Freitag, 13. November 2020
Fitness und Neoliberalismus - eine Gleichung, die nur manchmal aufgeht
Als praktizierenden Sportler und Fitnesscenterdauergast nerven mich Beiträge, die ein unter körpergeschichtlichen und soziologischen Aspekten ganz interessantes, etwa im Foucaultschen Sinne operationalisierbares Thema über einen engen ideologischen Leisten schlagen - Mark 793 hatte dafür die schöne Formulierung "Komplexitätsreduktion mit der Stichsäge" - und dabei ausschließlich unter dem Aspekt der Ideologiekritik an Zeitgeistströmungen sich der Thematik nähern. Die Rede ist vom Zusammenhang von Fitnessverhalten und neoliberaler Ideologie.

https://www.deutschlandfunk.de/juergen-martschukat-das-zeitalter-der-fitness.1310.de.html?dram:article_id=466359

https://www.zeit.de/kultur/2019-08/selbstoptimierung-sport-fitnesskult-kapitalismus-selbstzerstoerung-freizeit?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F


https://www.heise.de/tp/features/Fitness-und-Fatness-sind-zwei-Seiten-einer-Medaille-4627868.html


Ich hatte ja schon Diskussionen erlebt, in denen ich mich moralisch dafür rechtfertigen musste, dass ich im Gym und im Dojo trainiere. Dabei habe ich mit Neoliberalismus oder Selbstoptimierung unter von außen hin vorgegebenen Aspekten herzlich wenig zu tun. Ich finde es geil, an meine körperlichen Grenzen zu gehen, mich beim Sport auszutoben ist wie guter Sex, das zusammen mit Gleichgesinnten zu tun macht mehr Spaß als alleine, ich finde es gut, als Kampfsportler so wehrhaft zu sein dass ich wenig fürchten muss an dunklem Ecken zusammengehauen zu werden, ich brauche das Training für meine Schulter und um fit für die Berge zu sein. Das Herumturnen an Felswänden wiederum ist neben geradezu meditativen Wanderungen mein wichtigstes Freizeitvergnügen, ich sage sogar Lebensinhalt. Und mit über 50 dies leistungsorientiert zu betreiben und Ziele zu haben die über alles hinausgehen was ich bisher erreicht habe erfüllt mich mit Stolz.

Das alles sind Aspekte, die die Verfasser der verlinkten Texte in keiner Weise thematisieren oder in ihre Betrachtung einfließen lassen, die sie sich wahrscheinlich nicht einmal vorstellen können. Und ganz bestimmt nicht das Glücksgefühl nach dem Training und die absolute Tiefenentspannung am Ende eines Trainingstages.


Und es wird in den Beiträgen mit diskursiven Mustern gearbeitet die nur bedingt hinhauen. Der Manager etwa, der im Büro auf dem Laufband die Börsenkurse verfolgt, ist sicherlich ein 1A-Beispiel für einen Vertreter des Neoliberalismus und für die Menschen von denen Detlef Hartmann schrieb, dass sie sich im Gegensatz zum biederen Direktoren- und Kapitalistentyp früherer Zeiten sporadisch neu erfinden, ein ziemlicher Gegensatz zu Managern wie Hans Martin Schleyer oder Alfred Herrhausen, gar ungeschlachten Fleischbrocken wie Ludwig Erhard - aber wie repräsentativ sind sie für den Fitnesskult im Allgemeinen und im Speziellen für das, was in den Fitnesscentern passiert?

Da trainieren doch eher LehrerInnen, Bandmalocher, Krankenpflegerinnen und Büroangestellte, um was gegen Verspannungen und Rückenschmerzen zu tun.

Es gibt sie, die Bestager, die mit 50 Herzprobleme und arge Verspannungen zugleich bekommen und dann zu Marathonläufern oder Mountainbikern mutieren und diese Veränderung des Lebenssstils als eine Art Wiedergeburt mit fast religiösen Bekenntnis erleben. Wie viele sind das? Ich trainiere sehr regelmäßig, unterhalte mich mit den anderen Leuten im Gym, aber solche, die sich selbst optimieren wollen aufgrund der in den Beiträgen dargestellten neoliberalen Ideologie habe ich noch keine kennengelernt. Ich selbst jogge seit meiner Schulzeit, habe mich immer für Kampfsport interessiert und trainiere seit 30 Jahren regelmäßig in einem Trainingscenter das mehrmals im Lauf der Zeit gewechselt hat. Motivation damit zu beginnen war das Gewinnen der nötigen Kondition und Schlagfertigkeit bei Straßenschlachten gegen Neonazis und Bullen, infolgedessen trainierten wir zunächst mit Rattanstöcken und Teak-Tonfas eine Mischung aus Bo-Karate, Escrima und Kali. Scherzhaft nannten wir uns "Turnerschaft Anarchia". Da war eine damals 16 jährige dabei die, als sie einen Knüppel mitten ins Gesicht bekam und eine blutende Platzwunde hatte ihren Trainingspartner bat, die Wunde doch gleich zu nähen. Solche Erfahrungen prägten übrigens mein Frauenbild, und Genossin Netbitch habe ich in einem ebensolchen Umfeld kennengelernt.

