Sonntag, 11. Januar 2009
Therapie
Insgesamt war ich dreimal in meinem Leben in der Sitution, zur Pflege meiner Persönlichkeit professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das erste Mal war in der gymnasialen Oberstufe, als ich unter einer postpubertären Zwangsneurose litt und dagegen eine klientenzentrierte Gesprächstherapie mitmachte. Später, nach einer Prüfung an der Uni, fiel ich nach einer extremen Stressphase in eine Entlastungsdepression.Als ich in diesem derangierten Zustand an einer nächtlichen vermummten Aktion teilnahm, die zu Festnahmen und einem Ermittlungsverfahren führte und in der Folge ich massivst observiert wurde (Briefe kamen geöffnet an, Telefon wurde abgehört und ähnliche Nettigkeiten) und schließlich eine Genossin bei einem brutalen Polizeieinsatz getötet und auf das Wohnhaus von FreundInnen ein Brandanschlag verübt wurde fürchtete ich durchzudrehen und nahm daher eine Verhaltenstherapie. Und schließlich machte ich später auch noch eine große Psychoanalyse, um herauszufinen, warum bestimmte Dinge bei mir wie laufen und allgemein mit mir ins Reine zu kommen. Wenn ich im Nachhinein alle drei Therapieformen betrachte, so kann ich keine allzu großen Unterschiede feststellen. OK, bei der Analyse und der Gesprächstherapie spielten Traumdeutung und katathymes Bilderleben eine Rolle, die es bei der Verhaltenstherapie nicht gab. Und bei der Verhaltenstherapie wurde vor allem mein Realitätssinn getestet und auch geschult. Im Große und Ganzen war sich das Alles aber doch sehr ähnlich: Regelmäßige tiefschürfende Gespräche über die eigene seelische Situation, die zunächst hierarchisiert abliefen (Therapeut/in als zwar nicht allwissend, aber doch eindeutig kompetent in Situationen, in denen ich ratlos war oder mich subjektiv hilflos fühlte), bei denen die Hierarchie dann aber allmählich abgebaut wurde. Nun las ich nebenan bei Momorulez über die Jahre immer wieder über die krassen Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulen, insbesondere Analyse und Verhaltenstherapie und kenne auch die hmmelweiten Unterschiede zwischen ihren Klassikern, etwa Freud, Jung, Reich, Adler, Watson oder Skinner, aber in der therapeutischen Praxis hatte ich das nicht erlebt, sondern eher de Eindruck, das war großenteils fast das Gleiche, es hat geholfen, und ich fand es nicht manipulativ. Die großen Unterschiede zwischen den verschiedenen therapeutischen Richtungen erscheinen mir subjektiv eher als etwas längst Überholtes aus ferner Vergangenheit. War meine eigene Erfahrung da einfach sehr speziell, oder lässt sich dazu eine allgemeinere Aussage treffen?

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Es gibt eine Untersuchung des Max-Planck-Instituts, derzufolge der Therapieerfolg nichts mit der therapeutischen Richtung zu tun hat, sondern allein von der Persönlichkeit des Therapeuten abhängt.

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@noergler: Ich würde noch um folgende Passage ergänzen wollen: ....und mit der "Arbeitsbeziehung" zwischen Klient und Therapeut.

Ansonsten würde ich noch hinzufügen wollen, dass bei einigen Problematiken manche Therapieformen anderen vorzuziehen sind und damit etwas bessere Erfolgschancen haben als andere.


@Che: Also ich würde nicht unbedingt behaupten wollen, dass Therapeuten einen so immensen (Wissens)Vorsprung haben, die kochen allesamt auch nur mit Wasser. Vielleicht ist es das (subjektive) Empfinden des Klienten (der ja -nicht zu unrecht- eine gewisse Kompetenz erwartet.....man gibt einen Vertrauensvorschuss, ähnlich wie man es auch bei einem Arzt tut, bei dem man auch davon ausgeht, dass er nach bestem Wissen einem helfen will).
Und dass die Therapien sich ähneln mag in deinem Fall vielleicht eher zufällig gewesen sein (wenngleich viele Therapeuten längst nicht dogmatisch an "ihrer" Linie hängen und längst auch Dinge der "Konkurrenz" übernommen haben. Dennoch: Meines Wissens gibt es so in etwa 400 verschiedene Therapieformen (darunter so illustre wie "Reiki" oder "Reinkarnationstherapie") und das schöne ist: Jede glaubt -mehr oder weniger- die allein selig machende zu sein und bis heute gibt es Analytiker, die von Verhaltenstherapeuten nichts halten und umgekehrt.
Übrigens beziehen mittlerweile auch viele Therapeuten die Techniken der systemischen Familientherapie oder die von Milton Eriksson mit ein (sind ja schließlich auch leicht erlern- und anwendbar und funktionieren oft prächtig)

