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Donnerstag, 21. Dezember 2006
Migrationshumor
che2001, 00:30h
Ich schreib es ja schon in Zusammenhang mit "Borat": In der Zeit, in der ich sehr viel mit MigrantInnen zu tun hatte, bzw. mich in der Flüchtlingsarbeit betätigte, bekam ich dort einen vor allem von Menschen aus Kurdistan, Armenien, aber auch Westafrika getragenen Humor mit, der ähnlich dem klassischen jiddischen Witz, teilweise aber auch noch viel schärfer ist. Ich bin ja nun ein Freund des besonders schwarzen Humors, etwa des jiddischen oder des schottischen. Das, was ich so an MigrantInnenhumor erlebte, ist ein Galgenhumor, der eine eigentlich entsetzliche eigene Lage ins Komische dreht und zugleich mit Klischees, die der Gegner über einen selbst hat, spielt. Einige Kostproben:
Während des 1991er-Golfkriegs hielten wir gemeinsam mit kurdischen Genossen eine Mahnwache ab, bei der monatelang in einem Zelt auf einer Kreuzung campiert und auf die Situation in Südkurdistan (vulgo Kurdistan-Irak) aufmerksam gemacht wurde. Als die Republikanischen Garden, ohne dass die US und A eingegriffen hätten, Südkurdistan überrollten und den Aufstand niederschlugen, flüchteten Millionen KurdInnen und TurkmenInnen in die Berge des Ararat-Massivs. Dort sank die Temperatur plötzlich um 20 Grad nach unten, und es fing an zu schneien, worauf zigtausende dort verreckten. Aziz fragte uns, wieso das passierte. Als niemand darauf eine Antwort hatte, sagte er: "Ich erzähle Euch, warum. An der Pipeline Kirkuk-Suchumi hat Saddam ein Ventil eingebaut, wo Allah sich schwarz Öl zapfen kann, und deswegen lässt er es jetzt schneien. Es ist halt gut, überallhin seine Verbindungen zu haben." Die Kurden fanden das schreiend lustig.
Als Massoud sein Restaurant eröffnete, wollte er mich als Zeugen für den Genehmigungstermin mit dem Gewerbeaufsichtsamt dabei haben. Der Amtsträger fragte ihn: "Herr Aschrawi, was für ein Landsmann sind sie denn?" "Kurde." "Ah ja, und woher?" "Aus Kurdistan." "In Ordnung, Kurdistan." Er trug das in seine Kladde ein. "Sie haben hier nur Elektroherde. Wieso haben Sie keinen Gasherd, das ist in deutschen Restaurants so üblich?"
"Wir Kurden haben was gegen Gas, das ist so ähnlich wie mit den Juden."
Wir grillten mit den kurdischen GenossInnen im Wald, als die Bullei kam und meinte, man dürfe in Deutschland im Wald kein Feuer machen, sie wüssten ja nicht, wo unsere FreunDInnen herkämen. Die antworteten "aus dem Irak, und wir sind vor deutschem Giftgas geflohen", worauf "verarschen können wir uns selber" geantwortet wurde. Wir hatten eigentlich eine Genehmigung für diese Grillaktion, die an einer betonummantelten Feuerstelle durchgeführt wurde, nur hatten wir die dummerweise nicht dabei. Als die Ordnungshüter schließlich das Feuer löschten, tanzten die KurdInnen um den Streifenwagen umher, klatschten in die Hände und skandierten "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!"
In Massouds Restaurant holte Peshrow weggeschmissenen Döner aus dem Mülleimer und legte ihn auf einen Teller. Als ich ihn fragte, was er da mache, erwiderte er: "Das ist für einen Freund, einen Kurden. Man sagt, die Kurden lassen alles mit sich machen, und das will ich jetzt mal testen. Außerdem sind die Kurden die Juden von heute, also muss man Menschenversuche machen." (tatsächlich war der Döner für den Hund).
Als ich ein Projekt zu Nigeria machte, fragte mich ein Freund, der selber in der Asylberatung arbeitete: "Che, was machen Deine Neger?".
Eine Bekannte schwarzafrikanischer Herkunft erzählte von ihren Party-Aufreißaktionen, und als ich ob der Tatsache, dass sie an einem Abend drei Kerle angebaggert hatte und mit einem davon schlußendlich in der Kiste gelandet war wohl etwas komisch guckte, zeigte sie mit den Händen einen Abstand von etwa dreißig Zentimetern und sagte: "Che, so ist die Negerin, sooo ne tiefe Musch!"