Später kam dann klassisches Fitnesstraining in der Muckibude hinzu, nach einem vierfachen Trümmerbruch eine Weile reines Muskelaufbautraining. In meinem heutigen Sportclub gibt es viele eher therapeutische Trainingsformen wie Pilates, Callanetics oder Best Ager´s und am anderen Ende der Palette die Welt, in der ich zuhause bin, Tae Bo, Bodypump, Body Combat, Mixed Martial Arts. Wenn wir in Vor-Corona-Zeiten mit dem Training fertig waren ging der Kurs auch mal in den Biergarten, um bei Bratwurst, Hendl, Weißbier und Rotwein zu chillen, auch die AthletInnen mit den definierten Körpern. Vegan, diätetisch oder lactosefrei ernährt sich von meinen Sportkumpels und Kumpelinen meines Wissens niemand. In angesagter Nike- und Black-Diamond-Kluft treten die schon auf, und die Ladies sind von einem körperlichen Erscheinungsbild das die Playboy-Redaktion entzücken würde, aber von Fitnesszwängen amerikanischen Zuschnitts ist da nichts zu spüren.

Ziemlich absurd finde ich dann auch die Ratschläge in den verlinkten Beiträgen:

"Und es gibt etliche Alternativen zum Laufen oder zum Fitnessstudio: etwas Gymnastik und ein paar Planks zu Hause, Sitzbälle im Büro, mit dem Fahrrad zur Arbeit. Im Vergleich zum Gym wäre das alles praktischer und günstiger." --- Das nützt mir überhaupt nichts, wenn ich dafür trainiere, im Sommer 600 Meter Felswand zu klettern. Ich brauche ein Training das alles aus mir rausholt. Es wäre unmittelbar lebensgefährlich für mich, wenn ich mir NICHT übers Jahr hin Kondition antrainieren würde.

"Ist bewusstes Schlemmen und Erschlaffen jetzt schon passiver Widerstand? Weihnachten wäre dazu eine formidable Gelegenheit." ----- Widerstand gegen was? Einen Fitnesskult, den ich aus medialen Diskursen kenne und den es in den USA sehr ausgeprägt gibt, den ich aber in meiner Lebenswelt nicht vorfinde?

Wenn ich jetzt einfach aufhören würde zu trainieren bekäme ich ernsthafte gesundheitliche Probleme, weil ich auf einem Trainingslevel bin, wo das nicht einfach so geht. Zu Weihnachten ist bei uns immer Völlerei angesagt, ich spreche dem Bier und dem Rotwein reichlich zu, ich bin ein Mensch des Genusses, des Exzesses und der Extase, und genau das bin ich auch beim Sport. Eine Trainingseinheit, bei der weniger als 1000 Kilokalorien verbrannt werden ist für mich wertlos. Und ich bin da noch einer der Harmloseren. In meiner Kampfsportgruppe ist eine Frau, die vor der Kickboxstunde eine Stunde lang Gewichte stemmt und reißt und bei dieser Gelegenheit meinte Männer, die weniger auflegen würden als sie könne sie nicht für voll nehmen, worauf sie zu hören bekam "Du bist ja auch voll das absolute Tier!".

Nach dem Boxen geht sie erstmal eine rauchen.

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"Und alle diese Na­men, die Ihnen ja doch näher stehen noch wie mir, könnten Ihnen versichern, wie absolut unjüdisch ich bin und lebe ..."

Das würd mir ja stinken, Gewissensschau vor der Phantom-Polit-Peergroup. Ich würd den Joker ziehen und mich über den proletarischen Körperkult rehabilitieren. Der Held der Arbeit hat die Muskeln schließlich nicht zum Spaß!

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Sehr interessanter Artikel!
Habe ich aber auf Deinem Blog schon ein paar Mal so ähnlich gelesen, wenn auch nicht mit Links kontextualisiert.

