Samstag, 6. Oktober 2007
Vom Stil alter Häuser
Man sagt dem Historismus nach, ein Architekturstil zu sein, der reaktionär war, weil er Altes kopierte, in Furcht vor dem Neuen. Der Bruch, den der Jugendstil und die Sezession angeblich bedeuteten, erscheint im Angesicht der Moderne auch nicht gerade radikal. Und doch! Die Übergangsphase zwischen Historismus und Jugendstil finde ich zumindest gelungener als die gesamte postmoderne Architektur:


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Samstag, 6. Oktober 2007
Mother and Child
Nachdem der lustigste Familienbefürworter der deutschen Bloggosphäre, Franz.Brandtwein, mir und Umfeld Kinderfeindlichkeit unterstellte, finde ich es besonders witzig, eine gänzlich unfamiliäre Mitstreiterin, nämlich die nette Bitch, mit einem Bild zu überführen, dass sie ganz als Mutter erscheinen lässt, die sie nicht ist :-)

<zensiert, Bild entfernt>

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Neues vom Garten
Wenn ich mir meinen Garten so anschaue, wächst da Manches, was ich so haben will oder dort hingebracht habe neben dem, was das feuchte Wetter hervorgebracht hat und sehr, sehr ungenießbar ist. Tel Aviv - so ist das Leben.



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Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Wenn ich mir so anschaue, wie meine Eltern ihre Wohnung dekorieren, muss ich feststellen: Mein eigener Einrichtungsstil ist sehr familiär. Gegen das habe ich mal rebelliert, was ich mir heute Zu Eigen mache? Unglaublich.

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Flüchtlingsalltag im Film
Der in Bremen gedrehte Film "Wie ein Strich
durchs Leben" Als geduldete Jugendliche in Deutschland - wird am 18.10. 2007
beim Unabhängigen Filmfest Osnabrück zu sehen sein wird. Und zwar läuft
er im Wettbewerb "Kinder-UN-Recht".

Alle sind herzlich zur Vorführung eingeladen:

Donnerstag 18.10., 11.30 Uhr - Haus der Jugend, Osnabrück.


http://www.filmfest-os.de/

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Donnerstag, 4. Oktober 2007
Religiöses Erleuchtungslager made by US military
Gefunden bei Doc Dean: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/09/18/AR2007091802203.html

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Spreeblick zu 1989
Auch wenn mich von Johnny die Tatsache trennt, dass ich die damalige Entwicklung nicht mitbekam, weil ich mich gerade in Ägypten aufhielt und Fragen von Ägyptern, was ich von einer deutschen Wiedervereinigung hielte, als Analogie-Vergleiche mit der Situation in den Westbanks fehlinterpretierte, findet sich hier eine ganz brauchbare Beschreibung der Wahrnehmung des Mauerfalls durch westliche Linke/Punx: http://www.spreeblick.com/2005/10/03/die-mauer-fallt-noch-dieses-jahr-1/

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Donnerstag, 4. Oktober 2007
Was das Klettern angeht
wünsche ich Thomas und Alexander Huber mal ganz verstärkt "Bergheil"!

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Feiern wie die Alten
Heute weiß echt niemand mehr, was eine gute Party ist. Man könnte nostalgisch werden: Bei einem römischen Bacchanal wurde köstlich gespiesen, teilweise etwas kitschig (gegrillter Adler, den man wieder in sein Federkleid gesteckt hatte und der einen gleichartig in sein Fell gehüllten Hasen in den Fängen hielt) und auf für uns heute gewöhnungsbedürftige Weise gewürzt (Hauptgewürz war Garum, eine Paste aus kontrolliert vergammeltem Fisch, von der noch heute zeugt, dass wir ein Gericht, das fertig zubereitet ist, als “gar” bezeichnen, es wurde gegessen bis Unterkante Oberkiefer. Dann deklamierte man Gedichte und musizierte zusammen, wer es sich leiste konnte, engagierte Tänzerinnen, dann wurde getrunken, gekaut und geschnupft, was die Botanik hergab, und dann wurde gefickt (vorzugsweise die Tänzerinnen, wenn mann sie sich leisten konnte). Das griechische Symposion war da geistig etwas gehaltvoller: Zunächst führte man philosophische, historische und naturkundliche Diskussionen auf dem höchsten wissenschaftlichen Niveau der damaligen Zeit, wozu außer veritablen Philosophen und Sophein Jünglinge aus gutem Hause, die auf diese Weise unterwiesen werden sollten, ebenso anwesend waren wie gebildete Hetären (Prostituierte mit akademischem Bildungsniveau). Nach dem Disput wurde sehr viel Fleisch gegesssen, dann wurde getrunken, gekaut und geschnupft, was die Botanik hergab, und dann wurde gefickt, sowohl die Jünglinge als auch die Hetären.

Bei einer ägyptischen Orgie war das Programm so ähnlich, wenn auch weniger akademisch, und der kombinierte Konsum von Laudanum (in Likörwein gelöstes Opium), Haschisch, Bethel, Qat, Kanna und Kokain führte dazu, dass man die ägyptischen Götter life erscheinen sah. Römer, Griechen und Ägypter waren sich einig darin, dass die Festtagsbräuche der Babylonier ausschweifend und ziemlich versaut waren.