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Nun ja, es gibt gerade in Deutschland einen noch bedeutenderen Kontext. Im Nationalsozialismus wurden u.a. die Körpertherapeuten, deren Ursprünge älter sind als die der Psychoanalyse - man nimmt sogar an, dass die Psychoanalyse aus den Körperpsychotherapien hervorgegangen ist - ausgebootet. Die meisten der Körperpsychotherapeuten verließen Deutschland und bis heute sind sie hier nur recht wenig vertreten. Interessant ist ja auch, dass z.B. die unitive Körperpsychotherapie auf dem Europäischen Level als vollwertige Therapie anerkannt ist, nur hier in Deutschland, muss man, will man auch Kassenpatienten behandeln, entweder Verhaltenstherapeut sein oder eine psychoanalytische Grundlage haben.

Was das Wissen der Therapeuten angeht. Sie wissen natürlich nichts, was du nicht auch weißt, aber sie haben Mittel und Wege gelernt, dich auf dem Weg zu begleiten, sie sind solidarisch auch mal parteilich, sie konfrontieren ohne zu verlassen, sie übernehmen oft genug die Rolle des Menschen, der einen anderen bei der "Nachreifung" von Entwicklungshemmungen unterstützt, wo halt immer abgespaltener Schmerz und Mangel zur Bildung von "Images" geführt hat und damit zur Abspaltung vom "wahren Selbst". Aber wissen können sie nur, was du bereit bist ihnen mitzuteilen. Im allerbesten Falle wissen sie natürlich etwas über Reintegration abgespaltener Anteile, über den Schmerz, der damit einhergeht und auch die Widerstände, wie tief narzisstische Kränkungen gehen und wie schwer ist, dahin zu schauen. Das könnne sie aber nur wissen, wenn sie es am eigenen Leib erfahren haben. Dieses Wissen verhilft dann auch zur Mitfühlenden (nicht mitleidigen) Begleitung.

Ach so, einen Therapeuten/eine Therapeutin, die was anderes behauptet, würde ich weiträumig meiden.

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Somlu: Ich bin freudig begeistert darüber, dass hier jemand den Unterschied zwischen Mitgefühl (auf Augenhöhe) und Mitleid (von oben nach unten) nennt. Danke dafür...

....und wenn wir schon mal den historischen Kontext ansprechen: Da gibt es so einige Therapieformen, bei denen der einigermaßen normal denkende Mensch eine mittlere Gänsehaut entwickeln muss. Die bereits erwähnte Reinkarnationstherapie etwa. Die geht davon aus, dass alles, was passiert das Resultat eines früheren Lebens ist (beispielsweise im Sinne von Bestrafung). Das ist prächtig. IRRE prächtig. Vor allem dann, wenn man das mal mit Kapitalverbrechen, AIDS, Krebs oder dem Holocaust in Zusammenhang bringt.
Oder einer wie Bert Hellinger. Auch der: Irre. Und das würde ich nun mal wirklich wörtlich so bezeichnen wollen...(den will ich jetzt ehrlich gesagt nicht dezidiert beschreiben, ich würde sonst vielleicht meine fast gute Erziehung vernachlässigen, Google weiß genug....nur mit Therapie hat das meiner Ansicht nach reichlich wenig zu tun, eher schon mit Quacksalberei und Scharlatanerie...der könnte sich eigentlich mal mit Gerd Postel zusammentun, echt...)

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gorillaschnitzel, nichts zu danke, ich finde diese Unterscheidung so fundamental, wie auch den Unterschied zwischen Autonomie und Autarkie, letzteres Konzept beinhaltet, dass der Autarke, es allein können muss, weil er keine Möglichkeit hat seine Bedürfnisse zu arikulieren, ebenso wie den Unterschied zwischen Bedürfnis und Bedürftigkeit. Alles sehr wichtige Unterscheidungen, die mir sehr geholfen haben, das Chaos in mir und um mich herum etwas zu lichten.

Was bestimmte Therapieformen angeht, klar gibt es da auch viel Scharlatanerie, jede Menge und Bert Hellinger ist für mich ein rotes Tuch, von Mitgefühl kann da ja nicht die Rede sein, geschweigedenn vom Durcharbeiten der eigenen narzisstischen Kränkungen, Abspaltungen usw. Ich habe über ihn einen Bericht gesehen, da ist mir schlecht geworden. Wobei das Familienstellen, wenn es von verantwortungsbewußten und sensiblen Therapeuten ohne vorgefertigte Ergebnisschablone durchgeführt wird, sehr sehr gut sein kann aber nur als Teil einer umfassenderen Therapie.

