Donnerstag, 1. April 2010
Er war ein Freund
Wir kannten uns seit dem Sandkasten. Als Abenteurer Jim und George erkletterten wir Urwaldriesen in Gestalt des Fliederbaums meiner Eltern und entdeckten dort die "Leinfeder", eine Pflanze mit sensationellen Eigenschaften. Mit Gewehren bewaffnet patrouillierten wir in unserer Wohnstraße, denn wir waren der Vietkong. Wir versteckten uns in Baumhöhlen und Hausruinen, wo in einem Fall unser Lagerfeuer uns verriet und ein Erwachsener uns verjagte, daraus machten wir einen Überfall der "Langen Messer". Später war er ein fantastischer Zeichner und ich ein guter Texter, und wir träumten von einer Comic-Karriere: Wir zwei als deutsches Äquivalent von Goscinny und Uderzo. Die Orientierungsstufe brachte die soziale Selektion: Seine Leistungen waren gar nicht so schlecht, aber ressentimentgeladene LehrerInnen witterten in ihm den Subprol, den Kriminellensohn, und empfahlen ihn für die Hauptschule. Da wurde er dann früh gebrochen. Unsere Freundschaft bestand fort, auch wenn ich auf dem Gymnasium in eine andere Clique ging, erst einige Jahre nach Wehr- und Zivildienst verloren wir uns aus den Augen. Jetzt erfahre ich von seinem Tod.

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