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Unser täglich Rassismus gib uns heute, amen
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,508998,00.html

Rassismus-TV für die Quote

Von Stefan Schultz

Trommelnde Afrikaner, spießige Deutsche: Die Doku-Soap “Willkommen in der Nachbarschaft” ist noch schlimmer als befürchtet. Die Brandstifter von RTL II erniedrigen Menschen zu Klischees ihrer selbst und versuchen, mit dumpfem Rassismus Quote zu machen.

Buckow, so heißt ein Vorort Berlins, in dem leicht erkennbare Vorortmerkmale in fernsehgerecht hoher Dichte auftreten: weiße Zäune, Stiefmütterchenrabatten mit Gartenzwergen und Männchen machenden weißen Pudeln, Wohnzimmer mit Landschaftsmalereien an den Wänden und Kaffeekännchen auf dem Couchtisch, ein Gasthof namens Mauerblümchen, in dem zwischen Yuccapalmen elektrische Dartscheiben blinken.

Buckow, so heißt auch der Schauplatz der neuen RTL-II-Doku-Soap “Willkommen in der Nachbarschaft”. Fünf sogenannte Randgruppenfamilien werden hier in den nächsten fünf Wochen auf der Matte stehen, und sich um ein 250.000-Euro-Haus bewerben. Zu den Kandidaten zählen Schwarzafrikaner, Transsexuelle, Punks und Palästinenser. Um das Eigenheim zu gewinnen, müssen sie um die Gunst ihrer spießigen Nachbarn buhlen, denn die entscheiden am Schluss, wer neben ihnen einziehen darf.

Quotenfernsehen also, das die Provokation sucht und auf ein Spannerpublikum spekuliert. Politiker, Medienvertreter und Schauspieler hatten die Sendung bereits im Vorfeld als “diskriminierend” eingestuft. Doch RTL II ließ sich nicht beirren: Gestern Abend um 21.15 Uhr hatte das “Hetz-Fernsehen” (“Bild am Sonntag”) Premiere. Fazit: RTL II betreibt tatsächlich Hetze übelster Sorte, Menschen werden zu Klischees ihrer selbst verkürzt, dumpfe Stereotypisierung wird unkommentiert stehen gelassen.

Multikulti-Liebe aus dem Trommelkurs

Kopa, 41, ist Afrodeutscher, Musiker und Dauerlächler – einen Nachnamen bekommt er von RTL II nicht. Er isst sein Essen gerne in der Hocke, am Tisch zu sitzen, findet er spießig. Er besitzt ein ihm heiliges Batiktuch, einen Koran und eine Bibel. In der Anfangssequenz posiert Kopa vor Leopardenfell, Kongas und Schrumpfkopfpuppen und erklärt RTL II in schleppendem, untertiteltem Deutsch die Geschichte seiner Liebe.

Seine erste Frau Veronika habe er beim Trommelkursus kennen gelernt. Einblendung Veronika: “Hihi, ganz komisch, ich weiß auch nicht so recht, wie das kam.” Die zweite Frau, mit der er schläft und Kinder hat, heißt Haddy, genannt Mama Afrika. Beide Frauen wissen voneinander und akzeptieren die jeweils andere.

Der Rest der Familiengeschichte ist von allen Beteiligten schlecht geschauspielerte Belanglosigkeit. Mama Afrikas Rolle wird sich im weiteren Verlauf der Sendung aufs Kochen, Trommeln und Die-Zukunft-aus-Muscheln-Lesen beschränken. Irritierend ist auch, dass sie, als sie vorgestellt wird, vor derselben Ethnokulisse sitzt wie zuvor Kopa. Dabei liegen zwischen Kopas und Mama Afrikas Wohnungen laut RTL II rund 15 Minuten Fahrradweg.

Auch die Verhältnisse in Buckow sind bei der Ankunft von Kopas Familie klar strukturiert. Damit jeder sofort begreift, wer im sozialen Geflecht welche Rolle spielt, versieht RTL II die Protagonisten mit Typenbezeichnungen aus der Stock-Charakter-Mottenkiste.

In Buckow residieren unter anderem die “Klatschbasen”, drei Enddreißigerinnen, die heimlich in Kopas Sachen herumschnüffeln und Veronica beim Kaffeeklatsch entlocken, dass ihr Mann eine zweite Ehefrau hat. Es gibt die “Augenzeugen”, ein Rentnerpaar auf deren Balkon ein Fernrohr steht, mit dem sie alle Vorgänge auf dem Kiesweg haargenau verfolgen. Und es gibt den pensionierten “General”, der Kopa zum Hecke- und Büscheschneiden verdonnert, weil einige Äste aufs Nachbargrundstück ragen.

“Gemüse für Kopa, statt Brot für die Welt”

Bis zu diesem Punkt ist die Sendung ein dämliches Spiel mit Symbolen und Stereotypen deutscher Spießigkeit und afrikanischer Kultur. Wirklich schlimm wird es immer dann, wenn die dumpfe Schwarzweißmalerei die Grenze zum unkommentierten Rassismus überschreitet – zum Beispiel in der Szene, in der Kopa dem General die Hecke schneidet.