Aber ist es nicht interessant, wie viel Zulauf der hat? Auch hier ist Arno Gruen eine gute Grundlage sich das zu erklären.

Das Buch hat bei mir ganz schön eingeschlagen, wo ich doch eigentlich jede Menge anderes zu tun habe, aber es lässt mich nicht mehr los.

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Nur zum Verständnis: Gegen die Familienstellerei hab ich überhaupt gar nix (ganz im Gegenteil) oder Aufstellungen überhaupt, mir gefallen nur die Rückschlüsse von Hellinger überhaupt nicht....und wenn ein Therapeut die Klienten für das Mißlingen einer Therapie (unter Umständen auch für den Suizid des Klienten) verantwortlich macht (wie eben Bert H.), dann frage ich mich, wie seriös das sein mag.....die Ablehunung jeglicher Verantwortung.....
....es ist wie zum Arzt gehen mit Bauchschmerzen und der Arzt amputiert dann beide Beine und sagt hinterher: Selbst Schuld, wenn Sie zu mir kommen, Sie können es doch auch nicht besser....
Den Zulauf find ich in der Tat erstaunlich....aber mir kommt es immer ein bißchen religiös vor (Kritik am großen Meister ist sakrosankt)...

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Alles klar, dann sind wir uns ja an diesem Punkt einig.

Der Zulauf, ja, wenn man eine absolute Authorität braucht und dass scheint bei erschreckend vielen Menschen so zu sein, ist er sicherlich einer der möglichen Aspiranten auf den Posten.

Für seriös halte ich ihn nicht im Geringsten. Ich muss jetzt auch aufhören, sonst vergesse ich hier auch meine guten Manieren und beschmutze Ches Sofa.

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Absolut, Frau somlu....
und für ein gutes Schlusswort war schon immer Bert himself gut, passend und sehr entlarvend vor allem und gerade an dieser Stelle, bei che....darum Zitat Bert Hellinger (und wem es jemandem schlecht werden sollte: Sorry, tut Leid, aber ich finde, man muss Idioten sprechen lassen, weil sich Idioten selbst besser wiederlegen, denn jedes Gegenargument (drum: Lasst Idioten sprechen und lasst Idtioten Idioten sein)):

Das jüdische Volk findet erst dann seinen Frieden mit sich selbst, mit seinen arabischen Nachbarn und mit der Welt, wenn auch der letzte Jude für Hitler das Totengebet gesprochen hat.
Bert Hellinger


....und das sollte dann wohl alles sagen...

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"man nimmt sogar an, dass die Psychoanalyse aus den Körperpsychotherapien hervorgegangen ist"
Bisher hatte ich immer angenommen, daß die Psychoanalyse aus Siegmund Freud hervorgegangen ist.

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Mit der Familienaufstellung hatte ich eine kurze Begegnung, als ich mit einer Schwerstverletzung im Krankenhaus lag und mir die Tochter einer Mitpatientin sagte, über die Familienaufstellung könnte ich herausfinden, wie das zustande kam. Mich hat bei 160kmh jemand gerammt. Da brauche ich kein Erklärungsmuster, das mich für mein eigenes Leid verantwortlich macht.

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@Che: Richtig. Recht haste. Mit einer Aufstellung wirst du alles mögliche rausfinden. Aber nicht weshalb einer mit 160 in dich gerast ist. Es sei denn, du glaubst an einige schwachsinnige Pseudotheorien (die somlu und ich hier kurz gestreift haben)

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@noergler:
Ich sehe Freud als bekanntesten Arzt, der damals gearbeitet hat aber sicherlich nicht den einzigen. Und Freud stand in einer Tradition, die der Wiener Gesellschaft für Pschoanalyse (u.a.) zu finden ist, er ist ja auch mit einigen, mit seiner Zeit unverträglichen, Theorien gerade dort gescheitert. Ich habe das nicht mehr so im Kopf, um da genaueres wiedergeben zu können.

Oder mit anderen Worten Freuds Psychoanalyse hat sich durchgesetzt.

