Samstag, 10. Januar 2009
Ein Brief von Neuköllner MigrantInnen
Dieser Brief, der sich auf die Abwesenheit der deutschen Berliner Linken auf Antikriegsdemos bezieht offenbart Zerfallsprozesse und eine Lähmung der deutschen Linken, die in der Tat erschreckend ist wobei ich mich hiervon, im Gegensatz zu allen vergleichbaren Situationen in meinem Leben, noch nicht mal ausnerhmen kann).

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Die Linke bei Merkel und Djihad in Neukölln

„We always stand on the side of the oppressed”
(Tony Cliff)

1. Doppelstandards der Westens und das Schweigen der Linken
Der Krieg der israelischen Regierung gegen Gaza ist keine
Verteidigungsaktion, sondern eine kalkulierte humanitäre Katastrophe.
So sehr man auch die Hamas und ihre reaktionäre Ideologie ablehnt,
darf man nicht vergessen, wer die Leidtragenden dieses Krieges sind.
Die Hamas wird, so wie auch die Hizbollah nach dem letzten Libanon-
Krieg, als
politischen Sieger aus diesem Krieg hervorgehen. Der radikale
Islamismus wird im ganzen Nahen Osten an Auftrieb gewinnen, das ist
sicher und das weiß jeder, der die Grundarithmetik von Politik kennt.
Der Westen steht wie erwartet hinter Israel. Die deutsche Regierung
tut sich als besonders loyal hervor, in dem vom Merkel oder
Steinmeier (im Gegensatz zu Sarkozy) nicht ein kritisches Wort über
die israelische Armee verloren haben. Man muss sich vergegenwärtigen,
was für eine Praxis hier ablief: 1,5 Millionen Menschen sind
eingeriegelt, es werden weder genug Nahrung noch Medizin rein
gelassen – ein Frachter der Initiative „Free Gaza“ mit 3,5 Tonnen
Medizin und halbes Duzend Ärzte wurde von
der Armee beschossen und gerammt! Nach diesen Monaten des
Ausnahmezustandes regnen nun Bomben auf diesem Gebiet. Dieses
Szenario hätte überall sonst eine Welle der Empörung ausgerufen –
doch hier ist es der sensibelste Teil des westlichen Blocks - und sie
stehen zusammen! Hätte irgendwer aus dem westlichen Block irgendwo
sonst diese Praxis vorgelegt, wäre der Aufschrei der Linken kaum zu
überhören – doch hier, vor der Gefahr des antisemitischen
Ressentiments, schweigt die Linke in Deutschland! Dieses Schweigen
wird aber teuer zu bezahlen sein!

2. Das Imperium und der moralische Defekt der Linken
Mit ihrem Schweigen zu diesem Konflikt verabschiedet sich die Linke
aus dem Kampf gegen das westliche Imperium und nimmt einen
schwerwiegenden moralischen Defekt in Kauf. Der Hintergrund ist
verständlich: im Nahen Osten, das Zentrum des imperialen Spiels,
fehlt ein sichtbarer emanzipatorischer Block. Jede weitere Brutalität
und Barbarei
des Westens ruft noch mehr reaktionäre und ebenso antiemanzipatorische
Gegenbewegungen hervor. Der Mittlere Osten erscheint mehr und mehr
als das „Schlachtfeld des Bösen“, und ist Israel im Spiel, schwappt
ein Antisemitismus hoch, deren Wellen bis nach Westen selbst reichen,
direkt in die Segel der radikalen Rechten. Dieses schwierige,
komplizierte und verminte Terrain rechtfertigt dennoch keine geistige
und praktische Kapitulation, wie wir es zu Zeit auf der deutschen
Linken erleben. Sie
verliert mit ihrem Kopf im Sand mehr als nur eine politische
Gelegenheit. Sie verliert ihren antiimperialen Grundethos, und dazu
noch eine Defekt in dem humanistischen Grundkodex. So reaktionär der
Islamismus auch ist, es ist der Westen der diese Regionen seit
Jahrzehnten imperial dominiert und mit Krieg überzieht. Nicht nur
dies scheint in Vergessenheit zu geraten. Darüber hinaus werden die
Linken von einem Zynismus erfasst,
indem ihnen das Schicksal von Menschen, die von den Stärkeren
unterdrückt werden, egal wird. Dieses Abstumpfen wird ein hoher Preis
sein für die Qualität der deutschen Linken, und ihre Spuren werden
ihre moralische und kulturelle Ausstrahlung, subjektiv oft unbemerkt,
aber nachhaltig und schwächen.