Als der General erfährt, dass Kopa bereits seit 18 Jahren in Deutschland lebt, entfährt es ihm: “Na, ein bisschen besseres Deutsch hätten Sie dann ja ruhig mal sprechen lernen können.” Der General betont, dass man in Buckow Wert auf nachbarschaftlichen Zusammenhalt lege. Das tue man in Afrika auch, erwidert Kopa. “Na, bei euch ist der Zusammenhalt bestimmt noch viel größer, weil ja auch die Not größer ist”, weiß da der General zu erwidern.

Als der General Kopa schließlich zum Dank fürs Heckeschneiden einen Teller Tomaten und zwei Gurken überreicht, setzt RTL II den Rassismusdiskurs sogar auf der Metaebene fort. “Gemüse für Kopa statt Brot für die Welt”, witzelt der Sprecher aus dem Off.

Rassismus ohne erklärenden Kontext

Es sind diese Passagen, in denen man sich fragt, ob sich RTL II eigentlich der Außenwirkung bewusst ist, die es als Massenmedium hat und mit der man gar nicht verantwortungsvoll genug umgehen kann. Offenbar nicht – weder werden die Ressentiments in einen erklärenden Kontext eingeordnet noch werden die Protagonisten in der Erzählung für ihren Rassismus zur Rechenschaft gezogen. Wer sich so verhält, ist ein Biedermann, der die Brandstifter gewähren lässt.

Beendet werden die Ressentiments in der Sendung stattdessen durch ein aufgepfropftes Happy End. RTL II filmt Kopa bei einem Wutausbruch, in dem er einige Bewohner Buckows als Rassisten beschimpft, die weisen den Vorwurf entrüstet zurück. Die Kandidatenfamilie schmeißt daraufhin ein versöhnendes Gartenfest, bei dem die Afrikaner trommeln, die Deutschen tanzen und ein vor Rührung weinender Kopa sagt: “Die Deutschen sind gar nicht böse.”

Wie Recht hat doch der Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss, der im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE gestern forderte: “Die Entwickler der Sendung sollten dazu verdonnert werden, ihre eigene Sendung einen Nachmittag lang auf einem Zeltplatz in Mecklenburg-Vorpommern zu gucken – um zu begreifen, was für Reaktionen sie hervorruft.”

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Sonntag, 30. September 2007
Diese deutsche Freundlichkeit
Man wuss wahrscheinlich eine Weile abroad gewesen sein, um die Eigenheiten des eigenen Heimatlands so richtig schätzen zu lernen. Nach unserer zweiten Nahostreise wurden wir auf dem Flughafen systematisch gefilzt, in der preußischen Weise, die ich so schätze, gefragt: "Was haben Sie denn ausgerechnet im Nahen Osten gemacht, hmmmm?", und man war drauf und dran, unsere Souvenirs aufzusägen, weil ja klar war, dass Leute wie wir Sprengdrogen und Rauschpulver mit uns rumtransportierten. Dann saßen wir drei als einzige Fahrgäste in einem Linienbus. Unser Aufenthalt in der Fremde war zu intensiv gewesen, wir hätten jetzt erwartet, dass der Busfahrer sich wie ein Orientale verhalten und gefragt hätte, wo wir eigentlich hinmüssten, vielleicht könne er uns ja vorbeifahren. Natürlich machte er das nicht, sondern fuhr stur seine Route ab, war schließlich ein deutscher Busfahrer. Ich glaube, ich kann gut nachvollziehen, wie verloren sich ein palästinensischer oder irakischer Asylbewerber in diesem kalten Land fühlen muss. Anderes Beispiel, andere Situation: Nach einem schweren Autounfall wurde ich mit vier Brüchen, einer Verrenkung und einer Wirbelsäulenverstauchung ins Krankenhaus eingeliefert und in zwei OPs wieder zusammengeschraubt. Am ersten Tag nach meiner Krankenhausentlassung kaufte ich in einem Supermarkt ein und bewegte mich an der Kasse sehr langsam. Hinter mir giftete jemand: "Machen Sie mal hin, Sie halten ja den ganzen Laden auf!" "Ich erwiderte: "Tut mir leid, ich bin schwerverletzt, ich kann nicht schneller!"
"Das ist keine Entschuldigung, Sie können sich trotzdem beeilen!"

Das ist sie, diese spezifisch deutsche Herzlichkeit mit der ausgeprägten Empathie für andere Leute ;-)

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Geburtstag!
Dieses Blog wird nunmehr 4 Jahre alt. Voll Freundschaft, Dankbarkeit, Zärtlichkeit und Trauer denke ich an Medvech, der Che´s Warlog programmiert und ursprünglich gehostet hat und der den Zugang zu dieser Welt verloren hat.

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Bandinis Mönch
http://bandini.twoday.net/stories/4298775

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Schanghai!
Ich muss ja sagen, ein emotionaleres Fußballspiel habe ich selten gesehen. Und freuen können sie sich noch richtig, unsere Ladies. Wirklich schön!