Zur Geschichte:
"Denn nicht etwa ist die Körperpsychotherapie ein Ableger der Psychoanalyse, sondern umgekehrt ist die Psychoanalyseaus der älteren Tradition der Körperpsychotherapie heraus entstanden, wie David Boadella in seinem Artikel über den französischen Erneuerer der Psychatrie Pierre Janet (1859-1947) gezeigt hat. In weiteren (...)Artikeln hat Boadella die Ursprünge der mordernen (Körper)Psychotherapie über 225 Jahre bis zu dem Wiener Arzt Anton Mesmer (1734 -1815) zurückverfolgt.Kennzeichnen für die 100 Jahre Psychotherapie zwischen Mesmer und Janet war das Verständnis der körperlichen, psychischen und spirituellen Dimension des Lebens. Boadella beschreibt, wie sowohlo die körperliche und spirituelle Dimension des in unserem Jahrhundert aus dem Bereich der Psychotherapie herausgedrängt wurden. Und, so möchte ich hinzufügen, sich die Therapeuten in die bequemen Sessel hineingetrieben. Triumph unserer Fähigkeit, uns sprachlich zu symbolisieren, endlos." ( Wehowsky, Andreas: Zur Selbstverständlichkeit der Körperpsychotherapie. In: Energie & Charakter. Zeitschrift für Biosynthese - Somatische Pschotherapie, 29. Jahrgang, 17, Juni 1998, S. 34)

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Der Fluch der frühen Geburt
Freud war einer der führenden Neurologen seiner Zeit. Er kam aber an einem bestimmten Punkt nicht weiter, da ihm die heutigen Forschungsmöglichkeiten der Neurobiologie nicht zur Verfügung standen. Wie also in die black box reinschauen? Auf indirektem Wege, über deren sprachlichen Output, der dann aber interpretiert, "analysiert" werden mußte.

Insoweit hat die Psychoanalyse auch (ich sage: "auch") den Charakter einer Verlegenheitslösung, und Freud trägt die Züge einer tragischen Gestalt: Er wurde 120 Jahre zu früh geboren.

Selbstverständlich hat er – über den zunächst nur negativ bestimmten Anlaß hinaus – in der Erkenntnis der inwendigen Beschaffenheit des bürgerlichen Subjekts Wesentliches geleistet.

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Wenn´s schee macht...
Ich bin zwar therapieresistent, hatte aber sowohl beruflich als auch privat in den vergangenen 12 Jahren mit etlichen "Aus- probierern" verschieden(st)er Ansätze zu tun.

Mein Kenntnisstand zur "Familienaufstellung":
Den Denunziationseifer, der seit einigen Jahren hierzulande en vogue ist, in allen Ehren: Hellingers Ansätze muß man akzep- tieren oder es lassen. Das ist aber wohl die Magie jeden Therapie-Ansatzes: Der Zauber wirkt nur, wenn man an ihn glaubt. Familienaufstellung nagelt in die persönlichen Beziehungen und in ungelöste Vater-Sohn-Konflikte ...die wir Männer zu 70% haben dürften, gelle ?

Hellinger ist politisch überhaupt nicht korrekt und hat wohl auch unschöne Ansichten zum Feminismus (das könnte @gorilla auch mal recherchieren und publik machen). Da ich aber mehr als eine jüdische Bekannte habe, die Hellinger "guru"-ähnlichen Status zuweist, muß man das mit sich selbst ausmachen.

Worum geht es ché ? Um die Folgewirkungen eines Unfalls oder in Wirklichkeit um das Streben nach Anerkennung durch seinen Vater ?

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Was mich an der Familienaufstellung stört, ist die Selbstverständlichkeit, mit der hier überkommene gesellschaftliche Hierarchien und Rollenverteilungen vorausgesetzt und auf innerpsychische Fragestellungen übertragen werden.Im konkreten Fall ging es außerdem darum, dass mir jemand verklickern wollte, ein schwerer Verkehrsunfall sei so eine Art Strafe für Fehlverhalten bzw. durch innerfamiliäre Probleme bedingtes notwendiges Ereignis.

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Hellinger hat ein extrem patriachal, sadistisches Konzept einer idealen Familie, so macht er seine Familienaufstellungen auch. Aber man muss es ja nicht so machen, sondern es nutzen Dynamiken und Strukturen sichtbar zu machen ohne ein bestimmtes Familienkonzept dabei zu erzwingen.

Was dein Beispiel angeht, che, ist das genau die Absurdität mit der Hellinger arbeitet.

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Es mag ja sein, dass Familienaufstellungen in anderen Konstellationen Sinn machen. Dass Hellinger´sche Original ist aber jedenfalls reaktionär und ziemlich unbrauchbar.

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Das ist genau das, was mir erzählt wurde.
Vor 10 Jahren (seitdem wurde es wohl richtig "populär") erklärte mir ein Freund, wie begeistert er sei - obwohl ich bis dato annahm, daß er unter einem dominantem Vater litt.

