Dienstag, 28. März 2006
Elemente der Gegenaufklärung, heute: Liberale auf Abwegen
che2001, 00:39h
Dass sich in der Nachbarschaft von Ausländerfeinden auch Liberale finden mutet absurd an. Liberalismus zeichnet sich bekanntlich durch Toleranz und im Allgemeinen auch Kosmopolitismus aus. Nun steht aber die FDP, da kann auch kein optimistisches Westergrinsen drüber hinwegtäuschen, in einer besonders heiklen Position. Mit der Agenda 2010 und spätestens den Hartz-Reformen III und IV hat sich die rot-grüne Bundesregierung ein wirtschaftsliberales Programm gegeben. Außer der linkspopulistischen PDS/Linkspartei/WASG sind nun alle im Bundestag vertretenen Parteien an einem wirtschaftsliberalen Programm beteiligt. Auf der anderen Seite haben die Grünen sich im Bereich politischer Liberalismus im Sinne von liberaler Innen- und Rechtspolitik, Bürger- und Menschenrechten längst zur liberalen Partei gemausert. Im Gegentum zur FDP sind sie hier sehr stark mit Selbsthilfeorganisationen, NGOS und karitativen Netzwerken, kurz, der Zivilgesellschaft verbunden und somit die eigentliche politisch liberale Partei in Deutschland. Damit ist für die FDP die Legitimation ihrer Existenz in Frage gestellt. Es gibt zwei logische Weisen, darauf zu reagieren. Entweder profiliert man sich über radikal wirtschaftsliberale Positionen, unterstellt allen Anderen, den Wirtschaftsliberalismus zu verwässern und behauptet die eigentliche Reformpartei zu sein. Oder aber, man nimmt sich ein Vorbild an Haiders FPÖ und verbindet Nationalliberalismus mit einer besonderen Form von Ausländerfeindlichkeit, die sich nicht gegen Ausländer an sich, sondern Armutsmigranten richtet. Nun ist die alte nationalliberale Erich-Mende-FDP, die sich nicht groß von der damaligen FPÖ unterschied, seit fast 40 Jahren Geschichte. Mit dem Freiburger Programm, das auf einen Disput zwischen Altopoda und Adhomaha, also Albert Popper Topitsch Dahrendorf und Adorno Horkheimer Marcuse Habermas, inkarniert durch Ralf Dahrendorf und Rudi Dutschke zurückging, hatte sich die FDP in der Zeit der rotgelben Koalition zu deren eigentlicher Reformpartei gemausert. Das Programm umfasste folgende Punkte:
* "Liberalismus nimmt Partei für Menschenwürde durch Selbstbestimmung"
* "Liberalismus nimmt Partei für Fortschritt durch Vernunft"
* "Liberalismus fordert Demokratisierung der Gesellschaft"
* "Liberalismus fordert Reform des Kapitalismus"
Otto Graf Lambsdorff war als Hayek-Anhänger in der FDP ein Außenseiter. Er importierte quasi Hayeks in Deutschland nicht verwurzelte Hardcore-wirtschaftsliberale Lehre. Die Reformkräfte in der FDP, die ihre Impulse aus den Dialog Kritischer Rationalismus versus Kritische Theorie bezogen, konzentrierten sich vor allem um die Parteijugendorganisation Jungdemokraten (Judos). So war es der erste Schlag des Kreises um Lambsdorff, durch Gründung einer zweiten, wirtschaftsliberalen Jugendorganisation (Jungliberale, Julis) die Reformkräfte zu isolieren und den Coup von 1982, die Bonner Wende, vorzubereiten. Nach dem Regierungswechsel wurden die Judos aus der Partei verstoßen, und andere Reformkräfte traten teils zur SPD über (Ingrid Matthäus Meier, Günter Verheugen) oder gründeten die radikal pazifistische linksliberale Splitterpartei Liberale Demokraten, die im Windschatten der Grünen nicht überlebensfähig war. Dennoch waren die Reformliberalen nicht aus der Welt, Leute wie Gerhart Rudolf Baum, Burkhard Hirsch, Irmgard Adam-Schwätzer , Hildegard Hamm-Brücher oder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger waren nicht ohne Einfluss, auch wenn sie die Partei insgesamt nicht prägten. Jetzt scheint es Kräfte zu geben, die die FDP zurückbringen wollen in die Zeit vor Freiburg, also die Uhr um knapp 40 Jahre zurückdrehen, und dabei wirtschaftlich nicht nur an Hayek, sondern an dessen brutaleren Epigonen und Vollstrecker Milton Friedman und seinen verstaubten Lehrmeister von Mises anknüpfen wollen. Es scheint weiter so zu sein, dass eben diese Kräfte sowohl die verschärft wirtschaftsliberale als auch die nationalliberal-wohlstandsrassistische Richtung zusammenführen wollen. Ich würde nicht, wie gelegentlich geschehen, solche Leute als bräunlich bezeichnen und in die Nähe von Nazis rücken. Aber wer ahistorisch einen längst Geschichte gewordenen, von der Entwicklung der Partei überholten Liberalismus wiederherstellen will, ist ebenso wie Konservative, die sich rechts von ihrer eigenen Regierungschefin positionieren, schlicht und einfach reaktionär. Und wahrscheinlich erfolgreich dabei, die FDP auf unter 5 Prozent zu bringen.