Nur, dass da ausgerechnet Li (nomen est omen) Peng den Grüßaugust machte, nee du...

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Sonntag, 30. September 2007
Die bucklige Verwandtschaft
Mein Neffe, der hier mitliest, kam heute vom Set seines ersten Films. Bin gespannt, wie das weitergeht. Meine ihm gegenüber 16 Jahre jüngere Nichte kommt gerade in das Alter, in dem Jugendliche sich politisieren und Distinktionsmerkmale wichtig finden und läuft jetzt in schwarz und mit Palituch rum. Die Familientradition wird also gewahrt ;-)

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9 : 1 !
Werder forever!

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Französische Lebensart
Dabei denkt man normalerweise an teure Weine, Sommertrüffel, Chateaubriand à la Bourgogne, Weinbergschnecken, Baguette, Brioches und Café au Lait, alles Dinge, die ich sehr schätze, aber das hier gehört ebenso dazu. Très sportive, toujours!


http://www.gulliver.it/modules.php?name=gulli_itinerari&file=photo_gallery&id_gita=10682

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Hässliche Linke
Ich habe alle möglichen linken Milieus und Szenen erlebt, mit manchen war ich einverstanden und mit anderen nicht, unwidersprochen bleibt von mir eh keine Umgebung, in der ich mich gerade befinde, aber die wichtigsten Szenen, in denen ich mich bewegt habe, zeichneten sich zumindest durch Coolität und eine gewisse Hippness aus, ob das nun die Lederjacken-Autonomen bis hin zur Haudruff-Antifa waren, akademisch-intellektuelle Salonlinke mit einem zumeist wunderbar schrägen Humor, dadaistische Anarchos oder Flüchtlings mit Guerrilla-Hintergrund. Kürzlich, bei einer Veranstaltung anlässlich des 11.09., stieß ich aber auf ganz andere Linke, teils DKP, teils MLPD, teils durch ihr eigenes Elend nachträglich politisierte Langzeitarbeitslose, und was da mit feierlichem Ernst und humorfreiem Pathos an verschwörungstheoretischem Mumpitz vorgetragen wurde (Flugzeuge von der CIA in die TwinTowers ferngelenkt, Traditionslinie bis zurück zu Pearl Harbour, was auch schon eine bewusste Opferung gewesen sei, Gleiwitz als Modell für die bewusste Schaffung von Präzedenzfällen als Regelfall der US-Außenpolitik - und natürlich nur der USA) war ebenso schlimm wie, ich werde jetzt mal ätzend, die Tatsache, dass die betreffenden Leute alle auch noch scheiße aussahen. Wenn die Linken, denen Statler oder z.B. auch Modeste bisher begegnet sind, von der Sorte waren, verstehe ich allmählich bestimmte Standpunkte. ;-)

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Die Frau auf der Straße
Sie ist eine ausgesprochene Schönheit mit langen blonden Haaren, braungebrannt, aber in dem Gesicht der unbekannten Frau, die mir da entgegenradelt, steht tiefe Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit. Die ist wohl wörtlich zu nehmen, denn auf ihrem linken Jochbein zeichnet sich der Schatten eines tiefsitzenden Hämatoms ab. Ich fürchte, ich weiß leider sehr richtig zu deuten, was das bedeutet.

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Hier hat Waldorf völlig Recht
http://www.antibuerokratieteam.net/2007/09/29/bussgelder-brutal-rauf/#comments

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Donnerstag, 27. September 2007
Zu Burma
oder Birma oder Myanmar oder wie immer sich dieser halb drawidische und halb monkhmerische Begriff auch sonst ausspricht: Eines der bizarrsten Regime der Welt (mit China befreundete Militärdiktatur, die weniger den Mao-Zedong-Ideen als der Astrologie frönt und von Alkoholikern gelenkt wird) ist dabei zu fallen. Wünsche ich mal freien Fall und den gegen das Regime Kämpfenden alles Gute. Immerhin konnte in diesem Land bisher jedeR seine freie Meinung sagen. Genau einmal.