Und vor 3 Wochen schärmte mir ein russische Journalistin vor, wie toll Helinger sei, wie er ihrer Freundin geholfen haben ... en passant erwähnend, daß sie ob Hellingers völkischer(?) Ausrichtung wohl nicht als Kundin/Patientin angenommen würde.

Ich bin - theoretisch - bei Therapien skeptisch, die nach dem Pudels Kern suchen, da ich mich frage, ob nicht das "Finden" zur self fulfilling prophecy wird.

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Nur nochmal verständnishalber: Hellinger hat die Familienaufstellung nicht erfunden, er bedient sich dessen lediglich und hat nicht mehr getan, als die Methode zu modifizieren, die Virginia Satir entwickelt hat. Hellinger automatisch mit Familienaufstellungen gleichzusetzen halte ich für nicht ganz korrekt. Nur weil der Mann die Methode anwendet (und das auf haarsträubendste Weise u.a. auch als Massenveranstaltung) bedeutet nicht gleichzeitig, dass es nicht auch seriöse Anbieter gäbe.
Der Versuch, Ches Autounfall aufzustellen....das geht deutlich in Richtung Hellinger. Es diskreditiert jedoch nicht die Methode per se.

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OK, ich habe die Hellinger´sche Anwendung als DIE Familienaufstellung kennengelernt und von Virgina Satir noch nie gehört.

@Self Fulfilling Prophecy: In der Tat, das ist in vielen Fällen von Vornherein so angelegt.

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Und wenn ich jetzt auf Wikipedia Virginia Satir nachschlage, lese ich da etwas von einem famikientherapeuthischen Modell, das mir sehr sinnvoll zu sein scheint und sicherlich auch z.B. mit Transaktionsanalyse oder Kognitiver Therapie verbunden werden könnte. Das Familienstellen ist so, wie ich den Wikipedia-Eintrag lese, von Hellinger lediglich daraus abgeleitet und nicht von Satir selbst begründet.Aber Wikipedia muss ja nicht Recht haben.

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Eigene Therapie-Erfahrungen
kann ich nicht beisteuern, aber aufgrund einer langwierigen Depression einer früheren Freundin bin ich mit der Materie und diversen Ansätzen indirekt auch in Berührung gekommen. Mir wurde verschiedentlich berichtet, der Terminus "Verhaltenstherapie" sei nicht zuletzt gewählt worden, um bei den Kassen die Bereitschaft zur Kostenübernahme zu erhöhen. Die klassische Analyse war irgendwann in den Ruch der Ineffizienz und Langwierigkeit geraten, und da brauchte es wohl ein Label, das mehr aktuellen Nutzwert suggeriert.

Gleichwohl, für so ganz austauschbar halte ich die Therapieformen nicht, wenngleich ich geneigt bin, der These des Vorredners zuzustimmen, dass der Theraoeut den entscheidenen Unterschied macht und weniger der therapeutische Ansatz.

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Jetzt ist halt noch die Frage, ob du eine psychoanalytische Gesprächtherapie gemacht hast oder eine andere. Wenn ersteres zutrifft, dann ist es doch nicht verwunderlich - die fußen natürlich

auf den selben Theorien und somit ist ihre Herangehensweise an seelische Probleme im Ansatz gleich.

Die großen Unterschiede, die ich kenne, liegen zwischen den psychoanalytischen und den humanistischen Therapien, die schon in ihren Grundannahmen unterschiedlich sind.

Ich lese gerade Arno Gruen "Der Wahnsinn der Normaliät" (Den ich dir auch im Kontext des akutellen Gaza-Krieges schwer empfehlen kann, er macht wirklich einiges klar), ein Buch eines Psychoanalytikers, der (scheinbar in Unkenntnis humanistischer Verfahren) über die ursprünglichen Setzungen der Psychoanalyse hinaus geht und versteht, dass der ursprüngliche "Verrat am Selbst" unsere ganze Gesellschaft prägt. Das ist sehr beeindruckend. Ich werde noch bei mir drüben etwas darüber schreiben, sobald ich das gelesene besser verdaut habe.

Ansonsten ist es wohl immer schwer, von den persönlichen Erfahrungen auf das "Allgemeine" zu schließen. Wer weiß schon so genau, was deine Therapeuten sonst noch so an Qualifikationen erworben haben, wie gut sie ihre eigenen Themen durchgearbeitet haben oder ob sie vor den großen Schmerzen des Verlustes des eigenen Selbst zurück geschreckt sind. Das gilt natürlich für jeden anderen Therapeuten auch. Ich persönlich glaube, wirklich gute Therapeuten in diesem Sinne sind schwer zu finden.