* "Liberalismus nimmt Partei für Menschenwürde durch Selbstbestimmung"
* "Liberalismus nimmt Partei für Fortschritt durch Vernunft"
* "Liberalismus fordert Demokratisierung der Gesellschaft"
* "Liberalismus fordert Reform des Kapitalismus"
Otto Graf Lambsdorff war als Hayek-Anhänger in der FDP ein Außenseiter. Er importierte quasi Hayeks in Deutschland nicht verwurzelte Hardcore-wirtschaftsliberale Lehre. Die Reformkräfte in der FDP, die ihre Impulse aus den Dialog Kritischer Rationalismus versus Kritische Theorie bezogen, konzentrierten sich vor allem um die Parteijugendorganisation Jungdemokraten (Judos). So war es der erste Schlag des Kreises um Lambsdorff, durch Gründung einer zweiten, wirtschaftsliberalen Jugendorganisation (Jungliberale, Julis) die Reformkräfte zu isolieren und den Coup von 1982, die Bonner Wende, vorzubereiten. Nach dem Regierungswechsel wurden die Judos aus der Partei verstoßen, und andere Reformkräfte traten teils zur SPD über (Ingrid Matthäus Meier, Günter Verheugen) oder gründeten die radikal pazifistische linksliberale Splitterpartei Liberale Demokraten, die im Windschatten der Grünen nicht überlebensfähig war. Dennoch waren die Reformliberalen nicht aus der Welt, Leute wie Gerhart Rudolf Baum, Burkhard Hirsch, Irmgard Adam-Schwätzer , Hildegard Hamm-Brücher oder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger waren nicht ohne Einfluss, auch wenn sie die Partei insgesamt nicht prägten. Jetzt scheint es Kräfte zu geben, die die FDP zurückbringen wollen in die Zeit vor Freiburg, also die Uhr um knapp 40 Jahre zurückdrehen, und dabei wirtschaftlich nicht nur an Hayek, sondern an dessen brutaleren Epigonen und Vollstrecker Milton Friedman und seinen verstaubten Lehrmeister von Mises anknüpfen wollen. Es scheint weiter so zu sein, dass eben diese Kräfte sowohl die verschärft wirtschaftsliberale als auch die nationalliberal-wohlstandsrassistische Richtung zusammenführen wollen. Ich würde nicht, wie gelegentlich geschehen, solche Leute als bräunlich bezeichnen und in die Nähe von Nazis rücken. Aber wer ahistorisch einen längst Geschichte gewordenen, von der Entwicklung der Partei überholten Liberalismus wiederherstellen will, ist ebenso wie Konservative, die sich rechts von ihrer eigenen Regierungschefin positionieren, schlicht und einfach reaktionär. Und wahrscheinlich erfolgreich dabei, die FDP auf unter 5 Prozent zu bringen.
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nixxon,
Dienstag, 28. März 2006, 00:48
Lass uns den Reaktionären um die Püppchen die Daumen ganz feste drücken! :-)
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are,
Dienstag, 28. März 2006, 01:13
Che, wie nimmst Du denn da die Abgrenzung zu Libertären und zu Neocons vor?
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che2001,
Dienstag, 28. März 2006, 14:44
Später, das ist ein weites Feld. Wobei ich doch noch mal anmerken möchte, dass "Libertäre" ursprünglich Anarchisten bezeichnet.