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Dienstag, 25. September 2007
Die Demo als gesellschaftliches Ereignis
Früher, in meinen Zeiten als Reisechaot, war ich dermaßen häufig auf Demos, dass die zu einem festen Bestandteil meines gesellschaftlichen Lebens geworden waren. Unvergesslich ist mir da zum Beispiel eine dieser großen bundesweiten Kurdistan-Demos in den tiefen Neunzigern. Auf der Hinfahrt mussten wir durch mehrere Polizeisperren, zig Autos wurden durchsucht, nur meines nicht - es war viel zu neu und zu schön für einen Chaotenwagen, und statt Anti-AKW-Sonne, Brecht-Zitaten, Che-Bild oder Syndikalistenstern prangte auf der Heckscheibe der Umriss der Insel Usedom im Sylt-Style. Sie winkten uns brave Bürger durch, und im Kofferraum lagen dann die Gerätschaften, die sie nicht finden sollten. Auf dem Anmarsch zur Demo wurde ich dann, obwohl vermummt, von einem ARD-Redakteur begrüßt, der über die Demo berichtete, man kannte sich halt. Nach der eigentlichen Demo und vor der Abschlusskundgebung legte ich die Vermummung ab, steckte die Sonnenbrille ein und zog das Kapuzi aus und stand dann da mit Armschienen und Ellenbogenschützern, also sichtbar passiv bewaffnet, und plauderte mit einer Kurdin, die wir drei Jahre vorher per Soliaktion aus einem Folterknast freibekommen hatten, ganz entspanntes Plaudergespräch im Sonnenschein auf einer Kreuzung. Dann kam eine BePo-Beamter daher, der mich privat kannte. Eigentlich hätte er mich wg. meines Körperschutzes festnehmen müssen, aber mein Gott, wir hatten voriges Wochenende zusammen gegrillt. So hielt ich auch mit dem ein gemütliches Schwätzchen. Insgesamt war das eine Demo, aus der ohne Weiteres eine Straßenschlacht hätte werden können, für mich war das an dem Tag aber eher ein gesellschaftliches Ereignis in der Art einer Familienfeier.

Anderer Art war eine Wackersdorf-Demo 1985, bei der ein SEK-Beamter einen von uns festnehmen wollte und wir ihn daran hinderten, indem wir ihn zu viert festhielten. Ich war an sich gerade dabei, ein Brot zu essen und so hielt ich mit der Rechten den Cop fest , während ich in der Linken die Stulle hielt und kaute. Schließlich erklärte er sich bereit, nichts zu machen und wieder abzuhauen, wenn wir ihn losließen. Ich dachte mir gar nichts dabei, ich hatte einfach Hunger, erfuhr später aber, wie saucool das gekommen war. Weniger cool war die Nie-wieder-Deutschland-Demo 1990, als die Polizei grundlos eine völlig friedliche Demo zusammenprügelte und ich dabei in der ersten Reihe ging. Es endete so, dass ich bäuchlings auf dem gußeisernen Gitter eines öffentlichen Klos lag, ein Pressefotograf mir ins Gesicht knippste und ein Mann, der auf meinem Rücken lag, windelweich geprügelt wurde. Auf der Rückfahrt zeigten sich dann die Jüngeren, auch und gerade die Frauen, voll offensichtlichem Stolz ihre frischverbundenen Blessuren. Um ein Haar hätten wir noch eine Prügelei mit Eintracht-Hools angefangen. Zu Hause gab es dann, wie meist nach solchen Anlässen, eine rauschende Party, die sehr laut war. Haue-Demos waren damals so etwas wie gefährliche Bergtouren oder Segeltörns bei schwerem Wetter.

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Selbstmordversuch vor Publikum
taz nord vom 24.09.2007


Eine kongolesische Asylbewerberin hat versucht, sich in der
Ausländerbehörde in Syke zu erhängen. Bis zu 15 Menschen sollen
zugesehen haben. In den letzten Jahren haben sich mehrere Flüchtlinge in
der Bremer Umlandgemeinde das Leben genommen

VON CHRISTIAN JAKOB



Roland Springborn kann es immer noch nicht glauben: Als der Mitarbeiter
einer Arbeitsloseninitiative am vorvergangenen Freitag gegen zehn Uhr
das Verwaltungsgebäude des Landkreises Diepholz in Syke betrat, sah er,
wie eine Afrikanerin versuchte, sich mit ihrem Schal an einem in
Kopfhöhe an der Wand angebrachten Heizkörper zu erhängen. "Zehn bis
fünfzehn Personen standen um sie herum und haben zugesehen - aber kein
Einziger hat was unternommen," sagt Springborn. Er selbst schritt ein
und löste den Schal der um sich schlagenden Frau, eine junge
Russlanddeutsche kam ihm zu Hilfe und hielt die Afrikanerin fest. "Die
Frau war völlig außer sich und warf sich mehrfach auf den Boden", sagt
Springborn. "Wir haben sie dann ins Treppenhaus geführt und versucht sie
zu beruhigen." Sie habe dabei immerzu von ihrem Mann gesprochen,
erinnert sich Springborn.

Kongo-Flüchtlinge

Bei der Afrikanerin handelt es sich um eine Asylbewerberin namens B. aus
dem Kongo. Beate Jürgens, zuständige Sachbearbeiterin bei der
Ausländerbehörde in Syke, schildert den Sachverhalt wie folgt: "Frau B.
kam an dem Morgen unangemeldet in mein Büro, fragte, wo ihr Mann sei und
schrie dabei. Weil ich noch einen anderen Besucher hatte, sagte ich ihr,
sie solle auf dem Flur warten. Später hörte ich dann laute Geräusche,
lief hinaus, und sah nur noch, wie der Herr Springborn mit Frau B. auf
einer Sitzgruppe landete."

