Dienstag, 8. Dezember 2020
Schwedens Sonderweg erweist sich als Selbstschuss
Statt zur Herdenimmunität führte Schwedens Sonderweg zu einem katastrophalen Ergebnis:

https://web.de/magazine/news/coronavirus/corona-schweden-infizierte-tote-herdenimmunitaet-35334096

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Neue Analyse des RKI: Wer waren die COVID-19-Erkrankten der 1. Welle? Wen traf es besonders schwer?
Heike Dierbach, Medscape



Wer ist in Deutschland während der 1. Welle im Frühjahr an COVID 19 erkrankt, und wie schwer? Dazu liegen erstmals detaillierte Daten für einen längeren Zeitraum vor: Julia Schilling und Kollegen vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten im Journal of Health Monitoring eine Auswertung von 152.984 Fällen, die bis Mitte Mai gemeldet worden waren [1]. Alle Daten wurden nach Alter, Geschlecht, Krankheitsverlauf und Risikofaktoren aufgeschlüsselt. Manches ist überraschend: So haben sich insgesamt mehr Frauen als Männer infiziert. Und: Jeder 2. hatte keinen Husten.

Hochbetagte waren am häufigsten infiziert
Von COVID-19 waren Personen zwischen 40 bis 59 Jahren am häufigsten betroffen (35%), gefolgt von 20- bis 39-Jährigen (28%) und 60- bis 79-Jährigen (19%). Gemessen am Bevölkerungsanteil erkrankten Senioren ab 80 Jahren am häufigsten. Ihre kumulative Inzidenz, sprich alle Fälle bis Mitte Mai, lag bei 314 Fällen pro 100.000 Einwohner.

Offenbar ist es in dieser Phase nicht gelungen, ältere Menschen besonders zu schützen – eher im Gegenteil. „Eine mögliche Rolle könnte hier die Vielzahl an Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen auf dem Höhepunkt der Erkrankungswelle im Frühjahr 2020 gespielt haben“, schreiben die Autoren.

Eine mögliche Rolle könnte hier die Vielzahl an Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen auf dem Höhepunkt der Erkrankungswelle im Frühjahr 2020 gespielt haben. Julia Schilling und Kollegen
Bei den bis zu 4-Jährigen lag die kumulative Inzidenz bei 37, bei den 5- bis 19-Jährigen bei 70 pro 100.000. Als Alters-Mittelwert der Patienten geben die Autoren 50 Jahre an. 52% der Infizierten waren weiblich. Zu Beginn betraf die Krankheit mehr Männer, später jedoch eher Frauen.

Unterschiedliche Symptome, unterschiedliche Mortalität
Bei 138.464 Patienten hatten die Wissenschaftler Informationen über Symptome. Am häufigsten waren Husten (51%), Fieber (42%), Schwäche und Gliederschmerzen (38%), Schnupfen (22%) und Halsschmerzen (19%). Atemnot und Pneumonien traten vor allem bei Patienten ab 60 Jahren auf, Schnupfen deutlich häufiger bei jüngeren Personen. Geruchs- oder Geschmacksverlust, der erst im Verlauf der Pandemie als Symptom gemeldet wurde, zeigte sich bei 9,1% der Fälle. Auch Durchfall kam vor (7,3%).

Das RKI teilt COVID-19 in 4 Stufen ein:

mild (u.a. keine Pneumonie, nicht hospitalisiert, nicht verstorben),

moderat (u.a. Pneumonie, nicht hospitalisiert, nicht verstorben),

schwer (hospitalisiert, unabhängig von weiteren Faktoren)

und kritisch (intensivpflichtig oder verstorben).


80% der Infizierten zeigten einen milden Verlauf, vor allem jüngere Patienten. Bei Personen ab 80 Jahren waren es nur noch 38%. In der Gruppe bis 59 Jahre starben weniger als 1,0%. Zwischen 60 und 79 Jahren stieg der Anteil auf 9,6%. Von allen Infizierten ab 80 Jahren starb fast jeder 3. Die Mortalität lag in der gesamten Kohorte bei 5,6%.


