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Donnerstag, 30. Juli 2020
Tönnies-Skandal erreicht neue Dimension: Gefälschte Corona-Befunde
che2001, 20:46h
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Hygiene statt Shutdown – Cholera als Vorbild für Corona? Max von Pettenkofers königlich bayerischer Epidemieplan vor 170 Jahren
che2001, 20:30h
Astrid Viciano, medscape
Manchmal gerät die Welt plötzlich aus den Fugen. Dann werden kranke Menschen isoliert, Grenzen dichtgemacht, der Handel weitgehend eingestellt. So geschehen in den vergangenen Monaten der Corona-Krise – und viele Male zuvor. Auch die Streitereien um die optimalen Maßnahmen gegen eine Epidemie sind in der Vergangenheit schon geführt worden. Und was haben wir daraus gelernt?
Einen echten Fortschritt in der Seuchenbekämpfung dokumentieren die Geschichtsbücher zum Beispiel vor rund 170 Jahren bei einem großen Cholera-Ausbruch in Bayern. „Die Abwehrreflexe und die Diskussionen darüber waren damals sehr ähnlich wie heute“, berichtet Wolfgang Locher, Leiter des Arbeitsbereichs Geschichte der Medizin am Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Auch damals gab es ein Gremium an Chef-Wissenschaftlern, einen Maßnahmenkatalog, eine Strategie – präzise dargelegt, archiviert und digital nachlesbar in einem „Hauptbericht über die Cholera-Epidemie des Jahrs 1854 im Königreich Bayern“ in der Bayerischen Staatssammlung. Die Regeln und strategischen Überlegungen klingen heute überraschend aktuell .
Während der Cholera wurden in München Lokale geschlossen, Krankenhausbetten aufgestockt und Ärzte dazu aufgerufen, Patienten rechtzeitig zu behandeln. Außerdem bot man der Bevölkerung Unterstützung für den täglichen Bedarf an. Und die wissenschafltichen Berichterstatter setzten als letzten Punkt auf die To-Do-Liste (siehe Kasten), dass die getroffenen Maßregeln immer wieder überprüft und verbessert werden sollen.
Die Experten stritten anfangs vor allem auch, wie sie den Ausbruch der gefährlichen Durchfallerkrankung am besten eindämmen sollten, ob es zu verantworten sei, die Wirtschaft auszubremsen, um Menschenleben zu retten.
Einer der wortführenden Wissenschaftler damals war der berühmte Münchner Chemiker Max von Pettenkofer. Nach ihm wurde das Münchner Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) benannt (siehe Vita-Kasten unten). Es spielt heute eine wichtige Rolle bei der Testung von Corona-Patienten.
Pettenkofer sprach sich vehement gegen einen ökonomischen Shutdown aus. Er bezeichnete den Handel und Verkehr als eine der „bedeutendsten“ Einrichtungen der Menschheit, die es in jedem Fall zu schützen und zu erhalten gelte.
Hygiene statt Shutdown – Cholera als Vorbild für Corona? Max von Pettenkofers königlich bayerischer Epidemieplan vor 170 Jahren.
Opfer für die Gemeinschaft
Niemals solle ein Mensch sein eigenes Leben über das Wohl der Gesellschaft stellen, so seine These. „Für Pettenkofer waren Handel und Verkehr die Grundlagen der modernen Zivilisation“, sagt Locher. Daher hielt er es für unvernünftig und hoch riskant, die Grenzen zu schließen und die Wirtschaft auszubremsen. Stattdessen war er durchaus bereit, Menschenleben für den allgemeinen Wohlstand zu opfern. „Er sah das ähnlich, wie wenn Soldaten im Kampf ihr Leben ließen“, sagt Locher.
Eine Haltung, die heute schwer zu vermitteln wäre. „Wir betonen stattdessen stark die Freiheit und den Wert des einzelnen Menschen, für den alles getan werden muss“, sagt Locher. Auch die Bereitschaft, Opfer für die Gesellschaft zu bringen, sei heute weniger erkennbar als damals.
Vom 27. Juli 1854 bis 5. April 1855 – also im Verlauf von 8 Monaten – wurden laut dem Hauptbericht in München 4.834 Erkrankte gezählt. 967 Männer und 1.256 Frauen starben laut dieser Erhebung an der Cholera. In ganz Bayern waren es fast 7.500 verzeichnete Todesfälle.
Erstes Hygienekonzept für den Moloch München
Allerdings half Pettenkofer in seiner Argumentation damals, dass er einen anderen Weg aus der Krise bieten konnte. Statt die Grenzen zu schließen und den Handel zu stoppen, schlug er vor, auf die Hygiene zu setzen, eine bis dahin unbekannte wissenschaftliche Disziplin.
In München zum Beispiel gab es damals noch keine Kanalisation, die Menschen verrichteten ihre Notdurft in Sitzgruben hinter ihren Häusern, von dort aus sickerten die Fäkalien in den Erdboden und verschmutzten naheliegende Brunnen. Die Stadtbewohner lebten gemeinsam auf engstem Raum, die Luft war schlecht, sauberes Trinkwasser gab es nicht.
Nun drängte Pettenkofer darauf, die Stadt zu säubern, um die Cholera zu bekämpfen. Noch wusste niemand genau, wie sich die Erkrankung ausbreitete, das Bakterium Vibrio cholerae war noch unbekannt. Erst Jahrzehnte später, im Jahr 1883, sollte der Mediziner Robert Koch den Erreger als Auslöser des ansteckenden Leidens ausmachen. Hygiene-Pionier Max von Pettenkofer – damals und heute
»Mit Geheimrat von Pettenkofer ist ein mächtiges Gestirn am medizinischen Himmel verblichen...“, schrieb die Universität München, als Max von Pettenkofer im Februar 1901 starb. Als Sohn eines Bauern war er im Jahr 1818 in Lichtenheim bei Neuburg an der Donau zur Welt gekommen, sollte aber 75 Jahre seines Lebens in München verbringen und die Stadt als Wissenschaftsstandort prägen.
Im Alter von 8 Jahren zog er zu seinem Onkel, der als Hofapotheker der Münchner Residenz arbeitete und dem Jungen aus ärmlichen Verhältnissen eine Ausbildung ermöglichte. Er begann eine Ausbildung als Apothekerlehrling, wollte zwischenzeitlich aber lieber Schauspieler werden. Schließlich studierte er Medizin und Pharmazie, entdeckte dann immer mehr sein Interesse für die Chemie und nahm schließlich ein Chemie-Studium bei Justus von Liebig an der Universität Gießen auf. Im Jahr 1847 wurde er als Professor für organische Chemie an die Ludwig-Maximilians-Universität München berufen.
Als im Jahr 1854 erneut die Cholera in München ausbrach, stellte Pettenkofer bereits eine gewichtige Stimme in der Forscherwelt dar und regte an, den Moloch München von Abfall und Gülle zu befreien. Mit seinen wissenschaftlichen Untersuchungen zu Wasser und Luft gilt er als Gründungsvater der modernen Hygiene als neue Forschungsdisziplin.
Der Name des Hygiene-Pioniers ist eng mit der Corona-Pandemie verknüpft. Das Münchner Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) gilt heute als führendes Zentrum für die Diagnostik von SARS-CoV-2. Es beherbergt den Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene und den Lehrstuhl für Virologie. Neben Forschung und Lehre führt das Institut mikrobiologische Laboruntersuchungen für Kliniken, Arztpraxen und hygienisch-mikrobiologische Untersuchungen zur Qualitätssicherung in medizinischen Einrichtungen durch.
Derzeit läuft derzeit am Lehrstuhl für Virologie unter Prof. Dr. Oliver T. Keppler eine große Studie mit 10.000 Mitarbeitern des LMU Klinikums, bei der untersucht wird, wie viele Angestellte bereits Antikörper gegen das Corona-Virus im Blut haben und wie gut diese Tests funktionieren (eine Übersicht zur Immunität finden Sie hier). Außerdem wollen Keppler und sein Team herausfinden, wie sehr die Klinikmitarbeiter während der Corona-Hochphase unter Stress standen.
Allerdings hatten Pettenkofer und Kollegen bereits die Vorstellung, dass an Cholera erkrankte Menschen etwas aus dem Darm ausscheiden, dass zur Ansteckung beiträgt.
Schlachtabfälle und Exkremente auf der Straße in Verdacht
Dieses Etwas – Pettenkofer dachte an eine flüchtige Chemikalie – musste nach der damaligen Theorie des Wissenschaftlers aber noch eine Art Reifungsprozess im Erdboden durchlaufen. „Ähnlich wie ein Dünger das Wachstum von Pflanzen fördert, ging Pettenkofer davon aus, dass aller Schmutz in der Erde zum Ansteckungsprozess beitrug“, sagt der Medizinhistoriker. Die Fäkalien aus den Sitzgruben etwa, die Abfälle aus den Schlachthöfen, der alltägliche Müll der Stadtbewohner auf den Straßen.
Daher bestand Pettenkofers großes Ziel darin, den verdreckten Erdboden Münchens mit Hilfe riesiger Wassermengen zu säubern. Die erste große Kanalisation entstand, an die alle Haushalte angeschlossen werden sollten. „Dass die Menschen damit sauberes Trinkwasser bekamen, war eher ein Nebeneffekt“, berichtet Locher.
Mit seinen Forschungen zur Qualität des Wassers und auch der Luft gilt Pettenkofer als erster Hygieniker Deutschlands, selbst wenn er mit seiner Bodentheorie zur Cholera-Infektion daneben lag: „Hier sehen wir sehr schön, wie man trotz einer falschen Annahme das Richtige tun kann“, sagt der Münchner Medizinhistoriker.
Pettenkofer ließ sich übrigens auch nach der Entdeckung des Cholera-Erregers nicht von seiner Bodentheorie abbringen. Im Oktober 1892, während eines schlimmen Cholera-Ausbruchs in Hamburg, unternahm er sogar einen gewagten Selbstversuch, um seinen Rivalen Koch auszustechen: Er trank vor den Augen seiner Studenten eine Flüssigkeit mit Cholera-Bakterien.
Hygiene-Pionier Max von Pettenkofer – damals und heute
»Mit Geheimrat von Pettenkofer ist ein mächtiges Gestirn am medizinischen Himmel verblichen...“, schrieb die Universität München, als Max von Pettenkofer im Februar 1901 starb. Als Sohn eines Bauern war er im Jahr 1818 in Lichtenheim bei Neuburg an der Donau zur Welt gekommen, sollte aber 75 Jahre seines Lebens in München verbringen und die Stadt als Wissenschaftsstandort prägen.
