Donnerstag, 24. September 2020
ERS: Noch Wochen nach der Entlassung haben COVID-19-Patienten Lungenschäden – doch die Prognose ist gut
Maureen Salamon, Medscape


Die meisten hospitalisierten COVID-19-Patienten haben 6 Wochen nach ihrer Entlassung eine nachweisbare Schädigung der Lunge. Aber dieser Anteil sinkt nach 12 Wochen deutlich ab, was darauf hindeutet, dass Reparaturmechanismen der Lunge aktiv werden. Das berichten Forscher beim European Respiratory Society (ERS) International Congress 2020 [1].

„Wir wissen aus anderen Studien, dass die Lunge das Potenzial hat, sich von Entzündungen zu erholen“, sagt Sabina Sahanic, Doktorandin am Universitätsklinik Innsbruck. Bei COVID-19 hätten Spezialisten geraten, einige Wochen abzuwarten, um zu bewerten, wie stark der Effekt sei. Jetzt liegen Ergebnisse einer vorläufigen Analyse mit 86 Patienten vor – vermutlich die 1. prospektive Studie zur Nachverfolgung pulmonaler und kardialer Parameter bei COVID-19.

Bemerkenswert ist, dass CT-Untersuchungen nach 6 Wochen bei 88% der Patienten Lungenschäden durch Entzündungen und Flüssigkeitsansammlungen, bekannt als „Milchglas-Trübungen“, zeigten. Nach 12 Wochen war dies nur noch bei 56% der Fall. Der Schweregrad von Lungenschäden fiel in dieser Zeit von 8 Punkten auf 4 Punkte. Innerhalb dieses Zeitabschnitts verbesserte sich auch die Lungenfunktion.



Tab. 1: Messwerte bei Teilnehmern, deren Lungenfunktion bei der Nachuntersuchung weniger als 80% des Normalwerts betrug

Messwert

6 Wochen

12 Wochen

Einsekundenkapazität (FEV₁)

23%

21%

Forcierte Vitalkapazität (FVC)

28%

19%

Diffusionskapazität (DLCO)

33%

22%



Bei keinem der Teilnehmer wurden Anzeichen einer sich verschlechternden Lungenfibrose beobachtet.

Kardiale Schädigung bleibt unklar
Mögliche Zusammenhänge zwischen COVID-19 und einer Herzschädigung waren bei Nachuntersuchungen weniger offensichtlich. Obwohl die Serum-NT-proBNP-, D-Dimer- und Ferritin-Spiegel deutlich erhöht gewesen seien, hätten Echokardiogramme keine speziell durch das Coronavirus verursachten Schäden gezeigt, so Sahanic. In 60% aller Fälle wies sie eine ventrikuläre diastolische Dysfunktion, sprich Herzinsuffizienz, nach.


Woran könnte es liegen? Viele Patienten, die sich auf der Intensivstation befänden, hätten unabhängig von COVID-19 eine diastolische Herzinsuffizienz, so die Forscherin. „Für uns ist es eine Erleichterung, dass Patienten nicht unter schweren virusbedingten Herzerkrankungen leiden.“ Größere Studien seien erforderlich, um die Häufigkeit von COVID-bedingten Organschäden zu ermitteln.

Besonders wichtig: Die strukturierte Nachsorge bei COVID-19
Diese Ergebnisse machten Sahanic zufolge deutlich, dass eine strukturierte Nachsorge für COVID-19-Patienten notwendig sei. Das Verständnis der langfristigen Auswirkungen auf die Lunge könnte Kliniker auch dazu veranlassen, die Symptome und eventuelle Lungenschäden früher im Krankheitsverlauf zu behandeln, und könnte Einfluss darauf haben, wie sie die Patienten beraten.

Wenn Haus- oder Fachärzte eine Lungenentzündung finden, können sie Patienten eine gute Perspektive geben. Dr. Judith Löffler-Ragg
„Wenn Haus- oder Fachärzte eine Lungenentzündung finden, können sie Patienten eine gute Perspektive geben“, sagte die Koautorin Dr. Judith Löffler-Ragg, ebenfalls von der Universitätsklinik Innsbruck. „Wir müssen noch abwarten, was mit den verbliebenen Läsionen in der Lunge geschieht. Aber wir haben vorläufige Daten, die zeigen, dass es eine Abheilung der genannten Schädigung gibt.“ Löffler-Ragg räumte jedoch ein, dass Aussagen durch die kleine Patientenkohorte nur begrenzt möglich seien.

Dennoch sei der prospektive Ansatz der Studie eine besondere Stärke, da nur wenige Studien COVID-19-Patienten auf diese Weise nachverfolgt hätten, ergänzte ERS-Präsident Dr. Thierry Troosters von der Katholieke Universiteit Leuven in Flandern.

„Wenn eine neue Erkrankung auftritt, ist es wichtig, die kurz- und längerfristigen Folgen der Erkrankung aufzuzeigen. Im Fall von SARS-CoV2, einer neuen Lungenkrankheit mit erheblichen Auswirkungen auf andere Organsysteme, ist das umso wichtiger“, sagte er gegenüber Medscape. „Die Kohorte ist noch klein, aber nach und nach werden Kliniker einen besseren Einblick in den natürlichen Verlauf der Infektion und die langfristigen Folgen für die Patienten erhalten.“

Troosters: „Es ist nicht sehr überraschend, dass ein schwerwiegendes pulmonales Ereignis bei vielen Patienten langanhaltende Folgen hat.“ Gut und beruhigend sei aber, zu sehen, dass sich viele Patienten auf dem Wege der Besserung befänden.

Dieser Artikel wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

Die Arbeit zeigt auch, dass Kurzatmigkeit 6 Wochen nach der Entlassung das häufigste Symptom ist (47%), gefolgt von Husten (15%). Nach 12 Wochen litten nur noch 39% der Patienten unter Atemnot, aber 15% weiterhin an Husten.

Die 12-Wochen-Frist ist besonders wichtig, weil wir bei vielen anderen Lungenkrankheiten zu diesem Zeitpunkt eine mögliche Besserung oder Genesung abschätzen können. Sabina Sahanic
„Die 12-Wochen-Frist ist besonders wichtig, weil wir bei vielen anderen Lungenkrankheiten zu diesem Zeitpunkt eine mögliche Besserung oder Genesung abschätzen können“, so Sahanic zu Medscape.

Sie relativiert: „Wir befinden uns nach 3 Monaten wirklich früh in der Pandemiephase, und wir wissen nicht, wie lange [durch COVID-19] erkrankte Lungen auf andere Infektionen reagieren.“

Pulmonale Diagnostik nach 6 und 12 Wochen
Sahanic und ihr Team wollten wissen, zu welchen langfristigen Lungenschäden COVID-19 führt, weil 30% aller Überlebenden des SARS-Ausbruchs 2002/2003 auch nach Abklingen ihrer Infektion Beschwerden hatten. Insgesamt planen die Forscher, Daten von mehr als 150 Patienten bis zu 24 Wochen nach der Entlassung zu sammeln. Ihre Studie läuft; auf dem Kongress wurden Zwischenergebnisse präsentiert.


Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer lag bei 61 Jahren, und 65% waren Männer. Alle Patienten wurden von Ende April bis Anfang Juni wegen COVID-19 in 3 Zentren in Österreich stationär behandelt. Fast 50% waren Raucher oder ehemalige Raucher, und 65% waren übergewichtig oder adipös. Die Patienten wurden durchschnittlich 13 Tage im Krankenhaus behandelt. 20% befanden sich auf einer Intensivstation, und 19% mussten beatmet werden.

Die Patienten wurden 6 und 12 Wochen nach ihrer Entlassung untersucht. Dazu gehörten Lungenfunktionstests, CT-Scans ihrer Lungen, Echokardiogramme und Bluttests zur Analyse des Sauerstoff- und des Kohlendioxidgehalts.

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Was wirkt und was nicht? 3 Cochrane Reviews bewerten die Maßnahmen gegen COVID-19
Ute Eppinger, Medscape

Quarantäne, Screening, Grenzschließungen, Reisebeschränkungen, Einreise- und Ausreisekontrollen – viele Länder haben im Zug der Corona-Pandemie solche Maßnahmen ergriffen. Doch was bewirken sie tatsächlich? In 3 Cochrane Rapid Reviews wurde die Effektivität dieser Maßnahmen jetzt ausgewertet. Während Reisebeschränkungen und Quarantäne die Infektionszahlen wirksam verringern können, eignen sich Screening-Maßnahmen eher bedingt.

Dr. Barbara Nussbaumer-Streit, Leiterin des Cochrane Zentrums Österreich an der Donau-Universität Krems, und Kollegen untersuchten, wie effektiv Quarantäne die Ausbreitung von COVID-19 stoppen kann, ob Quarantäne Tote durch COVID-19 verhindert und ob sie effektiver ist, wenn sie mit anderen Maßnahmen – wie z.B. Social Distancing – kombiniert wird [1].

Erfasst wurden 51 Studien: 4 Beobachtungsstudien zu COVID-19, 28 Modellierungen zu COVID-19, 4 Beobachtungsstudien zu SARS und MERS und 15 Modellierungen zu SARS und MERS.

Die Forscher fanden heraus, dass Quarantäne sowohl die Zahl der Infizierten als auch die Zahl der Toten reduzieren kann: Bei Personen, die Kontakt zu Infizierten oder Verdachtsfällen hatten, könnte Selbstisolation zwischen 44 und 90% der Erkrankungen und zwischen 31 und 76% der Todesfälle verhindern.

Quarantäne ist kombiniert mit anderen Maßnahmen noch effektiver
Eine Quarantäne – auch das zeigen die Ergebnisse des Reviews – ist noch effektiver, wenn sie mit anderen Maßnahmen kombiniert wird – wie Social Distancing, Schulschließungen und Reisebeschränkungen. Nussbaumer-Streit betonte: „Die Kombination von Quarantäne mit anderen Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen zeigte den größten Effekt.“

Die Kombination von Quarantäne mit anderen Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen zeigte den größten Effekt. Dr. Barbara Nussbaumer-Streit
Allerdings sei schwierig zu bestimmen, welche Maßnahmen-Kombination die beste sei, um die Zahl der Infizierten und Toden zu verringern. Entscheidend für den Erfolg der Quarantäne ist auch eine möglichst frühe Umsetzung.

Nussbaumer-Streit wies darauf hin, dass die Evidenz liminiert ist: „Wir fanden nur wenige Beobachtungsstudien zu COVID-19 und keine Vergleichsgruppen. Die Modellierungsstudien zu COVID-19 basieren auf limitierten Daten. Und aus den Studien zu SARS und MERS lässt sich nur indirekte Evidenz ableiten.“


Um die bestmögliche Ausgewogenheit der Maßnahmen zu gewährleisten, müssten politische Entscheidungsträger das Ausbruchsgeschehen und die Auswirkungen der durchgeführten Maßnahmen ständig überwachen.

Screening-Strategien sind wenig sensitiv
Die Wirksamkeit verschiedener Screening-Maßnahmen untersuchten Dr. Meera Viswanathan vom Evidence-based Practice Center an der Forschungseinrichtung RTI International in North Carolina und Kollegen [2]. Sie analysierten in 20 Studien (17 Kohortenstudien und 3 Modellierungsstudien) die Genauigkeit verschiedener Screening-Maßnahmen.

In 3 Studien war modelliert worden, wie präzise die Zahl der Infizierten durch Screenings (Temperaturmessungen, Fragen nach Symptomen, Reiseanamnese) bei der Ein- und Ausreise an Flughäfen erfasst werden könnte.

In einer Studie wurden dabei 70% der infizierten Reisenden verpasst, eine andere Studie ging von einem unrealistischen Szenario aus, in dem eine Entdeckungsrate von 90% zugrunde gelegt wurde – 0% asymptomatische Infektionen vorausgesetzt. Eine weitere Studie lieferte aufgrund der geringen methodischen Qualität sehr unsichere Erkenntnisse.

In allen 17 Kohortenstudien wurde die jeweilige Screening-Strategie (Fragen nach Symptomen, Temperaturmessung, Reiseanamnesen etc.) mit einem PCR-Test als Referenz verglichen.

