Donnerstag, 3. Dezember 2020
Warum manche Patienten besonders schwer an COVID-19 erkranken – liegt es an Autoantikörpern gegen Interferone?
Liz Szabo, Medscape

3. Dezember 2020


Dr. Megan Ranney, Dozentin für Notfallmedizin an der Brown University, hat viel über COVID-19 gelernt, seit sie im Februar in der Notaufnahme mit der Behandlung von COVID-19-Patienten begann. Eine Frage konnte sie jedoch bislang immer noch nicht beantworten: Warum sind manche Patienten so viel kränker als andere?

Das fortschreitende Alter und die häufig damit verbundenen Grunderkrankungen erklären nur einen Teil des Phänomens, sagt Ranney. Sie erlebt immer wieder, wie Patienten mit ähnlichem Alter, ähnlicher Vorgeschichte und ähnlichem aktuellen Gesundheitszustand extrem unterschiedliche Verläufe zeigen. „Warum wird der eine 40-Jährige schwer krank, während ein anderer nicht einmal stationär behandelt werden muss?“, fragt Ranney.

Es gibt einige interessante neue Untersuchungsergebnisse, nach denen manche Patienten gewissermaßen unter „friendly fire“, also unter „Beschuss durch die eigenen Truppen“ leiden, was in diesem Fall das eigene Immunsystem bedeutet. Die Untersucher hoffen nun, dass diese Ergebnisse ihnen helfen werden, gezielte Therapien für diese Patienten zu entwickeln.

Die Rolle der Interferone und Autoantikörper
Science veröffentlichte eine internationale Studie, nach der etwa 10% von knapp 1.000 COVID-19-Patienten mit lebensbedrohlicher Pneumonie Antikörper gegen wichtige Proteine des Immunsystems, gegen Interferone, entwickelten und diese außer Gefecht setzen [1].

Diese Autoantikörper, die den eigenen Körper angreifen, wurden bei 663 Menschen mit leichten oder asymptomatischen COVID-Verläufen überhaupt nicht gefunden, und von 1.227 gesunden Personen wiesen nur 4 diese Autoantikörper auf. Die Studie wurde vom COVID Human Genetic Effort durchgeführt, dem 200 Forschungszentren in 40 Ländern angehören, und am 23. Oktober veröffentlicht.

Dies gehört zu den wichtigsten Dingen, die wir über das Immunsystem gelernt haben, seit die Pandemie uns in Atem hält. Dr. Eric Topol
„Dies gehört zu den wichtigsten Dingen, die wir über das Immunsystem gelernt haben, seit die Pandemie uns in Atem hält“, sagt Dr. Eric Topol, geschäftsführender Vizepräsident der Forschungsabteilung am Scripps Research in San Diego und Chefredakteur von Medscape, der an dieser neuen Studie nicht beteiligt war. „Dieses Ergebnis ist bahnbrechend.“

In einer 2. Studie desselben Teams zeigte sich, dass weitere 3,5% der kritisch Kranken Mutationen an Genen aufwiesen, welche die Interferone kontrollieren, die an der Virenbekämpfung beteiligt sind [2]. Da der Körper 500 bis 600 solcher Gene besitzt, ist es möglich, dass Forscher weitere Mutationen finden werden, sagte der Hauptautor der 2. Studie, Dr. Qian Zhang vom Rockefeller University's St. Giles Laboratory of Human Genetics of Infectious Diseases.

Vor COVID-19 waren sie (die Autoantikörper) wie Schläfer. Dr. Paul Bastard

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