Diese Risikofaktoren fanden RKI-Wissenschaftler
Risikofaktoren spielten eine große Rolle für einen schweren Verlauf: Bei 70% der stationären Patienten fanden die Autoren mindestens einen dieser Faktoren. Allerdings lagen nur für rund die Hälfte der Hospitalisierten entsprechende Angaben vor. 30% aller Patienten waren zuvor gesund und mussten dennoch in die Klinik. Vor allem bei Jüngeren gab es das Phänomen.

„Hier ist zu berücksichtigen, dass zu Beginn der Pandemie die stationäre Aufnahme für alle positiv getesteten Fälle zum Zweck der Isolation empfohlen wurde“, relativieren die Autoren. Insgesamt dauerte die Klinikbehandlung im Median 9 Tage. 55% der Hospitalisierten waren Männer, auf den Intensivstationen sogar 70%.

Als häufigste Risikofaktoren bei stationären Patienten nennen Schilling und ihre Koautoren kardiovaskuläre Erkrankungen (67%), Diabetes (29%) und neurologische Störungen (29%), gefolgt von Lungenerkrankungen (22%) und Nierenkrankheiten (16%). Adipositas, die in anderen Ländern von Bedeutung war, wurde in Deutschland nicht erfasst.

Ein kausaler Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Verlauf lasse sich aus den Daten nicht ableiten, schreiben die Autoren. „Die Datenvollständigkeit von 52% unter den Hospitalisierten (…) spricht für eine Untererfassung der vorhandenen Risikofaktoren. Darüber hinaus ermöglicht das Meldesystem nur eine grobe Erfassung der vorhandenen Vorerkrankungen.“

Noch ein Blick auf die Todesfälle durch COVID-19: 11% hatten gar keinen Risikofaktor. Je 30% hatten 1, 2 oder 3 Risikofaktoren. Wer jünger als 80 war und kein zusätzliches Risiko hatte, war offenbar sehr wenig gefährdet. In dieser Gruppe gab es insgesamt bis Mitte Mai nur 226 Todesfälle.

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Deutsche Gesellschaft für Pneumologie definiert neu, bei welchen Lungenerkrankungen ein schwerer COVID-19-Verlauf droht
Ute Eppinger, Medscape


Welche Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19? Kann die Lehrerin mit mittelschwerem Asthma noch unterrichten? Sollte der Student, der an Mukoviszidose leidet, besser zu Hause bleiben, und kann die an Lungenkrebs erkrankte Rentnerin ihre Chemotherapie fortsetzen?

Antworten auf diese Fragen geben die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP) jetzt mit ihrer aktualisierten Stellungnahme, in der sie COVID-19-Risiken für lungenkranke Patienten definieren [1].

Eine erste Risikoabschätzung hatte die DGP im April dieses Jahres veröffentlicht. Die neue Fassung greift jetzt 13 Fälle von Lungenerkrankungen exemplarisch auf, berücksichtigt und erörtert die neueste Studienlage.

„Wir wollen den Patienten im praktischen Alltag konkrete Antworten geben. Unser Anliegen ist auch, dass Patienten nicht eigenmächtig ihre Medikamente absetzen, aus Angst, dass diese möglicherweise ihr Risiko für einen schweren Verlauf erhöhen könnten“, betonte Prof. Dr. Michael Pfeifer, Präsident der DGP und Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Regensburg, auf der Online-Pressekonferenz der DGP [2].

Wir wollen den Patienten im praktischen Alltag konkrete Antworten geben. Prof. Dr. Michael Pfeifer
Nach aktuellem Kenntnisstand ist ein höheres Alter der größte Risikofaktor für einen schweren oder letalen Verlauf von COVID-19. Ab 60 Jahren steigt das Letalitätsrisiko kontinuierlich an, bei 80-jährigen Menschen ist es – verglichen mit 50-jährigen Menschen – um das 20-Fache erhöht. Meldedaten aus Deutschland zeigen, dass nur 12% aller Infektionen bei Personen im Alter ab 70 Jahren registriert sind, in dieser Gruppe treten aber 85% aller Todesfälle auf.