Konnten über die Frage nach Symptomen noch zwischen 0 und 60% der Infizierten ermittelt werden, sah das bei Temperaturmessungen, internationalen Reise-Anamnesen und der Frage nach infizierten Kontakten und Kontakten mit Verdachtsfällen noch schlechter aus: Da lag die Sensitivität nur zwischen 0 und 23%.

Wurde die Frage nach Symptomen mit einer Temperaturmessung kombiniert, war die Trefferquote besser: 12 bis 69%. Effektiver war ein schneller PCR-Test, der Infizierte mit einer Sensitivität von 80% identifizierte. Die wiederholte Befragung nach Symptomen zeigte in einer Kohorte (76 Probanden) eine Sensitivität von 40%.

Autoren raten zu Social Distancing, Quarantäne und Masken
Viswanathan wies darauf hin, dass der Einsatz dieser Strategien unter 100 infizierten Probanden im besten Fall 20 Probanden fälschlicherweise als gesund identifiziert, im schlechtesten Fall werden aber alle 100 Infizierten als gesund eingestuft. Von wiederum 100 gesunden Probanden werden bestenfalls 0 als infiziert ermittelt, im schlechtesten Fall gelten 38 als infiziert.

Mit den derzeitigen Screening-Strategien könne ein hoher Anteil an infizierten Personen verpasst werden, das wiederum könne dazu führen, dass gesunde Menschen infiziert werden. Gesunde Personen hingegen könnten fälschlicherweise als positiv identifiziert werden, was Bestätigungstests erforderlich mache und zur unnötigen Isolierung dieser Personen führe.

Unserer Einschätzung nach sind die Screening-Strategien nicht sehr sensitiv. In Zukunft brauchen wir sensitivere Strategien. Dr. Meera Viswanathan
„Unserer Einschätzung nach sind die Screening-Strategien nicht sehr sensitiv. In Zukunft brauchen wir sensitivere Strategien“, betonte Viswanathan. Vor dem Hintergrund der geringen Sensitivität empfehlen die Autoren, stärker auf andere Maßnahmen zu setzen: wie z.B. Mund-Nasen-Schutz, Social Distancing, Quarantäne und angemessene Schutzausrüstung für Ärzte, Pflege- und Rettungskräfte.

Reisebeschränkungen an den Grenzen sind effektiv
Reisebeschränkungen an den Grenzen – so sie rasch erfolgen – können die Zahl neuer Fälle um 26 bis 90% senken. Der Beginn eines Ausbruchs kann damit zwischen 2 und 26 Tagen verzögert werden. Das fanden Jake Burns, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie an der LMU München, und Kollegen heraus, die in einem 3. Review Maßnahmen unter Reisenden zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie untersucht hatten [3].

Sie erfassten 36 Studien, darunter 25 Studien zu COVID-19, 10 zu SARS und eine Studie zu SARS und MERS. Dabei handelte es sich um 22 Modellierungs-Studien und 14 Beobachtungsstudien. 13 Studien untersuchten die Auswirkungen von Grenzschließungen, 24 Studien Einreise- und Ausreisekontrollen und 4 Studien die Quarantäne von Reisenden.

Screening an den Grenzen
Evidenz aus 3 Modellierungsstudien zu Symptom-Screening bei Ein- und Ausreise weist darauf hin, dass damit die Zeit bis zum Ausbruch verlängert werden könnte (1 bis 183 Tage) und die Entdeckungsrate für Infizierte zwischen 10 und 53% liegen könnte. Allerdings ist die Evidenz im ersten Fall sehr wenig vertrauenswürdig, im zweiten Fall wenig vertrauenswürdig.

6 Beobachtungsstudien zu Screenings bei Ein- und Ausreise wurden in speziellen Settings wie Evakuierungsflügen und Ausbrüchen auf Kreuzfahrtschiffen durchgeführt. Die Screening-Ansätze unterschieden sich zwar, waren aber ähnlich strukturiert und bauten auf einem Symptom-Screening bei Abreise oder Ankunft auf, gefolgt von Quarantäne, Beobachtung und PCR-Tests über mindestens 14 Tage. Der Anteil der festgestellten Fälle lag je nach Screening‐Ansatz zwischen 0 und 91%. Allerdings ist die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz als sehr niedrig einzustufen.

Weil aber ein Großteil der Evidenz aus Modellstudien stammt, gibt es für viele dieser Maßnahmen keine Belege aus dem „wirklichen Leben“, so Burns. Die Sicherheit der Evidenz für die meisten reisebezogenen Kontrollmaßnahmen sei sehr gering, und die tatsächlichen Auswirkungen könnten sich erheblich von den berichteten unterscheiden, erinnerte Burns.

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"Die Pandemie wird jetzt erst richtig losgehen, auch bei uns“ – Prof. Drosten und Prof. Ganten diskutieren, was zu tun ist
Daniela Levy, Medscape

INTERESSENKONFLIKTE 24. September 2020
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In Zeiten einer Pandemie bekommen Konferenzen wie der World Health Summit (WHS), der vom 25. Bis 27. Oktober in Berlin stattfinden wird noch einmal eine besondere Bedeutung. Vor dem Treffen der Gesundheitsexperten aus aller Welt haben sich Prof. Dr. Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie der Charité und Sprecher beim World Health Summit und Prof. Dr. Detlev Ganten, Präsident und Gründer des World Health Summit zusammengesetzt.

In diesem Gespräch diskutieren sie Ihre Einschätzungen, wie es in hierzulande mit der Corona-Krise und einer potentiellen Verteilung eines Impfstoffs weitergehen wird. Und sie schauen auch über den Tellerrand hinaus in den globalen Süden: Warum sterben in Afrika weniger Menschen an COVID-19? Und wie lange wird die Pandemie unser Leben noch beherrschen?

Was war für Sie beide die größte Überraschung im Hinblick auf COVID-19?

Prof. Drosten: Ich hätte überhaupt nicht erwartet, dass dieses Virus so leicht übertragbar ist. Für mich war ganz schnell klar, dass das ein SARS-Virus ist, und zwar die Spezies, dieselbe Virusart, die ich seit 17 Jahren kenne. Aber dass sich dieses hier so komplett anders verhält, hätte ich nicht gedacht. Schuld daran ist übrigens ein winziges Detail im Oberflächenprotein des Virus.


Prof. Ganten: Für mich war die größte Überraschung gleich zu Anfang, als das Virus noch weit weg war. Plötzlich ging es los mit der rapiden Verbreitung – das waren keine Einzelfälle, sondern Cluster. Dass das Virus sich so schnell ausgebreitet hat und die Systeme damit so überfordert waren mit all den katastrophalen Konsequenzen, hätte ich so nicht gedacht. Schließlich kannten wir ja schwere Grippewellen, die waren aber alle kontrollierbar.


Was ist das wichtigste im Kampf gegen COVID 19?

Prof. Ganten: Ganz klar: Transparenz, Kooperation, Kommunikation und: Bildung! Entscheidend ist, dass die Bevölkerung gut und deutlich informiert wird, damit Vorsichtsmaßnahmen verstanden und befolgt werden und sich keine Mythen verbreiten. „Education is the best vaccination“ – Bildung ist die beste Impfung.

Bildung ist die beste Impfung. Prof. Dr. Detlev Ganten
Eine gebildete Gesellschaft kann mit solchen Dingen besser umgehen, auch mit Falschmeldungen. Dass die Bildungsinfrastrukturen in Deutschland so wenig modern sind, halte ich für eine Riesenkatastrophe. Schlimmer noch als die Tatsache, dass die Gesundheitsämter in der Vergangenheit vernachlässigt wurden.

Prof. Drosten: Auch in der Wissenschaft müssen sich Dinge ändern: In Deutschland ist zum Beispiel die medizinische Forschung sehr krebsorientiert. Dabei sind Infektionserkrankungen – das bemerken wir nicht nur jetzt – extrem wichtig in der Medizin. Wir brauchen in dem Bereich viel mehr Forschung.

Antibiotikaresistenzen sind das nächste große Thema. Das trifft auch uns in der Hochleistungsmedizin. Wir sehen ja, wie es sich rächt, wenn man Betätigungsfelder vernachlässigt, die uns scheinbar nicht betreffen – aber wirklich nur scheinbar.

Wie können wir COVID-19 in den Ländern des globalen Südens in den Griff bekommen?

Prof. Drosten: Aus unserer Perspektive würde man sagen, wir brauchen eine Impfung. Aber das ist nicht so einfach, wenn man an den globalen Süden denkt. Die Uhr tickt. Die Verbreitung in solchen Ländern ist nicht langsam. Und wir haben keine Ahnung, wie viele Menschen dort infiziert sind.

Allerdings scheint es in afrikanischen Ländern relativ wenige Todesfälle zu geben. Dafür gibt es möglicherweise naheliegende Gründe. Zum einen das Altersprofil: Die Bevölkerung ist einfach jünger. Und zum anderen ist das Immunsystem an viele Infekte gewöhnt. Wurminfektionen zum Beispiel sind dort universell verbreitet. Die beeinflussen das Immunsystem. Wir kennen zwar die genaue Auswirkung auf diese spezielle COVID-19 Viruserkrankung nicht, es könnte aber eine Erklärung sein.

Die Pandemie wird jetzt erst richtig losgehen. Auch bei uns. Prof. Dr. Christian Drosten
Wie kann sichergestellt werden, dass alle auf der Welt Zugang haben zu einem Impfstoff?


Prof. Drosten: Man muss bestehende Strukturen nutzen: Es gibt internationale Organisationen und Programme, die Erfahrung damit haben, Länder des globalen Südens zu versorgen.

Prof. Ganten: Und man muss die WHO stärken. Das machen Europa und Deutschland übrigens vorbildlich. Und noch etwas halte ich für wichtig: Internationaler, moralischer Druck aus der Wissenschaft heraus. Besonders gut können das die Akademien der Wissenschaften, die ihre jeweiligen Regierungen beraten und in der Öffentlichkeit gehört werden. Wenn dann einzelne Länder nicht mitmachen, werden sie dem öffentlichen Druck am Ende nicht widerstehen können.

Glauben Sie, dass künftig mehr auf die Wissenschaft gehört wird?

Prof. Drosten: Die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft ist derzeit hoch, das kann sich aber schnell ändern. Im Moment weiß niemand genau, wie die Epidemie weiterverläuft. Es gibt die Möglichkeit, dass das Ganze trotz wissenschaftlicher Erklärung nicht mehr so gut zu beherrschen ist und dass die Wissenschaft beispielsweise mit der Verfügbarkeit von Impfstoffen einfach zu langsam gewesen ist.

Wir werden erst am Ende wissen, wie sich die Wissenschaft geschlagen hat. Denn diese Pandemie ist ja erst mal kein wissenschaftliches Phänomen, sie ist eine Naturkatastrophe.

Prof. Ganten: Wissenschaft wird gefragt, wenn sie glaubwürdig ist. Sie muss das ganze Geschehen daher holistisch, also als großes Ganzes, und auch interdisziplinär im Blick haben: das heißt, neben den virologischen also zum Beispiel auch die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Aspekte einer Pandemie.

Niemand kann mit Präzision vorhersagen, was passiert. Wissenschaft muss kritisch und auch selbstkritisch an Probleme herangehen. Und das dann auch so kommunizieren. Christian Drosten macht das vorbildlich.

Was ist die wichtigste Lektion, die wir für die Zukunft lernen können?

Prof. Drosten: Die Pandemie wird jetzt erst richtig losgehen. Auch bei uns. Wir können höchstens von Lektionen aus der ersten Welle in Europa sprechen. Schon allein da gibt es Riesenunterschiede.

Was man aber in jedem Fall schon sagen kann, ist, dass es relativ wichtig ist, die Bevölkerung gut und umfassend zu informieren. Es kann großen Schaden anrichten, wenn Politiker/innen die Dynamik einer Pandemie für politische Botschaften nutzen. Das ist sehr schwierig, denn das Virus serviert unmittelbar die Rechnung. Man sieht, was das in den USA anrichtet. Auch in Deutschland sehen wir die Konsequenzen.