Die Eheleute B. kamen vor zehn Jahren als Asylbewerber nach Deutschland
und lebten abwechselnd in Syke und Bremen. Ihre drei Kinder waren bei
den Eltern des Ehemannes im Kongo geblieben. Seit der Trennung des
Paares vor einigen Jahren ist die HIV-positive B. in Bremen gemeldet.
Die Abschiebung der beiden wurde aus humanitären Gründen immer wieder
ausgesetzt. Da Herr B. straffällig geworden sein soll, soll sich die
Ausländerbehörde schließlich zum Vollzug der Abschiebung entschieden haben.

Es ist unklar, ob B.s Ehemann, der an dem Morgen zwei Stunden zuvor zu
einen Termin in der Ausländerbehörde erschienen war, in Abschiebehaft
genommen wurde oder flüchtete. Die Ausländerbehörde verweigert hierzu
die Angabe - "aus Datenschutzgründen".

Brigitte Jäckel ist Mitarbeiterin des sozialpsychiatrischen Dienstes in
Syke. "Als die Sache mit Frau B. im Hausflur passiert ist, wurde ich
dazugerufen. Sie hat geschrien, geweint, gezetert und wollte, dass man
ihr die Ausweispapiere ihres Mannes aushändigt. Das war natürlich
unmöglich." Sie habe versucht, B. zu beruhigen und anschließend die
Angelegenheit mit der Sachbearbeiterin Jürgens besprochen. Daraufhin
habe man B. geraten, sich an die für sie zuständige Ausländerbehörde in
Bremen zu wenden. "Man kann sich doch nicht so erpressen lassen," sagt
Jäckel. Die Ausländerbehörde sei dem Ehepaar immer wieder
entgegengekommen, das Verhalten des Ehemannes sei letztlich Ursache der
geplanten Abschiebung.

Roland Spingborn hat in der Zwischenzeit wegen unterlassener
Hilfeleistung Anzeige gegen Unbekannt erstattet, weil keiner der
Umstehenden B. an der versuchten Erdrosselung gehindert hat.

Rom verbrannte sich selbst

Der Selbstmordversuch von B. ist nicht der erste Fall dieser Art in
Syke. Am 15. November 2002 übergoss sich der serbischstämmige
Roma-Flüchtling Lata Aradinovic im Foyer des Syker Rathauses mit Benzin
und zündete sich an. Augenzeugen zufolge hatte Aradinovic anschließend
vergeblich versucht, sich auf einer Toilette des Rathauses zu löschen
und starb am folgenden Tag an den Verbrennungen. Aradinovic hatte mit
der Selbstverbrennung gegen seine drohende Abschiebung nach Serbien, die
Zustände in seiner Asylbewerberunterkunft und die Behandlung seiner
Familie durch die Behörden protestieren wollen. Die Familie Aradinovic
war dem niedersächsischen Flüchtlingsrat zufolge von der
Ausländerbehörde schikaniert worden, um Aradinovic zu zwingen, sich bei
der jugoslawischen Botschaft Passpapiere für seine Abschiebung zu
beschaffen. Dies war der Familie jedoch nicht möglich, da sie keinen
Nachweis über die jugoslawische Staatsangehörigkeit besaß.

Nach Angaben von Pro Asyl soll sich der Syker Bürgermeister an dem
Trauermarsch für den Flüchtling beteiligt und dort gesagt haben, dass
"Herr Aradinovic selbst an allem Schuld" war.

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Montag, 24. September 2007
Trauer um Marcel Marceau
Da ist ein Großer von uns gegangen.

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Herzlichen Glückwunsch an Werder!
Es gibt doch noch Gutes auf der Welt!

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Megacool und saugeil
finde ich die Tatsache, dass der Experimentaljazzer Bernd Friedmann sich den Künstlernamen Burned Fried Man zugelegt hat.

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Fujimori
Eine der widerlichsten Gestalten des Neoliberalismus wurde gerade der peruanischen Justiz übergeben. Ich kann sagen, dass ich mich darüber freue.

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Samstag, 22. September 2007
Sehr zu empfehlen
Heute abend ab 23.05 im Deutschlandradio: Schwerpunktabend Palästina.

Im Kino (besonderer Tipp für Modeste und Netbitch): Nosnoi Dostor 2 "Wächter desTages".

Im Museum: Kunstmuseum Wolfsburg,Die Erweckung der Leere. Der Einfluss der japanischen Kunst auf die europäische Moderne.

Ab November: Die Jeff Wall-Ausstellung im Deutschen Guggenheim Museum in Berlin.

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Meine Lieder
Angeregt durch die aktuelle Diskussion auf Shifting Reality möchte ich ganz gerne zwei Songtexte präsentieren, die meiner Meinung und Weltsicht sehr entsprechen, der eine aktuell und von Pink, der andere über 20 Jahre alt und von Bruce Cockburn.


Also, hier in eigener deutscher Übersetzung:


Pink, Dear Mr.President
Lieber Herr Präsident
Kommen Sie und gehen Sie mit mir spazieren
Lassen Sie uns feststellen
Wir sind einfach zwei Leute
Mein Lieber und Sie sind nicht besser als ich
Ich möchte Ihnen gerne ein paar Fragen stellen
Mein Herr, falls wir ehrlich miteinander sprechen können.