Selbige begrüßte mich, wenn ich in den Folgewochen, um eine Mitbewohnerin von ihr zu sprechen, anrief, regelmäßig mit "die Negerin will immer nur das Eine!"
Es war seltsam, wenn man aus einer extrem politisch korrekten Szene kam, mit diese Humor konfrontiert zu werden, aber ich machte ihn mir schnell zu eigen.
Von daher: Borat ist echt harmlos!
Während des 1991er-Golfkriegs hielten wir gemeinsam mit kurdischen Genossen eine Mahnwache ab, bei der monatelang in einem Zelt auf einer Kreuzung campiert und auf die Situation in Südkurdistan (vulgo Kurdistan-Irak) aufmerksam gemacht wurde. Als die Republikanischen Garden, ohne dass die US und A eingegriffen hätten, Südkurdistan überrollten und den Aufstand niederschlugen, flüchteten Millionen KurdInnen und TurkmenInnen in die Berge des Ararat-Massivs. Dort sank die Temperatur plötzlich um 20 Grad nach unten, und es fing an zu schneien, worauf zigtausende dort verreckten. Aziz fragte uns, wieso das passierte. Als niemand darauf eine Antwort hatte, sagte er: "Ich erzähle Euch, warum. An der Pipeline Kirkuk-Suchumi hat Saddam ein Ventil eingebaut, wo Allah sich schwarz Öl zapfen kann, und deswegen lässt er es jetzt schneien. Es ist halt gut, überallhin seine Verbindungen zu haben." Die Kurden fanden das schreiend lustig.
Als Massoud sein Restaurant eröffnete, wollte er mich als Zeugen für den Genehmigungstermin mit dem Gewerbeaufsichtsamt dabei haben. Der Amtsträger fragte ihn: "Herr Aschrawi, was für ein Landsmann sind sie denn?" "Kurde." "Ah ja, und woher?" "Aus Kurdistan." "In Ordnung, Kurdistan." Er trug das in seine Kladde ein. "Sie haben hier nur Elektroherde. Wieso haben Sie keinen Gasherd, das ist in deutschen Restaurants so üblich?"
"Wir Kurden haben was gegen Gas, das ist so ähnlich wie mit den Juden."
Wir grillten mit den kurdischen GenossInnen im Wald, als die Bullei kam und meinte, man dürfe in Deutschland im Wald kein Feuer machen, sie wüssten ja nicht, wo unsere FreunDInnen herkämen. Die antworteten "aus dem Irak, und wir sind vor deutschem Giftgas geflohen", worauf "verarschen können wir uns selber" geantwortet wurde. Wir hatten eigentlich eine Genehmigung für diese Grillaktion, die an einer betonummantelten Feuerstelle durchgeführt wurde, nur hatten wir die dummerweise nicht dabei. Als die Ordnungshüter schließlich das Feuer löschten, tanzten die KurdInnen um den Streifenwagen umher, klatschten in die Hände und skandierten "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!"
In Massouds Restaurant holte Peshrow weggeschmissenen Döner aus dem Mülleimer und legte ihn auf einen Teller. Als ich ihn fragte, was er da mache, erwiderte er: "Das ist für einen Freund, einen Kurden. Man sagt, die Kurden lassen alles mit sich machen, und das will ich jetzt mal testen. Außerdem sind die Kurden die Juden von heute, also muss man Menschenversuche machen." (tatsächlich war der Döner für den Hund).
Als ich ein Projekt zu Nigeria machte, fragte mich ein Freund, der selber in der Asylberatung arbeitete: "Che, was machen Deine Neger?".
Eine Bekannte schwarzafrikanischer Herkunft erzählte von ihren Party-Aufreißaktionen, und als ich ob der Tatsache, dass sie an einem Abend drei Kerle angebaggert hatte und mit einem davon schlußendlich in der Kiste gelandet war wohl etwas komisch guckte, zeigte sie mit den Händen einen Abstand von etwa dreißig Zentimetern und sagte: "Che, so ist die Negerin, sooo ne tiefe Musch!"
Selbige begrüßte mich, wenn ich in den Folgewochen, um eine Mitbewohnerin von ihr zu sprechen, anrief, regelmäßig mit "die Negerin will immer nur das Eine!"
Es war seltsam, wenn man aus einer extrem politisch korrekten Szene kam, mit diese Humor konfrontiert zu werden, aber ich machte ihn mir schnell zu eigen.
Von daher: Borat ist echt harmlos!
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