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auch-einer,
Dienstag, 28. März 2006, 11:24
zustimmung zu den thesen:
- die regierungsparteien verfolgen ähnliche ziele wie den wirtschaftsliberalismus der fdp
- die grünen verfolgen altliberale ziele (vorrang des individuums, menschenrechte, bürgerrecht) deutlicher und wahrnehmbarer als die fdp
und der folgerung: da wird es eng für die fdp.
könnte es sein, dass dahinter noch mehr steckt?
was, wenn die fdp sowas wie eine partei neuen typs ist? die zukunftspartei, die schnörkellos und augenscheinlich zeigt, was in der politik sache ist und worum es dort wirklich geht: posten besetzen.
also abkehr von programmatischen aussagen und entwürfen, stattdessen der versuch, den zeitgeist zu erfassen um ihm zu entsprechen und auf jeder welle zu reiten, die eben vorbeirauscht.
das liesse sich auch so auffassen, dass sich das alte bürgertum *), als dessen repräsentant ich die fdp sehe, nicht mehr in der lage sieht, verbindende werte zu formulieren. da bleibt dann nur noch platte besitzstandwahrung im sinne eines herrenzynischen jeder ist seines glückes schmied.
eigentlich erstaunlich, dass dieser karrieristenverein auch noch wähler findet.
interessant auch, dass die fdp genauso eine regionale partei ist, wie die grünen. könnte zur aussage führen, dass es in neufünfland kein bürgertum gibt, und wenn, dann erst seit fünfzehn jahren. könnte aber auch daran liegen, dass es in neufünfland für diese klientel andere parteien gibt, die ebenfalls posten und besitzstandwahrung bieten.
in diesem zusammenhang wäre auch die aussage möglich, dass die karriere als berufspolitiker in neufünfland, zu zeiten der sed-diktatur wie auch heute, ein ausweg für diejenigen ist, die in zivilberufen unterlegen sind. dieser aspekt der negativen karriere wird bislang wenig beachtet, bzw, nur vordergründig - überrepräsentierung von öffentlich bediensteten - wahrgenommen.
*) altes bürgertum: akademisch gebildete freiberufler, professoren, hohe beamte, die diese berufe über generationen ausüben.
neues bürgertum: akademisch gebildete freiberufler, hochschullehrer, die ihren beruf aufgrund sozialen aufstiegs ausüben.
- die regierungsparteien verfolgen ähnliche ziele wie den wirtschaftsliberalismus der fdp
- die grünen verfolgen altliberale ziele (vorrang des individuums, menschenrechte, bürgerrecht) deutlicher und wahrnehmbarer als die fdp
und der folgerung: da wird es eng für die fdp.
könnte es sein, dass dahinter noch mehr steckt?
was, wenn die fdp sowas wie eine partei neuen typs ist? die zukunftspartei, die schnörkellos und augenscheinlich zeigt, was in der politik sache ist und worum es dort wirklich geht: posten besetzen.
also abkehr von programmatischen aussagen und entwürfen, stattdessen der versuch, den zeitgeist zu erfassen um ihm zu entsprechen und auf jeder welle zu reiten, die eben vorbeirauscht.
das liesse sich auch so auffassen, dass sich das alte bürgertum *), als dessen repräsentant ich die fdp sehe, nicht mehr in der lage sieht, verbindende werte zu formulieren. da bleibt dann nur noch platte besitzstandwahrung im sinne eines herrenzynischen jeder ist seines glückes schmied.
eigentlich erstaunlich, dass dieser karrieristenverein auch noch wähler findet.
interessant auch, dass die fdp genauso eine regionale partei ist, wie die grünen. könnte zur aussage führen, dass es in neufünfland kein bürgertum gibt, und wenn, dann erst seit fünfzehn jahren. könnte aber auch daran liegen, dass es in neufünfland für diese klientel andere parteien gibt, die ebenfalls posten und besitzstandwahrung bieten.
in diesem zusammenhang wäre auch die aussage möglich, dass die karriere als berufspolitiker in neufünfland, zu zeiten der sed-diktatur wie auch heute, ein ausweg für diejenigen ist, die in zivilberufen unterlegen sind. dieser aspekt der negativen karriere wird bislang wenig beachtet, bzw, nur vordergründig - überrepräsentierung von öffentlich bediensteten - wahrgenommen.
