Mittwoch, 9. Dezember 2020
Neue Seuche in Indien: Hunderte Menschen im Krankenhaus
Mehr als 450 Menschen haben sich bereits mit der neuartigen Seuche infiziert und befinden sich im Krankenhaus. Hunderte weitere sollen ebenfalls erkrankt sein. Zu den bisher identifizierten Symptomen zählen Ohnmacht, Krampfanfälle, Schaumbildung vor dem Mund und Übelkeit. Aktuell wird unter anderem vermutet, dass die Wasserverschmutzung die Ursache für den Ausbruch der mysteriösen Krankheit sein könnte.Die Behörden untersuchten 20 Wasserversorgungen in und um die Stadt Eluru, wo der Ausbruch erstmals gemeldet wurde.

Die staatliche Gesundheitsministerin Alla Kali Krishna Srinivas wiederum hat eine Wasserverschmutzung als Ursache für die neue Seuche ausgeschlossen. Denn laut des Büros des Ministerpräsidenten hätten sich auch Menschen mit dem neuartigen Virus infiziert, die nicht an die regionale Wasserversorgung angeschlossen sind.
Mediziner ratlos: Hunderte Menschen mit neuartigem Virus infiziert

Laut "Express.co.uk" wurden die Patienten auf Covid-19 sowie andere Virusinfektionen wie das Dengue-Fieber und Herpes getestet. Sämtliche Tests fielen dabei negativ aus. 170 Patienten habe man bereits wieder entlassen. Laut den örtlichen Gesundheitsbehörden werden nun die Ergebnisse von Wasser-, Nahrungsmittel- und Blutproben der Patienten erwartet, um mehr Informationen zu der mysteriösen Krankheit zu erhalten.
Unbekannte Krankheit in Indien ausgebrochen: Organochlorsubstanzen als Auslöser?

Weitere Vermutungen darüber, was die Krankheit ausgelöst haben könnte, gibt es bereits. Laut "The Times of India" könnte die Krankheit durch Organochlorsubstanzen oder Dämpfe von Insektenschutzmitteln verursacht worden sein. Die meisten Infizierten sind Personen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Laut "Express.co.uk" habe die Krankheit aber auch über 300 Kinder betroffen.
Mehr als vier Millionen Corona-Infektionen in Indien

In Indien steigt die Zahl der Corona-Infizierten zeitgleich weiterhin rasant an. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden seit Beginn der Pandemie 4.023.179 Menschen infiziert. Dies bedeutet einen Anstieg um 80.000 binnen zwei Tagen beziehungsweise um eine Million innerhalb der vergangenen zwei Wochen. Weltweit rangierte das südasiatische Land bei der Zahl der Infektionen an dritter Stelle hinter den USA und Brasilien. Es könnte Brasilien in Kürze überholen.

Der starke Anstieg der Fallzahlen in dem 1,3-Milliarden-Einwohner-Land war von Experten wegen der schrittweisen Aufhebung eines Lockdowns erwartet worden. Am stärksten betroffen sind der westliche Bundesstaat Maharashtra und die südlichen Staaten Andhra Pradesh, Karnataka und Tamil Nadu.

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fka/news.de/d

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Und falls die Corona-Impfung doch unbekannte Nebenwirkungen macht?
Der Chef des Paul-Ehrlich-Instituts erklärt die Sicherheitsmaßnahmen
Heike Dierbach, Medscape



Die Impfung gegen COVID 19 kommt – doch viele Menschen sind noch skeptisch aufgrund der Entwicklung und Zulassung in Rekordzeit. Medscape befragte Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), zum Thema Sicherheit, Impf-Zielgruppen und geplante Maßnahmen, um den Impfstoff auch nach der Einführung genau zu beobachten.

Medscape: Welche Rolle spielt das Paul-Ehrlich-Institut bei der Einführung und Bereitstellung der Corona-Impfstoffe in Deutschland?

Prof. Cichutek: Nach der Zulassung durch die EU-Kommission wird das Paul-Ehrlich-Institut – wie bei allen anderen Impfstoffen auch, die in Deutschland vermarktet werden sollen – die staatliche Chargenprüfung vornehmen und – sofern die Kriterien erfüllt sind – die Chargenfreigabe für Deutschland erteilen.