Unser bisheriger Erfolg kam einfach daher, dass wir ungefähr 4 Wochen früher reagiert haben als andere Länder. Prof. Dr. Christian Drosten
Prof. Ganten: Die Botschaft für mich ist ganz klar: Gesundheit ist das Wichtigste für den Einzelnen und sie ist die Grundlage für eine funktionierende Gesellschaft. Wirtschaft, Kultur und all das funktioniert eben nicht mehr, wenn das, was wir als garantiert ansehen, nicht mehr da ist. Ich bin nicht sicher, ob das allen wirklich so klar ist.

Prof. Drosten: Ich glaube nicht.

Wenn Sie Wünsche frei hätten – welche wären das?

Prof. Drosten: Wir müssen, um die Situation in den kommenden Monaten zu beherrschen, Dinge ändern. Wir brauchen pragmatische Entscheidungen. Es werden schon Festtagsreden auf den deutschen Erfolg gehalten, aber man macht sich nicht ganz klar, woher er kam.

Unser bisheriger Erfolg kam einfach daher, dass wir ungefähr 4 Wochen früher reagiert haben als andere Länder. Wir haben mit genau den gleichen Mitteln reagiert wie andere. Wir haben nichts besonders gut gemacht. Wir haben es nur früher gemacht. Darum waren wir erfolgreich. Wir waren nicht deshalb erfolgreich, weil unsere Gesundheitsämter besser waren als die französischen, oder weil unsere Krankenhäuser besser ausgestattet sind als die italienischen.

Wenn man das jetzt überträgt in den Herbst, dann muss man sich natürlich klarmachen, dass wir auch weiterhin nichts besser machen als andere.

Das heißt?

Prof. Drosten: In Argentinien zum Beispiel ist die Verbreitung trotz Maßnahmen sehr schwer zu kontrollieren – dort ist Winter. Wir sollten in Deutschland viel differenzierter und genauer ins Ausland schauen. Wir müssen aufhören, uns über so Dinge wie Fußballstadien zu unterhalten. Das ist wirklich komplett irreführend.

Prof. Ganten: Ich wünsche mir natürlich eine wirksame Therapie und einen Impfstoff. Ganz wichtig finde ich aber auch, dass endlich mal wirklich deutlich wird, wie lebenswichtig internationale und multilaterale Zusammenarbeit ist. Und ich wiederhole: Bildung, Bildung, Bildung. Eine gebildete Gesellschaft versteht notwendige Maßnahmen, verhält sich vernünftig und läuft Rattenfängern nicht in die Arme.

Wann kann man sagen, wir haben es geschafft und können uns wieder die Hand schütteln?

Prof. Drosten: Was bedeutet, „man hat´s geschafft“? Wahrscheinlich wenn die Ausbreitung nach einem epidemischen Muster durchbrochen ist. Wenn also nicht mehr eine freie Infektionswelle über die Bevölkerung läuft, sondern es nur noch lokal eingegrenzte Ausbrüche gibt, die man kontrollieren kann. Diese Situation wird in unterschiedlichen Ländern zu unterschiedlichen Zeiten erreicht sein.

In Ländern des globalen Südens könnte das schon früher der Fall sein, weil die Altersstruktur anders ist. Bei uns ist das natürlich abhängig davon, wann es genügend Vakzine für die Risikogruppen gibt.

Also sollte man die Prioritäten auf Risikogruppen setzen?

Prof. Drosten: Ja, dann brauchen wir nicht gleich 50 Millionen Impfdosen in Deutschland. Neben dem zu erwartenden Verteilungskampf ist es auch gar nicht so einfach, so viele Impfdosen in Flaschen abzufüllen und die dann auch zu verimpfen. Selbst wenn der Impfstoff da ist. Deswegen ist das schon eine Unternehmung fürs ganze Jahr 2021. Selbst wenn im Januar 1 oder 2 zugelassene Impfstoffe da sind, muss das alles abgefüllt und verimpft werden.
Prof. Ganten: Ein Riesenfortschritt wäre in der Tat ein Impfstoff und eine wirksame Therapie. Aber eines darf man nicht vergessen: die anderen Krankheiten sind ja auch noch da: die vielen vermeidbaren Todesfälle zum Beispiel bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Infektionskrankheiten, die nicht beherrschbar sind, wenn Antibiotika nicht mehr wirken.

Ich hoffe, dass wir als Lehre aus dieser Covid-19 Pandemie in Zukunft besser vorbereitet sind auf Herausforderungen dieser Art. Vorbeugung mag Geld kosten – aber keine Vorsorge zu treffen, kann dramatische Folgen haben.

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Corona-Newsticker: Drosten sagt, es geht erst richtig los
https://www.gmx.net/magazine/news/coronavirus/corona-live-ticker-oesterreich-kurz-absage-apres-ski-35112866

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Dienstag, 22. September 2020
Tegnell als Angenagter oder Schwedens Corona-Strategie auf dem Prüfstand
https://www.gmx.net/magazine/news/coronavirus/schwedens-sterbezahlen-erklaerung-staatsepidemiologe-tegnell-35104274

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Das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin kritisiert den Umgang mit der Corona-Pandemie – namhafte Virologen widersprechen
Anke Brodmerkel, Medscape


Die bislang getroffenen Maßnahmen, um die COVID-19-Pandemie einzudämmen, richten inzwischen womöglich größere Schäden an als das Virus selbst. Mit solchen mahnenden Worten hat sich das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (EbM) vor wenigen Tagen in der Öffentlichkeit zu Wort gemeldet.
In einer ausführlichen Stellungnahme kritisiert das Netzwerk den bisherigen Umgang mit SARS-CoV-2 [1]. Das EbM-Netzwerk hat derzeit etwa 1.000 Mitglieder und versteht sich selbst als das deutschsprachige Kompetenz- und Referenzzentrum für alle Aspekte der Evidenzbasierten Medizin.
Kaum Evidenz, weder zum Virus selbst noch zum Umgang mit ihm
Es gebe insgesamt noch sehr wenig belastbare Evidenz, weder zu COVID-19 selbst, noch zur Effektivität der derzeit ergriffenen Maßnahmen, schreiben die Autoren um den Vorsitzenden des EbM-Netzwerks, Prof. Dr. Andreas Sönnichsen von der Abteilung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien.
„Jegliche Maßnahmen sollten entsprechend wissenschaftlich begleitet werden, um den Nutzen und Schaden bzw. das Verhältnis von Nutzen und Schaden zu dokumentieren“, fordern Sönnichsen und seine Kollegen – die namentlich nicht genannt werden. Es würden insbesondere randomisierte Studien dringend benötigt, um die politischen Entscheidungen angemessen zu stützen.
Der momentan zu verzeichnende Anstieg an Testpositiven ohne gleichzeitige Zunahme von Hospitalisierungen, Intensivbehandlungen und Todesfällen rechtfertigt derzeit keine einschneidenden Maßnahmen. Prof. Dr. Andreas Sönnichsen und Kollegen
„Der momentan zu verzeichnende Anstieg an Testpositiven ohne gleichzeitige Zunahme von Hospitalisierungen, Intensivbehandlungen und Todesfällen rechtfertigt derzeit keine einschneidenden Maßnahmen“, sind die Autoren überzeugt.
Unter Virologen ist die Stellungnahme des EbM-Netzwerks umstritten
Es handele sich um eine gute und ausgewogene wissenschaftliche Stellungnahme, kommentierte der Virologe Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg kurz nach der Veröffentlichung auf Twitter .
Ganz anderer Ansicht ist Prof. Dr. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Er finde den Text polemisch und emotional, sicherlich nicht evidenzbasiert, schrieb er in einer Reaktion auf den Beitrag seines Hamburger Kollegen.

Noch deutlicher wurde Drosten in seinem NDR-Podcast „Das Coronavirus-Update“. Man habe es geschafft, die pandemische Lage unter Kontrolle zu bringen, und das sei gut so, sagte er. Aber man dürfe jetzt nicht so tun, als sei das alles eine Halluzination gewesen, und den Blick ins Ausland verweigern.
„Da jetzt immer mit diesen destruktiven Botschaften zu kommen und zu suggerieren, das wäre doch alles nicht nötig gewesen, ist genauso intelligent, wie in dieser schönen Spätsommerwoche zu sagen: Es regnet doch gar nicht, was machen wir uns denn Sorgen über den Herbst“, sagte Drosten mit Blick auf die aktuelle Stellungnahme.
Drostens Kollege Prof. Dr. Hendrik Streeck, Direktor des Instituts für Virologie und HIV-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn, wehrte sich in einem ZDF-Interview vor allem gegen die Aussage, es fehle beim Thema COVID-19 an Evidenz: „Wir haben trotz allem sehr viele Daten gesammelt in den letzten sechs Monaten“, sagte er.
Wir können mittlerweile sehr gute Prognosen erstellen, nach denen wir uns richten können, um weitere Lockerungen oder Maßnahmen zu beschließen. Prof. Dr. Hendrik Streeck
Man verstehe mittlerweile sehr gut, worauf man achten müsse, und wie das Virus zu kontrollieren sei. „Wir können mittlerweile sehr gute Prognosen erstellen, nach denen wir uns richten können, um weitere Lockerungen oder Maßnahmen zu beschließen“, betonte Streeck.
Der Zenit der Pandemie wurde hierzulande schon Mitte März überschritten
Das EbM-Netzwerk äußert sich in seiner Stellungnahme konkret zu 6 Punkten.
Im 1. Punkt geht es um die Gefährlichkeit der Erkrankung COVID-19. Befürchtungen, dass die Kapazitäten der Krankenhäuser für die Versorgung der Erkrankten spätestens Anfang April erschöpft sein würden, hätten sich nicht bestätigt, schreiben die Autoren. Der Zenit der Pandemie sei nach einem anfänglich exponentiellen Anstieg der laborbestätigten Fälle in Deutschland bereits am 16. März mit 5.481 Testpositiven pro Tag überschritten worden.
„Zumindest in Deutschland gingen die Zahlen also bereits zurück, bevor am 23.3.2020 die von der Bundesregierung beschlossenen umfassenden Maßnahmen zum Social Distancing (Schulschließungen, Geschäftsschließungen) überhaupt greifen konnten“, heißt es in der Stellungnahme.
Auch die Reproduktionszahl R sei von etwa 3 Anfang März auf einen Wert von 1 ab dem 22. März gesunken und habe sich danach bei 1 stabilisiert.
Die Mobilität der Menschen nahm schon vor dem Lockdown ab
Drosten kritisiert diese Aussagen und die daraus resultierende Annahme, der Lockdown sei womöglich unnötig gewesen, in seinem Podcast vehement: „Da werden Argumente wieder hervorgeholt, von denen ich eigentlich dachte, dass die in Deutschland schon diskutiert worden wären im späten Frühjahr.“
Es gebe Daten, die klar zeigten, dass die Mobilität der Bevölkerung schon in der ersten Märzhälfte, also schon vor dem Lockdown, enorm zurückgegangen sei, betont der Virologe. Auch das Verbot von Großveranstaltungen sei vor dem Sinken der R-Zahl erfolgt.
Darüber hinaus weist Drosten einmal mehr darauf hin, dass die Reproduktionszahl lediglich eine Kennziffer sei, die einen Trend widerspiegeln solle. Dass der Trend schon früher nach unten gezeigt habe, sei aufgrund der beiden genannten Punkte logisch.
Daten aus Spanien und England zeigen eine höhere Infektionssterblichkeit
Ein weiteres Argument des EbM-Netzwerkes, auf das Drosten eingeht, ist die Behauptung, dass der Anteil der Todesfälle im Vergleich zur Gesamtzahl der Infizierten sehr gering sei. So schwanke die Infection Fatality Rate (IFR) in den vergangenen 4 Wochen in Deutschland zwischen 0,1% und 0,4%, und es könne mit ziemlicher Sicherheit gesagt werden, dass sie damit weit unter den ursprünglichen Befürchtungen liege, schreiben die Netzwerk-Autoren.