Dann kommt noch hinzu, dass auch die Psychoanalyse ihre Strömungen und ihre Entwicklungen hat, warum sollte sie heute noch so sein wie vor 100 Jahren?

Freu dich, dass es dir geholfen hat aber verallgemeinern lässt sich das keinesfalls.

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Danke für diese Antwort, mit der ich viel anfangen kann und den Lesetipp. Humanistisch waren die wohl alle, jedenfalls standen Fromm und, allerdings kritisch-gebrochen, Reich und Lowen bei allen hoch im Kurs.

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hm, okay, dann kannst du aber im Leben keine klassische große Psychoanalyse gemacht haben, das wäre ein Widerspruch.

Ich beheimate mich ja bei den Unitiven Körperpsychotherapeuten. Da ich schon andere Therapieerfahrungen habe, kann ich, zumindest für mich, sagen, dass diese mir am meisten gebracht habe. Ihr Ansatz ist integrativ was die Theoriebildung angeht ohne beliebig zu werden, sie begleiten die Menschen auch bis zu den Spaltungen des Selbst, wenn er bereit ist dort hin zugehen. Viele brechen vorher ab, weil es dann ans Eingemachte geht, an die Verantwortung für das eigene Leben, daran sich nicht mehr immer neu zu erfinden, sondern die vergrabenen Sehnsüchte, die nie erfüllt wurden anzuerkennen und dann auf dieser Basis ein authentischeres Ich zu finden. Vieles lässt sich ja nur noch betrauern aber diesen Schmerz überhaupt anzuerkennen, bzw. überhaupt den Mangel im Leben zu sehen und anzuerkennen, ist oft ein langer Weg.

Ich mag das Zitat von Jay Stattman in diesem Kontext sehr. Es ist ein bisschen anders als im Original, weil er da davon spricht, dass er das mit seinen Klienten versucht, ich habe es umgeschrieben und lange als Signatur in verschiedenen Foren verwendet:

Try to move from an analytical to a more existential way of being: take risks, be stupid and be ridiculous and allow some accidents, and find yourself a little bit absurd and you still survive... and maybe that's more interesting.

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Das ist wunderschön, danke! Klassische große Psychoanalyse: Also klassisch war die bestimmt nicht, die Analytikerin bezog sich ja sehr stark auf die Bioenergetik, die sie für mich aber für ungeeignet hielt. Wenn ich "große Psychoanalyse" schrieb, meinte ich damit, dass die immerhin drei Jahre dauerte und mit dem Ergebnis abgeschlossen wurde, dass der mich umtreibende Grundkonflikt erkannt wurde (über den schreibe ich hier aber nichts, das ist jenseits der Blogöffentlichkeit). Das Finden des authentischeren Ichs würde ich ja als eine Lebensaufgabe ansehen, der man sich immer nur neu annähern kann. Da ist der Weg das Ziel.

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Bioenergetik ist für dich ungeeignet gewesen? Eine sehr erstaunliche Aussage.

Ist schon klar, dass du hier nicht tiefer einsteigst, das werde ich bei mir drüben auch Grenzen halten.

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@"Das könnne sie aber nur wissen, wenn sie es am eigenen Leib erfahren haben. Dieses Wissen verhilft dann auch zur Mitfühlenden (nicht mitleidigen) Begleitung." --- Mir fällt dazu ein mir bekannter Leiter eines LKH ein, der mal sagte, die fähigsten Psychiater (klar, ist ein anderes Thema, da geht es um Psychosen und Ausrasten in absoluten Extremsituationen) die er kenne seien alle bei Kollegen in Behandlung.

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"Das Finden des authentischeren Ichs würde ich ja als eine Lebensaufgabe ansehen, der man sich immer nur neu annähern kann."

Dazu von meiner Seite mehr zu sagen, würde auch den Rahmen eines öffentlichen Blogs überschreiten.

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Nun nicht ganz ernsthaft und darum ein bißchen ironisch/sarkastisch....:
@che: Nicht weit von hier (mir) gibt es eine Stadt und da spricht man -so es um eine bestimmte Straße geht- vom "Psychostrich". Das ist flappsig gemeint und meint, dass in dieser Straße ein Therapeut am anderen hockt (und es stimmt, es ist tatsächlich so). Und der Volkswille meint ja, diese Therapeutenszene sei eine Art Perpetuum Mobile: A therapiert B, B therapiert C, C therapiert A. Und das Beste: Es funktioniert....