Wieso betonst Du so sehr dass die Leute in Deiner Peergroup in nicht ganz billigen Markenklamotten rumlaufen?

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Dass die größeren Fitnesscenter hochprofessionelle Marketingmaschinen sind ist mir schon klar und finde ich nicht unproblematisch. Lange Zeit habe ich in einem kleinen, wenig kommerziellen Club trainiert und damit erst aufgehört, als ich einen personal trainer zur Vorbereitung einer einwöchigen Bergtour brauchte. Inzwischen ist mein früherer Club pleite. Und mein eigenes Trainingslevel so, dass ich besser da trainiere wo es gute Trainer gibt.

Die Leute in den schicken Markenklamotten sind großenteils Malochers und/oder Leute mit Migrationshintergrund. Gerade für die sind die Klamotten wichtig. Ich gehe in Kletterkluft zum Training. The North Face, auch keine Billigmarke. Früher, in der autonomen Szene war das Tragen von Sportklamotten mit Logo verpönt, bevor Carhartt dort aufkam. Ich trug früher beim Knüppelkurs ein T-Shirt, das ein Soldatendenkmal zeigte, das von Schwarzvermummten umgerissen wird mit der Unterschrift "Alle werden fallen" oder ein orangefarbenes Shirt mit einer Illuminatenpyramide und dem Apfel der Eris und dem Text "Kallisti! Hedonistic Movement".


Wir kauften damals weiße S-Shirts und färbten oder bedruckten die selbst.

Mit Klamotten und Linken ist das so eine Sache.
Vor ganz langer Zeit, im Zivildienst, war ich in eine Kollegin, d.h. eine Krankengymnastin verliebt, eine wunderschöne Frau, die statt der Dienstuniform auf der Arbeit Sportklamotten von Asics und Converse trug. Als ich Freunden Fotos von der zeigte waren die Reaktionen bezeichnend. Einer fragte, ob ich ihn mit der mal bekanntmachen könne, ein anderer wollte sie mir ausreden, weil sie viel zu schön sei. Sich in eine solche Frau zu verlieben bringe nichts, weil da sofort andere Männer da wären die sie mir ausspannen würden und mit denen ich nicht mithalten könne.

Ein Dritter wollte sie mir auch ausreden, aber aus ganz anderen Gründen. Eine Frau, die Werbung für US-amerikanische Sportartikelhersteller trage habe das ganz und gar falsche Bewusstsein und tauge nicht als Partnerin für einen Linksradikalen. Der das sagte war Trotzkist und ist heute Unternehmensberater für Prozessmanagement.

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training@home
Habe heute zwangsläufig wieder zu Hause trainiert, 30 km Fahrradergometer, 20 Minuten im Garten High-Speed-Karate-Muay-Thai-Mix (da hatte ich das Gefühl bis in die Lungenspitzen durchzuatmen), 60 Liegestütze, ein paar andere Planks, 30 Klappmesser-Crunches, Hanteltraining und Stretching zum Schluss. Und jetzt schon wieder das wohlvertraute Wohlgefühl.

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Was unterscheidet eigentlich Crunches von Situps?

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Crunches: Bauchaufzüge, bei denen nur die Schulterblätter über den Boden gehoben werden, reines Bauchmuskeltraining.

Situps: Der Oberkörper wird aufgerichtet, es geht jedesmal aus der liegenden bis in die aufgerichtete Position. Hier werden die Hüftgelenkmuskeln mittrainiert, dieses Training ist für die Wirbelsäule belastend, Leute die Bandscheibenprobleme haben sollten das nicht machen, außerdem wird die Darmperistaltik angeregt, bei manchen Leuten regt das Scheißeritis an.

Klappmesser-Crunches: Gleichzeitig mit dem Crunch werden die Arme hochgestreckt und die Beine angehoben, der Effekt ist ähnlich wie bei Situps, aber schonender.


Wir machen meistens dieses komplette Programm:

https://www.freundin.de/fitness-sit-up-alternativen

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"Eine Frau, die Werbung für US-amerikanische Sportartikelhersteller trage habe das ganz und gar falsche Bewusstsein und tauge nicht als Partnerin für einen Linksradikalen. Der das sagte war Trotzkist und ist heute Unternehmensberater für Prozessmanagement."

Bingo! Großes Kino! Zeigt mal wieder die geistige Verwahrlosung der westlichen Linken.

Du bist Dir schon im Klaren, dass Kampfsporttraining für die Vorbereitung auf Straßenschlachten und Vorbereitung für extreme Kllettertouren mit dem Normaltraining in Fitnesszentern beides nichts zu tun haben?