„Es wird in dem Papier ganz viel an jetzt bestehender Evidenz einfach ignoriert“, sagt Drosten dazu. Er verweist auf 2 Studien aus Spanien und England, die anders als die Meldedaten von Störfaktoren bereinigt worden seien. Beide Studien zeigen, dass die Infektionssterblichkeit in England bei 0,9% und in Spanien bei 0,83% liegen.
Es wird in dem Papier ganz viel an jetzt bestehender Evidenz einfach ignoriert. Prof. Dr. Christian Drosten
„Darüber gibt es wenig zu argumentieren“, sagt Drosten. Er kritisiert zudem, dass sich das EbM-Netzwerk rückblickend nur auf die letzten 4 Wochen bezieht: „Das ist ein Widerspruch in sich.“
Vor allem hochbetagte Menschen sterben an COVID-19
Auch andere Aussagen der Stellungnahme ärgern den Berliner Virologen. „Mit großer Zuverlässigkeit kann bereits gesagt werden, dass die Todesfälle in erster Linie ältere und vor allem hochbetagte Menschen betreffen“, heißt es dort. Neben dem Alter seien kardiovaskuläre Vorerkrankungen, Hypertonie, Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz, chronische Niereninsuffizienz und Krebs unabhängige Risikofaktoren für die COVID-19-Letalität.
Daraus könne man folgern, dass COVID-19 vor allem eine Bedrohung für ältere Menschen darstelle, kritisiert Drosten. Die Pandemie sei aber ein gesellschaftsweites Problem. Man könne die Alten und die Jungen nicht einfach voneinander trennen.
Der Nutzen nicht-pharmakologischer Interventionen ist unklar
In seinem 2. Punkt geht das EbM-Netzwerk auf den Nutzen und Schaden von Interventionen ein. Insgesamt gebe es nach wie vor wenig belastbare Evidenz, dass nicht-pharmakologische Interventionen bei COVID-19 tatsächlich zu einer Verringerung der Gesamtmortalität führen, schreibt das Team um Sönnichsen.
„Eine rezente Analyse von Daten aus 149 Ländern zeigte eine relative Reduktion der COVID-19-Inzidenz um nur 13% durch 4 Maßnahmen: Schulschließung, Schließung von Arbeitsplätzen, Verbot von Massenveranstaltungen und Einschränkung der Bewegungsfreiheit“, heißt es in dem Text. Aus der Studie lasse sich aber nicht ableiten, ob der Rückgang nicht auch ohne Maßnahmen eingetreten wäre, da es keine entsprechende Vergleichsgruppe gebe.
Daten zur Wirkung des Mund-Nasen-Schutzes sind widersprüchlich
Für die momentan noch vorgeschriebene Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gibt es dem Netzwerk zufolge widersprüchliche Daten. Es sei derzeit aber sehr unwahrscheinlich, einem Testpositiven zu begegnen, sodass selbst eine relative Risikoreduktion von 88%, wie sie in einer Studie ermittelt worden sei, zu einer verschwindend geringen absoluten Risikoreduktion werde, schreiben die Autoren.
„Ob es im kommenden Herbst und Winter sinnvoll werden wird, einen Mund-Nasenschutz in geschlossenen öffentlichen Räumen zu tragen, wird man von der weiteren Entwicklung des epidemiologischen Geschehens abhängig machen müssen“, heißt es in ihrem Beitrag weiter.
Auch Drosten ist übrigens von einer generellen Verpflichtung, etwa in den Schulen Masken zu tragen, nicht überzeugt. Zumindest geht der Virologe davon aus, dass solch ein Schritt für die Gesamtlage in Deutschland keinen großen Effekt hätte. „Es ist sicherlich so, dass Masken im Unterricht die Gefahr eines Klassenausbruchs verringern“, sagt er. „Das ist aber auch nur dieser eine Klassenausbruch.“
Drosten will sich auch nicht auf die Seite derjenigen schlagen, die deutlich stärkere Einschränkungen fordern, um mit einem besonders niedrigen Infektionsniveau in den Winter zu gehen: „Solche Maßnahmen wären zwar aus epidemiologischer Sicht richtig, aber in der Gesellschaft eben nicht tolerabel.“

Die geplanten Massentestungen hält das EbM-Netzwerk für wenig sinnvoll
Der 3. Punkt der Stellungnahme des EbM-Netzwerks bezieht sich auf die geplanten Massentestungen. „Abgesehen davon, dass die derzeitigen Testkapazitäten für diese umfangreichen Messungen nicht ausreichend sind, gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis oder nur Hinweis, dass diese Teststrategie zu einer Verminderung von Hospitalisierungen oder Todesfällen durch COVID-19 führt“, schreiben die Autoren um Sönnichsen.
Die Verfasser gehen sogar noch einen Schritt weiter: „Die derzeitige Teststrategie und Informationspolitik erweckt eher den Anschein, dass die positiven Testergebnisse ohne Bezug zur Menge der durchgeführten Tests und ohne Bezug zur Bevölkerung benutzt werden, um die derzeitige Strategie zur Eindämmung der COVID-Pandemie zu rechtfertigen“, lautet ihre Kritik an den Plänen der Regierung.
Die Antigen-Tests haben einen riesigen Vorteil: Sie sind sehr schnell und vor Ort verfügbar. Prof. Dr. Christian Drosten
Auch Drosten geht in seinem Podcast auf Massentestungen ein, wenngleich auch unter einem etwas anderen Blickwinkel. Er schreibt den Schnelltests, auch Antigen-Tests genannt, eine besondere Rolle zu. Diese seien zwar nicht perfekt, weil sie nicht ganz so empfindlich und genau seien wie die bislang üblichen PCR-Tests.
„Aber die Antigen-Tests haben einen riesigen Vorteil: Sie sind sehr schnell und vor Ort verfügbar“, sagt Drosten. Denn was nütze ein PCR-Test, der sehr empfindlich sei, auf dessen Ergebnis man aber 3 bis 4 Tage warten müsse, weil die Labore überlastet seien?
Auch die Medienvertreter werden in der Kritik nicht ausgespart
Im 4. Punkt bemängelt das EbM-Netzwerk die fehlende Verhältnismäßigkeit der Berichterstattung. „Besonders zu kritisieren ist, dass die öffentliche Berichterstattung im deutschsprachigen Raum nicht konsequent zwischen Testpositiven und Erkrankten unterscheidet“, schreiben die Autoren.
Besonders zu kritisieren ist, dass die öffentliche Berichterstattung im deutschsprachigen Raum nicht konsequent zwischen Testpositiven und Erkrankten unterscheidet. Prof. Dr. Andreas Sönnichsen und Kollegen
Zu bemerken sei, dass die steigende Anzahl der Testpositiven nicht von einem parallelen Anstieg der Hospitalisierungen und Intensivbehandlungen oder Todesfälle begleitet sei. „Dies weckt doch erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Tests und der täglichen Berichte der neuen Testpositiven“, so die Verfasser. Überhaupt müsse mit Vehemenz kritisiert werden, dass die SARS-CoV-2-Inzidenzen fast ausschließlich als Absolutzahlen ohne Bezugsgröße veröffentlicht würden.
Die Verfasser sorgen sich um die Sicherheit von Impfstoffen
Ganz kurz nur gehen Sönnichsen und sein Team im 5. Punkt der Stellungnahme auf die Entwicklung von Impfstoffen ein. „Wir haben die Sorge, dass die üblichen Nachweise von Wirksamkeit und Sicherheit eines Impfstoffes zugunsten einer beschleunigten Bereitstellung einer Impfung aufgeweicht werden könnten“, schreiben sie.
Berichten zufolge befinde sich bereits ein erster Impfstoffkandidat in einer Phase-3-Studie und solle eventuell schon Ende des Jahres zur Verfügung stehen. „Ob eine Phase-3-Studie von nur 4- bis 6-monatiger Dauer ausreichend ist, um Sicherheit und Effektivität des Impfstoffs nachzuweisen, mag allerdings kritisch hinterfragt werden“, so die Autoren.
Die Folgeschäden des Lockdowns sind derzeit noch nicht absehbar
Im 6. und letzten Punkt schließlich befassen sich die Vertreter des Netzwerks mit möglichen Schäden durch den Lockdown und andere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. „Für die indirekten Schäden der Pandemie gibt es noch wenig Studienevidenz“, schreiben sie.

„Die Umwidmung von Ressourcen im Gesundheitswesen und die Bereithaltung von Krankenhaus- und Intensivbetten für eventuelle COVID-Patienten, die dann gar nicht gebraucht wurden, hat wahrscheinlich zu Versorgungsengpässen und -lücken im übrigen Gesundheitsbereich geführt, vielleicht aber auch zu einem Abbau von Überversorgung“, so Sönnichsen und seine Kollegen.
Erste Studienergebnisse weisen den Autoren zufolge auf erhebliche psychische Belastungen und Bildungsverluste von Kindern durch die Schulschließung hin, die Ergebnisse seien aber noch nicht per Peer-Review geprüft. „Welche psychischen und gesellschaftlichen Auswirkungen insgesamt die soziale Isolierung während des Lockdowns hatte und noch haben wird, wird sich erst durch weitere Forschung in den kommenden Monaten und Jahren erfassen lassen“, schreiben die Verfasser.
Der Virologe Drosten hält manche Aussagen des EbM-Netzwerks für fatal
Derzeit sei es noch nicht möglich, endgültig abzuschätzen, ob durch unbeeinflusste rasche Ausbreitung des Virus oder durch ein Hinauszögern der Ausbreitung und eine dadurch bedingte Verlängerung des gesamten Pandemiezeitraums der größere Schaden angerichtet werde, so das Fazit des EbM-Netzwerks.
Drosten hält derartige Aussagen für bedenklich. „Es ist ganz schön gewagt, was manche da so sagen“, lautet seine Reaktion im Podcast. Er jedenfalls halte es für fatal, wenn einige Mediziner den Eindruck erwecken wollten, der Lockdown im Frühjahr sei nicht nötig gewesen. Man sehe zwar die Pandemie im Alltag gerade nicht. Und der Gesamteindruck, dass es momentan in Deutschland nur wenige Infektionen gebe, sei nicht falsch. „Aber das muss nicht so bleiben“, mahnte Drosten. Man müsse da nur in die Nachbarländer schauen.

Kommentar hierzu:

Nach Lektüre der gesamten Orginal EBM Stellungnahme kann ich keine emotionalen Töne darin erkennen. Im Gegenteil wohlüberlegte, sachliche Formulierungen (die allerdings wohltuend im Widerspruch zum Mainstream der monatelangen Panikmache von RKI, Drosten und Politik in D und Ö stehen).
Wohl aber reagiert Herr Drosten auf diese kritische Stellungnahme äußerst emotional, wie üblich, wenn jemand seine Strategie sachlich in Frage stellt. Es ist kein gutes Signal, wenn wissenschaftlicher Diskurs unterbunden wird bzw. teilweise andere Experten diffamiert werden.
Vieles spricht für die Sichtweise des EBM Netzwerkes. Beispielsweise auch die jüngste Initiative der Oberösterreichischen Ärztekammer (Pressekonferenz am Freitag 18.9.2020) die verlangen, dass die Tests wieder zurück in die Hände der Hausärzte kommen und damit mit dem "kreuz und quer" durch die Bevölkerung-Testen endlich aufzuhören, um dem "Labor-Tsunami" entgegenzuwirken, es brauche solide Diagnosen aus der Hand von Ärzten.
Das sehe ich auch kritisch, denn der PCR Test ist nicht für Screenings von Symptomlosen gedacht - logischerweise führen diese durch PCR Test verursachten Zahlen zu einer Überschätzung der Gefahr.

Karin Hofinger (Apothekerin

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Montag, 21. September 2020
Avaaz-Aufruf zur Rettung des brasilianischen Regenwalds
Häufig mit dem Segen des ultrarechten Präsidenten Bolsonaro brennen organisierte Banden von Bauern illegal weite Teile des Amazonas-Regenwaldes nieder. Viele Indigene, die ihnen Widerstand leisteten, wurden ermordet.

Wir müssen diesen Wahnsinn stoppen. Und das können wir auch.

Präsident Bolsonaro will unbedingt ein millionenschweres Handelsabkommen mit der Europäischen Union abschließen. Doch angesichts der brennenden Wälder erwägen die Staats- und Regierungschefs der EU nun in letzter Minute Änderungen, um den Schutz des Amazonasgebiets in das Abkommen aufzunehmen.