Im Alter von 8 Jahren zog er zu seinem Onkel, der als Hofapotheker der Münchner Residenz arbeitete und dem Jungen aus ärmlichen Verhältnissen eine Ausbildung ermöglichte. Er begann eine Ausbildung als Apothekerlehrling, wollte zwischenzeitlich aber lieber Schauspieler werden. Schließlich studierte er Medizin und Pharmazie, entdeckte dann immer mehr sein Interesse für die Chemie und nahm schließlich ein Chemie-Studium bei Justus von Liebig an der Universität Gießen auf. Im Jahr 1847 wurde er als Professor für organische Chemie an die Ludwig-Maximilians-Universität München berufen.
Als im Jahr 1854 erneut die Cholera in München ausbrach, stellte Pettenkofer bereits eine gewichtige Stimme in der Forscherwelt dar und regte an, den Moloch München von Abfall und Gülle zu befreien. Mit seinen wissenschaftlichen Untersuchungen zu Wasser und Luft gilt er als Gründungsvater der modernen Hygiene als neue Forschungsdisziplin.
Der Name des Hygiene-Pioniers ist eng mit der Corona-Pandemie verknüpft. Das Münchner Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) gilt heute als führendes Zentrum für die Diagnostik von SARS-CoV-2. Es beherbergt den Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene und den Lehrstuhl für Virologie. Neben Forschung und Lehre führt das Institut mikrobiologische Laboruntersuchungen für Kliniken, Arztpraxen und hygienisch-mikrobiologische Untersuchungen zur Qualitätssicherung in medizinischen Einrichtungen durch.
Derzeit läuft derzeit am Lehrstuhl für Virologie unter Prof. Dr. Oliver T. Keppler eine große Studie mit 10.000 Mitarbeitern des LMU Klinikums, bei der untersucht wird, wie viele Angestellte bereits Antikörper gegen das Corona-Virus im Blut haben und wie gut diese Tests funktionieren (eine Übersicht zur Immunität finden Sie hier). Außerdem wollen Keppler und sein Team herausfinden, wie sehr die Klinikmitarbeiter während der Corona-Hochphase unter Stress standen.
Allerdings hatten Pettenkofer und Kollegen bereits die Vorstellung, dass an Cholera erkrankte Menschen etwas aus dem Darm ausscheiden, dass zur Ansteckung beiträgt.
Schlachtabfälle und Exkremente auf der Straße in Verdacht
Dieses Etwas – Pettenkofer dachte an eine flüchtige Chemikalie – musste nach der damaligen Theorie des Wissenschaftlers aber noch eine Art Reifungsprozess im Erdboden durchlaufen. „Ähnlich wie ein Dünger das Wachstum von Pflanzen fördert, ging Pettenkofer davon aus, dass aller Schmutz in der Erde zum Ansteckungsprozess beitrug“, sagt der Medizinhistoriker. Die Fäkalien aus den Sitzgruben etwa, die Abfälle aus den Schlachthöfen, der alltägliche Müll der Stadtbewohner auf den Straßen.
Daher bestand Pettenkofers großes Ziel darin, den verdreckten Erdboden Münchens mit Hilfe riesiger Wassermengen zu säubern. Die erste große Kanalisation entstand, an die alle Haushalte angeschlossen werden sollten. „Dass die Menschen damit sauberes Trinkwasser bekamen, war eher ein Nebeneffekt“, berichtet Locher.
Mit seinen Forschungen zur Qualität des Wassers und auch der Luft gilt Pettenkofer als erster Hygieniker Deutschlands, selbst wenn er mit seiner Bodentheorie zur Cholera-Infektion daneben lag: „Hier sehen wir sehr schön, wie man trotz einer falschen Annahme das Richtige tun kann“, sagt der Münchner Medizinhistoriker.
Pettenkofer ließ sich übrigens auch nach der Entdeckung des Cholera-Erregers nicht von seiner Bodentheorie abbringen. Im Oktober 1892, während eines schlimmen Cholera-Ausbruchs in Hamburg, unternahm er sogar einen gewagten Selbstversuch, um seinen Rivalen Koch auszustechen: Er trank vor den Augen seiner Studenten eine Flüssigkeit mit Cholera-Bakterien.
Königlicher Abschlussbericht von 1854 – Empfehlungen für Ärzte
Die wissenschaftliche Kommission verfasste nach dem Ende der Cholera-Epidemie einen „Hauptbericht über die Cholera-Epidemie des Jahrs 1854 im Königreich Bayern“ an das Staatsministerium des Inneren, um die Maßnahmen und Erkenntnisse zur Bekämpfung der Seuche zu dokumentieren und das Wissen den Ärzten in Bayern mit auf den Weg zu geben. Im Original-Vorspann des Berichts wird erklärt, dass beschlossen wurde …
„nach Beendigung der „Cholera-Epidemie vom Jahre 1854 einen „Haupt-Bericht hierüber aus den ihr zu liefernden Physikats-Berichten und sonstigen amtlichen Mittheilungen zu erstatten, damit derselbe seiner Zeit durch den Druck der Öffentlichkeit übergeben ein treues „Bild von dem Geiste liefere, mit welchem sowohl die Behörden als auch die Ärzte in Bayern dieser bösartigen Krankheit entgegen getreten sind.“
Zur Datenerhebung und Untersuchung der Ursachen wurden von der Kommission folgende Schritte und Fragestellungen bearbeitet:
Entstehung und weitere Entwickelung der Krankheit
1. In welchen Quartieren, Häusern und Stockwerken die Krankheit begonnen hat?
2. Mit welchen Personen oder Orten, die zuerst Erkrankten vor ihrer Erkrankung im Verkehre standen, durch welchen sie die Krankheit über kommen haben könnten?
3. In welchen Richtungen und Zeiträumen die Krankheit sich weiterverbreitete?
4. In welchen Straßen, Häusern und Stockwerken die Erkrankungen besonders häufig und heftig waren?
5. Die Verhältnisse der am Meisten ergriffenen Gegenden mit Rücksicht auf Boden-Beschaffenheit, Flüsse, Sümpfe, vorausgegangene Überschwemmungen, Lebensweise, sonstige Gesundheits-Verhältnisse, Nahrungsstand und Beschäftigung der Bevölkerung.
6. Die Beschaffenheit der am Meisten befallenen Häuser; hierbei ist zu berücksichtigen die Lage eines Hauses an einem Abhange, in einer muldenförmigen Vertiefung, die relative Höhe gegen über den Nachbarhäusern, die Beschaffenheit und Lage der Abzugs-Kanäle, Abtritte und Schwind-Gruben, besonders ob Letztere höher liegen und der Zug der Jauche gegen das Haus gerichtet ist, ob die Dünste des Abtrittes gegen die Küche ziehen.
7. Die Beschaffenheit des Trinkwassers; mögliche Verunreinigung desselben durch nahe-gelegene Schwind-Gruben.
8. Die örtlichen Verhältnisse solcher Ortschaften, Häuser und Gewerbe, welche von der Brechruhr wenig oder gar nicht gelitten haben.
9. Tabellarische Zusammenstellung aller Erkrankungen und Todesfälle Tag für Tag a) nach Geschlechtern, b) nach dem Alter und c) nach Ständen und Beschäftigung. d) Die Anzahl der gleichzeitig an anderen Krankheiten verstorbenen Individuen.
10. Vorausgegangene oder gleichzeitige Krankheiten an Menschen, Thieren und Pflanzen.
11. Einfluss der Witterung auf Zu- oder Abnahme der Krankheit.
12. Ansicht des Arztes über die Ursache der Entstehung und Weiterverbreitung der Cholera.
Diese Maßnahmen wurden in dem Bericht zur Bekämpfung empfohlen:
Massregeln zur Verhütung oder Beschränkung wie zur rechtzeitigen zweckmässigen Behandlung der Epidemie:
1. Ärztliche Besuchs-Anstalten, Zeit ihrer Einführung, Angabe über die Zahl der behandelten Diarrhöen und Cholerinen (insofern diese möglich ist oder in approximativer Schätzung), ob Dieselben während der Behandlung häufig oder selten in die Cholera übergingen, ob die vorhandenen ärztlichen Kräfte dem Bedürfnisse entsprachen und ob sie rechtzeitig in Anspruch genommen wurden?
2. Suppen-Anstalten und ihre Benützung von Seite der ärmeren Bevölkerung.
3. Unterstützung an Geld, Kleidung und Bettstücken.
4. Handhabung der Victualien-Polizei.
5. Etwaige Versuche, besonders ungesund befundene Localitäten zu räumen und schädliche Ausdünstungen von Abzugs-Kanälen, Dunggruben und Abtritten zu beseitigen.
6. Einrichtung neuer und Benützung schon vorhandener Kranken-Anstalten.
7. Freimüthige Kritik der Wirksamkeit der Maßregeln und etwaige Vorschläge zu einer Ergänzung und Verbesserung derselben.
Manchmal gerät die Welt plötzlich aus den Fugen. Dann werden kranke Menschen isoliert, Grenzen dichtgemacht, der Handel weitgehend eingestellt. So geschehen in den vergangenen Monaten der Corona-Krise – und viele Male zuvor. Auch die Streitereien um die optimalen Maßnahmen gegen eine Epidemie sind in der Vergangenheit schon geführt worden. Und was haben wir daraus gelernt?
Einen echten Fortschritt in der Seuchenbekämpfung dokumentieren die Geschichtsbücher zum Beispiel vor rund 170 Jahren bei einem großen Cholera-Ausbruch in Bayern. „Die Abwehrreflexe und die Diskussionen darüber waren damals sehr ähnlich wie heute“, berichtet Wolfgang Locher, Leiter des Arbeitsbereichs Geschichte der Medizin am Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Auch damals gab es ein Gremium an Chef-Wissenschaftlern, einen Maßnahmenkatalog, eine Strategie – präzise dargelegt, archiviert und digital nachlesbar in einem „Hauptbericht über die Cholera-Epidemie des Jahrs 1854 im Königreich Bayern“ in der Bayerischen Staatssammlung. Die Regeln und strategischen Überlegungen klingen heute überraschend aktuell .
Während der Cholera wurden in München Lokale geschlossen, Krankenhausbetten aufgestockt und Ärzte dazu aufgerufen, Patienten rechtzeitig zu behandeln. Außerdem bot man der Bevölkerung Unterstützung für den täglichen Bedarf an. Und die wissenschafltichen Berichterstatter setzten als letzten Punkt auf die To-Do-Liste (siehe Kasten), dass die getroffenen Maßregeln immer wieder überprüft und verbessert werden sollen.
Die Experten stritten anfangs vor allem auch, wie sie den Ausbruch der gefährlichen Durchfallerkrankung am besten eindämmen sollten, ob es zu verantworten sei, die Wirtschaft auszubremsen, um Menschenleben zu retten.