3. Adieu Neukölln
Sehr oft wurde selbstkritisch die mangelnde Verankerung der Linken in
den migrantischen Milieus beklagt, vieles wurde versucht, mit wenig
Erfolg. Am letzten Wochenende waren zehntausende Migranten,
überwiegend jugendliche auf der Strasse. Es herrscht Aufruhr,
insbesondere in den arabischen Gemeinden, nicht zuletzt weil viele
Familien und Bekannte unter den Bombenhagel haben. Durch ihre
Abwesenheit hat die Linke auf mehrer Ebenen versagt: sie ließ diese
Menschen alleine, wodurch das Gefühl kaum zu unterdrücken war, der
Mehrheitsgesellschaft sind ihrer Sorgen egal. Wenn noch nicht mal die
Linken bei Ihnen sind, wenn westlich finanzierte und politisch
gedeckte Bomber ihre Familien bedrohen, dann erscheint die
Gesellschaft nicht gerade einladend.
Die Linken versäumten darüber hinaus eine seltene Chance, mit
diesen Leuten in Kontakt zu kommen, zu denen sie aus ihrer sozialen
Lage heraus sonst kaum organische Beziehungen haben. Sie versäumten
ihre Funktion, einen emanzipatorischen Kanal für eine legitime Wut zu
schaffen, eine politische Heimat zu eröffnen, in der auch die
biographische Heimatfindung erleichtert wird. Diese Chance werden sie
sobald nicht mehr bekommen. Denn während der überwältigende Teil der
Linken mit ihrer Passivität, Ignoranz und Ansätzen von Zynismus
faktisch bei Merkel stand, wussten die radikal- islamistischen
Agitatoren von ihrer Chance – das Gefühl der Ignoranz seitens der
westlichen Einwohner war die beste Saat, um den Djihad zu pflanzen,
hier, vor unserer Haustüren, in unseren angesagten Vierteln. Die
Früchte des Zorns werden in nahe Zukunft
aufgehen, die Linken werden sie in diesem Lande nicht mehr ernten.
Während in Athen und Malmö die linksradikalen und die Arab-Kids
gemeinsam kämpfen und auf Barrikaden Freundschaften schließen,
verspielt die Linke hier das Terrain der migrantischen Milieus für
Jahre, vielleicht für eine ganze Generation."

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Linksruck/Marx21
das Tony Cliff Zitat am Anfang offenbart das als Linksruck/Marx21 Schreiben. Schön, das die ex-Juso Linkspartei funktionären jetzt Stellvertretend für Migrantinnen solche Briefe verfassen.

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Der Autor hat aber einen höchst arabischen Namen und ist noch ziemlich jung. Hat mich angemailt über einen internen Verteiler der autonomen Antirassismusgruppen und verschiedener Migrantenselbsthilfeorganisationen.

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der Name ist Persisch, FWIW.

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Du hast recht, ich langte daneben, das ist Persisch.

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Es ist kein "Zerfallsprozess", die deutsche Linke ist schon längst zerfallen. Die übrig gebliebenen AktivistInnen, vor allem die jüngeren Aktivistinnen und Aktivisten kennen nur eins(vor allem in den letzten Jahren), die beschäftigung mit sich selbst(also den Linken Strukturen). Über die endlossen antisemitmus Diskussionen und theoretischen Positionierungen zum Israel/Palästina-Konflikt, wurde jede praktische Arbeit und Kampanienfähigkeit aufgeben. Auf die einzigen gemeinsamen Kampangen, auf die man sich noch einigen kann, sind zum größtenteil Kampangen gegen "Nazis". Es gibt genug junge Menschen die keine andere politische Arbeit, als Antifa-Arbeit kennen(neben der Beschäftigung mit sich selbst). Ich will damit nicht, die Antifa-Arbeit und/oder die Diskussionen als "unwichtig" hinstellen. Die Fixierung darauf, schafft allerdings keine langfristige politische Perspektive. Die Lähmung der deutschen Linken, zum aktuellen Konflikt ist bloß eine Folge dessen, was in den letzten Jahren vorbereitet wurde.