Das würde die brasilianische Regierung dazu zwingen, ihr Verhalten zu ändern, um mit einigen der wirtschaftsstärksten Ländern der Welt Handel treiben zu können. Der Amazonas darf nicht in Flammen aufgehen! Unterschreiben Sie jetzt, um Europa zum Handeln aufzurufen, und sobald die Unterstützung riesig ist, werden wir Meinungsumfragen durchführen und unsere Forderung an wichtige Entscheidungsträger und die Medien überbringen:

An die EU: Rettet den Amazonas!

Bereits jetzt drohen Großinvestoren und Rentenfonds damit, Milliarden aus Brasilien abzuziehen, wenn nicht effektiv etwas gegen die Zerstörung des Amazonasgebietes unternommen wird. Sogar brasilianische Bankiers, führende Unternehmen und ehemalige Finanzminister schließen sich dem Aufruf zum Schutz des Regenwaldes an.

Aber Bolsonaro konzentriert sich bisher nur auf das Handelsabkommen. Viele Brasilianer wie ich glauben, dass er eine einfache Botschaft aus Europa hören muss: kein Schutz des Amazonas -- kein Abkommen. Wenn sich Europa stark zeigt, könnte das die Lage entscheidend verändern!

Wie kürzlich durchgeführte Studien bestätigen, ist die EU selbst ein Teil des Problems — denn aus Brasilien werden massenweise Produkte wie Soja und Rindfleisch importiert, die vermutlich auf illegal gerodetem Land produziert wurden. Aber jetzt kann und muss die EU Teil der Lösung werden.

Die Regierungen von Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Belgien haben bereits Besorgnis über die Zerstörung des brasilianischen Amazonasgebietes geäußert. Machen wir deutlich, dass eine breite Öffentlichkeit hinter ihnen steht, wenn sie das Abkommen notfalls blockieren -- unterschreiben Sie jetzt, solange wir noch Zeit haben.

An die EU: Rettet den Amazonas!

Ich bin so stolz auf unsere globale Gemeinschaft, die immer wieder zusammen gekommen ist, um gemeinsam mit den brasilianischen Avaazerinnen und Avaazern die Regenwälder unseres Landes zu verteidigen und zuletzt auch Nahrungsmittel und lebenswichtige medizinische Ausrüstung an die indigenen Gemeinden vor Ort zu liefern. Geben wir jetzt nicht auf! Das Amazonasgebiet und seine Bewohner brauchen uns mehr denn je.

Mit Hoffnung und Entschlossenheit

Diego, Laura, Luis, Patri, Spyro, Ana Sofia, Aloys und das gesamte Avaaz-Team

WEITERE INFORMATIONEN:

Der Regenwald brennt und brennt (Deutsche Welle)
https://www.dw.com/de/der-regenwald-brennt-und-brennt/a-54824111

Wie Europa uns helfen kann, den Amazonas zu retten (Human Rights Watch)
https://www.hrw.org/de/news/2020/08/17/wie-europa-uns-helfen-kann-den-amazonas-zu-retten

So viele Brände im Amazonaswald wie noch nie (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-energie-und-umwelt/so-viele-braende-im-amazonaswald-wie-noch-nie-16929026.html

Und auf Englisch:

Amazon tragedy repeats itself as Brazil rainforest goes up in smoke (The Guardian)
https://www.theguardian.com/world/2020/sep/02/amazon-fires-brazil-rainforest-bolsonaro-destruction

A fifth of Brazilian soy in Europe is result of deforestation (The Guardian)
https://www.theguardian.com/environment/2020/jul/16/a-fifth-of-brazilian-soy-in-europe-is-result-of-deforestation-amazon-jair-bolsonaro

Merkel: Amazon deforestation threatens EU-Mercosur deal (Deutsche Welle)
https://www.dw.com/en/merkel-amazon-deforestation-threatens-eu-mercosur-deal/a-54651194

Mercosur accord contradicts EU Green Deal and fails to protect communities, study says (Irish Times)
https://www.irishtimes.com/news/environment/mercosur-accord-contradicts-eu-green-deal-and-fails-to-protect-communities-study-says-1.4350923

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Hasskampagne gegen J.K.Rowling
Die Harry-Potter-Autorin wird u.a. auf Twitter gedisst, bis hin zu erfundenen Todesnachrichten über sie und Online-Grabsteinen, auf die gepisst werden soll. Grund: In ihren Romanen kämen zuwenig Transgender-POC- und schwullesbische Personen vor, deshalb wäre sie als homo-und transphobe Person zu bekämpfen. In der Auseinandersetzung mit Momorulez hatte ich ja das erste Mal die Begegnung mit diesem Wahnsinn, inzwischen nimmt das Formen an, bei denen ich den ProtagonistInnen Verstand nur noch absprechen kann.

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Sonntag, 20. September 2020
Scientific American gibt Wahlempfehlung für Biden
Zum ersten Mal in seiner Geschichte hat das führende Wissenschaftsmagazin eine Wahlempfehlung gegeben. Begründung: Es sei wissenschaftlich nachgewiesen dass Trump den USA schadet.

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Fit wie ein Turnschuh
Seit Herbst 2018 kickboxe ich. Bis zu diesem Sommer war ich nach jeder Trainingseinheit zwar euphorisch, aber auch fix und fertig. Seit meinen letzten Alpintouren denke ich bei Trainingsende "Das könnte jetzt auch noch eine halbe Stunde weitergehen."

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Samstag, 19. September 2020
Auch daheim gibt es Naturschauspiele





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Donnerstag, 17. September 2020
Auch junge Erwachsene können schwer an COVID-19 erkranken – Ärzte sollten auf 3 Risikofaktoren achten
Michael van den Heuvel, Medscape



Nach wie vor fragen sich Ärzte, welche Personengruppen in Zeiten der Corona-Pandemie besonders gefährdet sind. Bislang schlossen Studien meist ältere Patienten, teils mit Vorerkrankungen, ein. Jetzt beichten Dr. Jonathan W. Cunningham vom Brigham and Women’s Hospital in Boston und Kollegen berichten, dass auch junge Erwachsene im Alter von 18 bis 34 Jahren teils erhebliche Beschwerden haben, wenn sie aufgrund von COVID-19 stationär behandelt werden. Basis ist eine retrospektive Datenanalyse von Patientenakten.

21% mussten auf die Intensivstation, 10% mussten mechanisch beatmet werden und 2,7% starben. Diese Mortalitätsrate ist zwar niedriger als bei älteren Erwachsenen, aber etwa doppelt so hoch wie bei jungen Erwachsenen mit akutem Myokardinfarkt – einer Erkrankung, welche bei der Altersgruppe mitunter vorkommt und zum Vergleich herangezogen wurde. Als Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf nennt Cunninghams Team Adipositas, Hypertonie und Diabetes. Alle Ergebnisse sind in JAMA Internal Medicine nachzulesen [1].

Recherche in Patientendatenbanken
Cunninghams Team definierte für junge Erwachsene den Altersbereich zwischen 18 und 34 Jahren. In der Premier Healthcare Database, einer Datenbank mit 1.030 US-amerikanischen Krankenhäusern und mehr als 8 Millionen stationären Einweisungen, recherchierten sie anhand des ICD-10-Codes „COVID-19, Virus identifiziert“ nach Patientendaten. Auch Komorbiditäten wurden anhand von ICD-10-Codes identifiziert. Patienten mussten zwischen dem 1. April und dem 30. Juni 2020 entlassen worden sein. Schwangere schlossen die Wissenschaftler aus, weil sie möglicherweise nur zur Entbindung, aber nicht aufgrund von COVID-19-Beschwerden stationär behandelt worden waren.

Kohorte mit mehr als 3.000 jungen Erwachsenen
Unter 780.969 Erwachsenen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 entlassen worden waren, hatten 63.103 (8,1%) den ICD-10- Code für COVID-19. Und 3.222 (5%) waren nicht schwangere junge Erwachsene zwischen 18 und 34 Jahren. Im Schnitt lag das Alter der Patientengruppe bei 28,3 Jahren.

1.849 (57,6%) waren Männer, und 1838 (57,0%) waren Schwarze oder Hispanoamerikaner. Insgesamt hatten 1.187 (36,8%) Übergewicht mit einem BMI ab 30, 789 (24,5%) hatten krankhaftes Übergewicht mit einem BMI ab 40, 588 (18,2%) Diabetes und 519 (16,1%) Bluthochdruck.

Während des Krankenhausaufenthaltes behandelten Ärzte 684 Patienten (21%) auf der Intensivstation; 331 (10%) benötigten eine mechanische Beatmung und 88 (2,7%) starben. Vasopressoren oder Inotropika kamen bei 217 Patienten (7%), Zentralvenenkatheter bei 283 (9%) und Arterienkatheter bei 192 (6%) zum Einsatz. Die mittlere Verweildauer auf der Intensivstation lag bei 4 Tagen. Von allen Patienten, die überlebten, wurden 99 (3%) in eine postakute Pflegeeinrichtung entlassen.


Diese 3 möglichen Risikofaktoren sollten Ärzte kennen
Krankhaftes Übergewicht (Odds Ratio: 2,30; 95%-Konfidenzintervall: 1,77-2,98; vs. keine Fettleibigkeit; p < 0,001) und Hypertonie (OR: 2,36; 95%-KI: 1,79-3,12; p < 0,001) waren häufig mit einem höheren Risiko für Tod oder mechanische Beatmung verbunden. Das galt generell auch für Männer (OR: 1,53; 95%-KI: 1,20-1,95; p = 0,001). Die Wahrscheinlichkeit eines Todes oder einer mechanischen Beatmung variierte bei verschiedenen Ethnien nicht signifikant.

Diabetes war in der Analyse mit einem erhöhten Risiko für beide Ereignisse verbunden (OR: 1,82; 95%-KI: 1,41-2,36; p < 0,001), erreichte jedoch nach Anpassung an verschiedene Cofounder keine statistische Signifikanz (OR: 1,31; 95%-KI: 0,99-1,73; p = 0,06).

Limitationen der Studie
Zu den Einschränkungen dieser Studie gehörten Definition von COVID-19-Infektionen und Komorbiditäten anhand von ICD-10-Codes, die möglicherweise fehlerhaft seien, schreiben Cunningham und Kollegen. Weitere Schwächen sehen sie in der Erfassung von Ethnien in Krankenhäusern. Trotzdem lautet ihr Fazit: „Angesichts der stark steigenden COVID-19-Infektionsraten bei jungen Erwachsenen unterstreichen diese Ergebnisse die Bedeutung von Maßnahmen zur Infektionsprävention in dieser Altersgruppe.“

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Abschreckung
Es heißt, Kriminelle ließen sich am Ehesten durch Abschreckung vom Begehen neuer Straftaten abhalten.


Wie könnte man das besser als mit Nazis in Uniform?

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Trotz allem ist die SPD immer noch die Partei des kleinen Mannes
Scholz heißt er.

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Mittwoch, 16. September 2020
Ist der Sputnik-Impfstoff nur ein Potemkinsches Dorf?
https://www.gmx.net/magazine/news/coronavirus/verdacht-manipulation-russlands-impfstoff-sputnik-v-35087616

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Dienstag, 15. September 2020
Corona: Zehn Jahre lang zuhausebleiben
Was Accidenture da konstatiert macht mich wundern. Bei mir selbst dauerte die Corona-bleib-zuhause-Phase gerademal 6 Wochen.


https://www.wuv.de/marketing/corona_zehn_jahre_lang_daheimbleiben?utm_source=newsletter-redaktion&utm_campaign=mai-ling&utm_medium=teaserbutton

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Montag, 14. September 2020
Fall: Schwanger und COVID-19-krank: So funktioniert unter diesen Umständen eine erfolgreiche, vaginale Geburt
Monique A. Rainford, Katherine H. Campbell

14. September 2020

Eine 26-jährige schwangere Frau mit einer seit 38 Wochen und 3 Tagen bestehenden Schwangerschaft rief den Notdienst, nachdem sie 3 Tage lang Husten hatte. Sie berichtete auch von zunehmender Atemnot seit dem Einsetzen des Hustens. Sie klagte auch über Müdigkeit, doch sei diese eigentlich nicht schlimmer als in der bisherigen Schwangerschaft.