Einer der wortführenden Wissenschaftler damals war der berühmte Münchner Chemiker Max von Pettenkofer. Nach ihm wurde das Münchner Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) benannt (siehe Vita-Kasten unten). Es spielt heute eine wichtige Rolle bei der Testung von Corona-Patienten.
Pettenkofer sprach sich vehement gegen einen ökonomischen Shutdown aus. Er bezeichnete den Handel und Verkehr als eine der „bedeutendsten“ Einrichtungen der Menschheit, die es in jedem Fall zu schützen und zu erhalten gelte.
Hygiene statt Shutdown – Cholera als Vorbild für Corona? Max von Pettenkofers königlich bayerischer Epidemieplan vor 170 Jahren.
Opfer für die Gemeinschaft
Niemals solle ein Mensch sein eigenes Leben über das Wohl der Gesellschaft stellen, so seine These. „Für Pettenkofer waren Handel und Verkehr die Grundlagen der modernen Zivilisation“, sagt Locher. Daher hielt er es für unvernünftig und hoch riskant, die Grenzen zu schließen und die Wirtschaft auszubremsen. Stattdessen war er durchaus bereit, Menschenleben für den allgemeinen Wohlstand zu opfern. „Er sah das ähnlich, wie wenn Soldaten im Kampf ihr Leben ließen“, sagt Locher.
Eine Haltung, die heute schwer zu vermitteln wäre. „Wir betonen stattdessen stark die Freiheit und den Wert des einzelnen Menschen, für den alles getan werden muss“, sagt Locher. Auch die Bereitschaft, Opfer für die Gesellschaft zu bringen, sei heute weniger erkennbar als damals.
Vom 27. Juli 1854 bis 5. April 1855 – also im Verlauf von 8 Monaten – wurden laut dem Hauptbericht in München 4.834 Erkrankte gezählt. 967 Männer und 1.256 Frauen starben laut dieser Erhebung an der Cholera. In ganz Bayern waren es fast 7.500 verzeichnete Todesfälle.
Erstes Hygienekonzept für den Moloch München
Allerdings half Pettenkofer in seiner Argumentation damals, dass er einen anderen Weg aus der Krise bieten konnte. Statt die Grenzen zu schließen und den Handel zu stoppen, schlug er vor, auf die Hygiene zu setzen, eine bis dahin unbekannte wissenschaftliche Disziplin.
In München zum Beispiel gab es damals noch keine Kanalisation, die Menschen verrichteten ihre Notdurft in Sitzgruben hinter ihren Häusern, von dort aus sickerten die Fäkalien in den Erdboden und verschmutzten naheliegende Brunnen. Die Stadtbewohner lebten gemeinsam auf engstem Raum, die Luft war schlecht, sauberes Trinkwasser gab es nicht.
Nun drängte Pettenkofer darauf, die Stadt zu säubern, um die Cholera zu bekämpfen. Noch wusste niemand genau, wie sich die Erkrankung ausbreitete, das Bakterium Vibrio cholerae war noch unbekannt. Erst Jahrzehnte später, im Jahr 1883, sollte der Mediziner Robert Koch den Erreger als Auslöser des ansteckenden Leidens ausmachen. Hygiene-Pionier Max von Pettenkofer – damals und heute
»Mit Geheimrat von Pettenkofer ist ein mächtiges Gestirn am medizinischen Himmel verblichen...“, schrieb die Universität München, als Max von Pettenkofer im Februar 1901 starb. Als Sohn eines Bauern war er im Jahr 1818 in Lichtenheim bei Neuburg an der Donau zur Welt gekommen, sollte aber 75 Jahre seines Lebens in München verbringen und die Stadt als Wissenschaftsstandort prägen.
Im Alter von 8 Jahren zog er zu seinem Onkel, der als Hofapotheker der Münchner Residenz arbeitete und dem Jungen aus ärmlichen Verhältnissen eine Ausbildung ermöglichte. Er begann eine Ausbildung als Apothekerlehrling, wollte zwischenzeitlich aber lieber Schauspieler werden. Schließlich studierte er Medizin und Pharmazie, entdeckte dann immer mehr sein Interesse für die Chemie und nahm schließlich ein Chemie-Studium bei Justus von Liebig an der Universität Gießen auf. Im Jahr 1847 wurde er als Professor für organische Chemie an die Ludwig-Maximilians-Universität München berufen.
Als im Jahr 1854 erneut die Cholera in München ausbrach, stellte Pettenkofer bereits eine gewichtige Stimme in der Forscherwelt dar und regte an, den Moloch München von Abfall und Gülle zu befreien. Mit seinen wissenschaftlichen Untersuchungen zu Wasser und Luft gilt er als Gründungsvater der modernen Hygiene als neue Forschungsdisziplin.
Der Name des Hygiene-Pioniers ist eng mit der Corona-Pandemie verknüpft. Das Münchner Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) gilt heute als führendes Zentrum für die Diagnostik von SARS-CoV-2. Es beherbergt den Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene und den Lehrstuhl für Virologie. Neben Forschung und Lehre führt das Institut mikrobiologische Laboruntersuchungen für Kliniken, Arztpraxen und hygienisch-mikrobiologische Untersuchungen zur Qualitätssicherung in medizinischen Einrichtungen durch.
Derzeit läuft derzeit am Lehrstuhl für Virologie unter Prof. Dr. Oliver T. Keppler eine große Studie mit 10.000 Mitarbeitern des LMU Klinikums, bei der untersucht wird, wie viele Angestellte bereits Antikörper gegen das Corona-Virus im Blut haben und wie gut diese Tests funktionieren (eine Übersicht zur Immunität finden Sie hier). Außerdem wollen Keppler und sein Team herausfinden, wie sehr die Klinikmitarbeiter während der Corona-Hochphase unter Stress standen.
Allerdings hatten Pettenkofer und Kollegen bereits die Vorstellung, dass an Cholera erkrankte Menschen etwas aus dem Darm ausscheiden, dass zur Ansteckung beiträgt.
Schlachtabfälle und Exkremente auf der Straße in Verdacht
Dieses Etwas – Pettenkofer dachte an eine flüchtige Chemikalie – musste nach der damaligen Theorie des Wissenschaftlers aber noch eine Art Reifungsprozess im Erdboden durchlaufen. „Ähnlich wie ein Dünger das Wachstum von Pflanzen fördert, ging Pettenkofer davon aus, dass aller Schmutz in der Erde zum Ansteckungsprozess beitrug“, sagt der Medizinhistoriker. Die Fäkalien aus den Sitzgruben etwa, die Abfälle aus den Schlachthöfen, der alltägliche Müll der Stadtbewohner auf den Straßen.
Daher bestand Pettenkofers großes Ziel darin, den verdreckten Erdboden Münchens mit Hilfe riesiger Wassermengen zu säubern. Die erste große Kanalisation entstand, an die alle Haushalte angeschlossen werden sollten. „Dass die Menschen damit sauberes Trinkwasser bekamen, war eher ein Nebeneffekt“, berichtet Locher.
Mit seinen Forschungen zur Qualität des Wassers und auch der Luft gilt Pettenkofer als erster Hygieniker Deutschlands, selbst wenn er mit seiner Bodentheorie zur Cholera-Infektion daneben lag: „Hier sehen wir sehr schön, wie man trotz einer falschen Annahme das Richtige tun kann“, sagt der Münchner Medizinhistoriker.
Pettenkofer ließ sich übrigens auch nach der Entdeckung des Cholera-Erregers nicht von seiner Bodentheorie abbringen. Im Oktober 1892, während eines schlimmen Cholera-Ausbruchs in Hamburg, unternahm er sogar einen gewagten Selbstversuch, um seinen Rivalen Koch auszustechen: Er trank vor den Augen seiner Studenten eine Flüssigkeit mit Cholera-Bakterien.
Hygiene-Pionier Max von Pettenkofer – damals und heute
»Mit Geheimrat von Pettenkofer ist ein mächtiges Gestirn am medizinischen Himmel verblichen...“, schrieb die Universität München, als Max von Pettenkofer im Februar 1901 starb. Als Sohn eines Bauern war er im Jahr 1818 in Lichtenheim bei Neuburg an der Donau zur Welt gekommen, sollte aber 75 Jahre seines Lebens in München verbringen und die Stadt als Wissenschaftsstandort prägen.
Im Alter von 8 Jahren zog er zu seinem Onkel, der als Hofapotheker der Münchner Residenz arbeitete und dem Jungen aus ärmlichen Verhältnissen eine Ausbildung ermöglichte. Er begann eine Ausbildung als Apothekerlehrling, wollte zwischenzeitlich aber lieber Schauspieler werden. Schließlich studierte er Medizin und Pharmazie, entdeckte dann immer mehr sein Interesse für die Chemie und nahm schließlich ein Chemie-Studium bei Justus von Liebig an der Universität Gießen auf. Im Jahr 1847 wurde er als Professor für organische Chemie an die Ludwig-Maximilians-Universität München berufen.
Als im Jahr 1854 erneut die Cholera in München ausbrach, stellte Pettenkofer bereits eine gewichtige Stimme in der Forscherwelt dar und regte an, den Moloch München von Abfall und Gülle zu befreien. Mit seinen wissenschaftlichen Untersuchungen zu Wasser und Luft gilt er als Gründungsvater der modernen Hygiene als neue Forschungsdisziplin.
Der Name des Hygiene-Pioniers ist eng mit der Corona-Pandemie verknüpft. Das Münchner Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) gilt heute als führendes Zentrum für die Diagnostik von SARS-CoV-2. Es beherbergt den Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene und den Lehrstuhl für Virologie. Neben Forschung und Lehre führt das Institut mikrobiologische Laboruntersuchungen für Kliniken, Arztpraxen und hygienisch-mikrobiologische Untersuchungen zur Qualitätssicherung in medizinischen Einrichtungen durch.
Derzeit läuft derzeit am Lehrstuhl für Virologie unter Prof. Dr. Oliver T. Keppler eine große Studie mit 10.000 Mitarbeitern des LMU Klinikums, bei der untersucht wird, wie viele Angestellte bereits Antikörper gegen das Corona-Virus im Blut haben und wie gut diese Tests funktionieren (eine Übersicht zur Immunität finden Sie hier). Außerdem wollen Keppler und sein Team herausfinden, wie sehr die Klinikmitarbeiter während der Corona-Hochphase unter Stress standen.
Allerdings hatten Pettenkofer und Kollegen bereits die Vorstellung, dass an Cholera erkrankte Menschen etwas aus dem Darm ausscheiden, dass zur Ansteckung beiträgt.