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@gorillaschnitzel: "man gibt einen Vertrauensvorschuss, ähnlich wie man es auch bei einem Arzt tut, bei dem man auch davon ausgeht, dass er nach bestem Wissen einem helfen will" ----- Das hatte ich übrigens bei einem Chirurgen erlebt, der mir begründete, warum er eine im Zusammenhang mit der oben erwähnten Verletzung geplante OP bei mir nicht durchführte: "Wir behandeln hier keine Fälle, Diagnosen und Befunde, wir behandeln Menschen. Und in Ihrem Interesse ist es nach meiner Meinung, abzuwarten, wie sich die Sache entwickelt". Entwickelt hat das sich so, dass ich bei der Prognose, langfristig behindert zu sein dem Sportklettern nachgehe. Danke, alle meine Ärzte! Ich habe verdammt viel Schwein gehabt. Und jetzt mal etwas veröffentlicht, das ich eigentlich immer intern halten wollte.

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In diesem Fall bist du an einen sehr guten Arzt gelangt...Glückwunsch...solche Leute brauchts...du hast nicht nur viel Schwein gehabt, sondern -meiner Meinung nach von außen betrachtet, nach deiner Schilderung- auch eine guten Dottore.....mein Schwager (Arzt!) sagt immer: "Es ist gefährlich zum Arzt zu gehen"

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Den Besten
Ich pilgerte nach Heidelberg und erklärte mein Problem dem Chef einer Privatklinik, und als er mich fragte, wer mich behandelt, sagte er, mehr als der könne er auch nicht für mich machen, und als Kassenpatient käme ich besser damit weg. Ich habe, das klingt ja wie Wunder, nur faire und gute Ärzte (und Schwestern und Pfleger und KGs) erlebt.

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Extreme Über Bande Spieling
Mittlerweile habe ich nebenan einen Thread zur etwa gleichen Thematik gelesen und dort Dinge gefunden, denen ich voll und ganz zustimmen kann, zugleich aber auch solche, die mir einfach völlig fremd sind.Also beispielsweise die gleichen Sachverhalte wechselnderweise aus der Perspektive des Kind-und des Erwachsenen-Ichs (wenn irgendjemand Probleme mit der verwendeten Terminologie hat ist mir das Schnurz) zu betrachten ist mir sehr vertraut, mache ich öfters und finde ich auch sehr richtig, zumal ich ein Mensch bin, der stark in der eigenen Vergangenheit lebt und für den 1980 eigentlich noch hier und jetzt ist. All diese Macht-Teile bezüglich Therapieerfahrungen sind mir hingegen vollkommen fremd. Ein einziges Mal brachte meine Analytikerin mir gegenüber eine übergriffige Handlung, das ließ ich aber nicht mit mir machen und verwies sie in ihre Schranken. Mit Neurosen pflegen kann ich auch nichts anfangen, mir ging es darum, von Dingen befreit zu werden, unter denen ich massiv gelitten habe, und die Befreiung geschah. Den Zusammenbruch der eigenen sicher geglaubten Identität kenne ich aus der Erfahrung der Depression, ihr sich eher wohliges Zwischendurchauflösen aus dem Konsum gewisser Substanzen, aber eine laufende Infragestellung der Identität über ein Leben hinweg ist mir ganz fremd. Und auch das Einnehmen verschiedener Rollen ändert für mich nichts an dem, was ich bin.

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Boah, Che!
Menno. Bei einem Übergriffsverhalten in einer Therapiesituation die Therapeutin "in die Schranken zu weisen" und in dieser Weise "ich bin" zu sagen hat aber ein Selbstbewusstsein und eine Selbstverständlichkeit (diese jetzt im doppelten Wortsinn gemeint) zur Voraussetzung, die nicht einfach so vom Himmel fallen. Zumal, wenn Du schreibst, eine Depression erlebt zu haben.

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Was das Erste angeht, konnte ich das ja auch erst, als ich schon sehr gut gelernt hatte, für mich zu sorgen (gibt übrigens von Foucault ein gutes Buch dazu, "Die Sorge um sich"). Im depressiven Zustand ging das natürlich gar nicht, das ist ja die weitgehende Handlungsunfähigkeit und das sich völlig ausgeliefert fühlen.