Bei der Durchsicht der Patientenakte der Frau stellte man fest, dass die Patientin 5 Tage vor ihrem Anruf beim Notdienst eine anstehende Eiseninfusion abgesagt hatte, weil sie sich unwohl fühlte. Zu diesem Zeitpunkt beschrieb sie Übelkeit und Durchfall ohne Erbrechen. Sie führte diese Symptome auf den Verzehr eines nicht ausreichend durchgegarten Hamburgers zurück.

Die Patientin suchte am nächsten Tag ihre Hebamme in deren Praxis auf. Am darauffolgenden Tag erhielt sie dann ihre Eiseninfusion. Ihr Husten setzte am Tag nach der Infusion und 2 Tage vor dem Anruf bei dem Notdienst ein. Die Patientin hatte mehrmals ihre Temperatur kontrolliert, war aber fieberfrei geblieben.

Zur geburtshilflichen Anamnese der Patientin

Sie hatte in früheren Schwangerschaften spontan vaginal entbunden. In der aktuellen Schwangerschaft hatte sich eine Anämie entwickelt, die mit Eiseninfusionen behandelt wurde. Sie hatte anamnestisch 3 Jahre zuvor einen positiven Tuberkulin-Hauttest gehabt, jedoch ein negatives QuantiFERON-TB Gold-Testergebnis (immunologischer Nachweis einer Tuberkulose-Infektion). In ihrem direkten persönlichen Umfeld hatte es eine COVID-19-Erkrankung gegeben.

5 Tage bevor die Patientin beim Notdienst anrief, hatte sie an einem Gottesdienst teilgenommen. Sie stellte fest, dass einer der anderen Teilnehmer 4 Tage nach dem gemeinsamen Kirchenbesuch positiv auf COVID-19 getestet worden war. Die Patientin hatte anschließend Kontakt zu Familienangehörigen der betroffenen Person, darunter eine Mutter und deren Kind im Vorschulalter. Zu dem Kind hatte sie einen Abstand von weniger als 1,5 m gehalten, zur Mutter hatte sie den Abstand gewahrt.

Der Ehemann der Patientin, der ebenfalls in der Kirche gewesen war, entwickelte am selben Tag wie die Patientin selbst einen Husten. Er bekam leichtes Fieber (38,1° C). Ihre 20 Monate alte Tochter bekam ebenfalls Husten, blieb aber fieberfrei.

COVID-19-Diagnose

Nach dem Anruf der Patientin benachrichtigte der Notdienst die Hebamme. Nach weiterer Rücksprache mit der COVID-19-Hotline der Klinik und Benachrichtigung der Hausarztpraxis wurde der Patientin und ihrer Familie empfohlen, sich auf das Corona-Virus testen zu lassen. Der Notarzt, der Kinderarzt und die Hebamme trafen am folgenden Tag mit der Familie in der Not-Ambulanz zusammen. Alle Mitglieder des Teams trugen ihre komplette persönliche Schutzausrüstung (PSA). Jedem der 3 Familienmitglieder wurden mehrere Nasopharynx- und Oropharynx-Abstriche entnommen. Ein Probensatz wurde an ein staatliches Untersuchungslabor und ein weiterer an ein privates Labor geschickt.

In beiden Einrichtungen wurde das Material per PCR untersucht. Ein 3. Probensatz wurde zur Untersuchung auf virale Erreger von Atemwegserkrankungen ebenfalls an ein privates Labor geschickt.

Die Hebamme überprüfte die Herztöne des Fetus, die normal waren, und befragte die Patientin eingehend. Die positiven Testresultate aus den Labors erreichten die Patientin und ihren Ehemann am Folgetag. Die Ergebnisse der Bestätigungstests gingen 5 Tage später ein und waren ebenfalls positiv. Die Tests der Tochter waren negativ bis auf einen positiven oropharyngealen Abstrich. Die Patientin wurde telefonisch über diese Ergebnisse informiert.

Geburtsvorbereitung
8 Tage nach ihrem ersten Anruf beim Notdienst besuchte die Patientin die Hebamme, die sie in voller PSA in einem Unterdruckraum empfing. Es bestand ein erheblicher Husten. Ansonsten fühlte sich die Patientin besser. Sie wurde über die Klinikregel informiert, wonach eine gesunde Pflegekraft verfügbar sein muss. Sie wurde angewiesen, die Hebamme zu kontaktieren, wenn sie in den Wehen läge, und sich bei Ankunft in der Klinik an die für Geburten zuständige Pflegekraft zu wenden.

So könne sie gleich am Klinikeingang vom Entbindungsteam in angemessener Schutzkleidung empfangen werden. Die Krankenhausleitung wurde über den Fall und die positiven Testergebnisse informiert. Für die Wehenphase und die Entbindung der Patientin wurden Pläne aufgestellt.

Das Pflegepersonal kontaktierte die Patientin die gesamte Woche über alle 48 Stunden und überwachten sorgfältig ihre Symptome. Für einen erneuten Test wurden Infektiologen hinzugezogen. 14 Tage nach Einsetzen der Symptomatik hatte die Patientin weiterhin leichten Husten. 10 Tage nach ihrem ersten positiven Testergebnis wurde sie dann erneut getestet. Die Ergebnisse dieses Tests kamen nicht mehr vor dem Entbindungstermin an.

Der Ehemann wurde nicht erneut überprüft, weil seine Symptome vollständig verschwunden waren und seit ihrem Auftreten 14 Tage verstrichen waren. Er wurde vom Infektionspräventionsteam des Krankenhauses als klinisch unbedenklich eingestuft.

Die Entbindung

16 Tage nach ihrem 1. Anruf beim Notarzt kontaktierte der Ehemann der Patientin die Bereitschaftshebamme. Die Schwangerschaft hatte jetzt 40 Wochen und 5 Tage bestanden und die Patientin lag in den Wehen. Das Ehepaar wurde vom Krankenhausteam am Eingang der Klinik empfangen und erhielt Masken. Die Patientin wurde in einen Unterdruckraum gebracht. Die Betreuung übernahm ein kleines Team in voller PSA. Um den direkten Kontakt auf das Nötigste zu beschränken, wurde die Versorgung der Patientin durch Videoschaltungen ergänzt.

Die Geburt eines gesunden Jungen verlief komplikationslos und erfolgte bereits 40 Minuten nach der Ankunft in der Klinik. Der Säugling wurde in einen Unterdruckraum gebracht und von der Mutter getrennt. Der Vater durfte jedoch zu seinem Kind, wobei er eine Maske trug. Der Säugling erhielt über eine Spritze Sojamilch zu trinken. Man entschied, den Säugling nicht zu testen, da die Ergebnisse keinen Einfluss auf die klinische Versorgung haben würden.

Post partum
Der Säugling wurde in den ersten 14 Lebenstagen als vermutlich positiv betrachtet. Am 3. Tag post partum telefonierte die Patientin mit dem Kinderarzt per Video, der so den Zustand des Säuglings beurteilte. Der Säugling blieb gesund und wurde gestillt. Am 7. Tag nach der Geburt wurde die Patientin telefonisch zum Verlauf befragt. Es ging ihr gut. Auf der Edinburgh Postnatale Depression Skala (EPDS) erreichte sie einen Wert von 7. Sie hatte eine Bindung zu dem Säugling entwickelt und kam trotz der Trennung während des Klinikaufenthaltes gut mit dem Stillen zurecht. Zu einem Zeitpunkt 6 Wochen nach der Geburt sollte eine weitere telefonische Visite erfolgen.

Am 14. Tag nach der Geburt entschied die Mutter, die Vorstellung des Säuglings in der Praxis durch eine weitere Telefonvisite zu ersetzen, um eine Corona-Exposition ihres Kindes nach Möglichkeit zu verhindern. Zu diesem Zeitpunkt berichtete die Mutter, dass der Säugling tagsüber etwa alle 2 Stunden und nachts etwa alle 3 Stunden ausschließlich gestillt wurde. Die von dem Säugling produzierten Urin- und Stuhlmengen waren für den Kinderarzt angemessen.

Dieser Fall ist ein Beispiel für eine erfolgreiche vaginale Entbindung einer Frau mit COVID-19. Obwohl die Patientin während ihres Klinikaufenthaltes von dem Säugling getrennt war, konnte sie sich erfolgreich an ihr Baby binden. Sie hielt diesen Erfolg den Pflegenden in dem Krankenhaus zugute, die das Baby so ernährten, dass das spätere Stillen nicht beeinträchtigt wurde. Zudem verwies sie auf ihre früheren Erfahrungen als Gebärende und die Fähigkeit ihres Mannes, sich während des Krankenhaus-Aufenthaltes um das Baby zu kümmern.

Dieser Fall ist auch deshalb bemerkenswert, weil das Virus bei dem 20 Monate alten Kind der Patientin nur durch einen Oropharynx-Abstrich nachgewiesen werden konnte. Obwohl viele Familienangehörige mit COVID-19 infiziert waren, war das Outcome der Familie gut, und das Neugeborene blieb trotz des Zeitpunktes der mütterlichen Infektion symptomfrei.

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Coronavirus-Studie mit über 30.000 Isländern: Konstante Antikörper-Titer über 4 Monate
Dr. Thomas Kron


Die Antikörper-Reaktion ist nach einer Studie im NEJM bei isländischen Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion innerhalb von 4 Monaten nach der Diagnose konstant geblieben. Die Autoren um den Genforscher Dr. Kari Stefansson (deCODE Genetics–Amgen) schätzen das infektionsbedingte Sterberisiko auf 0,3% [1].

Wie stark eine Antikörper-Reaktion bei Infektion mit dem neuen Coronavirus ausfällt und wie lange sie anhält, sind insbesondere für die Impfstoff-Entwicklung und für kommende Impfprogramme wichtige Fragen. Befürchtet wird unter anderem, dass infizierte Patienten relativ rasch wieder Antikörper-negativ werden und sich erneut infizieren könnten. Eindeutige Antworten gibt es bislang nicht.

Die Autoren der vorliegenden Studie wollten daher die Seroprävalenz von SARS-CoV-2 in der isländischen Bevölkerung und den Antikörper-Verlauf innerhalb der ersten 4 Monate nach der Infektion ermitteln.

30.000 Isländer untersucht
Die Wissenschaftler bestimmten bei 30.575 isländischen Bürgern (8,4% der Gesamtbevölkerung) mit 6 Assays die Titer der spezifischen Antikörper gegen SARS-CoV-2. Zu den 6 Assays gehörten auch 2 Pan-Ig-Assays. Seropositivität wurde dann angenommen, wenn beide Pan-Ig-Assays positiv ausfielen.

Darüber hinaus wurden 2.102 Proben von 1.237 Personen bis zu 4 Monate nach der Diagnose mit einem quantitativen PCR-Test (qPCR) untersucht.

Zudem bestimmten die Forscher die Antikörper bei 4.223 Personen mit Virus-Exposition, die sich daher in Quarantäne befanden, sowie bei 23.452 Personen ohne bekannte Virus-Exposition.

Über 90% der Genesenden seropositiv
Von 1.215 Personen, die sich von der Infektionskrankheit erholt hatten, waren 1.107 (91,1%) seropositiv. Die Antikörper-Titer, bestimmt mit den 2 Pan-Ig Assays, stiegen innerhalb der ersten beiden Monate nach der Diagnose (durch aPCR) an und blieben bis zum Ende der Studie auf dem erreichten Titer-Niveau.

Von den Personen in Quarantäne waren 2,3% seropositiv, von den Personen ohne bekannte Virus-Exposition waren es 0,3%.

Nach den Schätzungen der Forscher steckten sich 0,9% der Isländer mit dem neuen Coronavirus an. Tödlich war die Erkrankung bei 0,3%.

56% aller Infektionen wurden laut Schätzungen der Forscher durch einen qPCR-Test diagnostiziert; bei 44% der Infizierten in Island wurde die Infektion mittels PCR-Test hingegen nicht erkannt.

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Sonntag, 13. September 2020
Perspektivwechsel
Zum ersten Mal seit meiner Rückkehr aus den Bergen wieder gekicktboxt. Überhaupt keine Anstrengung gespürt. Meine Fitness hat einen Booster bekommen.

Und der Bauch ist weg.

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Samstag, 12. September 2020
Moria caustica
Flüchtlinge auf Europa verteilen, Lesbos den Lesben!

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Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer
Aber Tausend?