*) altes bürgertum: akademisch gebildete freiberufler, professoren, hohe beamte, die diese berufe über generationen ausüben.
neues bürgertum: akademisch gebildete freiberufler, hochschullehrer, die ihren beruf aufgrund sozialen aufstiegs ausüben.
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che2001,
Dienstag, 28. März 2006, 11:58
Wie von Dir gewohnt klug beobachtet. In diesem Zusammenhang dürfte dem Rechtsliberalismus eine Steigbügelfunktion zukommen: Junge FDPler benutzen Hayek & CO als Vehikel, um sich gegen die alten Parteigrößen zu positionieren.
Was Du als altes und neues Bürgertum bezeichnest, trifft es gut, lässt aber eine Kernschicht des Bürgertums vermissen - die eigentliche Bourgeoisie, also Großunternehmer, Großaktionäre, Topmanager. Die allerdings sind eher bei den großen Volksparteien zu finden, weder bei FDP noch Grünen. Insofern ließe sich zwischen liberalem Bürgertum und Großbürgertum unterscheiden, wobei die monolithischen bürgerlichen Milieus und die tradierte bürgerliche Kultur natürlich längst erodiert sind.
Die Politik als berufliches Tummelfeld von Zivilversagern - die These gefällt mir gut :-)
Was Du als altes und neues Bürgertum bezeichnest, trifft es gut, lässt aber eine Kernschicht des Bürgertums vermissen - die eigentliche Bourgeoisie, also Großunternehmer, Großaktionäre, Topmanager. Die allerdings sind eher bei den großen Volksparteien zu finden, weder bei FDP noch Grünen. Insofern ließe sich zwischen liberalem Bürgertum und Großbürgertum unterscheiden, wobei die monolithischen bürgerlichen Milieus und die tradierte bürgerliche Kultur natürlich längst erodiert sind.
Die Politik als berufliches Tummelfeld von Zivilversagern - die These gefällt mir gut :-)
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loellie,
Dienstag, 28. März 2006, 17:33
neinneinnein
Der hier vorliegenden Definition des neuen Buergertums wiederspreche ich wehement. Sozialer Aufstieg kann nur bei Durchlaessigkeit sozialer Schichten gelingen und diese ist in Deutschland nicht gegeben. Dass mir, im Gegensatz zu dir Che, der Umgang mit Antideutschen im Besonderen und politisch aktiven linken Gruppen im Allgemeinen erspart blieb, ist ausschliesslich auf die von Akademikergoeren gelebten Ressentiments wider die Arbeiterklasse, wider das Proletariat, wider Homosexuelle usw. usf., zurueckzufuehren.
LOL ... Zivilversager ... der ist gut, aber kein spezifisch liberales Phaenomen.
Der hier vorliegenden Definition des neuen Buergertums wiederspreche ich wehement. Sozialer Aufstieg kann nur bei Durchlaessigkeit sozialer Schichten gelingen und diese ist in Deutschland nicht gegeben. Dass mir, im Gegensatz zu dir Che, der Umgang mit Antideutschen im Besonderen und politisch aktiven linken Gruppen im Allgemeinen erspart blieb, ist ausschliesslich auf die von Akademikergoeren gelebten Ressentiments wider die Arbeiterklasse, wider das Proletariat, wider Homosexuelle usw. usf., zurueckzufuehren.
LOL ... Zivilversager ... der ist gut, aber kein spezifisch liberales Phaenomen.
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che2001,
Dienstag, 28. März 2006, 17:51
Na, da kenne ich aber etliche Arbeiterkinder, die sozial aufgestiegen sind (häufiges Kennzeichen: Benehmen sich viel leistungsfixierter und reden akademischer als die Bürgerlichen). Ist vielleicht eine Altersfrage: In den 70ern und 80ern war diese Gesellschaft sozial durchlässiger, als sie es heute ist, in den 50ern und 60ern war Auftstieg leichter möglich, weil man Nachkriegsboom hatte. Mein Vater z.B. hat es als Sohn einer halbalphabetisierten Landarbeiterin zum Manager gebracht. Der Aufstieg ist heute nicht mehr möglich, der Sieg der Generation Kohl.
