Mittwoch, 17. Juni 2020
Zum Stand der Therapiemöglichkeiten bei Covid 19
Nach wie vor gibt es keine evidenzbasierte Therapie gegen COVID-19. Die einstigen Hoffnungsträger Chloroquin beziehungsweise Hydroxychloroquin sind komplett ins Abseits geraten – am 15. Juni hat die US Food and Drug Administration (FDA) ihre Erlaubnis zum klinischen Einsatz widerrufen.

Doch neue Hoffnung naht: Das preisgünstige Glukokortikoid Dexamethason scheint laut RECOVERY-Studie der University of Oxford die Mortalität bei Patienten mit Atemunterstützung signifikant zu verringern. Basierend auf den Ergebnissen könnte man einen Todesfall auf 8 beatmete Patienten oder einen Todesfall auf 25 Patienten mit Sauerstoffgabe vermeiden, verglichen mit der Kontrollgruppe. Bei Patienten ohne Atemunterstützung zeigte sich kein Effekt [1]. Bislang gibt es zu den Resultaten nur eine Pressemeldung, aber keine Originalpublikation.

Überraschend deutliche Ergebnisse
„Das sind wichtige Ergebnisse für die Therapie von COVID-19-Patienten mit schwerem Verlauf“, kommentiert Prof. Dr. Bernd Salzberger gegenüber dem Science Media Center Germany. Er ist Bereichsleiter Infektiologie am Universitätsklinikum Regensburg und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie.

Salzberger: „Die Ergebnisse sind nicht ganz überraschend, da bei schweren COVID-19-Verläufen häufig eine wahrscheinlich unnötig schwere Entzündungsreaktion auftritt. In dieser Deutlichkeit sind die Ergebnisse allerdings doch neu und wichtig.“

Dexamethason … und Remdesivir sind möglicherweise eine sinnvolle Kombination – Remdesivir bekämpft das Virus, Dexamethason die überschießende Entzündung. Prof. Dr. Bernd Salzberger
Dexamethason habe in der Recovery-Studie vor allem bei den schwersten Verläufen, also bei beatmeten Patienten einen Vorteil gezeigt. RECOVERY selbst bewertet er nach den bisher vorliegenden Informationen zum Protokoll als „eine qualitativ gute Studie“.

Zu Perspektiven der Pharmakotherapie erklärt Salzberger: „Dexamethason beziehungsweise andere immunmodulierende Substanzen und Remdesivir sind möglicherweise eine sinnvolle Kombination – Remdesivir bekämpft das Virus, Dexamethason die überschießende Entzündung. Solche Kombinationen werden gerade auch in anderen Studien untersucht.“ Offene Fragen gibt es dennoch: Dexamethason bremse auch die Immunantwort gegen SARS-CoV-2. Vielleicht werde das Virus langsamer eliminiert.

Randomisierte Studie mit mehr als 2.100 Patienten
Zu den Details: Seit März 2020 läuft die Studie RECOVERY (Randomized Evaluation of COVid-19 thERapY), eine randomisierte klinische Studie, um mögliche Behandlungen für COVID-19 zu testen, darunter niedrig dosiertes Dexamethason. Über 11.500 Patienten wurden aus 175 NHS-Krankenhäusern in Großbritannien aufgenommen.

Am 8. Juni hat der Lenkungsausschuss entschieden, keine weiteren Patienten für den Dexamethason-Arm zu rekrutieren, da deren Zahl zur Bewertung der Therapie ausreiche.

2.104 Patienten mit COVID-19 erhielten randomisiert 10 Tage lang einmal täglich oral oder intravenös 6 mg Dexamethason. In der Kontrollgruppe befanden sich 4.321 Patienten mit Therapie je nach der vorherrschenden Symptomatik, aber ohne Glukokortikoide. In diesem Arm war die 28-Tage-Mortalität am höchsten bei Patienten, die eine Beatmung erhielten (41%), gefolgt von Patienten, die nur Sauerstoff bekamen (25%) beziehungsweise die keine respiratorische Intervention benötigten (13%).

Dexamethason reduzierte die Mortalität unter Beatmung um ein Drittel (relatives Risiko 0,65, 95% Konfidenzintervall 0,48 bis 0,88, p=0,0003). Bei Patienten, die nur Sauerstoff erhielten, sank die Mortalität um ein Fünftel (relatives Risiko 0,80, 95% KI 0,67 bis 0,96, p=0,0021). Wichtig für die Praxis ist aber auch, dass Patienten ohne Atemunterstützung nicht profitieren (relatives Risiko 1,22, 95% KI 0,86 bis 1,75, p=0,14).

Dieser Benefit von Steroiden bei COVID-19-Patienten wird am ehesten auf eine Unterdrückung eines überschießenden Immunsystems in der späten Krankheitsphase zurückzuführen sein. Prof. Dr. Clemens Wendtner
„Angesichts der Bedeutung dieser Ergebnisse für die öffentliche Gesundheit arbeiten wir nun daran, die Details so bald wie möglich zu veröffentlichen“, werden die Forscher in der Pressemeldung zitiert. Prof. Dr. Peter Horby vom Nuffield Department of Medicine, University of Oxford, leitet die Studie.

Wie wirkt Dexamethason?
„Dieser Benefit von Steroiden bei COVID-19-Patienten wird am ehesten auf eine Unterdrückung eines überschießenden Immunsystems in der späten Krankheitsphase zurückzuführen sein und ist damit vermutlich ein indirekter, nicht primär gegen das Virus gerichteter Effekt“, erklärt Prof. Dr. Clemens Wendtner. Er ist Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin sowie Leiter der dortigen Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen, München Klinik Schwabing.

Spannend wird zu beobachten sein, ob andere Interventionen gegen ein überschießendes Immunsystem … vergleichbare Effekte haben. Prof. Dr. Clemens Wendtner


Quelle: Medscape

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Zeitgeprägte Albernheit
Irgendwie gehen mir lustige Lieder durch den Kopf.

"Ein bißchen Corona,
ein bißchen Paloma,
ein bißchen Chi Chi,
zwischendurch irgendwie,

und weil der Patient ein Patient ist,
kann er sich nur selbst befreien,
es kann die Befreiung der Atemwege
nur die Sache der Atmenden sein"

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