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Mittwoch, 9. September 2020
„Raus mit der Wahrheit oder Rücktritt!“
US-Medscape-Chef Eric Topol ist entsetzt über die Corona-Entscheidungen des FDA-Chefs


Dr. Eric J. Topol , Editor-in-Chief von Medscape, ist einer der 10 am häufigsten zitierten Forscher in der Medizin und schreibt oft über neue Technologien im Gesundheitswesen. In einem offenen Brief wendet er sich aktuell an Dr. Stephen Michael Hahn , United States Commissioner Food and Drugs und Leiter der US-Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA). Seine Kritik über das unwissenschaftliche und unehrliche Vorgehen von Hahn wurde von vielen US-Medien aufgegriffen und heizt die Diskussionen um das Vorpreschen bei Therapien und Impfungen gegen COVID-19 an.

Sehr geehrter Herr Dr. Hahn,

Ich schreibe Ihnen, weil ich mir große Sorgen um Ihre Führung der Food and Drug Administration (FDA) mache. Ihre Aussagen in den vergangenen Tagen haben zu einer Vertrauenskrise geführt. Nicht nur Ihre Glaubwürdigkeit hat darunter gelitten, sondern auch die der FDA, ihrer mehr als 15.000 Mitarbeiter und vor allem deren Aufgabe, die Gesundheitsinteressen des amerikanischen Volkes zu vertreten.

Ich möchte Sie an das Leitbild der FDA erinnern:

„Die FDA ist dafür verantwortlich, die öffentliche Gesundheit voranzubringen, indem sie dazu beiträgt, Innovationen zu beschleunigen, Medizinprodukte effektiver, sicherer und erschwinglicher machen. Und indem sie der Öffentlichkeit hilft, genaue, wissenschaftlich fundierte Informationen zu erhalten, die sie zum Gebrauch von Medizinprodukten und Lebensmitteln benötigen, um die Gesundheit zu erhalten bzw. zu verbessern.“


Medscape Editor-in-Chief Eric Topol, MD, und FDA Commissioner Stephen Hahn, MD

Der Schwerpunkt liegt hier auf „genauen, wissenschaftlich fundierten Informationen“. Seit Sie am 17. Dezember 2019 vereidigt worden sind, haben Sie mehrfach unter Beweis gestellt, dass Sie bereit sind, von dieser Grundvoraussetzung abzuweichen.

Mangelnde Wirksamkeit von Hydroxychloroquin
Unmittelbar nachdem Präsident Trump Hydroxychloroquin als „Wundermittel“ in großem Umfang aggressiv beworben hatte, erteilten Sie am 30. März 2020 eine Genehmigung zur Verwendung in Notfällen (EUA, Emergency Use Authorization) für dieses Arzneimittel, und zwar ohne ausreichende oder aussagekräftige Belege.


Die Bestätigung dafür kam am 15. Juni 2020, als Sie diese Genehmigung widerriefen, indem Sie die mangelnde Wirksamkeit und „anhaltende schwerwiegende kardiale unerwünschte Ereignisse und andere potenzielle schwerwiegende Nebenwirkungen“ einräumen mussten.

Kein „historischer Durchbruch“ mit Rekonvaleszenten-Plasma
Der 2. große Verstoß gegen die exakte Wissenschaftlichkeit erfolgte am 23. August 2020, als Sie an einer Pressekonferenz mit Präsident Trump und dem Health and Human Services Secretary Alex Azar teilnahmen, die als „ein großer historischer Durchbruch“ bezeichnet wurde. [Dabei ging es u.a. um den Nutzen von Rekonvaleszenten-Plasma bei COVID-19, Anm. d. Übers.

Sie sagten: „Ich möchte diesen Punkt nur hervorheben, weil ich nicht möchte, dass Sie diese Zahl beschönigen. Wir träumen bei der Arzneimittelentwicklung von einer Verringerung der Mortalität um etwa 35%. Dies ist ein großer Fortschritt bei der Behandlung von Patienten. Dies ist ein großer Fortschritt ...“ Und weiter: Eine Verbesserung des Überlebens um 35% bringe erheblichen klinischen Nutzen. „Das bedeutet – falls die Daten letztlich auch so veröffentlicht werden - [von] 100 Menschen, die an COVID-19 erkrankt sind, wären 35 durch Plasma gerettet worden.“

Jeder Teil dieser Aussage ist unkorrekt und eine offensichtlich falsche Darstellung der Daten. Ihre Aussage basierte auf einem Preprint, der per Definition nicht von Experten begutachtet worden ist, veröffentlicht von Michael Joyner und Koautoren der Mayo Clinic.

Dabei handelte es sich um eine retrospektive Beobachtungsstudie mit über 35.000 Patienten, die Rekonvaleszenz-Plasma erhalten hatten, ohne Kontrollen oder unbehandelte Patienten als Kontrollen. Die Behauptung, dass damit eine Senkung der Sterblichkeit belegt sei, ist völlig unbegründet.

Die Angaben beruhten auf einem verbesserten Überleben in der Subgruppe einer Subgruppe einer Subgruppe von etwa 1.000 Patienten. Sie wurden entsprechend dem Zeitpunkt der Plasma-Gabe (früh versus spät im Krankheitsverlauf) eingeteilt, ob sie eine endotracheale Intubation hatten, wie alt sie waren und wie viele Antikörper im Plasma vorhanden waren. Das Antikörper-Level [im Plasma, Anm. d. Red.] wurde nachträglich bestimmt.


Sie wissen als Onkologe und Forscher genau, dass dies eine illegitime Analyse ist, die sich bestenfalls für neue Hypothesen eignet, aber eine prospektive, placebokontrollierte Studie zur Bestätigung erfordert.

Dennoch haben Sie aufgrund dieses „Datenfischens“ bei Subgruppen-Analysen geschrieben: „Eine weitere Errungenschaft der Administration [der FDA, Anm. d. Übers.] im Kampf gegen die Pandemie.“ Ihre Ankündigung einer EUA kam am Tag, nachdem Präsident Trump getwittert hat: „Der Staat im Staat, oder wer auch immer bei der FDA, macht es sehr schwierig ... @SteveFDA“. Trump sprach Sie also direkt über Ihren Nutzernamen bei Twitter an.


Es hat 24 Stunden gedauert, bis Sie eine Korrektur auf Twitter vorgenommen hatten. Sie haben geschrieben: „Was ich besser hätte sagen sollen, ist, dass die Daten eine relative Risikominderung und keine absolute Reduzierung zeigen." Das ist eine grob unzureichende Korrektur und repräsentiert nicht die Wahrheit.

Es gibt immer noch potenzielle Sicherheitsbedenken bei Rekonvaleszenten-Plasma, die ungelöst sind, wie z. B. die Übertragung eines Virus oder eine Immunreaktion. Dr. Eric J. Topol
Folgendes haben Sie nicht gesagt:

Es gibt keine Daten oder Beweise aus prospektiven, randomisierten Studien für Rekonvaleszenten-Plasma, die einen Überlebensvorteil belegen.

Die Daten, die ich zitiere, stammen aus einer Subgruppenanalyse aus einem Preprint; das ist eine Hypothese, ohne endgültige Ergebnisse oder Schlussfolgerungen.

Der Überlebensvorteil von 35% und die Rettung von 35 Menschenleben pro 100 COVID-19-Patienten sind völlig falsch. Wenn die Preprint-Daten in einer geeigneten randomisierten kontrollierten Studie untersucht würden, würde man vielleicht den Tod von 3 oder 4 Personen pro 100 Personen vermeiden. Wir wissen, dass weniger als 1 von 100 Menschen mit einer COVID-19-Infektion sterben. Daher ist es unmöglich, 35 pro 100 Patienten zu retten, die an COVID-19 erkrankt sind. Sie hätten sagen müssen: ‚Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht und entschuldige mich zutiefst dafür.‘

Es ist offen gesagt unwahrscheinlich, dass das Rekonvaleszenten-Plasma einen großen Überlebensvorteil bietet, da es eine breite Beimischung von sonstigen Antikörpern der Patienten enthält, von denen die meisten nicht neutralisieren – das hat keine Wirkung gegen das Virus. Wir brauchen randomisierte Studien, um festzustellen, ob es irgendeinen Nutzen gibt, und wenn ja, in welcher Größenordnung. Solche Studien laufen und erfordern eine solide Unterstützung und Teilnahme.

Es gibt immer noch potenzielle Sicherheitsbedenken bei Rekonvaleszenten-Plasma, die ungelöst sind, wie z. B. die Übertragung eines Virus oder eine Immunreaktion.

Nicht genügend Daten für die Zulassung von Remdesivir
Der 3. Verstoß gegen evidenzbasierte Informationen war Ihre am 28. August 2020 veröffentlichte EUA, mit der die Remdesivir-Zulassung auf alle Patienten mit moderatem COVID-19 ausgeweitet wurde. Es gibt nicht genügend Daten, um diese Zulassung zu stützen, da sie auf kleinen, offenen Studien mit subjektiven Endpunkten basiert.

Remdesivir ist ein teures Medikament, das ungefähr 3.000 US-Dollar pro Behandlung kostet und knapp ist. Selbst die Zulassung für schweres COVID-19 basierte nur auf dem Endpunkt ‚Zeit bis zur Genesung‘ in einer relativ kleinen Studie mit etwas mehr als 1.000 Patienten. Das ist etwas ganz Anderes als der Beweis des Nutzens von Dexamethason für das Überleben in einer randomisierten Studie mit mehr als 6.400 Patienten.

Diese wiederholten Verstöße zeigen, dass Sie fehlende wissenschaftliche Beweise ignorieren und sich an der Politisierung der amerikanischen Gesundheitseinrichtungen durch die Trump-Administration beteiligen.

Gefährliche Abkürzung der Impfstoff-Zulassung
In einem Interview mit der Financial Times sagten Sie, Sie seien bereit, einen Impfstoff zuzulassen, bevor Phase-3-Studien abgeschlossen seien. Darf ich Sie daran erinnern, dass für einige Impfprogramme bereits Phase-3-Studien durchgeführt werden, bisher aber erst die Hälfte aller Teilnehmer eingeschlossen worden sind?

Es wird viele Monate dauern, um sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit nachzuweisen. Obwohl die meisten Impfstoffe sicher sind, sind Studien erforderlich, um nachzuweisen, dass die Teilnehmer an diesen Studien keine schweren immunvermittelten Reaktionen auf die Exposition des Virus durch antikörper-abhängige Verstärkung oder Immunkomplex-Erkrankung entwickeln.

Daten zur Wirksamkeit sind erforderlich, um zu beweisen, dass Infektionen in der Impfstoffgruppe im Vergleich zu Placebo erheblich unterdrückt werden. Sowohl Sicherheits- als auch Wirksamkeitsendpunkte erfordern eine ausreichende statistische Aussagekraft. All dies braucht Zeit!

Sie haben eine letzte Chance, Herr Dr. Hahn, … Ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die FDA zu wahren. Sagen Sie den Amerikanern genau, wie Sie unter Druck gesetzt wurden, eine bahnbrechende Ankündigung zu machen. Dr. Eric J. Topol
Wer versucht, dies abzukürzen, gefährdet nicht nur Impfprogramme, sondern setzt auch das Vertrauen der Öffentlichkeit aufs Spiel, das in Bezug auf Impfstoffe bereits brüchig ist. Dies wurde durch Ihre mangelnde Autonomie gegenüber der Trump-Administration und die offenkundige Politisierung der FDA verstärkt.

Sie haben eine letzte Chance, Herr Dr. Hahn, an diesem kritischen Punkt inmitten der Pandemie Ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die FDA zu wahren. Sie müssen eine Pressekonferenz organisieren und die Wahrheit sagen!

Sagen Sie den Amerikanern genau, wie Sie unter Druck gesetzt wurden, eine bahnbrechende Ankündigung zu machen!

Sagen Sie uns allen, wie Sie die Fakten über Rekonvaleszenten-Plasma völlig falsch dargestellt haben, und verbergen Sie dies nicht mit unverständlichen technischen Begriffen wie relativer und absoluter Unterschiede!

Sagen Sie uns, dass Sie in der Lage und würdig sind, diese zentrale Führungsposition einzunehmen, und dass Sie unter keinen Umständen eine SARS-CoV-2-Impfstoffzulassung genehmigen werden, bevor die Phase 3 vollständig abgeschlossen und Daten ausgewertet worden sind.

