Donnerstag, 9. Mai 2013
Neulich, im Treppenhaus
Mein Smartphone bimmelt. Anrufer: Mein anderes Handy, ohne dass ich etwas getan hätte. Na ja, das sollen die unter sich ausmachen.

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Asyl in Zypern oder Apartheid in Europa
Neu erschienene Dokumentation „Asyl in der Republik Zypern“ kritisiert menschenunwürdige Zustände für Asylsuchende

Berlin, 02. Mai 2013. „Die Annahme, dass Asylsuchende überall in der Europäischen Union gleiche Chancen und Rechte haben, ist angesichts unserer Rechercheergebnisse kaum haltbar“, resümieren die AutorInnen der unlängst erschienenen Dokumentation „Asyl in der Republik Zypern – Verfahrensstandards, Rechtslage und Lebensbedingungen auf dem Prüfstand“. Über ein Jahr arbeitete die Fachgruppe „Zypern“ der Kontakt und Beratungsstelle für Flüchtlinge und MigrantInnen (KuB) e.V. an der Untersuchung zum zyprischen Asylsystem. Nun stellte sie die Erkenntnisse ihres 60-seitigen Forschungsberichts in der Europäischen Akademie vor.



„Ich bin aus der Republik Zypern nach Deutschland gekommen, weil die Zustände dort unerträglich und menschenunwürdig waren“, berichtete Podiumsteilnehmer Poclaire Wamba, der selbst einen Asylantrag in der Republik Zypern stellte. Allerdings gab es über die Unzulänglichkeiten des zyprischen Asylsystems bis dato keinerlei schriftliche Informationen. Deshalb habe es sich die Fachgruppe „Zypern“ zur Aufgabe gemacht, vor Ort Informationen zu sammeln, aufzubereiten und Behörden, Gerichten und RechtsanwältInnen zur Verfügung zu stellen.



Die so entstandene Broschüre erörtert sachlich und detailliert Mängel bei der Durchführung von Asylverfahren, untersucht die Umsetzung Europäischer Richtlinien und beleuchtet die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in der Republik Zypern. Andererseits lässt sie auch Betroffene zu Wort kommen und schildert Einzelfälle. Vertiefende Einblicke liefert indes ein parallel entstandener Film. Ein kurzer Ausschnitt, der dem Publikum in der Europäischen Akademie vorgeführt wurde, zeigt Asylsuchende, die täglich gegen die Widrigkeiten des zyprischen Asylsystems kämpfen. Nora Brezger, Stella Lutz und Jonas Feldmann präsentierten auf dem Podium zentrale Ergebnisse der einjährigen Untersuchung. Am erschreckendsten sei es, dass Regierung und Behörden in der Republik Zypern fahrlässig und in vollem Bewusstsein die Unversehrtheit vieler Asylsuchender aufs Spiel setzten.



Europäische Richtlinien werden häufig nicht in die nationale Gesetzgebung implementiert, erläuterte Jonas Feldmann. Findet eine Übertragung dennoch statt, setzen die Behörden die Richtlinien häufig nicht oder nur unzureichend in die Praxis um. Insbesondere im Falle von Inhaftierungen verstießen die Behörden vielfach gegen geltendes Recht. Die Möglichkeiten gegen eine unrechte Behandlung vorzugehen seien derweil gering. „Prozesskostenhilfe wird in den allermeisten Fällen abgelehnt, Asylsuchenden werden nicht ordnungsgemäß über ihre Rechte informiert und zuständige Kontrollinstanzen verschließen bewusst die Augen“, schilderte Stella Lutz. Im Asylverfahren selbst stünden den Betroffenen meistens keine Informationsmaterialien in ihrer Muttersprache zur Verfügung, Sprachmittlerinnen seien zum Teil unausgebildet, Anhörungseinladungen und Asylbescheide würden nur in griechischer Sprache zugestellt. Bisweilen bilden jahrelange Wartezeiten keine Ausnahme. Für unbegleitete Minderjährige besteht faktisch gar kein Zugang zum Asylverfahren. Ihre Anträge werden erst ab Erreichen der Volljährigkeit bearbeitet.



Nicht nur die Mängel in der Durchführung von Asylverfahren seien zermürbend, auch die Lebensbedingungen von Asylsuchenden seien teilweise menschenunwürdig, bekräftigte Nora Brezger. Insbesondere schutzbedürftige Personengruppen wie traumatisierte Menschen, schwangere Frauen oder unbegleitete Minderjährige seien betroffen. Sozialleistungen würden unregelmäßig ausgezahlt, Mahlzeiten und Babynahrung in Sammelunterkünften aufgrund finanzieller Nöte des Landes gestrichen, spezielle Programme zur psychosozialen Betreuung von besonders Schutzbedürftigen fehlten gänzlich.

„Die Bundesrepublik Deutschland und auch andere EU-Staaten müssen ihre Überstellungspolitik in die Republik Zypern grundsätzlich in Frage stellen“, resümiert das Podium. Es sei notwendig nicht wegzusehen und Druck auf die zyprische Regierung auszuüben, sodass sich die Zustände des Asylsystems grundlegend ändern. Mit der Dokumentation der KuB e.V. ist ein erster Schritt in diese Richtung getan. Nun sind Gerichte und PolitikerInnen an der Reihe, diese Erkenntnisse zu nutzen.



Download der Broschüre unter www.kub-berlin.org

Bitte wenden Sie sich bei Rückfragen an

Kontakt und Beratungsstelle für Flüchtlinge und MigrantInnen e.V.

Oranienstraße 159

10969 Berlin

zypern@kub-berlin.org

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