Schlachtabfälle und Exkremente auf der Straße in Verdacht
Dieses Etwas – Pettenkofer dachte an eine flüchtige Chemikalie – musste nach der damaligen Theorie des Wissenschaftlers aber noch eine Art Reifungsprozess im Erdboden durchlaufen. „Ähnlich wie ein Dünger das Wachstum von Pflanzen fördert, ging Pettenkofer davon aus, dass aller Schmutz in der Erde zum Ansteckungsprozess beitrug“, sagt der Medizinhistoriker. Die Fäkalien aus den Sitzgruben etwa, die Abfälle aus den Schlachthöfen, der alltägliche Müll der Stadtbewohner auf den Straßen.
Daher bestand Pettenkofers großes Ziel darin, den verdreckten Erdboden Münchens mit Hilfe riesiger Wassermengen zu säubern. Die erste große Kanalisation entstand, an die alle Haushalte angeschlossen werden sollten. „Dass die Menschen damit sauberes Trinkwasser bekamen, war eher ein Nebeneffekt“, berichtet Locher.
Mit seinen Forschungen zur Qualität des Wassers und auch der Luft gilt Pettenkofer als erster Hygieniker Deutschlands, selbst wenn er mit seiner Bodentheorie zur Cholera-Infektion daneben lag: „Hier sehen wir sehr schön, wie man trotz einer falschen Annahme das Richtige tun kann“, sagt der Münchner Medizinhistoriker.
Pettenkofer ließ sich übrigens auch nach der Entdeckung des Cholera-Erregers nicht von seiner Bodentheorie abbringen. Im Oktober 1892, während eines schlimmen Cholera-Ausbruchs in Hamburg, unternahm er sogar einen gewagten Selbstversuch, um seinen Rivalen Koch auszustechen: Er trank vor den Augen seiner Studenten eine Flüssigkeit mit Cholera-Bakterien.
Königlicher Abschlussbericht von 1854 – Empfehlungen für Ärzte
Die wissenschaftliche Kommission verfasste nach dem Ende der Cholera-Epidemie einen „Hauptbericht über die Cholera-Epidemie des Jahrs 1854 im Königreich Bayern“ an das Staatsministerium des Inneren, um die Maßnahmen und Erkenntnisse zur Bekämpfung der Seuche zu dokumentieren und das Wissen den Ärzten in Bayern mit auf den Weg zu geben. Im Original-Vorspann des Berichts wird erklärt, dass beschlossen wurde …
„nach Beendigung der „Cholera-Epidemie vom Jahre 1854 einen „Haupt-Bericht hierüber aus den ihr zu liefernden Physikats-Berichten und sonstigen amtlichen Mittheilungen zu erstatten, damit derselbe seiner Zeit durch den Druck der Öffentlichkeit übergeben ein treues „Bild von dem Geiste liefere, mit welchem sowohl die Behörden als auch die Ärzte in Bayern dieser bösartigen Krankheit entgegen getreten sind.“
Zur Datenerhebung und Untersuchung der Ursachen wurden von der Kommission folgende Schritte und Fragestellungen bearbeitet:
Entstehung und weitere Entwickelung der Krankheit
1. In welchen Quartieren, Häusern und Stockwerken die Krankheit begonnen hat?
2. Mit welchen Personen oder Orten, die zuerst Erkrankten vor ihrer Erkrankung im Verkehre standen, durch welchen sie die Krankheit über kommen haben könnten?
3. In welchen Richtungen und Zeiträumen die Krankheit sich weiterverbreitete?
4. In welchen Straßen, Häusern und Stockwerken die Erkrankungen besonders häufig und heftig waren?
5. Die Verhältnisse der am Meisten ergriffenen Gegenden mit Rücksicht auf Boden-Beschaffenheit, Flüsse, Sümpfe, vorausgegangene Überschwemmungen, Lebensweise, sonstige Gesundheits-Verhältnisse, Nahrungsstand und Beschäftigung der Bevölkerung.
6. Die Beschaffenheit der am Meisten befallenen Häuser; hierbei ist zu berücksichtigen die Lage eines Hauses an einem Abhange, in einer muldenförmigen Vertiefung, die relative Höhe gegen über den Nachbarhäusern, die Beschaffenheit und Lage der Abzugs-Kanäle, Abtritte und Schwind-Gruben, besonders ob Letztere höher liegen und der Zug der Jauche gegen das Haus gerichtet ist, ob die Dünste des Abtrittes gegen die Küche ziehen.
7. Die Beschaffenheit des Trinkwassers; mögliche Verunreinigung desselben durch nahe-gelegene Schwind-Gruben.
8. Die örtlichen Verhältnisse solcher Ortschaften, Häuser und Gewerbe, welche von der Brechruhr wenig oder gar nicht gelitten haben.
9. Tabellarische Zusammenstellung aller Erkrankungen und Todesfälle Tag für Tag a) nach Geschlechtern, b) nach dem Alter und c) nach Ständen und Beschäftigung. d) Die Anzahl der gleichzeitig an anderen Krankheiten verstorbenen Individuen.
10. Vorausgegangene oder gleichzeitige Krankheiten an Menschen, Thieren und Pflanzen.
11. Einfluss der Witterung auf Zu- oder Abnahme der Krankheit.
12. Ansicht des Arztes über die Ursache der Entstehung und Weiterverbreitung der Cholera.
Diese Maßnahmen wurden in dem Bericht zur Bekämpfung empfohlen:
Massregeln zur Verhütung oder Beschränkung wie zur rechtzeitigen zweckmässigen Behandlung der Epidemie:
1. Ärztliche Besuchs-Anstalten, Zeit ihrer Einführung, Angabe über die Zahl der behandelten Diarrhöen und Cholerinen (insofern diese möglich ist oder in approximativer Schätzung), ob Dieselben während der Behandlung häufig oder selten in die Cholera übergingen, ob die vorhandenen ärztlichen Kräfte dem Bedürfnisse entsprachen und ob sie rechtzeitig in Anspruch genommen wurden?
2. Suppen-Anstalten und ihre Benützung von Seite der ärmeren Bevölkerung.
3. Unterstützung an Geld, Kleidung und Bettstücken.
4. Handhabung der Victualien-Polizei.
5. Etwaige Versuche, besonders ungesund befundene Localitäten zu räumen und schädliche Ausdünstungen von Abzugs-Kanälen, Dunggruben und Abtritten zu beseitigen.
6. Einrichtung neuer und Benützung schon vorhandener Kranken-Anstalten.
7. Freimüthige Kritik der Wirksamkeit der Maßregeln und etwaige Vorschläge zu einer Ergänzung und Verbesserung derselben.
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Corona-Infektion: KI identifiziert 6 verschiedene Symptom-Typen, die Anhaltspunkte für zu erwartenden Verlauf liefern
che2001, 20:23h
Michael van den Heuvel, medscape
Mit künstlicher Intelligenz (KI) fanden Wissenschaftler in Daten von COVID-19-Patienten 6 unterschiedliche Symptomcluster. Diese stehen mit unterschiedlich hohen Risiken einer Atemunterstützung in Verbindung, berichtet Dr. Carole H. Sudre vom King's College London und Kollegen zusammen mit Kollegen [1]. Ihre Ergebnisse ihrer Analyse sind bisher nur als Preprint erschienen.
Diese Ergebnisse haben wichtige Auswirkungen auf die Überwachung und Behandlung von Menschen, die am anfälligsten für schweres COVID-19 sind. Dr. Claire Steves
„Diese Ergebnisse haben wichtige Auswirkungen auf die Überwachung und Behandlung von Menschen, die am anfälligsten für schweres COVID-19 sind“, sagt Koautorin Dr. Claire Steves vom King's College London. Sie hofft, anhand des Algorithmus vorherzusagen, wer beispielsweise 5 Tage nach Eintreten der anfänglichen Symptome starke Beschwerden entwickeln wird. „Dann hätte man Zeit, Patienten zu unterstützen und frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, z.B. die Überwachung des Blutsauerstoff- und Zuckerspiegels und die Sicherstellung einer angemessenen Flüssigkeitszufuhr (…).“
Unterschiedliche Symptome nach SARS-CoV-2-Infektionen
Obwohl anhaltender, starker Husten, Fieber und Geruchs- bzw. Geschmacksverlust bekanntlich die wichtigsten Symptome einer SARS-CoV-Infektion sind, besteht hier große Unsicherheit. Manche Patienten haben keine Beschwerden. Andere leiden mitunter an Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Durchfall oder kognitiven Problemen. Welche frühen Beschwerden prognostisch für einen schweren COVID-19-Verlauf sind, war bisher unklar.
Deshalb arbeitete Sudres Team mit einem Ansatz des maschinellen Lernens. Das geht so:
Im 1. Schritt entwickelten sie einen Algorithmus, der bestimmte Muster in Datensätzen erkennen kann, etwa Assoziationen zwischen Symptomen und dem weiteren Krankheitsverlauf.
Dieser Algorithmus wurde mit Testdaten trainiert. Er ist selbst lernend, das heißt, seine Ergebnisse verbessern sich, je mehr Trainingsdaten (hier n = 1.653) bereitgestellt worden sind.
Dann bearbeitete der Algorithmus unbekannte Daten (hier n =1.047).
6 verschiedene Symptomcluster bei COVID-19
Trainingsdaten kamen von Usern einer App aus den USA und aus Großbritannien. Zwischen März und April 2020 wurden Daten gesammelt. Mit ihrer Software identifizierten die Forscher 6 Cluster mit charakteristischen Symptomen:
Cluster 1 (grippeähnliche Beschwerden ohne Fieber): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Muskelschmerzen, Husten, Halsschmerzen, Brustschmerzen, kein Fieber.
Cluster 2 (grippeähnliche Beschwerden mit Fieber): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Husten, Halsschmerzen, Heiserkeit, Fieber, Appetitlosigkeit.
Cluster 3 (Magen-Darm-Beschwerden): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Appetitlosigkeit, Durchfall, Halsschmerzen, Brustschmerzen, kein Husten.
Cluster 4 (schwere Symptome, Stufe 1): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Husten, Fieber, Heiserkeit, Brustschmerzen, Müdigkeit.
Cluster 5 (schwere Symptome, Stufe 2): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Appetitlosigkeit, Husten, Fieber, Heiserkeit, Halsschmerzen, Brustschmerzen, Müdigkeit, Verwirrtheit, Muskelschmerzen.
Cluster 6 (schwere Symptome, Stufe 3): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Appetitlosigkeit, Husten, Fieber, Heiserkeit, Halsschmerzen, Brustschmerzen, Müdigkeit, Verwirrtheit, Muskelschmerzen, Atemnot, Durchfall, Bauchschmerzen.
Welcher Symptom-Cluster ist mit einem schweren COVID-19-Verlauf assoziiert?
Als nächstes untersuchte das Team, ob Menschen mit bestimmten Symptom-Clustern mit größerer Wahrscheinlichkeit Atemunterstützung in Form von Beatmung oder zusätzlichem Sauerstoff benötigen.