Was fühlen sie, wenn Sie all die Obdachlosen auf den Straßen sehen?
Für was beten Sie nachts bevor Sie schlafen gehen?
Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?
Sind Sie stolz?
Wie schlafen Sie, während der Rest von uns weint?
Wie träumen Sie, wenn eine Soldatenmutter keine Chance hat, lebewohl zu sagen?
Wie können Sie gehen mit einem so hochmütigen Kopf?
Können Sie mir überhaupt in die Augen sehen
Und mir sagen warum?

Lieber Herr Präsident
Waren Sie ein einsamer Junge?
Sind Sie ein einsamer Junge?
Wie können Sie sagen:
„Kein Kind wird vernachlässigt?“
Wir sind nicht dumpf und wir sind nicht blind
Sie sitzen alle in Ihren Zellen
Während Sie den Weg zur Hölle pflastern.

Welche Art von Vater würde die Rechte seiner eigenen Töchter beseitigen?
Und welche Art von Vater würde seine eigene Tochter hassen wenn sie lesbisch wäre?
Ich kann mir nur vorstellen was die First Lady zu sagen hätte!
Sie sind einen langen Weg dahergekommen
- von Whiskey und Kokain!

Wie schlafen Sie während der Rest von uns weint?
Wie träumen Sie wenn eine Mutter keine Chance hat lebewohl zu sagen?
Wie können Sie gehen mit einem so hochmütigen Kopf?
Können Sie mir überhaupt in die Augen sehen?

Lassen Sie mich etwas über harte Arbeit erzählen.
Leichtlohn mit einem Baby unterwegs.
Lassen Sie mich etwas über harte Arbeit erzählen.
Ihre Häuser wieder aufbauen nachdem die Bomben sie beseitigt haben.
Lassen Sie mich etwas über harte Arbeit erzählen.
Ein Bett errichten aus einem Packen Lumpen.
Lassen Sie mich etwas über harte Arbeit erzählen!
Harte Arbeit!
Harte Arbeit!
Sie wissen nichts über harte Arbeit!
Harte Arbeit!
Harte Arbeit!
Wie schlafen Sie nachts?
Wie können Sie gehen mit einem so hochmütigen Kopf?
Lieber Herr Präsident, Sie werden nie mit mir spazieren gehen…
Oder würden Sie?


Bruce Cockburn, If I Had a rocket launcher

Hier kommt der Helikopter – das zweite Mal heute
Alle rennen auseinander und hoffen, dass er vorbeifliegt
Wie viele Kinder sie ermordet haben kann allein Gott sagen
Und wenn ich mit den Überlebenden spreche über Dinge, die viel zu furchtbar sind, um sie mitzuteilen
Wenn ich einen Raketenwerfer hätte, ich würde es vergelten.

Ich glaube nicht an den Wert von bewachten Grenzen.
Ich glaube nicht an Generäle und ihre stinkenden Folterstaaten.

Am Rio Lacantun warten Hunderttausend darauf, dem Hunger zum Opfer zu fallen, oder auf ein noch weniger humanes Ende
Weint um Guatemala
Mit den Leichen in jeder Toreinfahrt.
Wenn ich einen Raketenwerfer hätte, ich würde nicht zögern.


Ich will jede Stimme wecken – zumindest muss ich es versuchen,
Wann immer ich darüber nachdenke, steigen mir Tränen in die Augen.
Verzweifelte Situationen hallen vom Schrei der Opfer wieder.
Wenn ich einen Raketenwerfer hätte.,.,.Einige Hurensöhne würden sterben.

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Donnerstag, 20. September 2007
Die Freiheit und der Hindukusch
Auf dem Grünen-Parteitag konfrontierte die Basis die Parteispitze endlich wieder mit urgrünen Positionen, nämlich der Ablehnung deutscher offensiver Kriegseinsätze, genauer: Der Ablehnung bestimmter Einsätze. Diese aus dem klassischen Pazifismus entlehnte
Grundhaltung ist sehr ehrenwert und zeigt, wie wenig die offizielle Afghanistan-Politik, zumindest aber ihre von den NATO-Partnern eingeforderten Konsequenzen an der Basis sind. Nun ist dieses ganze Vorgehen auch bei der deutschen Normalbevölkerung, anders als bei der politischen Klasse, generell unpopulär, dies aber im Schnitt wohl aus weniger ehrenwerten Gründen. Den Meisten dürfte Afghanistan am Arsch vorbei gehen, und ich befürchte, vielen Deutschen, gerade und besonders im Osten, ließe sich Zustimmung für Bundeswehreinsätze dort abgewinnen, wenn man statt humanitärer Begründungen sagen würde: "Bevor die Afghanen als Flüchtlinge und Asylbewerber zu uns kommen, erschießen unsere Soldaten sie bei sich Zuhause". Nun, was der Mob denkt, der, siehe Mügeln, mehrheitsfähig sein könnte, erfüllt mich mit Grausen, und ich sehne mich nach der Zeit zurück, als der Bundeswehr mit Rücksichtnahme auf die NS-Vergangenheit Out-of-Area-Einsätze generell verboten waren. Nicht, weil ich an eine deutsche Kollektivschuld glaube, sondern, weil ich generell gegen Out-of-Area-Einsätze irgendwelcher Truppen bin. Mit der Bundeswehr war sozusagen ein Anfang gemacht; ich hätte gerne eine Welt, in der kein Staat in entfernten Gebieten offensive Truppeneinsätze durchführen darf.