Prof. Dr. Klaus Cichutek

Das Paul-Ehrlich-Institut ist Gast in der Ständigen Impfkommission (STIKO) und stellt hier, genauso wie gegenüber der Bundesregierung, seine regulatorische Expertise zur Verfügung.

Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Nebenwirkungsbeobachtung bei Einführung der Impfung durch passive und aktive Pharmakovigilanz durch das Paul-Ehrlich-Institut und die Europäische Arzneimittelagentur. [Anm. der Red.: Die WHO definiert Pharmakovigilanz als alle Aktivitäten, die sich mit der Aufdeckung, Bewertung, dem Verstehen und der Prävention von Nebenwirkungen oder von anderen Arzneimittel-bezogenen Problemen befassen.]

Medscape: Wie beurteilen Sie persönlich die in der Interimsanalyse beschriebene 90-%ige Wirksamkeit des RNA-Impfstoffes von BioNtech/Pfizer?

Prof. Cichutek: Diese Verlautbarung ist ein erstes Signal des Entwicklers, dass unter optimalen Bedingungen eine hohe Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen beim Menschen gegenüber COVID-19 erzielt werden kann. Die als Pressemitteilung veröffentlichten Interimsanalysen bewerten wir nicht, weil dies lediglich eine zusammengefasste Kurz-Information seitens der Firma für die Öffentlichkeit war.

Bei der Entwicklung und Bewertung der Impfstoffe wurden Zeitpläne für Untersuchungen und Bewertungen optimiert, ohne Verlust der üblichen Sorgfalt. Prof. Dr. Klaus Cichutek

Entscheidend ist für uns das Ergebnis der Bewertung der mit dem Zulassungsantrag eingereichten Detaildaten durch den Ausschuss für Humanarzneimittel bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, durch die Expertinnen und Experten des PEI und der anderen nationalen Gesundheitsbehörden Europas. Diese Bewertung kann nach derzeitigem Stand noch im Dezember erfolgen.

Medscape: Müssen wir uns Sorgen machen, dass der allererste RNA-Impfstoff in einem derart beschleunigten Verfahren zugelassen werden soll?

Prof. Cichutek: Bei der Entwicklung und Bewertung der Impfstoffe wurden Zeitpläne für Untersuchungen und Bewertungen optimiert, ohne Verlust der üblichen Sorgfalt.

Alle an der Impfstoffentwicklung beteiligten Expertinnen und Experten hatten das Ziel, Prozesse effizienter zu gestalten, ohne Abstriche bei der Sorgfalt zu machen. Dies hat zu deutlichen Optimierungen der Verfahrensabläufe und einem Zeitgewinn bei der Entwicklung geführt.

Klinische Prüfungen, die häufig nacheinander stattfinden, wurden kombiniert, beispielsweise Phase 1 mit Phase 2 oder Phase 2 mit Phase 3. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten außerdem auf Vorarbeiten in Forschung und Entwicklung von Impfstoffen gegen andere Coronaviren aufbauen.

Durch das Rolling-Review-Verfahren konnten Teile des Antrags bereits vor der eigentlichen Antragstellung geprüft, verbessert und bewertet werden. Dadurch nimmt die Bearbeitung jetzt deutlich weniger Zeit in Anspruch. All dies gilt übrigens nicht nur für den ersten COVID-19-Impfstoff, für den eine Zulassung beantragt oder erteilt wird.

Medscape: Wann rechnen Sie mit ersten Impfungen in Deutschland?


Prof. Cichutek: Direkt nach der Zulassung und Chargenfreigabe – aber nicht gleich für alle, sondern gemäß Priorisierung und Nationaler Impfstrategie. Bundesgesundheitsminister Spahn geht aktuell von Anfang 2021 aus, vielleicht schon zum Jahreswechsel.

Die EMA-Geschäftsstelle hat ja bekannt gegeben, dass spätestens am 29. Dezember eine außerordentliche Sitzung des Ausschusses für Humanarzneimittel stattfinden soll, auf der gegebenenfalls eine positive Zulassungsempfehlung für die EU-Kommission erstellt werden soll.