Sie fanden heraus, dass nur 1,5% der Patienten im Cluster 1, 4,4% der Patienten im Cluster 2 und 3,3% der Patienten mit Cluster 3 COVID-19 Atemunterstützung benötigten. Für die Cluster 4, 5 und 6 waren es 8,6%, 9,9% und 19,8%.
Darüber hinaus musste knapp die Hälfte aller Patienten in Cluster 6 ins Krankenhaus, verglichen mit 16% im Cluster 1.
Patienten mit COVID-19-Symptomen des Clusters 4, 5 oder 6 waren tendenziell älter und gebrechlicher, häufiger übergewichtig und hatten bereits bestehende Erkrankungen wie Diabetes oder Lungenerkrankungen als Menschen mit Typ 1, 2 oder 3.
Unter Verwendung der ersten 5 bis 10 Tage der Symptomprotokollierung betrug die Receiver Operating Characteristic (ROC) als Maß für die Aussagekraft des neuen Tools hinsichtlich respiratorischer Unterstützung 78,8% und übertraf damit Ansätze aufgrund einzelner Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht oder Vorerkrankungen (69,5%).
Mit künstlicher Intelligenz (KI) fanden Wissenschaftler in Daten von COVID-19-Patienten 6 unterschiedliche Symptomcluster. Diese stehen mit unterschiedlich hohen Risiken einer Atemunterstützung in Verbindung, berichtet Dr. Carole H. Sudre vom King's College London und Kollegen zusammen mit Kollegen [1]. Ihre Ergebnisse ihrer Analyse sind bisher nur als Preprint erschienen.
Diese Ergebnisse haben wichtige Auswirkungen auf die Überwachung und Behandlung von Menschen, die am anfälligsten für schweres COVID-19 sind. Dr. Claire Steves
„Diese Ergebnisse haben wichtige Auswirkungen auf die Überwachung und Behandlung von Menschen, die am anfälligsten für schweres COVID-19 sind“, sagt Koautorin Dr. Claire Steves vom King's College London. Sie hofft, anhand des Algorithmus vorherzusagen, wer beispielsweise 5 Tage nach Eintreten der anfänglichen Symptome starke Beschwerden entwickeln wird. „Dann hätte man Zeit, Patienten zu unterstützen und frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, z.B. die Überwachung des Blutsauerstoff- und Zuckerspiegels und die Sicherstellung einer angemessenen Flüssigkeitszufuhr (…).“
Unterschiedliche Symptome nach SARS-CoV-2-Infektionen
Obwohl anhaltender, starker Husten, Fieber und Geruchs- bzw. Geschmacksverlust bekanntlich die wichtigsten Symptome einer SARS-CoV-Infektion sind, besteht hier große Unsicherheit. Manche Patienten haben keine Beschwerden. Andere leiden mitunter an Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Durchfall oder kognitiven Problemen. Welche frühen Beschwerden prognostisch für einen schweren COVID-19-Verlauf sind, war bisher unklar.
Deshalb arbeitete Sudres Team mit einem Ansatz des maschinellen Lernens. Das geht so:
Im 1. Schritt entwickelten sie einen Algorithmus, der bestimmte Muster in Datensätzen erkennen kann, etwa Assoziationen zwischen Symptomen und dem weiteren Krankheitsverlauf.
Dieser Algorithmus wurde mit Testdaten trainiert. Er ist selbst lernend, das heißt, seine Ergebnisse verbessern sich, je mehr Trainingsdaten (hier n = 1.653) bereitgestellt worden sind.
Dann bearbeitete der Algorithmus unbekannte Daten (hier n =1.047).
6 verschiedene Symptomcluster bei COVID-19
Trainingsdaten kamen von Usern einer App aus den USA und aus Großbritannien. Zwischen März und April 2020 wurden Daten gesammelt. Mit ihrer Software identifizierten die Forscher 6 Cluster mit charakteristischen Symptomen:
Cluster 1 (grippeähnliche Beschwerden ohne Fieber): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Muskelschmerzen, Husten, Halsschmerzen, Brustschmerzen, kein Fieber.
Cluster 2 (grippeähnliche Beschwerden mit Fieber): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Husten, Halsschmerzen, Heiserkeit, Fieber, Appetitlosigkeit.
Cluster 3 (Magen-Darm-Beschwerden): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Appetitlosigkeit, Durchfall, Halsschmerzen, Brustschmerzen, kein Husten.
Cluster 4 (schwere Symptome, Stufe 1): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Husten, Fieber, Heiserkeit, Brustschmerzen, Müdigkeit.
Cluster 5 (schwere Symptome, Stufe 2): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Appetitlosigkeit, Husten, Fieber, Heiserkeit, Halsschmerzen, Brustschmerzen, Müdigkeit, Verwirrtheit, Muskelschmerzen.
Cluster 6 (schwere Symptome, Stufe 3): Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Appetitlosigkeit, Husten, Fieber, Heiserkeit, Halsschmerzen, Brustschmerzen, Müdigkeit, Verwirrtheit, Muskelschmerzen, Atemnot, Durchfall, Bauchschmerzen.
Welcher Symptom-Cluster ist mit einem schweren COVID-19-Verlauf assoziiert?
Als nächstes untersuchte das Team, ob Menschen mit bestimmten Symptom-Clustern mit größerer Wahrscheinlichkeit Atemunterstützung in Form von Beatmung oder zusätzlichem Sauerstoff benötigen.
Sie fanden heraus, dass nur 1,5% der Patienten im Cluster 1, 4,4% der Patienten im Cluster 2 und 3,3% der Patienten mit Cluster 3 COVID-19 Atemunterstützung benötigten. Für die Cluster 4, 5 und 6 waren es 8,6%, 9,9% und 19,8%.
Darüber hinaus musste knapp die Hälfte aller Patienten in Cluster 6 ins Krankenhaus, verglichen mit 16% im Cluster 1.
Patienten mit COVID-19-Symptomen des Clusters 4, 5 oder 6 waren tendenziell älter und gebrechlicher, häufiger übergewichtig und hatten bereits bestehende Erkrankungen wie Diabetes oder Lungenerkrankungen als Menschen mit Typ 1, 2 oder 3.
Unter Verwendung der ersten 5 bis 10 Tage der Symptomprotokollierung betrug die Receiver Operating Characteristic (ROC) als Maß für die Aussagekraft des neuen Tools hinsichtlich respiratorischer Unterstützung 78,8% und übertraf damit Ansätze aufgrund einzelner Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht oder Vorerkrankungen (69,5%).
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RKI meldet „Besorgnis erregende“ Zunahme von Corona-Infektionen in Deutschland – und es sind nicht die Reise-Rückkehrer
che2001, 20:21h
Sonja Böhm, medscape
Berlin – „Die neueste Entwicklung der Fallzahlen in Deutschland macht mir und uns allen am RKI große Sorgen.“ So begründete der Leiter des Robert Koch-Instituts (RKI) Prof. Dr. Lothar Wieler, warum er es für nötig hielt, am heutigen Dienstag, den 28. Juli 2020, eine aktuelle Pressekonferenz des Instituts einzuberufen.
„Die Pandemie ist noch nicht vorbei“, warnte Wieler. „Die ganze Welt ist noch mittendrin.“ Besonders betroffen von Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 ist derzeit der amerikanische Kontinent, berichtete er. Ungefähr die Hälfte der in den vergangenen 7 Tagen gemeldeten Infektionsfälle weltweit kamen von dort. Aber auch in Spanien, Australien oder Japan stiegen die Neuinfektionen wieder an.
Die neueste Entwicklung der Fallzahlen in Deutschland macht mir und uns allen am RKI große Sorgen. Prof. Dr. Lothar Wieler
In Osteuropa und den Balkanländern wird derzeit sogar eine exponentielle Zunahme beobachtet. Auch in Süd- und Westeuropa steigen die Fallzahlen – allerdings langsamer. Mehr als 16,2 Millionen Infektionen sind derzeit weltweit gemeldet worden und über 650.00 mit der Infektion assoziierte Todesfälle, so der RKI-Chef.
„Besorgnis erregende“ Zunahme in Deutschland
Doch es betrifft eben nicht nur andere Länder. Auch in Deutschland verzeichnet das RKI in den letzten Tagen eine konstante „Besorgnis erregende“ Zunahme der Fälle, wie Wieler berichtete. Ob man bereits von einer 2. Welle sprechen kann, ließ er jedoch offen.
3.611 neue Infektionen sind bei uns in den vergangenen 7 Tagen gemeldet worden, allein am vergangenen Freitag waren es 815, am Samstag 781 und am heutigen Dienstag bis zur Pressekonferenz um 10 Uhr waren es 633, berichtete Dr. Ute Rexroth, die zuständige Wissenschaftlerin am RKI.
Auch sie betonte, dass man den Anstieg mit Sorge sehe. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es sich um ein „diffuses Geschehen“ handle, von dem deutschlandweit verschiedene Landkreise betroffen seien. So nehme auch kontinuierlich derzeit die Zahl der Landkreise ab, die gar keine Neu-Infektionen melden – von zuvor um die 150 sei diese Zahl nun auf nur noch 95 gesunken, berichtete Rexroth.
„Diffuses“ Geschehen in verschiedenen Landkreisen
Die Übertragungen fänden dabei bei ganz unterschiedlichen Anlässen statt: bei Familienfeiern, Partys, in Gemeinschaftsunterkünften, unter Saisonarbeitern, aber auch wieder in Pflegeeinrichtungen, sagte sie. „Wir haben Sorge, dass dies eine Trendumkehr anzeigt. Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass das Infektionsgeschehen rasch wieder anwachsen kann. Und wir wollen nicht den Ausbrüchen hinterherlaufen müssen.“
Auch Wieler betonte, dass es darum gehe, nicht nur zu reagieren, sondern proaktiv zu handeln. Das Ziel müsse sein, der Infektionsausbreitung vorzubeugen und sie nicht erst zu kontrollieren, wenn die Ausbrüche bereits da sind.
Berlin – „Die neueste Entwicklung der Fallzahlen in Deutschland macht mir und uns allen am RKI große Sorgen.“ So begründete der Leiter des Robert Koch-Instituts (RKI) Prof. Dr. Lothar Wieler, warum er es für nötig hielt, am heutigen Dienstag, den 28. Juli 2020, eine aktuelle Pressekonferenz des Instituts einzuberufen.
„Die Pandemie ist noch nicht vorbei“, warnte Wieler. „Die ganze Welt ist noch mittendrin.“ Besonders betroffen von Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 ist derzeit der amerikanische Kontinent, berichtete er. Ungefähr die Hälfte der in den vergangenen 7 Tagen gemeldeten Infektionsfälle weltweit kamen von dort. Aber auch in Spanien, Australien oder Japan stiegen die Neuinfektionen wieder an.