Von daher gehe ich weiter als die grüne Basis:



Keine fremden Truppen in Deutschland - keine deutschen Truppen im Ausland!

Raus aus der NATO - rein ins Vergnügen!

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Dienstag, 18. September 2007
Barschel und Stammheim
20 und 30 Jahre später scheint sich wieder zu bestätigen, dass die Realität in Wirklichkeit ganz anders ist. Dass selbst Kohl heute einen Mord an Barschel für möglich bis wahrscheinlich hält, ist ebenso bemerkenswert wie diese Passage aus dem SPIEGEL von letzter Woche: "Selbst ein juristisches Gutachten, in dem das Stuttgarter Justizministerium die Frage untersucht, welche Vorgänge heute noch als geheim oder nicht geheim eingestuft werden, wird geheim gehalten. Keine Frage, es gibt hier einiges, was auch heute noch, aus welchen Gründen auch immer, geheim bleiben soll."

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Sonntag, 16. September 2007
Mein 11. September
Ich erlebte den 11.09.2001 folgendermaßen: Wir saßen im Team zusammen und gestalteten eine neue Broschüre, die wenige Tage später auf einer Pressekonferenz präsentiert werden sollte. Die L. war für die Grundinformationen zuständig, ich machte Text und die Scribbles für´s Layout, D. lieferte Bildmaterial, S. das Endlayout und die Druckvorstufe. Im Radio kam ein Bericht, demzufolge zwei zweimotorige Kleinflugzeuge in die Türme des World Trade Centers eingeschlagen waren. Wir dachten an Cessnas und Pipers, die vielleicht ein paar Büros verwüstet hatten, und ich meinte "Das waren sicher ein paar islamistische Kittelbrenner". "Der hat aber einen Kittel am brennen" war für uns ein Ausdruck wie "der ist wohl bescheuert". Was wirklich los war, bekam ich erst zuhause mit, als alle vor dem Fernseher saßen und entsetzt das Geschehen verfolgten. Quälend langsam konnten wir in Echtzeit dem Zusammenbruch der Türme zusehen. In der Folgezeit dann Nachdenklichkeit, in den Medien war von Armut in der Dritten Welt die Rede, Leute kauften sich den Koran, man versuchte zu verstehen, was da geschehen war. Auf der anderen Seite Broder im Deutschlandfunk, der von unversöhnlichem Hass sprach und den Islam in Kollektivhaftung für die Attentate nahm. Erstmals erschien er mir als der fanatische Pöbler, als den ich ihn nur noch wahrnehme und als der er mir vorher noch nie in Erscheinung getreten war.

Das erste Plenum. Alle waren betroffen, entsetzt, die Frage lautete "Wie kann sich die Linke dazu verhalten? Was ist unsere Position?" Einer der absoluten Hardcore-Typen sagte, die Linke hätte ein derartiges Attentat nie zustande gebracht, eine antiimperialistische Stoßrichtung hätte diese Aktion ja schon gehabt. Workinglasshero schrie ihn an, was denn an einer Bewegung antiimperialistisch sein sollte, die Afghanistan ins die Barbarei geführt hätte, er wäre froh, wenn die Russen noch da wären, dann gäbe es da zumindest Frauenrechte, es wäre nur sehr ironisch, dass die USA diese Spinner aufgerüstet hätten. Ich meinte, antiimperialistisch wäre nur, was sich gegen Unterdrückung und Ausbeutung richte, aber kein Massenmord an Unschuldigen und Wehrlosen. Da erwiderte der Typ, das Ganze sei so entsetzlich, dass er nur zynische Sprüche von sich geben könnte, um das Ganze nicht an sich heranzulassen. Es waren wohl Viele ziemlich wirr an diesem Abend.

Ich schrieb dann ein Papier, in dem ich die Taliban als fleischgewordene Kriegsneurose und Bin Laden&Co als durchgedrehte Upperclasssöhne bezeichnete und das reale Geschehen mit dem Oliver-Stone-Film "Ausnahmezustand" verglich. Irgendwo las ich die Bezeichnung "Gucci-Guerrilla" für Leute vom Schlag Bin Ladens, wodurch ich erstmals von der Existenz dieses Labels, von dem ich mir später auch Accessoires zulegte, erfuhr. Dann kam die Phase der paranoiden Verschwörungstheorien, die in Kreisen von Hizbollah bis DKP wohl weiter gepflegt werden.

Wie die Linke mit alldem umgehen soll ist mir bis heute unklar, obwohl ich meine, alle Ursachen zu kennen.

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Samstag, 15. September 2007
Löschung
Ein Link zu einer als satirisch daherkommenden Fascho-Webseite wurde hier gelöscht, nachdem mich geschätzte Kommentatoren darauf hinwiesen, was sich hinter der scheinbar lustigen "Satire" verbirgt.

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