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auch-einer,
Freitag, 31. März 2006, 11:24
"Sozialer Aufstieg kann nur bei Durchlaessigkeit sozialer Schichten gelingen und diese ist in Deutschland nicht gegeben."
zustimmung zur these, dass sozialer aufstieg inzwischen so gut wie unmöglich ist.
die durchlässigkeit der sozialen schichten geht inzwischen dahin, dass sozialer abstieg eine reale perspektive geworden ist. wurde so übrigens nie thematisiert, durchlässigkeit geht in der lehre immer nur von unten nach oben. noch ein beleg dafür, dass gesellschaftswissenschaftler gesellschaftliche aufsteiger sind, und das von anbeginn ihrer zunft.
das mit dem so gut wie unmögliche sozialen aufstieg ist allerdings eine entwicklung der neueren zeit. ohne jetzt ein märchenerzähler scheinen zu wollen:
in der folge des 2. weltkriegs waren da einige ganz erstaunliche karrieren möglich, so vom schwarzmarkthändler zum generaldirektor. war aber nicht typisch. typisch war für die fünfziger jahre eher, dass akademiker eine kleine schicht waren. von daher waren untere und mittlere bildungsabschlüsse die regel und auch die basis für aufsteiger.
übrigens gab es da schon ende der fünfziger das problem, dass vom verdienst her eine tätigkeit als hilfsarbeiter sehr viel lukrativer war, als eine lehre - es war damals möglich, nach abgang von der hauptschule eine lehre im metallbereich zu machen, obwohl da schon damals anforderungen gestellt wurden - anzufangen, was damals hiess, drei jahre lang der arsch zu sein; darin wurde ja auch der erzieherische wert der lehre gesehen. so dass die industrie tatsächlich fürchtete, bald nicht mehr genug facharbeiter zu haben.
das mit den unteren und mittleren bildungabschlüssen sollte sich in der zeit mitte sechziger bis so mitte der siebziger gründlich ändern. in diese zeit fällt der ausbau der oberschulen (langte aber trotzdem nie, wegen geburtenstarker jahrgänge) und auch oder in folge der universitäten (der ganze bereich fachhochschulen und auch so manche universität wurden damals förmlich aus dem boden gestampft). gleichzeitig wurde auch der öffentliche dienst ausgebaut, wohl auch eine folge der sozialliberalen koalition, obwohl der moderne vorsorgestaat sich genauso auf überlegungen des human engineering, also amerikanische überlegungen der fünfziger und sechziger jahre, verkörpert durch robert kennedy zurückführen lässt. was insgesamt zu einem gewaltigen programm für den sozialen aufstieg führen sollte.
wie schon angedeutet, damals von liberaler seite vehement betrieben, und damals eine kernforderung der sozialdemokratie: chancengleichheit. wie überhaupt die spd die partei des sozialen aufstiegs ist, was in folge heute ihr hauptproblem ist, dass der so nicht mehr möglich ist.
wobei die frage ist, was heute die akademikergören so umtreibt. denn, eigentlich bin ich schon etwas neugierig, was wir für die kommende zeit zu erwarten haben.
wenig gutes, scheint mir.
zumindest in den unteren und mittleren schichten nimmt die verunsicherung, und in folge eine vorliebe für rigide gesellschaftliche organisation zu (oder so rum: wer nach recht und ordnung schreit, outet sich damit als verlierer). aber vorsicht, nicht alle arbeitslosen jugendlichen sind glatzen, und auch der umkehrschluss, einfach den glatzen arbeit gegeben, und schon sind sie wieder gute jungen, stimmt nicht.
und auch bei akademikers scheint es rundzugehen. das was in dieser sammlung von erörterungen zu den neuesten tendenzen des liberalismus erörtert wird, ist die zunehmende fremdenfeindlichkeit auch dieser leute, wobei erschwerend hinzu kommt, dass die es besser wissen könnten.
zustimmung zur these, dass sozialer aufstieg inzwischen so gut wie unmöglich ist.
die durchlässigkeit der sozialen schichten geht inzwischen dahin, dass sozialer abstieg eine reale perspektive geworden ist. wurde so übrigens nie thematisiert, durchlässigkeit geht in der lehre immer nur von unten nach oben. noch ein beleg dafür, dass gesellschaftswissenschaftler gesellschaftliche aufsteiger sind, und das von anbeginn ihrer zunft.
das mit dem so gut wie unmögliche sozialen aufstieg ist allerdings eine entwicklung der neueren zeit. ohne jetzt ein märchenerzähler scheinen zu wollen:
in der folge des 2. weltkriegs waren da einige ganz erstaunliche karrieren möglich, so vom schwarzmarkthändler zum generaldirektor. war aber nicht typisch. typisch war für die fünfziger jahre eher, dass akademiker eine kleine schicht waren. von daher waren untere und mittlere bildungsabschlüsse die regel und auch die basis für aufsteiger.