Die neueste Entwicklung der Fallzahlen in Deutschland macht mir und uns allen am RKI große Sorgen. Prof. Dr. Lothar Wieler
In Osteuropa und den Balkanländern wird derzeit sogar eine exponentielle Zunahme beobachtet. Auch in Süd- und Westeuropa steigen die Fallzahlen – allerdings langsamer. Mehr als 16,2 Millionen Infektionen sind derzeit weltweit gemeldet worden und über 650.00 mit der Infektion assoziierte Todesfälle, so der RKI-Chef.
„Besorgnis erregende“ Zunahme in Deutschland
Doch es betrifft eben nicht nur andere Länder. Auch in Deutschland verzeichnet das RKI in den letzten Tagen eine konstante „Besorgnis erregende“ Zunahme der Fälle, wie Wieler berichtete. Ob man bereits von einer 2. Welle sprechen kann, ließ er jedoch offen.
3.611 neue Infektionen sind bei uns in den vergangenen 7 Tagen gemeldet worden, allein am vergangenen Freitag waren es 815, am Samstag 781 und am heutigen Dienstag bis zur Pressekonferenz um 10 Uhr waren es 633, berichtete Dr. Ute Rexroth, die zuständige Wissenschaftlerin am RKI.
Auch sie betonte, dass man den Anstieg mit Sorge sehe. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es sich um ein „diffuses Geschehen“ handle, von dem deutschlandweit verschiedene Landkreise betroffen seien. So nehme auch kontinuierlich derzeit die Zahl der Landkreise ab, die gar keine Neu-Infektionen melden – von zuvor um die 150 sei diese Zahl nun auf nur noch 95 gesunken, berichtete Rexroth.
„Diffuses“ Geschehen in verschiedenen Landkreisen
Die Übertragungen fänden dabei bei ganz unterschiedlichen Anlässen statt: bei Familienfeiern, Partys, in Gemeinschaftsunterkünften, unter Saisonarbeitern, aber auch wieder in Pflegeeinrichtungen, sagte sie. „Wir haben Sorge, dass dies eine Trendumkehr anzeigt. Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass das Infektionsgeschehen rasch wieder anwachsen kann. Und wir wollen nicht den Ausbrüchen hinterherlaufen müssen.“
Auch Wieler betonte, dass es darum gehe, nicht nur zu reagieren, sondern proaktiv zu handeln. Das Ziel müsse sein, der Infektionsausbreitung vorzubeugen und sie nicht erst zu kontrollieren, wenn die Ausbrüche bereits da sind.
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NEJM-Publikation: Neuer mRNA-Impfstoff schützt Affen vor SARS-CoV-2 – großes klinisches Studienprogramm läuft
che2001, 20:16h
Michael van den Heuvel, medscape
Der Impfstoff mRNA-1273 vom US-Hersteller Moderna induziert bei nicht-menschlichen Primaten eine robuste Immunantwort gegen SARS-CoV-2 mit neutralisierenden Antikörpern. Nach der Impfung kommt es zum Schutz der oberen und unteren Atemwege ohne Veränderung der Lunge. Das berichten Dr. Kizzmekia S. Corbett vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases, North Bethesda, und Kollegen jetzt im NEJM [1].
Klinisches Entwicklungsprogramm eines mRNA-Impfstoffs
Bei der SARS-CoV-2-Pandemie gelten mRNA-Impfstoffe als potenziell erfolgreiche Strategie, weil sie sich kurzfristig in großer Menge herstellen lassen – rein chemisch, ohne biotechnologisches Verfahren. Zulassungen gibt es bisher aber nicht.
Die Vakzine mRNA-1273 wurde bereits wenige Wochen nach der Sequenzierung von SARS-CoV-2 im Labor von Moderna entwickelt. Basis ist eine mRNA des Spike-Proteins von SARS-CoV-2, mit dem Viren an Epithelzellen binden. Zum Schutz gegen enzymatischen Abbau wurde die synthetische Nukleinsäure in Lipid-Nanopartikeln verpackt.
Nach einer intramuskulären Injektion werden die Partikel von körpereigenen Zellen aufgenommen. Es kommt zur Biosynthese von Spike-Proteinen, und das Immunsystem reagiert, indem es neutralisierende Antikörper bildet.
Zwar durchläuft mRNA-1273 bereits ein umfangreiches klinisches Studienprogramm. Selbst in den USA, wo es relativ viele Infektionen gibt, ist aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich Probanden zufällig infizieren, so gering, dass es einige Zeit dauern kann, um die Wirksamkeit zu bewerten. Gezielte Infektionen von Probanden, wie sie „1Day Sooner“ plant, werden von Ethik-Kommissionen der meisten Länder aber abgelehnt.
Corbett und Kollegen haben diese Fragestellung – wie gut der Impfschutz wohl ist –daher im Tierexperiment untersucht.
Impfstoff erzeugt Immunantwort bei nicht-menschlichen Primaten
Zur aktuellen Studie: 24 Rhesusaffen erhielten randomisiert eine von 2 Dosierungen (10 bzw. 100 µg) des mRNA-Impfstoffs oder eine Kochsalzlösung als Placebo. Nach 4 Wochen bekamen sie entweder die 2. Impfstoffdosis oder nochmals Placebo. 4 Wochen später wurden sie gezielt mit SARS-CoV-2 infiziert. Forscher applizierten das Virus in die oberen Atemwege ihrer Versuchstiere.
Diese Studie zeigt, dass mRNA-1273 einen robusten Spike-spezifischen Antikörper und eine neutralisierende Aktivität induzierte. Dr. Kizzmekia S. Corbett und Kollegen
Proben nahmen die Wissenschaftler dann 2 Tage nach der Exposition. Corbett und Kollegen fanden bei jeweils einem von 8 Tieren in den Impfgruppen und bei allen Tieren in der Placebo-Gruppe eine Virusreplikation in bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit. Die viralen RNA-Spitzenwerte waren in beiden Impfstoffgruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe an den Tagen 2 bis 7 signifikant niedriger. Das galt sowohl für bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit als auch für Nasenabstriche.
Der Impfstoff mRNA-1273 vom US-Hersteller Moderna induziert bei nicht-menschlichen Primaten eine robuste Immunantwort gegen SARS-CoV-2 mit neutralisierenden Antikörpern. Nach der Impfung kommt es zum Schutz der oberen und unteren Atemwege ohne Veränderung der Lunge. Das berichten Dr. Kizzmekia S. Corbett vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases, North Bethesda, und Kollegen jetzt im NEJM [1].
Klinisches Entwicklungsprogramm eines mRNA-Impfstoffs
Bei der SARS-CoV-2-Pandemie gelten mRNA-Impfstoffe als potenziell erfolgreiche Strategie, weil sie sich kurzfristig in großer Menge herstellen lassen – rein chemisch, ohne biotechnologisches Verfahren. Zulassungen gibt es bisher aber nicht.
Die Vakzine mRNA-1273 wurde bereits wenige Wochen nach der Sequenzierung von SARS-CoV-2 im Labor von Moderna entwickelt. Basis ist eine mRNA des Spike-Proteins von SARS-CoV-2, mit dem Viren an Epithelzellen binden. Zum Schutz gegen enzymatischen Abbau wurde die synthetische Nukleinsäure in Lipid-Nanopartikeln verpackt.
Nach einer intramuskulären Injektion werden die Partikel von körpereigenen Zellen aufgenommen. Es kommt zur Biosynthese von Spike-Proteinen, und das Immunsystem reagiert, indem es neutralisierende Antikörper bildet.
Zwar durchläuft mRNA-1273 bereits ein umfangreiches klinisches Studienprogramm. Selbst in den USA, wo es relativ viele Infektionen gibt, ist aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich Probanden zufällig infizieren, so gering, dass es einige Zeit dauern kann, um die Wirksamkeit zu bewerten. Gezielte Infektionen von Probanden, wie sie „1Day Sooner“ plant, werden von Ethik-Kommissionen der meisten Länder aber abgelehnt.
Corbett und Kollegen haben diese Fragestellung – wie gut der Impfschutz wohl ist –daher im Tierexperiment untersucht.
Impfstoff erzeugt Immunantwort bei nicht-menschlichen Primaten
Zur aktuellen Studie: 24 Rhesusaffen erhielten randomisiert eine von 2 Dosierungen (10 bzw. 100 µg) des mRNA-Impfstoffs oder eine Kochsalzlösung als Placebo. Nach 4 Wochen bekamen sie entweder die 2. Impfstoffdosis oder nochmals Placebo. 4 Wochen später wurden sie gezielt mit SARS-CoV-2 infiziert. Forscher applizierten das Virus in die oberen Atemwege ihrer Versuchstiere.
Diese Studie zeigt, dass mRNA-1273 einen robusten Spike-spezifischen Antikörper und eine neutralisierende Aktivität induzierte. Dr. Kizzmekia S. Corbett und Kollegen
Proben nahmen die Wissenschaftler dann 2 Tage nach der Exposition. Corbett und Kollegen fanden bei jeweils einem von 8 Tieren in den Impfgruppen und bei allen Tieren in der Placebo-Gruppe eine Virusreplikation in bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit. Die viralen RNA-Spitzenwerte waren in beiden Impfstoffgruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe an den Tagen 2 bis 7 signifikant niedriger. Das galt sowohl für bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit als auch für Nasenabstriche.
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che2001, 20:15h
Cochrane-Review: Tests auf Immunglobuline gegen SARS-CoV-2 sind unzuverlässig, Studien dazu haben gravierende Mängel
Dr. Angela Speth, medscape
Antikörpertests eignen sich nur bedingt zur Diagnostik während oder nach COVID-19, zu dieser Einschätzung kommt ein Cochrane-Review. Zum Beispiel hängt die Zuverlässigkeit stark davon ab, in welchem Abstand zum Symptombeginn sie gemacht werden. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor: Die wenigsten Studien zur Testgenauigkeit erfüllen die Qualitätskriterien.
Auf Antikörpertests richtet sich großes Interesse, wie Prof. Dr. Jonathan J. Deeks von der Universität Birmingham und sein Cochrane-Team erläutern [1]. Denn vorausgesetzt, sie wären gut evaluiert, könnten sie wichtige praktische und theoretische Erkenntnisse zur Corona-Pandemie liefern.
So ließe sich im Nachhinein feststellen, ob jemand die Infektion bereits durchgemacht hat oder nicht. Diese Ungewissheit besteht vor allem bei Menschen, die keine, schwache oder unspezifische Symptome hatten, so dass kaum Bedarf zur Abklärung per PCR bestand. Nachträglich hat eine PCR ja keinen Sinn mehr, sondern nur in der Phase der Virusvermehrung.