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Ebensowenig wie der auf dem Laufband die Börsenkurse lesende Topmanager, der in einem der verlinkten Beiträge ohne weiteres als exemplarisch für die heutige Fitnesswelt angeführt wird.

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Die Ansage "Die ist zu schön für Dich, such Dir lieber eine unattraktivere" ist genau solch ein Irrsinn wie die Sache mit der Sportbekleidung. Du scheinst damals ziemlich schadhafte Freunde gehabt zu haben, wenn das denn überhaupt Freunde waren.

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Vielleicht passt da besser der Begriff Kumpels, und das Ganze ließe sich auch unter "Streifzüge des Bizarrologen" veröffentlichen, eine Rubrik die ich wieder mit Leben erfüllen sollte.

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Ist das eine Fortsetzung dieses Threads hier?

https://che2001.blogger.de/stories/1838134/#2710746

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Definitiv nicht.

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Zu Fitnesscentern wurde schon so mancher Blödsinn geschrieben.

In diesem Fall hier:

http://fox.leuphana.de/portal/de/publications/den-koerper-abwenden-und-cool-bleiben(ad9a7342-deff-4a87-9e7f-944e9d9829ff).html

hat die DFG ein mehrjähriges Forschungsstipendium in Schweden finanziert.

Studien, die sich mit den Grundlagen des postfordistischen Kapitalismus und Widerstandsperspektiven dagegen beschäftigen, wie die Materialien für einen Neuen Antiimperialismus bekommen natürlich keine Forschungsgelder.

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Der Nörgler hatte zu diesem Thema seiner Zeit ein cooles Diktum gebracht das ich jetzt leider nicht wiederfinde.

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Das ist insofern eine Unsinnsdebatte als dass Ihr absolut untypisch für die normalen Fitnesscenteruser seid. Jahrelang zusammen in einem Kurs zu trainieren, leistungsorientiert, und nach dem Training zusammen auszugehen, das hat mehr mit klassischem Sportverein zu tun als mit dem was in Fitnesscentern uso ist. Uso ist dort, dass Leute einen Mit- oder Ohnegliedsausweis haben aber nur selten hingehen, oder nur in die Sauna und an die Saftbar. Mit dem Training in Fitnesscentern ist es wie mit den guten Vorsätzen, mit denen der Vorhof zur Hölle gepflastert ist. Die Deutschen im Jahr 2020 sind viel weniger fit als sie es 1980 waren, obwohl es heute eine Fitnesscenter-Industrie gibt die damals gar nicht existierte. Insofern sind die oben verlinkten Beiträge völlig absurd. Das ist pure Ideologie.

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Und welche Ideologie soll das sein?

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Die Ideologie der Negation des Körperkults
Eine Verbindung aus der Werbung der Fitnessunternehmen selber, solche wie Peloton oder Les Mills mit dem Idealbild eines bestimmten normschönen Körpers und dem Versprechen, einen solchen Körper zu bekommen wenn mensch ein ganz bestimmtes Training absolviert und dass das Voraussetzung sei um sich im eigenen Körper wohlzufühlen kombiniert mit der Unterstellung, die Trainierenden würden diese Ideologie verinnerlichen und das auch genauso sehen und einer Vulgata des Biomacht-Axioms von Foucault. Foucaults These, der Turnunterricht in der Schule sei eine Disziplinierung des Körpers die auf den Drill auf dem Kasernenhof und die Akkordarbeit in der Fabrik vorbereite mag ja für die Fünfziger, Sechziger und auch noch Siebziger Jahre stimmen. Foucault wohnt aber längst in Nekropolis, und in Metropolis von heute wird das von seinen Epigonen auf heutigen Fit-For-Fun-Sport extrapoliert bar jeder Empirie. Heraus kommt ein sportfeindlicher-nöliger linksliberaler Antifitnessdiskurs den hauptsächlich Leutz vertreten die selber keinen Sport treiben und der uns nun schon seit den Neunziger Jahren belästigt. Es mag ja stimmen dass der früher verpflichtende Zwangssport (Schule, Militär) ebenso wie der milieugeprägte Vereinssport heute durch individualisierte Trainingsformen die in Fitnesscentern als Ware angeboten werden abgelöst wurde. Daraus ergibt sich aber kein dermaßen entfremdet-verdinglichtes Verhältnis der Sportiven zum Sport wie das einige KulturjournalistInnen annehmen.

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Das ist sehr richtig und geradezu weise, danke dafür.
Wäre schon in der alten Fitnessdiskussion mit lacommune das passende Argument gewesen.