Medscape: Welche Maßnahmen sind von Seiten des PEI geplant, um die Sicherheit des Impfstoffes zu gewährleisten?

Prof. Cichutek: Das ist eine nationale Aufgabe, in die das PEI natürlich intensiv eingebunden ist. In der Nationalen Impfstrategie sind unter anderem diese Maßnahmen vorgesehen:

ein Realtime-Monitoring von möglichen Nebenwirkungen

eine prospektive Kohortenstudie mittels Smartphone-App über ein Jahr zu Häufigkeit und Schwere unerwünschter Ereignisse

ein Monitoring zur Impfstoff-Effektivität

geplant ist auch eine krankenhausbasierte Fall-Kontrollstudie zu möglichen unerwarteten Nebenwirkungen.

Medscape: Haben unter den zu erwartenden Impfstoffen einige spezifische Vor- bzw. Nachteile für bestimmte Risikopatienten bzw. Altersstufen? Wird dies bei Impfungen berücksichtigt werden?

Prof. Cichutek: Die Zulassung erfolgt jeweils nur für die Gruppen, für die aussagekräftige Daten aus den klinischen Prüfungen vorliegen. Der Nutzen der Impfung muss gegenüber den Risiken in den Altersgruppen überwiegen.

Die Zulassung erfolgt jeweils nur für die Gruppen, für die aussagekräftige Daten aus den klinischen Prüfungen vorliegen. Prof. Dr. Klaus Cichutek
Die zugelassenen Impfstoffprodukte müssen basierend auf den Ergebnissen der bei der Zulassung vorgelegten Untersuchungen unbedenklich und wirksam sein. Falls bestimmte Risiken und Differenzierungen für Altersgruppen notwendig wären, würde dies bei der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission berücksichtigt.

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Situation auf den Intensivstationen unter COVID-19: Auch Intensivmediziner fordern Nachdenken über Weihnachtsregelungen
Ute Eppinger, Medscape


„Wir hatten gehofft, dass wir dauerhaft unter 20.000 bleiben oder dass die Zahl noch weiter runter geht“, kommentierte Prof. Dr. Uwe Janssens bei einem Gespräch während des Kongresses der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) die anhaltend hohe Zahl der Neuinfektionen mit COVID-19 [1]. Offenbar, so Janssens, zeige der Lockdown light aber nur marginale Effekte.

„Man muss sich die Frage stellen, ob die getroffenen Maßnahmen durchdringend genug sind. Der Teil-Lockdown hat ein exponentielles Wachstum über 50.000 Neu-Infizierte täglich wie in Frankreich verhindert, aber die Zahlen sind unvermindert hoch. Dieses hohe Niveau wird die Intensivmedizin in den nächsten Wochen beschäftigen“, so Janssens.

Man muss sich die Frage stellen, ob die getroffenen Maßnahmen durchdringend genug sind. Prof. Dr. Uwe Janssens
Der Präsident der DIVI zeichnet ein ernüchterndes Bild: „Konservativ geschätzt wird 1% der Neuerkrankten 10 bis 12 Tage nach Meldung ans Gesundheitsamt intensivpflichtig.“ Halte der Trend an, „dann werden wir über Weihnachten eine sehr hohe Anzahl an Intensivpatienten haben“.

Derzeit liegt die Zahl der Intensivpatienten mit COVID-19 bei knapp 4.000. Das klinge zunächst einmal nicht bedrohlich. „Wir haben aber Regionen, da liegt der Anteil der COVID-19-Patienten auf Intensivstationen bei 25% und höher. Man muss sich klar machen, dass diese Patienten quasi ein ‚Add on‘ zu unserem normalen Tagesgeschäft sind – das alles läuft ja weiter“, so Janssens.

Hinzu kommt, dass ein COVID-19-Patient nicht wie ein Infarkt-Patient zu werten sei, sondern in der Betreuung – nicht nur im Hinblick auf die Infektionsschutzmaßnahmen – sehr viel aufwendiger sei. Patienten, die beatmet werden, haben Todesangst: „Da entsteht ein hoher psychologischer Betreuungsbedarf, das bindet eine Pflegekraft 1:1“, erklärte der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin.