Vielleicht ist mein Feststellung zu pauschal und ich werde damit der vereinzelt hervorragenden Arbeit von lokalen Gruppen nicht gerecht.

Ich würde den letzten Satz, aus dem Brief weiter fassen. Die Linke verspielt nicht nur das Terrain der migrantischen Milieus, sondern das gesamte Terrain jugendlicher Milieus.

Ok, nun könnt ihr mich als linken Desillusionisten betiteln. ;)

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Schon lange nicht mehr so einen verquasten, moralisierenden Stuss gelesen. Und deshalb soll ich mit Mili Görüs demonstrieren gehen? Schwachsinn!

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Israelhasser auf der Suche nach Bündnispartnern
Der fehlende Schulterschluss gegen Israel "den zionistischen Feind" sei also eine "verspielte Chance der Linken" für mehrere Generationen?

Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee für vernünftige Linke darstellt, gemeinsam mit Israel- und Judenhassern auf die Straße zu gehen, welche dir im nächsten Moment erzählen, dass A.H. ja ein toller Staatsmann gewesen sei.

Im Übrigen gibt es ja beispielsweise Pazifisten, die für Frieden demonstrieren - und damit auch gegen den Bombenterror der Hamas. Irgendwie scheinen die für den verblödet-hysterischen Briefschreiber nicht zu zählen - die existieren wohl nicht.

Sind vermutlich nicht "antizionistisch" genug...

Im Übrigen fehlt mir jegliches Interesse, gemeinsam mit "Arab-Kids", die sich mit Amphetaminen vollstopfen und als einziges Thema "den Zionismus" kennen, zu kämpfen.

Da fehlt schlicht: Das gemeinsame Interesse.

Sollte demzufolge tatsächlich eine komplette Generation arabischer Kids und Jugendlicher keinen Weg in die deutsche Linke finden, dann begrüße ich das sehr.

Ich hoffe im Übrigen sehr darauf, dass es intelligente arabische Kids/Jugendliche mit Verstand, Friedens- und Ausgleichswillen gibt, die sich vornehmlich für soziale Fragen interessieren und für ihren Beitrag zur Schaffung einer besseren Welt. Auf Anti-Israel-Demonsrationen werde ich sie jedenfalls nicht suchen. Bestimmt nicht.

Che, das kannst du deinem Anti-Israel-Perser gerne auch antworten. Ich bitte darum!

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Ich wende mich da erstmal an die linken Iraner, die ich so kenne. Es geht da, glaube ich, erstmal um gewisse kognitive Dissonanzen: arabische, iranische, kurdische Linksexilanten protestieren gegen diesen Krieg und sehen neben sich auf den Demos fast nur Islamisten, aber wenig deutsche Linke, die sie bisher als ihre Verbündeten betrachteten, und fühlen sich einerseits alleingelassen, fürchten andererseits eine Erstarkung der Islamisten, für die sie das Nichtverhalten deutscher Linker die Schuld geben. Ganz abwegig ist das nicht.

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folget dem link
http://209.85.129.132/search?q=cache:r25eqznjXr8J:aargb.blogsport.de/+aargb&ct=clnk&cd=1

es ist ja nicht nur so, dass die linke den bedrängten die solidarität vwerweigert, im gegenteil: sie unterstützt israel in diesem krieg. wie lysis bemerkt:
"War Protesters - Gratulation, das ist wahrscheinlich die erste Generation von Linken, die für Krieg auf die Straße geht." http://lysis.blogsport.de/2009/01/10/war-protesters/#comments

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Aber Jolly, das ist doch nur der antideutsch geistesgestörte Teil des deutschen Linkradikalismus. Was zählen schon diese "linken" Diffamierungsspezialisten und Schwurbelunfug produzierenden Wortradikalen, denen i.d.R. jegliche geistige Frische abgeht?

Ich finde, sie zählen nicht.

Die hier (Bild aus Bremen vom 9.1.09), die aber zählen!

(Folget dem Link!)

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ansonsten: http://cosmoproletarian-solidarity.blogspot.com/2009/01/querfront-suck-gegen-islamismus-und.html & http://cosmoproletarian-solidarity.blogspot.com/2009/01/querfront-sucks-ii.html

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