Weitere Risikofaktoren sind bekanntlich Adipositas, männliches Geschlecht, Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen, chronische Nieren- oder Lebererkrankungen, neurologische und neuromuskuläre Erkrankungen, Tumorerkrankungen, COPD und fortgeschrittene interstitielle Lungenerkrankungen.

Schwerer Verlauf oder nicht? Das entscheidet sich erst nach einer Woche
Mit 5 bis 6 Tagen ist die Inkubationszeit bei SARS-CoV-2-Infektion länger als bei Influenza, es überträgt sich aber leichter von Mensch zu Mensch. Die Mehrheit der Infizierten zeigt einen milden Verlauf, etwas unter 5% weisen derzeit schwere Verläufe auf, berichtet Prof. Dr. Marek Lommatzsch von der Universitätsmedizin Rostock, einer der Autoren der aktualisierten Stellungnahme.

In der Inkubationszeit oder während eines milden oder asymptomatischen Krankheitsverlaufes können Infizierte das Virus schnell und unbemerkt verbreiten; der Höhepunkt der Übertragung findet sich um den Tag des Symptombeginn.

Anders als bei schweren Influenza-Pneumonien kommt es bei schweren COVID-19-Verläufen meist nicht direkt zur abrupten Verschlechterung des Allgemeinzustands. „Das Tückische an COVID-19 ist, dass sich erst nach einer Woche zeigt: Bleibt es bei einem milden Verlauf oder kommt es zu zunehmender Luftnot und respiratorischer Insuffizienz“, erklärt Lommatzsch. Alarmsignale sind Luftnot, Tachypnoe und/oder ein Abfall der Sauerstoffsättigung unter 94%.

Gerade weil sich das Virus erst nach einer Woche demaskiere, sei es wichtig zu klären, welche Patienten ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf aufweisen und welche nicht, betonte Lommatzsch.

Asthma und COPD nicht in einen Topf werfen
Rund 8 Millionen Deutsche leiden an Asthma, 6,8 Millionen an COPD. Lommatzsch warnte davor, COPD und Asthma hinsichtlich des Risikos für einen schweren COVID-19 Verlauf „in einen Topf zu werfen“. Er verwies dabei auf das Statement des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu FFP2-Masken, in dem nicht deutlich genug zwischen Asthma und COPD unterschieden worden sei.

Allgemeine COVID-19-Fallserien hatten bereits im Frühjahr 2020 darauf hingewiesen, dass Patienten mit Asthma kein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben. Inzwischen zeigen mehrere Studien, dass das tatsächlich so ist. Selbst Patienten mit schwerem Asthma und einer Biologika-Therapie scheinen kein erhöhtes Risiko aufzuweisen. Kommen allerdings weitere Risikofaktoren wie hohes Alter, starkes Übergewicht oder eine chronische Herzerkrankung hinzu, steigt das Risiko auch für Asthmatiker.

Die Datenlage verdichtet sich, dass Patienten mit COPD ein mäßig erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf aufweisen. Prof. Dr. Marek Lommatzsch
Weshalb das Asthma selbst wohl kein Risikofaktor ist, dies ist noch nicht wirklich geklärt. Daten legen nahe, dass Asthma-Patienten ACE-2-Rezeptoren – die SARS-CoV-2 zum Eindringen ins Epithel nutzt – nur vermindert exprimieren.


Bei COPD sieht das anders aus: „Die Datenlage verdichtet sich, dass Patienten mit COPD ein mäßig erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf aufweisen“”, berichtete Lommatzsch. Kommt noch eine kardiovaskuläre Begleiterkrankung hinzu – was bei rund 50% der COPD-Patienten der Fall ist – ist das Risiko für einen schweren Verlauf deutlich erhöht.

