfung zu priorisieren. Konkret handelt es sich um:

Ältere Menschen bzw. Menschen mit Vorerkrankungen: Bei ihnen sind ein schwerer COVID-19-Verlauf und eine höhere Mortalität wahrscheinlich. Ein besonders hohes Risiko haben Personen in Alten- und Pflegeheimen.

Mitarbeiter in stationären oder ambulanten Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und der Altenpflege: Berufsspezifische Kontakte führen zu einem höheren Infektionsrisiko und zu mehr Transmissionen.

Personen in Schlüsselfunktionen des öffentlichen Lebens: Mitarbeiter der Gesundheitsämter, der Feuerwehr, der Polizei, aber auch Lehrer und Erzieher gelten dem Papier zufolge ebenfalls als besonders gefährdet. Apotheker sind nicht genannt.

Bis Ende 2020 will die STIKO auf Basis des Papiers eine Matrix erarbeiten, um verschiedene Personengruppen genauer zu priorisieren. Buyx: „Um einen wichtigen Beitrag zu leisten zum Schutz von Menschen und zum Schutz von uns allen, sollte die Verteilung von knappen Impfstoffen daher transparent und so geregelt, gut und gerecht wie möglich erfolgen.“

Regierung plant Impfzentren – niedergelassene Ärzte außen vor
Wie geht es weiter? „Die Länder sind vom Bund aufgefordert worden, zeitnah eine Strategie für die Lagerung und Verteilung eines Corona-Impfstoffs zu erarbeiten“, erklärt Lukas Fuhrmann, Sprecher von Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke). In einzelnen Bundesländern, etwa in Berlin und in Rheinland-Pfalz, aber auch Bremen und Niedersachsen, laufen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren.

Insgesamt sollen 60 Impfzentren entstehen, an die Vakzine geliefert werden. Sie könnten beispielsweise auf Parkplätzen von Krankenhäusern entstehen. Die Bundeswehr wird Zelte oder provisorische Bauten errichten. Impfzentren sind erforderlich, weil manche Impfstoffe, etwa die Vakzine von Pfizer und BioNtech, bei minus 70°C gelagert werden müssen. Dort finden auch die eigentlichen Impfungen statt, und nicht in Arztpraxen. Mobile Impfteams ergänzen das Konzept.


Nach jetzigem Stand sind bei Vakzinen, die gerade in Phase-3-Studien untersucht werden, 2 Impfungen erforderlich. Die Kosten für Vakzine trägt der Bund, während die Länder für Material wie Spritzen, Kanülen und Desinfektionsmittel aufkommen.

EU-Vertrag über Corona-Impfstoff ist ausgehandelt
Mittlerweile hat die EU-Kommission heute verkündet, dass sie einen Vertrag mit Biontech und Pfizer ausgehandelt hat, der in den kommenden Tagen unterzeichnet werden soll. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hofft, dadurch für die Bundesrepublik bis zu 100 Millionen Dosen der Vakzine sichern zu können, berichtet die Tagesschau.

Die EU-Kommission hatte mit den Unternehmen, die gestern eine 90%ige Wirksamkeit ihrer Vakzine gegen eine Corona-Infektion verkündet hatten, seit Monaten verhandelt. Nun muss aber zunächst die Zulassung abgewartet werden. Biontech/Pfizer wollen nach eigenen Angaben bei der FDA schon kommende Woche eine Notfall-Zulassung beantragen. Auch in der EU wird eine beschleunigte Zulassung angestrebt. Spahn betonte jedoch, dass die Eile dabei nicht auf Kosten der Sicherheit gehe.

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"dass Menschen mit Erkältungssymptomen eine 5-tägige freiwillige Quarantäne zuhause machen."

Wie war das gerade vorher mit "Homeoffice für alle"? Schon etwas realitätsfremd.

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In der Tat. Was ist mit Hausstauballergikern? Die haben ganzjährig sowas wie Erkältungssymptome.

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Die Pollenallergiker dann ab Februar. Und ob der Arbeitgeber das mit der "Freiwilligkeit" honoriert?

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Und ab wann ist man erkältet? Muss man dazu grippeähnliche Symptome haben oder reicht ein Schnupfen? In den öffentlichen Empfehlungen wird Schnupfen zum Symptomkreis für Covid 19 gerechnet. Drosten hingegen hat in seinem Podcast erzählt Schnupfen zähle nicht zu den Covid 19 - Symptomen, charakteristisch seien Halsschmerzen und trockener Husten sowie Geruchs- und Geschmacksverlust und Müdigkeit, wer nur Schnupfen habe habe garantiert kein Covid 19.

Ich habe über Monate hinweg seit vielen Jahren morgens nach dem Duschen TBC-artige Hustenkrämpfe (zur Zeit mal nicht bzw. seit April nicht mehr), das ist irgend etwas allergisches, ich huste da den Schleim ab der sich nachts in meinen Atemwegen gestaut hat. Ich habe auch regelmäßig ein Kratzen im Rachen. Ich werde den Teufel tun und mich deshalb in Quarantäne begeben. Ich bin Außendienstler mit täglichem Kundenkontakt.

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