Bei intubierten Patienten muss zudem noch regelmäßig eine spezielle Lagerungstherapie mit 4 bis 5 Personen durchgeführt werden. Und wird ein Patient an eine künstliche Lunge (ECMO) angeschlossen, ist eine noch engere Überwachung erforderlich. Hinzu kommt, dass COVID-19-Patienten häufig sehr viel länger auf der Intensivstation liegen, vor allem dann, wenn sie beatmet werden müssen.

Noch gibt es freie Intensivbetten. Der verbleibende Spielraum ist regional unterschiedlich: Sind es noch 18% freie Betten in Nordrhein-Westfalen, weist Schleswig-Holstein 30% freie Betten auf, in Mecklenburg-Vorpommern sind es 20%, in Brandenburg 20%; Berlin hingegen verfügt nur noch über 11% freie Betten, Bonn über 10%, in Aachen sind nur noch 17 Betten von 300 ITS-Betten frei.

„Das ist für die Intensivmedizin eigentlich zu wenig. Wir könnten da nur noch absolute Notfälle behandeln und müssten uns schon Gedanken über eine Verlegung machen“, berichtete Janssens.

Konzepte zur überregionalen Verteilung sind dringend notwendig
Doch genau da hapert es, kritisiert er. Zwar gibt es das ‚Kleeblatt-Konzept‘ des Bundesinnenministeriums, das bei Klinikengpässen Verlegungen der Patienten vorsieht. Entsprechend eines Kleeblatts bilden dabei 3 bis 5 Bundesländer eine Planungseinheit:

Im Norden sind das Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern,

im Osten Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Im Südwesten schließen sich Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland zu einer wechselseitigen Unterstützungseinheit zusammen.

Nordrhein-Westfalen und Bayern als die beiden bevölkerungsreichsten Bundesländer gelten als jeweils eigene Großregionen.

„Wir haben in Nordrhein-Westfallen aber keine überregionalen Konzepte, wie wir innerhalb des Bundeslandes mit Überlastungen in einzelnen ITS-Bereichen umzugehen haben. Das ist schon eine sehr große Schwachstelle“, sagte Janssens.

Eine überregionale Steuerung müsse dringend einsetzen. Berlin z.B. organisiere das mit dem Ampelsystem gut, auch in Hessen funktioniere die Verlegung. „Aber die anderen Bundesländer und gerade auch NRW sind da leider relativ untätig.“

Kliniken vermissen klare Vorgaben der Politik
Janssens betont, dass auch die finanzielle Kompensation für Kliniken sichergestellt sein muss. Es gebe aber immer noch keine klare Maßgabe der Politik, wie sich Kliniken verhalten sollen – in Bezug auf verschiebbare Eingriffe und stationäre Aufnahmen.

„Man zögert noch und sagt, nein, wir werden die Krankenhäuser jetzt nicht aus dem Regelbetrieb rausnehmen, z.B. in NRW. Die Kliniken müssen aber darauf vertrauen können, dass sie – wenn sie in einer Region sind, in der nur noch weniger als 15% freie Intensiv-Betten vorhanden sind – als Häuser der Versorgungsstufe 1, 2 und 3 entsprechende Kompensationszahlungen erhalten.“


In NRW sei versichert worden, dass die Krankenhäuser die Kompensation erhalten. Aber im Konzept des Bundesinnenministeriums mit dem Pandemierat wurden tatsächlich die Häuser der Versorgungsstufe 1 von den Kompensationszahlungen ausgenommen. „Da sind viele Kliniken darunter, die sich sehr aktiv an der intensivmedizinischen Versorgung von COVID-19-Patienten beteiligen“, so Janssens.

Auch das sei eine enorme Schwachstelle dieses Konzepts, das momentan korrigiert werde und unbedingt korrigiert werden müsse. „Denn das hat zu Auswüchsen geführt, dass z.B. in unserer Region ein Krankenhaus der Versorgungsstufe 1 bekannt gegeben hat, dass es sich nicht um COVID-19-Patienten kümmern könne und deren Aufnahme ablehne. Das kann natürlich nicht sein – das ist das Ergebnis einer politischen Fehlsteuerung.“

Viele Kliniken hätten schon im vorauseilenden Gehorsam den Regelbetrieb eingeschränkt und Operationen abgesetzt. Durch Verschiebungen des Personals wird versucht, den Personalmangel so gut es geht aufzufangen. Teilweise würden Operationssäle geschlossen, die Anästhesie- und Fachpflegekräfte unterstützen dann auf den Intensivstationen.