Sarkoidose und Lungenfibrose?
Und bei Sarkoidose? Laut Prof. Dr. Torsten Bauer vom Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin weisen Sarkoidose-Patienten ohne Begleiterkrankungen kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf auf.

Bei Patienten mit Lungenfibrose wird hingegen ein höheres Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf vermutet. Denn Studien zeigen: Wird eine Hospitalisierung notwendig, dann ist bei Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung (ILD) mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf zu rechnen. Gerade solche Patienten sollten auf guten Selbstschutz wie FFP2-Masken setzen.

Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft
Pfeifer empfiehlt, dass sich Hochrisiko-Patienten mit ihren Fachärzten wegen der Schutzmaßnahmen besprechen sollten. Lungenmedikamente sollten grundsätzlich nicht und vor allem nicht eigenmächtig von Patienten abgesetzt werden. Das gelte gerade auch für inhalative Steroide bei Asthma.

Grundsätzlich sollten Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen den Empfehlungen des RKI (AHA-L) folgen und die Impf-Empfehlungen beachten.

Mit Beginn des zweiten Shutdowns Anfang November hatten der deutsche Behindertensportverband (DBS) und die Deutsche Atemwegsliga zunächst empfohlen, den Rehabilitationssport und damit auch den ambulanten Lungensport in Gruppen zeitweilig auszusetzen.

Inzwischen ist bei Beachtung der AHA-L-Regeln und der aktuellen Beschwerden der Patienten (keine Teilnahme von Patienten mit akuter Symptomatik) in vielen Bundesländern Lungensport in kleinen Gruppen erlaubt. Es empfiehlt sich, bei den Gesundheitsämtern nachzufragen, ob Rehabilitationssport in kleinen Gruppen erlaubt ist. Ist das nicht möglich, sollten die Patienten individuell ihre Übungen fortführen.

Generell sollten sich Lungenkranke in der Pandemie nicht zu Hause einschließen, sondern sich möglichst regelmäßig an der frischen Luft bewegen, betonten die Experten. Denn Immobilität ist ein wichtiger Risikofaktor für eine Symptomverschlechterung.

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Neuer Hoffnungsträger bei Covid-Behandlung: Molnupiravir
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/sars-cov-2-ansteckungen-im-tierversuch-verhindert-122311/

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COVID-19: 1. Welle, 2. Welle – Intensivmediziner ziehen erste Vergleiche
Ute Eppinger, Medscape



Wie verlief die erste COVID-19-Welle an deutschen Kliniken, wie verläuft die zweite? Was ist anders? Studien dazu wurden auf dem Online-Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vorgestellt [1].

Anteilig weniger invasiv Beatmungspflichtige in 2. Welle
So zeigt eine deutschlandweite Analyse der Daten von 10.021 Patienten, eine hohe Sterblichkeit in der ersten Welle. Im Frühjahr starb ein Fünftel der stationär behandelten COVID-19-Patienten. von den Intensivpatienten, die beatmet werden mussten, starben rund 50%, berichtete Prof. Dr. Christian Karagiannidis. Die Patienten waren zwischen dem 26. Februar und dem 19. April 2020 aufgrund ihrer COVID-19 Erkrankung in einem Krankenhaus behandelt worden, das mediane Alter der Patienten lag bei 72 Jahren.

Der prozentuale Anteil der Patienten die invasiv beatmet werden, hat in der zweiten Welle deutlich abgenommen. Prof. Dr. Christian Karagiannidis
Die allermeisten ITS-Patienten waren schwer krank und mussten invasiv beatmet werden. Nur wenige Patienten wurden mittels Maske beatmet. „Wir sehen jetzt im DIVI-Intensivregister, dass sich das wahrscheinlich etwas verschoben hat. Der prozentuale Anteil der Patienten die invasiv beatmet werden, hat in der zweiten Welle deutlich abgenommen. Wahrscheinlich werden jetzt deutlich mehr Patienten mittels Maske beatmet“, erläutert Karagiannidis, der an der Lungenklinik Köln-Merheim das ECMO-Zentrum leitet.

