Montag, 30. November 2020
Neue Covid19-Strategie? Viel mehr Lockdown geht nicht
1.053.869 SARS-CoV-2-Infektionen (11.169 mehr als gestern) und 16.248 Todesfälle (+125) – diese Zahlen hat das Robert Koch-Institut (RKI) am 30. November, 07:00 Uhr, veröffentlicht. Darauf haben Politiker bekanntlich mit einem Teil-Lockdown reagiert. Doch die Kritik wächst.

„Wir können nicht auf Dauer alles schließen und der Staat bezahlt Monat für Monat Milliarden-Ausfälle“, sagt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). „Ab dem neuen Jahr wird ein neues Modell nötig sein.“ Er sieht in Impfstoffen eine langfristige Perspektive. „Noch ein weiteres Jahr wie dieses halten Gesellschaft und Wirtschaft nicht durch“, so Laschet weiter.


Für Patienten mit Asthma geben Pneumologen weitgehend Entwarnung. Studien hätten die Erkrankung nicht mit schwerem COVIOD-19 in Verbindung gebracht, schreiben DGP und BdP. In manchen Fällen sollte aber die Medikation angepasst werden. Es gibt zumindest Hinweise, dass orale oder hochdosierte inhalative Steroide einen schweren Verlauf begünstigen. Biologicals gelten als mögliche Alternative. Niedrig oder mittel dosierte inhalative Steroide sind jedoch unproblematisch. Ähnliche Empfehlungen geben Fachgesellschaften für Patienten mit Sarkoidose oder anderen interstitiellen Lungenerkrankungen.

Wer an COPD, Lungenfibrose beziehungsweise Lungenkrebs leidet oder eine Lungentransplantation überstanden hat, gilt als besonders gefährdet. Das liegt laut Positionspapier nicht nur an der Lungenerkrankung, sondern an Komorbiditäten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Selbst bei höherem Risiko raten DGP und BdP aber nicht zur vorbeugenden Isolation. Vielmehr sollten Hygieneregeln des RKI konsequent umgesetzt werden. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Pneumologen mache es auch Sinn, FFP2-Masken zu tragen – und keine Alltagsmasken. Mittelfristig bleibt die Hoffnung auf Impfstoffe.

Russischer Impfstoff erreicht eine Effektivität über 95%
Neue Daten kommen aus Russland: Sputnik V soll laut Pressemeldung des Direktinvestitionsfonds eine Wirksamkeit von 91,4% zum Zeitpunkt 28 Tage nach Erhalt der 1. Dosis (7 Tage nach der 2. Dosis) erzielen. Das geht aus einer geplanten Zwischenauswertung der laufenden Phase-3-Studie hervor.

18.794 Probanden erhielten 2 Dosen der Vakzine (n = 14.095) oder Placebo (n = 4.699). Dabei kam es zu 8 bzw. 31 Infektionen mit SARS-CoV-2. Vorläufige Daten zu Freiwilligen am 42. Tag nach der 1. Dosis (entsprechend 21 Tage nach der 2. Dosis) zeigen, dass die Wirksamkeit sogar über 95% liegt. Bereits Anfang September hatte das Konsortium Resultate ihrer Phase-1/2-Studie in The Lancet veröffentlicht.

Grundlage des Impfstoffs ist – wie bei der Oxford-Vakzine – die Vektorvirus-Technologie. Russische Forscher setzten jedoch 2 verschiedene Vektoren ein. Probanden erhalten bei der 1. Impfung eine Vakzine auf Grundlage des Adenovirus vom Typ 26 (rAd26). Die 2. Impfung enthält ein Adenovirus vom Typ 5 (rAd5).

Warum dieser Aufwand? Das menschliche Immunsystem kann Antikörper gegen Adenoviren bilden, und die 2. Impfung würde abgeschwächt. Dies könnte scheinbar paradoxe Effekte der Oxford-Studie erklären ( Medscape hat berichtet ): Britische Forscher erzielten mit einer halben 1. und einer vollen 2. Dosis ihres Vektorvirus-Impfstoffs die besten Ergebnisse.