Auch werden zusätzliche COVID-19-Stationen aufgemacht, auf denen Intensivpflegekräfte und Fachpersonal gemeinsam arbeiten. „Man hat da schon Möglichkeiten – aber wenn das alles ausgereizt ist, dann muss eine Verlegung in andere Kliniken sichergestellt sein“, betonte Janssens.

Noch keine Triage-Situation
Noch sei man nicht in der schwierigen Situation, bei Patienten in Lebensgefahr entscheiden zu müssen, wer noch behandelt werden kann und wer nicht. Gleichwohl hat man sich längst auf die Situation vorbereitet. Bereits Ende März haben 7 Fachgesellschaften klinisch-ethische Handlungsempfehlungen gegeben. Das Dokument soll Ärzten und Pflegepersonal dabei helfen, zwischen den Patienten in Lebensgefahr zu priorisieren.

Als Kriterium gilt dabei die klinische Erfolgsaussicht, also die Wahrscheinlichkeit, ob der Patient die Intensivbehandlung überleben wird. Die Autoren des Papers haben sich klar gegen das Kriterium ‚Alter‘ entschieden. Deshalb spielen der Schweregrad der aktuellen Erkrankung sowie relevante Begleiterkrankungen eine wesentliche Rolle. Der Patientenwille ist ohnehin fester Bestandteil bei allen Entscheidungen.

Es könne allerdings nicht sein, dass Ärzte, die solche schweren Entscheidungen treffen, damit rechnen müssen, deswegen strafrechtlich belangt zu werden. „Das hat Ängste bei vielen Kollegen ausgelöst, offensichtlich scheint da eine Lücke zu bestehen. Also muss das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Richtlinie geben, wie er zu verfahren hat. Hier müssten klare Regelungen her. „Das ist bei der Organtransplantation ja auch so, ähnliches wünschen wir uns auch für eine kritische Situation in einer Pandemie“, erklärte Janssens.

Der Intensivmediziner hofft, dass es nicht zu den geplanten Lockerungen über die Feiertage kommt: „Man sollte sehr ernsthaft über die Weihnachtsregelungen nachdenken.“

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Erste Publikation zur „Oxford-Vakzine“ im Lancet: Was die Daten verraten
Michael van den Heuvel, Medscape



Die University of Oxford und AstraZeneca haben Ergebnisse ihrer Phase-3-Studie mit dem Impfstoff-Kandidaten ChAdOx1 nCoV-19 (AZD1222) einem Peer-Review-Verfahren unterzogen und in The Lancet veröffentlicht [1]. Sie kommen – gepoolt – auf eine Wirksamkeit von 70%, was sich errechnet aus einer Wirksamkeit von 62% bei Personen, die 2 Standarddosen erhielten, und von 90% bei Geimpften, die eine halbe und dann eine ganze Dosis bekamen.

Teilnehmer der Impfstoffgruppe erhielten 2 Dosen mit jeweils 5x1010 Viruspartikeln. Eine Untergruppe (1.367 Personen) in Großbritannien bekam aufgrund eines Versehens nur eine halbe Dosis bei der 1. Impfung, gefolgt von einer vollen 2. Dosis. Die Gruppe mit niedriger Dosis plus Standarddosis umfasste keine Erwachsenen über 55 Jahre, weil ältere Menschen erst zu einem späteren Zeitpunkt rekrutiert worden waren.

Sicherheitsdaten der Vakzine
Die Sicherheit wurde im Median für 3,4 Monate bei allen Teilnehmern aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika bewertet. Bei 168 der 23.745 Probanden traten insgesamt 175 schwere unerwünschte Ereignisse auf, aber 172 dieser Ereignisse standen in keinem Zusammenhang mit dem COVID-19- oder Kontrollimpfstoff.