Obwohl etwa gleich viele Männer und Frauen mit COVID-19 ins Krankenhaus kamen, mussten– rund doppelt so viele Männer auf der Intensivstation behandelt werden. Männliche Intensivpatienten mussten auch häufiger beatmet werden als weibliche: Das Verhältnis lag bei 22% zu 12%.

Sehr viele Patienten mit Nierenversagen
Viele der COVID-19-Patienten der ersten Welle litten an Bluthochdruck (56%) und Diabetes (28%). Karagiannidis wies allerdings darauf hin, dass Hypertonie h in der Bevölkerung sehr verbreitet ist. Insofern überrasche es nicht, dass auch in der zweiten Welle wieder viele Patienten mit Bluthochdruck und Diabetes beobachtet werden.

In der ersten Welle hatten viele Patienten im Erkrankungsverlauf ein Nierenversagen entwickelt: „Das waren weit mehr als wir das beispielsweise von der Grippe her kennen. 30% der beatmeten Patienten waren auch dialysepflichtig, das ist deutlich mehr als bei anderen Intensiv-Erkrankungen. Da liegt dieser Anteil bei ungefähr 10%.“ Die krankenhausinterne Sterblichkeit bei beatmeten Patienten, die eine Dialyse benötigen, betrug 73%.

Chronische Lungenerkrankungen spielten hingegen eine kleinere Rolle als erwartet: Nur etwa 12% der Intensivpatienten litten an Lungenkrankheiten – vor allem Asthma und COPD. Beides ist in der Bevölkerung sehr verbreitet: Rund 8 Millionen Deutsche leiden an Asthma, 6,8 Millionen an COPD.

Lungenerkrankungen spielten bei der Influenza eine größere Rolle für den Verlauf, bei COVID-19 offenbar weniger: „Das ist eine gute Nachricht für Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen“, sagte Karagiannidis.

Wurde in der ersten Welle zu früh intubiert? Aus den Daten lasse sich das nicht ablesen. „Wir sehen, dass die Patienten, die mittels Maske beatmet wurden, im Schnitt relativ kurz auf der Intensivstation waren. Wir glauben deshalb, dass diese Patienten insgesamt etwas gesünder waren als die invasiv beatmeten Patienten“, berichtete Karagiannidis. Man könne aus den Daten aber nicht herleiten, ob eine Masken-Beatmung besser sei als eine Intubation.

Alter ist der härteste Risikofaktor für einen tödlichen Verlauf
„Der härteste Risikofaktor, an COVID-19 zu sterben, ist das Alter“, betonte Karagiannidis. So lag die Sterblichkeit bei den beatmeten Intensivpatienten über 80 Jahren bei über 70% und auch bei über 70-Jährigen lag sie bei noch fast 65% – „das ist richtig viel“.

Bei Intensivpatienten unter 60 Jahre, die beatmet werden mussten, betrug die Sterblichkeit 27,7%. Deutlich geringer war die Sterblichkeit, wenn die Patienten nicht beatmet werden mussten: Von den über 80-Jährigen starben knapp 34%, von den über 70-Jährigen 14,6% und von den unter 60-Jährigen 0,7%.

Deutsches Gesundheitssystem hat sich bewährt
Die Intensivmediziner zogen auch internationale Versgleiche. So zeigen Daten aus Norditalien, dass fast alle ITS-Patienten unter 75 Jahre alt waren, denn mittels Triage musste eine Vorauswahl zu Lasten älterer Patienten getroffen werden, wie Karagiannidis berichtete.