Zuverlässigkeit der PCR variiert je nach Infektionsbeginn
Umgekehrt könnten Antikörpertests bei akuter Erkrankung zur Korrektur oder Bestätigung einer Diagnose wertvoll sein: wenn zwar die typischen Symptome vorliegen, aber mit PCR in Abstrichproben keine Erreger zu finden waren. Denn obwohl der molekulare Test den Goldstandard darstellt, ist er für seine Unzuverlässigkeit und Zeitabhängigkeit bekannt. Selbst am Tag 3 nach Auftreten der Symptome – dem günstigsten Fall – beträgt die falsch-negative Quote noch 20%, ergab eine Metaanalyse.
Eine besser gestützte Abklärung würde dann die Entscheidung erleichtern, ob eine Therapie oder Quarantäne angebracht ist. Fällt jedoch auch die zweite Methode falsch negativ aus, wird das versäumt. Spricht sie bei Gesunden auf COVID-19 an (falsch positiv), führt das zu unnötigen weiteren Tests, zu Therapie und Isolierung.
Falls sich herausstellen sollte, dass Antikörper Immunität bedeuten, ließe sich zudem checken, wer gegen die Infektion geschützt ist und folglich auch andere nicht mehr ansteckt.
Antikörpertests könnten die Immunreaktionen widerspiegeln
Auch könnten Antikörpertests Einblick geben in das immunologische Geschehen bei schwerer Erkrankung und während der Rekonvaleszenz.
Und sie könnten helfen, die Seroprävalenz in der Bevölkerung zu beurteilen. Dadurch eröffnet sich die Chance, abzuschätzen, wie weit die Infektion bereits verbreitet ist und welche Vorsorgemaßnahmen des Gesundheitswesens notwendig und welche verzichtbar sind.
Wegen all dieser potenziellen Vorteile ist es nicht verwunderlich, dass nach dem Ausbruch von COVID-19 eine rege Entwicklung von Antikörpertests einsetzte. Insgesamt 279 kommerzielle und interne Tests listet die Foundation for Innovative Diagnostics (FIND) auf – doch wie die Forscher feststellten, liegen nur für 25 einigermaßen aussagekräftige Daten vor.
Dr. Angela Speth, medscape
Antikörpertests eignen sich nur bedingt zur Diagnostik während oder nach COVID-19, zu dieser Einschätzung kommt ein Cochrane-Review. Zum Beispiel hängt die Zuverlässigkeit stark davon ab, in welchem Abstand zum Symptombeginn sie gemacht werden. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor: Die wenigsten Studien zur Testgenauigkeit erfüllen die Qualitätskriterien.
Auf Antikörpertests richtet sich großes Interesse, wie Prof. Dr. Jonathan J. Deeks von der Universität Birmingham und sein Cochrane-Team erläutern [1]. Denn vorausgesetzt, sie wären gut evaluiert, könnten sie wichtige praktische und theoretische Erkenntnisse zur Corona-Pandemie liefern.
So ließe sich im Nachhinein feststellen, ob jemand die Infektion bereits durchgemacht hat oder nicht. Diese Ungewissheit besteht vor allem bei Menschen, die keine, schwache oder unspezifische Symptome hatten, so dass kaum Bedarf zur Abklärung per PCR bestand. Nachträglich hat eine PCR ja keinen Sinn mehr, sondern nur in der Phase der Virusvermehrung.
Zuverlässigkeit der PCR variiert je nach Infektionsbeginn
Umgekehrt könnten Antikörpertests bei akuter Erkrankung zur Korrektur oder Bestätigung einer Diagnose wertvoll sein: wenn zwar die typischen Symptome vorliegen, aber mit PCR in Abstrichproben keine Erreger zu finden waren. Denn obwohl der molekulare Test den Goldstandard darstellt, ist er für seine Unzuverlässigkeit und Zeitabhängigkeit bekannt. Selbst am Tag 3 nach Auftreten der Symptome – dem günstigsten Fall – beträgt die falsch-negative Quote noch 20%, ergab eine Metaanalyse.
Eine besser gestützte Abklärung würde dann die Entscheidung erleichtern, ob eine Therapie oder Quarantäne angebracht ist. Fällt jedoch auch die zweite Methode falsch negativ aus, wird das versäumt. Spricht sie bei Gesunden auf COVID-19 an (falsch positiv), führt das zu unnötigen weiteren Tests, zu Therapie und Isolierung.
Falls sich herausstellen sollte, dass Antikörper Immunität bedeuten, ließe sich zudem checken, wer gegen die Infektion geschützt ist und folglich auch andere nicht mehr ansteckt.
Antikörpertests könnten die Immunreaktionen widerspiegeln
Auch könnten Antikörpertests Einblick geben in das immunologische Geschehen bei schwerer Erkrankung und während der Rekonvaleszenz.
Und sie könnten helfen, die Seroprävalenz in der Bevölkerung zu beurteilen. Dadurch eröffnet sich die Chance, abzuschätzen, wie weit die Infektion bereits verbreitet ist und welche Vorsorgemaßnahmen des Gesundheitswesens notwendig und welche verzichtbar sind.
Wegen all dieser potenziellen Vorteile ist es nicht verwunderlich, dass nach dem Ausbruch von COVID-19 eine rege Entwicklung von Antikörpertests einsetzte. Insgesamt 279 kommerzielle und interne Tests listet die Foundation for Innovative Diagnostics (FIND) auf – doch wie die Forscher feststellten, liegen nur für 25 einigermaßen aussagekräftige Daten vor.
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Erste deutschlandweite Analyse: Rund jeder zweite beatmete COVID-19-Patient gestorben
che2001, 20:06h
Ute Eppinger, medscape
Jeder 5. COVID-19-Patient, der zwischen Ende Februar und Mitte April 2020 in einer deutschen Klinik aufgenommen wurde, ist an der Krankheit gestorben. Unter den Patienten, die beatmet werden mussten, war die Sterblichkeit besonders hoch: Sie lag bei 53%. Von den Patienten, die keine Beatmung brauchten starben 16%.
Das sind die zentralen Ergebnisse einer Analyse von rund 10.000 Patientendaten, die das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO), die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die TU Berlin durchgeführt und jetzt in Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht haben [1].
Prof. Dr. Christian Karaginannidis und sein Team von den Kliniken Köln hatten die Daten von 10.021 Patienten untersucht, die zwischen dem 26. Februar und dem 19. April mit einer diagnostizierten SARS-CoV-2-Infektion stationär aufgenommen worden waren. Basis für Analyse waren AOK-Abrechnungsdaten. Die Patienten waren in insgesamt 920 verschiedenen Kliniken in Deutschland behandelt worden. Von den 10.021 eingeschlossenen Patienten wurden 1.727 (17%) künstlich beatmet, 2.220 (22%) starben – 25% bei den Männern und 19% bei den Frauen.
Beatmete Patienten wiesen mehr Vorerkrankungen auf
Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 72 Jahren – sowohl in der Gruppe der beatmeten als auch der nicht beatmeten Patienten. Die Mehrheit der Patienten litt an einer oder mehreren Vorerkrankungen. Am häufigsten lag Bluthochdruck vor (56%), gefolgt von Diabetes (28%), Herz-Rhythmusstörungen (27%), Nierenversagen (23%), Herzschwäche (20%), COPD (14%) und Fettleibigkeit (6%).
Wer beatmet werden musste, wies im Schnitt mehr Vorerkrankungen auf: 43% dieser Patienten litten an Herz-Rhythmus-Störungen. Ein Diabetes lag 39 % der Patienten mit Beatmung vor. 6% der beatmeten Patienten brauchten eine Dialyse. Und unter den Patienten, die beatmet werden mussten und eine Dialyse brauchten, starben 73%.
Der Anteil der beatmeten Patienten unterschied sich zwischen den Altersgruppen: Bei den 18- bis 59-Jährigen lag er bei 15%, bei den 60- bis 69-Jährigen bei 24%, bei den 70-bis 79-jährigen bei 25% und bei Patienten ab 80 Jahren bei 12%.
„Der Anteil der älteren Patienten mit Beatmung ist zwar relativ niedrig, aber wir können davon ausgehen, dass in Deutschland alle Patienten beatmet werden konnten, bei denen das therapeutisch notwendig erschien. Denn bundesweit standen zu jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend freie Intensivbetten zur Verfügung und die Kapazität der Intensivstationen war zum Glück nie voll ausgelastet“, kommentiert Karagiannidis, Sprecher der DIVI-Sektion „Lunge – Respiratorisches Versagen“ sowie Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim in einer Pressemitteilung die Studie.
Jeder 5. COVID-19-Patient, der zwischen Ende Februar und Mitte April 2020 in einer deutschen Klinik aufgenommen wurde, ist an der Krankheit gestorben. Unter den Patienten, die beatmet werden mussten, war die Sterblichkeit besonders hoch: Sie lag bei 53%. Von den Patienten, die keine Beatmung brauchten starben 16%.
Das sind die zentralen Ergebnisse einer Analyse von rund 10.000 Patientendaten, die das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO), die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die TU Berlin durchgeführt und jetzt in Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht haben [1].
Prof. Dr. Christian Karaginannidis und sein Team von den Kliniken Köln hatten die Daten von 10.021 Patienten untersucht, die zwischen dem 26. Februar und dem 19. April mit einer diagnostizierten SARS-CoV-2-Infektion stationär aufgenommen worden waren. Basis für Analyse waren AOK-Abrechnungsdaten. Die Patienten waren in insgesamt 920 verschiedenen Kliniken in Deutschland behandelt worden. Von den 10.021 eingeschlossenen Patienten wurden 1.727 (17%) künstlich beatmet, 2.220 (22%) starben – 25% bei den Männern und 19% bei den Frauen.
Beatmete Patienten wiesen mehr Vorerkrankungen auf
Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 72 Jahren – sowohl in der Gruppe der beatmeten als auch der nicht beatmeten Patienten. Die Mehrheit der Patienten litt an einer oder mehreren Vorerkrankungen. Am häufigsten lag Bluthochdruck vor (56%), gefolgt von Diabetes (28%), Herz-Rhythmusstörungen (27%), Nierenversagen (23%), Herzschwäche (20%), COPD (14%) und Fettleibigkeit (6%).
Wer beatmet werden musste, wies im Schnitt mehr Vorerkrankungen auf: 43% dieser Patienten litten an Herz-Rhythmus-Störungen. Ein Diabetes lag 39 % der Patienten mit Beatmung vor. 6% der beatmeten Patienten brauchten eine Dialyse. Und unter den Patienten, die beatmet werden mussten und eine Dialyse brauchten, starben 73%.