Ein Ereignis trat in der Kontrollgruppe auf (ein Fall von hämolytischer Anämie), ein weiteres in der COVID-19-Impfstoffgruppe (ein Fall von transversaler Myelitis, der möglicherweise mit dem Impfstoff in Zusammenhang gebracht wurde). Hinzu kam ein Fall von schwerem Fieber (> 40°C) bei einem Teilnehmer, dessen Status verblindet blieb. Alle 3 Personen haben sich erholt oder befinden sich in der Genesungsphase und nehmen weiterhin an der Studie teil.

Wirksamkeit gegen symptomatische SARS-CoV-2-Infektionen
Primärer Endpunkt der Studie war die Zahl symptomatischer SARS-CoV-2-Infektionen mehr als 14 Tage nach der 2. Impfstoffdosis, bestätigt durch einen positiven Test.

In der Gesamtgruppe mit 11.636 Personen traten 131 Fälle von symptomatischer COVID-19 auf. Darunter waren 30/5.807 (0,5%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 101/5.829 (1,7%) Fälle in der Kontrollgruppe, was einer Impfstoffwirksamkeit von 70% entspricht.

In der Gruppe der Personen, die 2 Standarddosen des Impfstoffs erhalten hatten, wurde eine Wirksamkeit von 62% erzielt, basierend auf 27/4.440 (0,6%) Fällen in der Impfstoffgruppe und 71/4.455 (1,6%) Fällen in der Kontrollgruppe.

Dagegen betrug die Wirksamkeit in der Niedrigdosis-/Standarddosisgruppe 90%. Hier gab es nur 3/1.367 (0,2%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 30/1.374 (2,2%) Fälle in der Kontrollgruppe.

5 Fälle wurden bei Personen über 55 Jahren beobachtet, aber die Wirksamkeit des Impfstoffs in älteren Altersgruppen konnte aufgrund der geringen Fallzahl noch nicht bewertet werden. Die Autoren schreiben, dass mit solchen Analysen in Zukunft zu rechnen sei.

Asymptomatische Übertragung
In der Studie wurde auch der Schutz vor asymptomatischen Infektionen untersucht. Die Forscher hatten hierfür 6.638 britische Teilnehmer gebeten, sich wöchentlichen SARS-CoV-2-Tests zu unterziehen – unabhängig von Beschwerden.

In dieser Subgruppe wiesen die Autoren 69 asymptomatische SARS-CoV-2-Infektionen nach. Darunter waren 29/3.288 (0,9%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 40/3.350 (1,2%) Fälle in der Kontrollgruppe, woraus sich eine Wirksamkeit des Impfstoffs gegen eine asymptomatische Übertragung von 27% errechnet.

Auch hier schnitten die Probanden mit niedriger Dosis/Standarddosis besser ab. Hier gab es 7/1.120 (0,6%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 17/1.127 (1,5%) Fälle in der Kontrollgruppe, was einer Wirksamkeit von 59% entspricht. Bei Personen, denen 2 Standarddosen verabreicht wurden, gab es 22/2.168 (1%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 23/2.223 (1%) in der Kontrollgruppe, was einer Impfstoffwirksamkeit gegen asymptomatische Übertragung von 4% entspricht.

Schutz vor schweren Krankheiten
Bei 23.745 Teilnehmern der Studie wurden auch Fälle von schwerem COVID-19 mit Krankenhausaufenthalt erfasst. Ab dem 21. Tag nach der ersten Dosis gab es 10 Fälle mit stationärer Behandlung, alle im Kontrollarm. 2 Fälle wurden als schwer eingestuft, und eine Person starb.

Die Autoren stellen fest, sie seien aufgrund ihrer Daten noch nicht in der Lage, die Dauer des Schutzes zu beurteilen, da die ersten Studien im April 2020 begonnen hatten und alle Erkrankungen innerhalb von 6 Monaten nach Verabreichung der 1. Dosis aufgetreten waren. Offen bleibt damit auch die Frage, inwieweit Auffrischungsimpfungen erforderlich sind.