In Deutschland hingegen waren die meisten beatmeten COVID-19-Patienten über 75 Jahre alt: „Wir waren nicht gezwungen zu triagieren und wir konnten alle Patienten behandeln, auch völlig unabhängig von ihrem Alter.“ An diesem Beispiel werden die Vorteile das deutsche Gesundheitssystem in der Pandemie deutlich.

Auch ein Vergleich mit Großbritannien unterstreicht dies: Während dort 30% der COVID-19 Patienten auf Normalstationen gestorben sind, waren es in Deutschland 16%. Karagiannidis führt das auf die unterschiedlichen Ressourcen der Gesundheitssysteme zurück. „Dort waren die Ressourcen wohl so limitiert, dass die Patienten schon im Vorfeld gestorben sind und gar nicht mehr auf die Intensivstation kamen. Das muss man in die Diskussion mit einbeziehen: Es ist ein Riesenvorteil, dass wir in Deutschland so viele Ressourcen zur Verfügung haben.“

In der zweiten Welle mehr Patienten auf Normalstationen
Im Unterschied zur ersten Welle sind in der zweiten Welle deutlich mehr COVID-19-Patienten auf Normalstationen untergebracht. „In der ersten Welle hatten wir nicht so viele Patienten auf Normalstation. Doch alle Kliniken stellen jetzt fest, dass wir extrem viele Patienten auf der Normalstation haben, Patienten, die auch nicht zwingend eine Intensivbehandlung brauchen. Ich glaube, das ist ein Effekt des frühzeitigen Einsatzes von Dexamethason. Damit ersparen wir dem einen oder anderen die Intensivstation. Ich denke, das ist der wahre Durchbruch, den wir bislang in der Therapie haben. Alle anderen Medikamente haben bisher nicht die Wirkung, die Dexamethason hatte.“

Ich glaube, das ist ein Effekt des frühzeitigen Einsatzes von Dexamethason. Damit ersparen wir dem einen oder anderen die Intensivstation. Prof. Dr. Christian Karagiannidis
Ist die Sterblichkeit in der zweiten Welle geringer? Eine Schätzung wagt Karagiannidis nicht, sagt aber, dass die hohe Zahl der Patienten auf Normalstationen schon sehr auffällig sei. Erst im Januar, Februar 2021 lasse sich sagen, wie die prozentuale Verteilung aussehe, „früher stehen uns die Daten nicht zur Verfügung“.

Er sagt aber auch, dass die Patienten, die in der zweiten Welle auf die Intensivstation kommen, ähnlich schwerkrank sind, wie die Patienten in der ersten Welle. „Die einzige Ausnahme ist, dass wir nicht mehr so viel Überreaktion des Immunsystems sehen. Das Dexamethason fängt sie ab.“

Belastungsmodell prognostiziert Stabilisierungsphase
Derzeit sind knapp 4.000 COVID-19-Patienten auf der Intensivstation. Womit rechnen die Intensivmediziner? Die DIVI hat ein Belastungsmodell für Intensivstationen durch COVID-19 entwickelt. Es prognostiziert für die nächsten 2 bis 3 Wochen einen ähnlich hohen Stand wie aktuell, doch über diesen Zeitraum hinaus ist eine Prognose schwierig.

Doch ob die Infektionszahlen nun gleich bleiben oder um maximal 30% steigen: „Wir werden trotzdem irgendwann in eine Phase hineinkommen, in der die Zahlen (auf den Intensivstationen) nicht weiter steigen, sondern sich stabilisieren – vorausgesetzt, dass wir an Weihnachten nicht so viele Übertragungen haben.“ Es gebe damit einen gewissen Hoffnungsschimmer, dass die Patienten jetzt nicht immer noch mehr werden.

Thanksgiving sei in den USA und Kanada allerdings ein großer Booster gewesen, er empfehle deshalb dringend, sich auch bei leichtesten Anzeichen einer Infektion noch vor Weihnachten testen zu lassen und sich im Zweifelsfall ein paar Tage zu isolieren. „Ich hoffe, dass wir damit einige von den Superspreading Events verhindern können.“

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