Der Anteil der beatmeten Patienten unterschied sich zwischen den Altersgruppen: Bei den 18- bis 59-Jährigen lag er bei 15%, bei den 60- bis 69-Jährigen bei 24%, bei den 70-bis 79-jährigen bei 25% und bei Patienten ab 80 Jahren bei 12%.
„Der Anteil der älteren Patienten mit Beatmung ist zwar relativ niedrig, aber wir können davon ausgehen, dass in Deutschland alle Patienten beatmet werden konnten, bei denen das therapeutisch notwendig erschien. Denn bundesweit standen zu jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend freie Intensivbetten zur Verfügung und die Kapazität der Intensivstationen war zum Glück nie voll ausgelastet“, kommentiert Karagiannidis, Sprecher der DIVI-Sektion „Lunge – Respiratorisches Versagen“ sowie Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim in einer Pressemitteilung die Studie.
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Gestartet: Das Corona-Info-Blog vom Handelsblatt
che2001, 14:51h
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Landkreis Gifhorn zwingt alleinerziehende Mutter von sieben Kindern zum Umzug aus eigener Wohnung in Sammelunterkunft.
che2001, 13:33h
Flüchtlingsrat Niedersachsen: Lasst die Familie weiter in ihrer Wohnung leben!
Der Landkreis Gifhorn zwingt eine alleinerziehende Mutter von sieben minderjährigen Kindern ihre Wohnung zu räumen und in die Flüchtlingsunterkunft in Ehra-Lessien zu ziehen - weil die Familie ihre Wohnung - auf eigene Kosten -, allerdings „ohne Erlaubnis“ renoviert hat. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert dies als „absurd“ und „rechtswidrig“ und fordert den Landkreis Gifhorn auf, die moldauische Familie N. „schlicht weiter in ihrer Wohnung leben zu lassen.“
Familie N.. wandte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach erfolglos an den Landkreis Gifhorn und bat darum, ihre Wohnung in Osloß, die sie seit mehr als zwei Jahren bewohnt, renovieren zu dürfen. Dabei war der alleinerziehenden Frau N., die an schwergradigem Asthma leidet, vor allem daran gelegen, den bereits durch die Vormieter genutzten, stark verschmutzen und verstaubten Teppich, der sich trotz intensiver Bemühungen nicht mehr reinigen ließ, zu entfernen. Der Landkreis verweigerte dies, obwohl Frau N. diesem – wie verlangt – sogar ein ärztliches Attest vorlegte, wonach die Beschaffenheit des Teppichs ihre Atemwegsbeschwerden verstärke, weshalb es aus medizinischer Sicht geboten sei, ihn zu entfernen.
Nachdem es Frau N. gesundheitlich zunehmend schlechter ging, weil es ihr immer schwerer fiel, in ihrem eigenen Hause zu atmen, ersetzte sie den Teppich dennoch - auf eigene Kosten - durch Laminat, um einer weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes vorzubeugen. Zudem tapezierte die Familie - ebenfalls auf eigene Kosten – sämtliche Wände, um ihr Zuhause wohnlicher zu gestalten. Nunmehr verlangt der Landkreis Gifhorn von Frau N. und ihren sieben Kindern im Alter zwischen zwei und 17 Jahren, die Wohnung spätestens bis zum 05. August 2020 zu räumen und in die Flüchtlingsunterkunft in Ehra-Lessien zu ziehen. Für den Fall, dass die Familie sich dem widersetzt, droht der Landkreis damit, die Wohnung gewaltsam räumen zu lassen.
Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrats Niedersachsen:
„Das Vorgehen des Landkreises ist absurd. Der Landkreis hat die gesundheitlichen Beschwerden der Frau N. monatelang ignoriert und bestraft die Familie nun dafür, ihre Wohnsituation eigenständig verbessert zu haben. Er zwingt die Familie inmitten in der Corona-Pandemie, in eine Sammelunterkunft zu ziehen - und dies, obwohl es für Menschen angesichts der Enge in solchen Unterkünften bekanntermaßen unmöglich ist, die Corona-Schutzmaßnahmen und Abstandsregeln einzuhalten."
Das Vorgehen das Landkreises gegenüber der Familie N. ist nicht nur faktisch absurd und gesundheitsgefährdend, sondern steht auch juristisch auf sehr tönernen Beinen.
Muzaffer Öztürkyilmaz:
„Das Ganze ist auch rechtswidrig. Es unverhältnismäßig die Familie zum Auszug zu zwingen, weil sie die Wohnung ohne Erlaubnis renoviert und damit im Ergebnis aufgewertet hat. Da Frau N. alleinerziehend ist und ihre Kinder minderjährig sind, dürfen sie nach der EU-Aufnahmerichtlinie im Übrigen nur dann verpflichtet werden, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, sofern sie dort ausschließlich mit anderen Alleinerziehenden und ihren minderjährigen Kindern untergebracht werden. Solche eine spezifische Unterbringungsmöglichkeit existiert in Ehra-Lessien jedoch nicht.“
Ein Zwangsumzug von Osloß nach Ehra-Lessien würde für die Familie zugleich den Verlust ihres bisherigen Lebensumfeldes bedeuten und ihr den Alltag erschweren. Die Kinder haben sowohl in Osloß als auch im Kindergarten bzw. in der Schule schnell Anschluss gefunden, sich in Vereinen engagiert und Freundschaften geschlossen. All dies müssten sie hinter sich lassen. Die älteste Tochter würde bei einem Umzug täglich statt einer halben ca. 2 Stunden benötigen, um ihren Ausbildungsbetrieb in Wolfsburg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Muzaffer Öztürkyilmaz:
"Wir fordern den Landkreis Gifhorn auf, die Familie schlicht weiter in ihrer Wohnung leben zu lassen, anstatt sie durch absurde und rechtswidrige Maßnahmen zu schikanieren und ihre weitere Integration absichtlich zu erschweren.“
https://www.nds-fluerat.org/45778/aktuelles/landkreis-gifhorn-zwingt-alleinerziehende-mutter-zum-umzug-aus-eigener-wohnung-in-sammelunterkunft/
Der Landkreis Gifhorn zwingt eine alleinerziehende Mutter von sieben minderjährigen Kindern ihre Wohnung zu räumen und in die Flüchtlingsunterkunft in Ehra-Lessien zu ziehen - weil die Familie ihre Wohnung - auf eigene Kosten -, allerdings „ohne Erlaubnis“ renoviert hat. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert dies als „absurd“ und „rechtswidrig“ und fordert den Landkreis Gifhorn auf, die moldauische Familie N. „schlicht weiter in ihrer Wohnung leben zu lassen.“
Familie N.. wandte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach erfolglos an den Landkreis Gifhorn und bat darum, ihre Wohnung in Osloß, die sie seit mehr als zwei Jahren bewohnt, renovieren zu dürfen. Dabei war der alleinerziehenden Frau N., die an schwergradigem Asthma leidet, vor allem daran gelegen, den bereits durch die Vormieter genutzten, stark verschmutzen und verstaubten Teppich, der sich trotz intensiver Bemühungen nicht mehr reinigen ließ, zu entfernen. Der Landkreis verweigerte dies, obwohl Frau N. diesem – wie verlangt – sogar ein ärztliches Attest vorlegte, wonach die Beschaffenheit des Teppichs ihre Atemwegsbeschwerden verstärke, weshalb es aus medizinischer Sicht geboten sei, ihn zu entfernen.
Nachdem es Frau N. gesundheitlich zunehmend schlechter ging, weil es ihr immer schwerer fiel, in ihrem eigenen Hause zu atmen, ersetzte sie den Teppich dennoch - auf eigene Kosten - durch Laminat, um einer weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes vorzubeugen. Zudem tapezierte die Familie - ebenfalls auf eigene Kosten – sämtliche Wände, um ihr Zuhause wohnlicher zu gestalten. Nunmehr verlangt der Landkreis Gifhorn von Frau N. und ihren sieben Kindern im Alter zwischen zwei und 17 Jahren, die Wohnung spätestens bis zum 05. August 2020 zu räumen und in die Flüchtlingsunterkunft in Ehra-Lessien zu ziehen. Für den Fall, dass die Familie sich dem widersetzt, droht der Landkreis damit, die Wohnung gewaltsam räumen zu lassen.
Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrats Niedersachsen:
„Das Vorgehen des Landkreises ist absurd. Der Landkreis hat die gesundheitlichen Beschwerden der Frau N. monatelang ignoriert und bestraft die Familie nun dafür, ihre Wohnsituation eigenständig verbessert zu haben. Er zwingt die Familie inmitten in der Corona-Pandemie, in eine Sammelunterkunft zu ziehen - und dies, obwohl es für Menschen angesichts der Enge in solchen Unterkünften bekanntermaßen unmöglich ist, die Corona-Schutzmaßnahmen und Abstandsregeln einzuhalten."
Das Vorgehen das Landkreises gegenüber der Familie N. ist nicht nur faktisch absurd und gesundheitsgefährdend, sondern steht auch juristisch auf sehr tönernen Beinen.
Muzaffer Öztürkyilmaz:
„Das Ganze ist auch rechtswidrig. Es unverhältnismäßig die Familie zum Auszug zu zwingen, weil sie die Wohnung ohne Erlaubnis renoviert und damit im Ergebnis aufgewertet hat. Da Frau N. alleinerziehend ist und ihre Kinder minderjährig sind, dürfen sie nach der EU-Aufnahmerichtlinie im Übrigen nur dann verpflichtet werden, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, sofern sie dort ausschließlich mit anderen Alleinerziehenden und ihren minderjährigen Kindern untergebracht werden. Solche eine spezifische Unterbringungsmöglichkeit existiert in Ehra-Lessien jedoch nicht.“
Ein Zwangsumzug von Osloß nach Ehra-Lessien würde für die Familie zugleich den Verlust ihres bisherigen Lebensumfeldes bedeuten und ihr den Alltag erschweren. Die Kinder haben sowohl in Osloß als auch im Kindergarten bzw. in der Schule schnell Anschluss gefunden, sich in Vereinen engagiert und Freundschaften geschlossen. All dies müssten sie hinter sich lassen. Die älteste Tochter würde bei einem Umzug täglich statt einer halben ca. 2 Stunden benötigen, um ihren Ausbildungsbetrieb in Wolfsburg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Muzaffer Öztürkyilmaz:
"Wir fordern den Landkreis Gifhorn auf, die Familie schlicht weiter in ihrer Wohnung leben zu lassen, anstatt sie durch absurde und rechtswidrige Maßnahmen zu schikanieren und ihre weitere Integration absichtlich zu erschweren.“
https://www.nds-fluerat.org/45778/aktuelles/landkreis-gifhorn-zwingt-alleinerziehende-mutter-zum-umzug-aus-eigener-wohnung-in-sammelunterkunft/
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