EMA: Weitere Daten zu SARS-CoV-2-Vakzinen
Unabhängig vom wissenschaftlichen Einzelfall sind die Prognosen aber gut. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA überprüft fortlaufend Daten. Und Jens Spahn rechnet „noch im Dezember“ mit einer Zulassung.

Nun meldete sich die EMA mit einer weiteren Strategie zu Wort. Sie wird eine Erklärung der Internationalen Koalition der Arzneimittelaufsichtsbehörden (ICMRA) ratifizieren. ICMRA-Experten fordern von Impfstoffforschern, Hochschulen, Aufsichtsbehörden und von der Pharmaindustrie, Studien über den vordefinierten Zeitraum hinaus fortzusetzen. Dies könne wichtige zusätzliche und genauere Informationen zur langfristigen Sicherheit und Wirksamkeit eines Impfstoffs gegen COVID-19 liefern, heißt es im Dokument.

Nach COVID-19: Hinweise auf Langzeit-Folgen
Ein weiteres Argument, sich durch Impfungen zu schützen, liefern niederländische Wissenschaftler. Wer an COVID-19 erkrankt, muss mit langfristigen Folgen rechnen. Zu dem Ergebnis kommen Dr. Bram van den Borst, Radboud University Medical Center Nijmegen, und Kollegen. Sie nahmen 124 Patienten einer Nachsorgeklinik in die Studie auf (Alter 59±14 Jahre, 60% Männer). Von ihnen hatten 27 eine leichte, 51 eine mittelschwere, 26 eine schwere und 20 eine kritische COVID-19 überstanden.

Die häufigsten Beschwerden nach 3 Monaten waren Müdigkeit, Atemnot und Schmerzen in der Brust. Viele Menschen hatten auch immer noch Einschränkungen in ihrem täglichen Leben sowie eine verminderte Lebensqualität.

Bei einem Großteil war der Röntgen-Thorax zwar unauffällig. Auch die Sauerstoffsättigung in Ruhe erreichte meist Normalwerte. Borst berichtet jedoch, dass 86% der Patienten weiter leichte Milchglastrübungen im CT hatten. Und im Schnitt wurde nur 81% der Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO) erreicht. Das zusammen sei als mögliche Hinweise auf eine beginnende Lungenfibrose zu werten, so die Autoren.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bringt eine nationale Gesundheitsreserve mit Schutzausrüstung, Schutzmasken, Beatmungsgeräten und Medikamenten ins Gespräch. Er will Depots an bundesweit 19 Standorten einrichten.

G-BA: Wer soll FFP-2-Masken bekommen?
Außerdem hat Spahn mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz juristische Grundlagen geschaffen, um – wie geplant – FFP2-Masken über öffentliche Apotheken zu verteilen. Risikopatienten sollen gegen einen niedrigen Obolus 15 dieser Masken bekommen, also eine Maske pro Winterwoche.

Mittlerweile hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Empfehlungen zur Frage veröffentlicht, wer als besonders vulnerable Gruppe geschützt werden sollte: Menschen ab 60 Jahren, Frauen mit einer Risikoschwangerschaft, Patienten mit Herzinsuffizienz, mit zerebrovaskulären Erkrankungen, mit Typ-2-Diabetes, mit Krebserkrankungen unter einer Chemotherapie, mit Nierenerkrankungen ab dem Stadium 4, mit Asthma, chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, mit Demenz, Übergewicht (BMI ab 30) und nach einer Organtransplantation. Alles in allem umfassen diese vulnerablen Gruppen 27,35 Millionen Bundesbürger.

Aktualisierte Stellungnahme zur Risikoabschätzung bei Lungenerkrankungen
Viele Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen stellen sich – und ihren Ärzten – die Frage, wie hoch ihre Gefahr für einen schweren Verlauf ist. Zur Risikoabschätzung haben die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP) eine aktualisierte Stellungnahme veröffentlicht.

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