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Hochinstruktiver Kommentar, in der Tat.

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Dankeschön;-)

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Die Nachricht als Ware
Bei den Texten stellt sich die Frage, für welche Zielgruppe mit welcher Absicht sie geschrieben wurde. Klar gibt es die beschriebenen Diskurse. Aber geht es hier vielleicht vordergründig einfach nur darum die körperlich eher unfitten, bequemen Menschen zu exculpieren bzw. bauch (sic!) zupinseln?

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Das stimmt zumindest nicht bezogen auf den ersten Beitrag, der ja eine Buchrezension ist. Martschukat ist ein Historiker meiner Generation, der auch aus einer ähnlichen Ecke kommt wie ich, Alltags- und Körpergeschichte. Das mit dem schlecht verstandenen Foucault trifft da schon ganz gut zu. Auch wenn wir teils den gleichen diskursiven Hintergrund haben, bei vielen diese Leute wird mir schlecht, und ich verstehe dann auch alte Genossen wie den Coach, der angesichts solchen Geschwurbels "proletarisch bleiben" forderte und die poststrukturalistischen Diskussionen zur Klassenfrage zurückführen wollte.

Am Ehesten ein Journalist, der für eine bestimmte Zielgruppe schreibt ist der Autor des mittleren Beitrags. Tobi Müller ist ein ziemlich abgehobener Schweizer, heute, was auch sonst, in Berlin lebender Kulturjournalist.

Unter dem letzten Beitrag steht dieser sehr passende Kommentar:

" Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man ja lachen.....

…. Sport als neoliberale Zwangsoptimierung. LOL

Ich will euch ja nicht überfordern, aber ich verrate euch ein Geheimnis:
Sport kann Spaß machen.

Es gibt Leute, die aus reiner Vergnügungssucht Sport treiben.
Ich kenn einen Haufen von der Sorte und bin selber einer :-)

Auf uns wirkt diese Diskussion ziemlich skurril."

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Also bezogen auf Müller mag Deine These stimmen, die anderen sind echte Überzeugungstäter.

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Was ist denn so absurd an dem Forschungsprojekt von Lars Alberth?

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Das Setting. Ausgangshypothese war, dass Männer in den Umkleiden von Fitnesscentern deshalb kaum miteinander reden und Emotionen auf das Nötigste begrenzen würden, weil sie angesichts der Anblicke nackter Männerkörper nicht für schwul gehalten bzw. mit eigener latenter Homosexualität konfrontiert werden wollten. Um dies zu überprüfen wurde eine längere Studie in schwedischen Fitnesscentern durchgeführt, die DFG finanzierte dies. Wieso nun ausgerechnet Schweden mit insgesamt distanzierteren Umgangsformen als in Deutschland beispielhaft sein soll erschließt sich mir nicht. In der Männerumkleide meines Fitnesscenters geht es zu wie an der Theke einer Kneipe: Es wird lebhaft miteinander gequatscht.

Wenn man weiß, dass der Autor an einer Turnhallenphobie leidet wird das Ganze noch fragwürdiger.

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Eigentlich traurig für eine Sozialwissenschaftler, wenn es sich so verhält, daß lediglich an einem Ort, in einer Stadt solche Untersuchung durchgeführt wird, anstatt eine hinreichend große und variante Zahl an Stichproben zu nehmen und vor allem diese Studie in bezug zu den Kulturen zu setzen.

Daß solcher Quark von der DFG finanziert wird, setzt dem ganzen dann die Krone auf. Mit einer These dazu, die vermutlich schon lange vor Beginn der Untersuchung feststand.

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Da kommt noch eines verschärft hinzu: An der Uni Wuppertal, wo Lars Alberth damals wirkte, hielt Detlef Hartmann einen Vortrag zum Thema "Krankfeiern und Sabotage am Arbeitsplatz als Formen der Moralischen Ökonomie", wo er die These vertrat, dies seien heute aktuelle, aber als solche nicht wahrgenommene Formen des Klassenkampfs. Dies fand Alberth wenig überzeugend, uninteressant und auch außerhalb des wissenschaftlichen Diskurses stehend. Hier passt mal des Sozis Begriff der "Scheinlinken".

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Ich weiß jetzt übrigens wieder des Noerglers Reaktion darauf:

Sich nicht nach der Seife bücken und cool bleiben: Zur Herstellung emotionaler Neutralität in den Duschräumen von Justizvollzugsanstalten.

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Du willst gar nicht wissen, wie versaut Frauen in den Duschräumen englischer Fitnesscenter über Kerlinger schwätzen;-)

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