Und was das "ich bin" angeht: Existenz, Sein habe ich auf eine ganz grundsätzliche Weise erfahren. Als Jugendlicher hatte ich mich beim Abstieg von einem vereisten Gipfel verstiegen,wobei ich nicht angeseilt war.Da hing ich über dem Abgrund und hatte eine ganz seltsame Erfahrung.Ohne jede Angst, ohne Stress und Herzklopfen dachte etwas in mir "Entweder Du gibst jetzt auf, dann war das Dein Leben, oder Du machst weiter." Dann beschloss ich weiterzumachen, zog mich an zwei Fingern auf den sicheren Grat und setzte den Abstieg fort. Die Anderen hatten von alldem nichts mitbekommen.Die folgende Zeit hatte ich ein umglaublich intensives Empfinden des einfach-nur-da-seins, und in mir war alles still.Das permanente innere Gesabbel, die normalen Gedankenströme, das war abgestellt. Ich dachte nicht, ich war einfach. Dieses Empfinden habe ich auch später noch mehrere Male hergestellt bzw. erfahren, in meditativen Situationen ebenso wie beim Bergsteigen. Diese intensive Seinserfahrung hat mit dem alltäglichen Geschehen, dem Tages-Ich nichts zu tun. Und angesichts dieser Erfahrung steht "ich bin" nicht in Frage, egal was dieser Mensch gerade tut oder denkt.

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"Die folgende Zeit hatte ich ein umglaublich intensives Empfinden des einfach-nur-da-seins, und in mir war alles still.Das permanente innere Gesabbel, die normalen Gedankenströme, das war abgestellt."

Ich empfehle Yoga, psilocybinhaltige Pilze und wenig Schlaf, vielleicht noch sensorische Deprivation (natürlich nur für Leute, die sich das zutrauen, vielleicht langsam einsteigen): Dieses "Etwas" in einem ist einfach nur das Bewusstsein, unverstellt durch Interfaces und Hilfskonstrukte. Theoretisch ist Input wie bei einer Kommandozeile möglich, aber Benutzerinterfaces, Konzepte, Skripte, "imagines agentes" als Abkürzung hat jeder und braucht jeder. Ist nur die Frage, ob man die anderer ungefragt übernimmt oder eigene erstellen will.

http://www.cryptonomicon.com/beginning.html

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Das klingt ja wie Leary und Wilson: Der Mensch als sein eigener Metaprogrammierer.

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Diese Art von Erfahrung macht das aus, was bei religiösen Leuten als mystisch oder gnostisch bezeichnet würde. Ist das das unverstellte Bewusstsein, das Göttliche oder die Erfahrung des unmittelbaren Selbst oder nur eine ganz übliche Selbstwahrnehmung, die Menschen in Nepal oder Tibet völlig arschnormal vorkäme und nur im hiesigen Kulturkreis als ungewöhnlich empfunden wird?

Als Selbstdefinition des eigenen Seins jedenfalls sicher hilfreich.

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Mal ohne in die Tiefe zu gehen: finde den Eintrag ganz hervorragend, vielen Dank dafür. Mich regt diese Stigmatisierung von Psychotherapie auf, die einfach dadurch stattfindet, dass das im Gegenteil zu diesem hübschen Eintrag da oben einfach alles als privat in irgendwelchen Schubladen versickert.

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"Im konkreten Fall ging es außerdem darum, dass mir jemand verklickern wollte, ein schwerer Verkehrsunfall sei so eine Art Strafe für Fehlverhalten bzw. durch innerfamiliäre Probleme bedingtes notwendiges Ereignis"

Che, mir wollte mal ne Homöopathin erklären, dass wir uns vor unserer Zeugung aussuchen, was uns passiert und mit wem und welche Krankheiten wir "bearbeiten" wollen- am Beispiel eines Verkehrsunfalls (ernsthaft...) und wie die Homöopathie da helfen kann. Wenn dich nun jemand mit 160 rammt, dann hast du dir das ausgesucht, weil du das aus deinem letzten Leben noch offen hattest und diesen Konflikt weiterbearbeiten wolltest und dir der Rammer nur hilft, das aufzuarbeiten. Und diverse Globuli helfen dir dann, diesen Konflikt bewußt durchzustehen und daran zu wachsen.
Ähem. ich muss gekuckt haben wie ein Nilpferd weil es das zynischte war, was ich mir so vorstellen konnte. "Selbst schuld, jammer nicht" ist dann nämlich die Konsequenz.
Sie legte dar, dass wir uns unsere Krankheiten aussuchen und sie deswegen eigentlich nicht behandelt werden müssen, da sie behandelterweise nur unterdrückt würden und als ungelöste Konflkite weiterbestehen.

Extrem wirr, wenn du mich fragst.

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Gar nicht wirr, sondern ganz konsequent Dir selbst die Schuld für alles gebend und damit jedwede Hierarchie und Ungerechtigkeit legitimierend. Eso-faschistischer Determinismus.

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