übrigens gab es da schon ende der fünfziger das problem, dass vom verdienst her eine tätigkeit als hilfsarbeiter sehr viel lukrativer war, als eine lehre - es war damals möglich, nach abgang von der hauptschule eine lehre im metallbereich zu machen, obwohl da schon damals anforderungen gestellt wurden - anzufangen, was damals hiess, drei jahre lang der arsch zu sein; darin wurde ja auch der erzieherische wert der lehre gesehen. so dass die industrie tatsächlich fürchtete, bald nicht mehr genug facharbeiter zu haben.
das mit den unteren und mittleren bildungabschlüssen sollte sich in der zeit mitte sechziger bis so mitte der siebziger gründlich ändern. in diese zeit fällt der ausbau der oberschulen (langte aber trotzdem nie, wegen geburtenstarker jahrgänge) und auch oder in folge der universitäten (der ganze bereich fachhochschulen und auch so manche universität wurden damals förmlich aus dem boden gestampft). gleichzeitig wurde auch der öffentliche dienst ausgebaut, wohl auch eine folge der sozialliberalen koalition, obwohl der moderne vorsorgestaat sich genauso auf überlegungen des human engineering, also amerikanische überlegungen der fünfziger und sechziger jahre, verkörpert durch robert kennedy zurückführen lässt. was insgesamt zu einem gewaltigen programm für den sozialen aufstieg führen sollte.
wie schon angedeutet, damals von liberaler seite vehement betrieben, und damals eine kernforderung der sozialdemokratie: chancengleichheit. wie überhaupt die spd die partei des sozialen aufstiegs ist, was in folge heute ihr hauptproblem ist, dass der so nicht mehr möglich ist.
wobei die frage ist, was heute die akademikergören so umtreibt. denn, eigentlich bin ich schon etwas neugierig, was wir für die kommende zeit zu erwarten haben.
wenig gutes, scheint mir.
zumindest in den unteren und mittleren schichten nimmt die verunsicherung, und in folge eine vorliebe für rigide gesellschaftliche organisation zu (oder so rum: wer nach recht und ordnung schreit, outet sich damit als verlierer). aber vorsicht, nicht alle arbeitslosen jugendlichen sind glatzen, und auch der umkehrschluss, einfach den glatzen arbeit gegeben, und schon sind sie wieder gute jungen, stimmt nicht.
und auch bei akademikers scheint es rundzugehen. das was in dieser sammlung von erörterungen zu den neuesten tendenzen des liberalismus erörtert wird, ist die zunehmende fremdenfeindlichkeit auch dieser leute, wobei erschwerend hinzu kommt, dass die es besser wissen könnten.
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che2001,
Freitag, 31. März 2006, 12:45
Zustimmung. Wobei, ich möchte mal etwas gegen den Mythos sagen, die Glatzen seien arbeitslose Hauptschulabsolventen aus der Unterschicht: Stimmt nicht! Die Attentäter von Hünxe z.B. (Ihr wisst schon, die die Zeinab angezündet haben) waren die Kinder von Gastwirten, Hotelbesitzern, selbstständigen Handwerksmeistern, entstammten also einem Kernmilieu des Kleinbürgertums, genauer der richtig klassischen pétite bourgeoisie. Die Faschos, die sich früher in Göttingen um den Nazi Karl Polacek scharten, waren überwiegend Bauern- Handwerker- und Gastwirtskids aus den kleinen Käffern im Solling, die damalige Auseinandersetzung Faschos- Autonome war auch eine Auseinandersetzung ländlicher Mief - multikulturelle Großstadt (da fallen mir glatt Parallelen zum Bürgerkrieg um Sarajevo und Dubrovnik ein). Wo die Glatzen "proletarisch" sind, da kommen sie zumindest nicht aus den Arbeiter-Kernmilieus.
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.wlg,
Dienstag, 28. März 2006, 12:18
zum thema...
sei auf diesen artikel verwiesen:
"Ich wehre mich gegen jede Sonderbehandlung als Jude" -
URI AVNERY zum Nahostkonflikt und zu deutscher Feigheit
http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=87911&IDC=2
"Ich wehre mich gegen jede Sonderbehandlung als Jude" -
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http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=87911&IDC=2
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