Andernfalls müssen Sie zurücktreten. Wir können die Gesundheit von 330 Millionen Amerikanern nicht einer Person anvertrauen, die Präsident Trumps Launen, beispielloser Förderung unbewiesener Therapien, empörender Lügen und politischer Motivationen unterworfen ist.

Sie haben 2 Möglichkeiten, um das Richtige zu tun. Wir können und werden nicht ruhen, bis Sie diese Wahl treffen

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Transverse Myelitis nach Impfung als „ernst zu nehmendes Signal“: AstraZeneca stoppt große Studie mit Corona-Impfstoff
Michael van den Heuvel, Medscape


AstraZeneca hat seine klinische Phase-3-Studie zur Untersuchung eines SARS-CoV-2-Impfstoffs gestoppt, berichten verschiedene Medien. Bei einem Probanden aus Großbritannien soll eine transverse Myelitis aufgetreten sein; weitere Teilnehmer der Studie sind nach jetzigem Kenntnisstand nicht betroffen.

Nun sollen systematische Untersuchungen klären, ob eine Kausalität besteht. „In großen Versuchsreihen treten Erkrankungen zufällig auf, müssen aber von unabhängiger Seite untersucht werden, um das gründlich zu überprüfen“, wird der Konzern zitiert. Bis zur Klärung erhalten keine weiteren Teilnehmer den Impfstoff.

Prof. Dr. Bernd Salzberger, Bereichsleiter Infektiologie, Universitätsklinikum Regensburg, kommentiert dies auf Anfrage des Science Media Center Deutschland, bislang noch zurückhaltend: „Wie beziehungsweise wo die Entscheidung hier gefallen ist, kann aktuell noch nicht nachvollzogen werden aufgrund der spärlichen Informationen.“

Die Studie wurde nicht abgebrochen, sondern es werden als Standard zunächst neue Impfungen ausgesetzt, um die mögliche Nebenwirkung genauer untersuchen zu können. Prof. Dr. Bernd Salzberger
Und weiter sagt er: „Die Studie wurde nicht abgebrochen, sondern es werden als Standard zunächst neue Impfungen ausgesetzt (das heißt study on hold), um die mögliche Nebenwirkung genauer untersuchen zu können. Ernste Sicherheitssignale, vor allem solche, die im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen entweder auftreten oder diskutiert werden, werden sicherlich mit hoher Aufmerksamkeit bedacht – das ist auch sinnvoll bei einer Impfung, die ja möglicherweise in vielen Millionen Dosen angewandt werden wird.“

30.000 Probanden geplant
Im Studienregister clinicaltrials.gov sind Details zu finden: Insgesamt sollen 30.000 Teilnehmer für die Phase2/3-Studie rekrutiert werden – in den USA, in Brasilien, Großbritannien und Südafrika. Sie erhalten entweder 2 Dosen des Impfstoffs oder 2 Dosen Kochsalzlösung als Placebo. Die Studie startete am 17. August 2020 und sollte bis 2. Dezember 2020 laufen.

Laut Studienregister ist geplant, alle Daten bis 5. Oktober 2022 auszuwerten. In der Vakzine ist ChAdOx1 nCoV-19, ein Vektorviren-Impfstoff auf Basis eines Adenovirus, der sich nicht in menschlichen Zellen replizieren kann. Der Impfstoff geht auf Forschungsprojekte der Universität Oxford zurück.

Seltene neurologische Erkrankung mit vielen möglichen Ursachen
Die transversale Myelitis ist eine ist eine seltene neuroimmunologische Erkrankung des zentralen Nervensystems. Sie kann idiopathisch, aber auch nach bakteriellen oder viralen Erkrankungen auftreten.

Es bleibt die Frage offen, wie schwer die Symptome sind und wie genau die Diagnose gesichert wurde ... Prof. Dr. Bernd Salzberger
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Elemente der Gegenaufklärung: Es wächst zusammen, was zusammen gehört
Verschwörologen, Alubommel, Rechte: Was sie verbindet

https://www.deutschlandfunk.de/proteste-gegen-corona-auflagen-warum-esoteriker-zusammen.1939.de.html?drn:news_id=1168129

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Dienstag, 8. September 2020
Die Gerüchteküche kocht ja immer bunter
Nein, es gibt keine Prämie an Ärzte für positive Covid19-Befunde beim Ausstellen von Totenscheinen.

https://www.gmx.net/magazine/news/coronavirus/covid-19-todesursache-praemie-aerzte-faktencheck-coronavirus-35064796

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Montag, 7. September 2020
Corona: Nur 5 Tage isolieren, aber 14 Tage Quarantäne?
Verwirrung um Drosten-Vorschlag – warum dieser sinnvoll sein kann
Ute Eppinger, Medscape


Reicht es, wenn innerhalb eines Clusters von Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion künftig 5 statt 10 Tage Isolationszeit eingehalten werden? Diesen Vorschlag hatte Prof. Dr. Christian Drosten im NDR-Podcast vom 1. September gemacht – und damit für Verwirrung gesorgt.

Was er meinte: Stellt ein Mensch Symptome bei sich fest, wird dann positiv auf SARS-CoV-2 getestet und vermutet, sich z.B. auf einer Feier angesteckt zu haben, spricht man von einem sogenannten Quellcluster. Drosten hat nun vorgeschlagen, die Beteiligten eines solchen Quellclusters – etwa die Teilnehmer einer Tagung oder einer Feier – nur noch 5 statt wie bislang 10 Tage zu isolieren.

„Die infektiöse Zeit beginnt zwei Tage vor Symptombeginn und endet, realistisch betrachtet, 4, 5 Tage nach Symptombeginn. Das heißt, der Tag der Befundübermittlung ist meistens schon der letzte oder vorletzte Tag, wo man überhaupt noch infektiös wäre. Und auch da ist die Viruslast schon ganz schön gering”, erklärte Drosten im NDR-Podcast.

Er räumt ein, mit dem Vorschlag gehe er an die „Schmerzgrenze der Epidemiologie“, und fügt hinzu: „Es ist von mir auch einfach eine Überlegung, was kann man denn in der Realität machen, damit man nicht einen De-facto-Lockdown hat? Es nützt nichts, wenn man alle möglichen Schulklassen, alle möglichen Arbeitsstätten unter wochenlanger Quarantäne hat. Es muss kurz sein.”

Es nützt nichts, wenn man alle möglichen Schulklassen, alle möglichen Arbeitsstätten unter wochenlanger Quarantäne hat. Es muss kurz sein. Prof. Dr. Christian Drosten
Isolationszeit hat nichts mit der Quarantäne von Kontaktpersonen zu tun
Medien und Politiker aus mehreren Fraktionen griffen den Vorschlag prompt auf und forderten eine Verkürzung der Quarantänezeit von derzeit 14 auf 5 Tage. Die Quarantänezeit aber ist etwas anderes als die Isolationszeit, auf die Drosten abhebt. Der Quarantänepflicht unterliegen auch nicht infizierte Menschen. Sie wird vom Gesundheitsamt angeordnet, etwa wenn jemand aus einem Risikogebiet einreist oder wenn über die Corona-App ein hinreichend langer Kontakt mit einer infizierten Person gemeldet wird.

Die Verwirrung dürfte nicht zuletzt dadurch entstanden sein, dass in der Diskussion die Begriffe Quarantäne und Isolation synonym verwendet wurden.

Nachdem verschiedene Stimmen die Verkürzung der Quarantäne begrüßt hatten, stellte Drosten auch via Twitter klar: „Mein Vorschlag ist Reduktion der Isolierungszeit. Wenn man Cluster als Ganzes isoliert, dann kurz (z.B. 5 Tage) und mit Freitestung auf Restinfektiosität.”

Schon in seinem ZEIT-Beitrag „Ein Plan für den Herbst“ Anfang August hatte sich Drosten mit der Virusausbreitung in Clustern befasst und seine Idee vorgestellt. „Schaut man sich neuere Daten zur Ausscheidung des Virus an, reicht eine Isolierung der Clustermitglieder von fünf Tagen”, schrieb Drosten.


Schaut man sich neuere Daten zur Ausscheidung des Virus an, reicht eine Isolierung der Clustermitglieder von fünf Tagen. Prof. Dr. Christian Drosten
Diese Mischung aus Quarantäne und Isolierung würde er ‚Abklingzeit' nennen. Am Ende dieser 5 Tage könnten dann die Mitglieder des Clusters getestet werden. Bislang, so Drosten, sei der übliche Weg in solchen Clustern alle zu testen und auf die Testergebnisse zu warten. In dieser Zeit aber könnten Infizierte das Virus längst weiterverbreiten. Deshalb sei es besser, alle Gäste der Feier sofort in die Isolation zu schicken.

Aufgrund der Verwechslung stellte auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) umgehend klar, dass Drostens Vorschlag darauf abziele, die Isolierung von infizierten Personen, die das Virus also ausscheiden, unter bestimmten Bedingungen auf 5 Tage zu verkürzen. Diese Isolationszeit beträgt derzeit 10 Tage.

Die 14-tägige Quarantäne hingegen gelte für Personen, die Kontakt zu Infizierten hatten und auch für Rückkehrende aus Risikogebieten.

Experten unterstützen den Vorschlag
Auch SPD-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Karl Lauterbach unterstützt den Vorschlag. Er schreibt: „Verkürzung der Quarantäne auf 5 Tage nach Symptombeginn muss gut begründet werden. Aber nach 5 Tagen sind weniger als 5-10% noch ansteckend, und dann meist nur wenig und kurz.”

Aus diesen Menschen würden keine Superspreader mehr, sie infizieren im Schnitt keinen. 80% der Infektionen aber entstünden durch Superspreader, schreibt Lauterbach. Er gibt auch zu bedenken, dass die zweite Woche der Isolation nicht zur Eindämmung der Pandemie beitrage, aber erhebliche Kosten und Einschränkungen, z.B für Schule, Eltern, Betriebe und die Wirtschaft verursache.


„ Für Infizierte, die erst diagnostiziert werden, nachdem sie mit Symptomen zum Arzt gegangen sind, halte ich den Vorschlag für sinnvoll", sagt auch Dr. Rolf Kaiser, Virologe an der Uniklinik Köln, gegenüber dem WDR. Die Betroffenen befänden sich dann schon in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung.

Nach 5 Tagen in Quarantäne wären diese dann in einer Phase der Infektion, in der das Virus nicht mehr ansteckend sei. „ Das gilt aber nicht für Menschen, die nur unter dem Verdacht stehen, infiziert zu sein", so Kaiser. Für sie sei eine Quarantänezeit von 14 Tagen weiterhin angebracht.

Dr. Ute Teichert, Vorsitzende des Berufsverbandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes fordert in der Süddeutschen Zeitung bei der Debatte um eine Verkürzung der Isolations- und Quarantänezeiten ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern: „Es muss bundesweit einheitliche Regeln für die Dauer einer Isolierung von Corona-Infizierten, Verdachtspersonen und Kontaktpersonen geben."

Es muss bundesweit einheitliche Regeln für die Dauer einer Isolierung von Corona-Infizierten, Verdachtspersonen und Kontaktpersonen geben. Dr. Ute teichert
Schon im Frühjahr hatten Untersuchungen an wiederholten Rachenabstrichen gezeigt, dass es nach gut einer Woche oft schon nicht mehr gelang, aus den Virusbestandteilen einen infektiösen Erreger heranzuzüchten. Seit März ist bekannt, dass es zwar im Einzelfall bis zu 14 Tage dauern kann, bis man nach einer Ansteckung Symptome spürt – es meist aber schneller geht.

Eine Studie der Johns-Hopskins-Universität vom Mai zeigte, dass die Inkubationszeit im Mittel bei 5,1 Tagen lag, die Forscher hatten 181 Fälle analysiert. Bereits im April kamen 2 Forscher der Uni Kopenhagen zu dem Schluss, dass es „ziemlich effizient“ sein könnte, Menschen, die sich vermutlich angesteckt haben, für nur 5 Tage zu isolieren. Allerdings ist die Arbeit bis heute nur als Preprint verfügbar.

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