Mögliche Vorteile der Oxford-Vakzine in der Praxis
In einem begleitenden Kommentar heben Dr. Maria Deloria Knoll und Dr. Chizoba Wonodi, Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health auch auf die Kosten für die Impfung ab [2]: „Die Vereinbarung von AstraZeneca mit COVAX über 2 bis 3 US-Dollar pro Dosis verspricht einen gerechten Zugang, verglichen mit den hohen Kosten der beiden mRNA-Impfstoffe, die ebenfalls eine Wirksamkeit von über 90% erzielen.“ COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) ist eine Organisation, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten will.

Der ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff kann auch normal gekühlt werden, was wichtig ist. Dr. Maria Deloria Knoll und Dr. Chizoba Wonodi
„Der ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff kann auch normal gekühlt werden, was wichtig ist, da die für die Lagerung von mRNA-Impfstoffen erforderlichen Ultra-Tiefkühlschränke in vielen Ländern und in Einrichtungen wie Pflegeheimen unerschwinglich und unpraktisch sein könnten“, heißt es weiter im Editorial.

Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen könnten jedoch mit dem Impfschema aus 2 Dosen Schwierigkeiten haben, wenn Möglichkeiten fehlen, um Patienten zu erfassen und zu kontaktieren. Auch unterschiedliche Dosen bei der 1. und der 2. Impfung seien problematisch, so Knoll und Wonodi.

Zudem, so heißt es, habe sich der Impfstoff als sicher erwiesen. Nur bei 3 von 23.745 Teilnehmern seien über einen Median von 3,4 Monaten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse aufgetreten, die möglicherweise mit der Vakzine zusammenhingen: 1 Fall im Impfstoffarm, 1 Fall im Kontrollarm und 1 Fall bei einer Person, deren Status noch verblindet ist.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirksamkeit unseres Impfstoffs die von den Gesundheitsbehörden festgelegten Schwellenwerte überschreitet“, sagt Prof. Dr. Andrew Pollard von der University of Oxford, federführender Autor der Studie. Jetzt seien „Lizenzierung, Herstellung und Verteilung dieser Impfstoffe in einem noch nie dagewesenen Umfang“ wichtig.

Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirksamkeit unseres Impfstoffs die von den Gesundheitsbehörden festgelegten Schwellenwerte überschreitet. Prof. Dr. Andrew Pollard
Seine Kollegin Dr. Merryn Voysey, University of Oxford, spricht von „wichtigen Ergebnissen“ und ergänzt: „In künftigen Analysen werden wir, sobald mehr Daten verfügbar sind, die Unterschiede zwischen wichtigen Subgruppen, etwa bei älteren Erwachsenen, verschiedenen Ethnien, in unterschiedlichen Dosen und mit unterschiedlichen Zeitpunkten der Auffrischungsimpfungen untersuchen und feststellen, welche Immunreaktionen einem Schutz vor Infektion oder Krankheit gleichkommen.“

Impfstoff auf Basis von Adenovirus-Vektoren
Der COVID-19-Impfstoff AZD1222 basiert – anders als die beiden im Zulassungsprozess befindlichen mRNA-Vakzine – auf einem viralen Vektor des Schimpansen-Adenovirus, der beim Menschen keine Krankheit verursacht. Er exprimiert das SARS-CoV-2-Spike-Protein in menschlichen Zellen, was zur Immunreaktion führt. Frühere Studienergebnisse haben gezeigt, dass der Impfstoff Antikörper- und T-Zell-Immunreaktionen auslöst und bei Erwachsenen ab 18 Jahren, einschließlich älterer Erwachsener, sicher ist.

Im Rahmen ihrer Phase-3-Studie analysierten die Autoren nun Ergebnisse von 23.745 Erwachsenen aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika. Für ihre Zwischenanalyse poolen sie Daten aus diesen 3 Regionen.


Änderung im Protokoll: 2 Impfstoffdosen anstelle einer Dosis
Die Hälfte aller Teilnehmer erhielt den COVID-19-Impfstoff und die andere Hälfte eine Kontrolle, entweder einen Meningokokken-Konjugatimpfstoff oder Kochsalzlösung.

Ursprünglich war die Studie so konzipiert, dass nur eine Dosis des Impfstoffs untersucht werden sollte. Daten zur Immunantwort in der britischen Phase 1/2-Studie zeigten jedoch, dass eine 2. Dosis die Immunreaktionen verstärkt. Deshalb wurde das Studienprotokoll angepasst.

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