Montag, 21. September 2009
Der Kampf geht weiter um das Leben von Mumia Abu Jamal
Folgender Beitrag ist nicht von mir, sondern vom Komitee für soziale Verteidigung. Die Fakten sind dementsprechend nach der Sichtweise des Komitees widergegeben.
Lynchjournalismus des „Spiegel“

Mumia ist unschuldig: Freiheit, sofort!

Mumia Abu-Jamal, ein unschuldiger Mann, ist ein ehemaliger Sprecher der
Black Panther Party und ein Unterstützer der Organisation MOVE aus
Philadelphia. Gegen ihn wurden abgekartete Anklagen erhoben, er habe im
Dezember 1981 den Polizisten Daniel Faulkner in Philadelphia getötet, und
aufgrund dieser falschen Anklagen wurde er zum Tode verurteilt. Das Leben
von Mumia ist zunehmend in Gefahr. Am 6. April lehnte das Oberste Gericht
der USA im Schnellverfahren ohne Kommentar Mumias Antrag ab, die ungerechte und auf Basis wackeliger Indizien zustandegekommene Verurteilung aufzuheben. Und das Gericht hat noch nicht über den
Berufungsantrag des Bezirksstaatsanwalts von Philadelphia entschieden, der
die Wiedereinsetzung der Todesstrafe fordert, die 2001 von William Yohn,
Richter am US-Bundesbezirksgericht, kassiert worden war. Sollte das Oberste
Gericht zugunsten des Antrags des Bezirksstaatsanwalts entscheiden, würde
Mumia der Todeskammer ein großes Stück näher kommen.

Mit dem Artikel „Die Feuer der Hölle“ in der Ausgabe vom 24.
August hilft Der Spiegel die Hinrichtung vorzubereiten. Dieses hetzerische
Machwerk unterstützt die politisch motivierte Verurteilung und soll die „öffentliche
Meinung“ in Europa auf die Todesstrafe vorbereiten. Der rechte
Radiokommentator Michael Smerconish lobte den Artikel prompt als möglichen
„Wendepunkt“ in der Kampagne, Mumia umzubringen: „Nach fast drei Jahrzehnten
läuft Abu-Jamal nun endlich Gefahr, seine Zeit vor den US-Gerichten
aufzubrauchen. Es ist zu hoffen, dass auch das sonst befangene europäische
Publikum aufhört, einem Polizistenmörder gefällig zu sein“ (www.philly.com,
27. August).

Das überrascht nicht, da der Spiegel-Artikel haufenweise Lügen
aus dem Buch Murdered by Mumia verbreitet, das Smerconish gemeinsam mit der
Witwe Maureen Faulkner verfasst hat. Im Faktenblatt des Partisan Defense
Committee (PDC) „Murdered by Mumia: Grosse Lüge im Dienste des staatlichen
Lynchmords“ wird dieses Traktat detailliert widerlegt. Das PDC-Faktenblatt
entlarvt die Behauptungen, die der Spiegel als „Beweise“ wiederkäut, um
Mumia als „Polizistenmörder“ hinzustellen, als bloße Mythen. So zitiert der
Hetzartikel des Spiegel als unwiderlegbaren Beweis die Zeugenaussage von
Robert Chobert, einem „Augenzeugen“ der Anklage, der aussagte, er habe Mumia
auf Faulkner schießen sehen. Doch wie im Faktenblatt klar gestellt wird, hat
Chobert 1995 zugegeben, dass er die Schießerei nie gesehen hat. Außerdem
hatte er sein Taxi nicht, wie er behauptete, hinter Faulkners Polizeiwagen
geparkt; das zeigen Fotos vom Tatort, die in dieser Nacht aufgenommen
wurden. Mehrmals hat Chobert später seine Darstellung geändert. Er war
damals mit einem gesperrten Führerschein gefahren, da er auf Bewährung war,
weil er sich hatte anheuern lassen, einen Molotow-Cocktail in eine Schule zu
werfen. So gab Chobert 1995 zu, von der Staatsanwaltschaft für seine
Zeugenaussage beim Prozess von 1982 insgeheim Vergünstigungen erhalten zu
haben.

Die Genossen des PDC kämpfen seit über 20 Jahren für Mumias
Sache, auch durch das Aufdecken von Unschuldsbeweisen, die die Lügen von
Polizei und Staatsanwaltschaft widerlegen und den Umfang dieses
rassistischen Komplotts bloßlegen. Die Broschüre Der Kampf für die Freiheit
von Mumia Abu-Jamal, auf Deutsch herausgegeben vom Komitee für soziale
Verteidigung, ist eine umfassende Darstellung dieses Komplotts. Die darin
enthaltenen Erklärungen von Mumia und seinem Bruder entlarven die Behauptung
des Spiegel als Lüge, Mumia habe „auch den Richtern nie erzählt, was in
dieser Nacht geschah“. In Wirklichkeit hat sich ein Richter nach dem anderen
geweigert, diese Erklärungen oder die Berge an Beweisen für Mumias Unschuld
auch nur zu berücksichtigen, wie auch das Geständnis von Arnold Beverly,
dass er und nicht Mumia den Polizisten Faulkner getötet habe.

Reformisten und Liberale haben den Kampf für Mumias Freiheit
jahrelang dem Vertrauen in die kapitalistischen Gerichte und den Forderungen
nach einem „neuen“, „fairen“ Prozess untergeordnet und dafür die
überwältigenden Beweise für das staatliche Komplott heruntergespielt oder
direkt zurückgewiesen. Beim Kongress der schwarzen Bürgerrechtsorganisation
NAACP im Juli wurde das Banner „Obama & Holder we need you now! Free Mumia“
erhoben – ein schamloser Appell an den Oberkommandierenden des
US-Imperialismus. Eine Petition an Obamas Oberbullen, Staatsanwalt Eric
Holder, wurde von der Gruppe International Concerned Family and Friends of
Mumia Abu-Jamal und anderen in den USA veröffentlicht. Appelle an Obama sind
umso grotesker, da Obama die Todesstrafe befürwortet. Smerconish sieht Obama
als Verbündeten gegen Mumia. Smerconish war nach einem Interview, in dem er
Obama zu Mumias Fall befragte, einer von vielen Republikanern, die Obamas
Präsidentschaftskampagne unterstützten. Smerconish berichtet in einer
Kolumne in der Philadelphia Daily News vom 20. August, dass Obama sagte, er
sei mit den Einzelheiten nicht vertraut, und: „ ,Lassen Sie mich also nur
ein ganz klares Prinzip darlegen: Wenn jemand einen Polizisten getötet hat,
verdient er meiner Meinung nach die Todesstrafe oder lebenslange Haft‘,
sagte er mir. Recht hat er.“

Mumias Fall berührt den Kern der rassistischen Unterdrückung der
Schwarzen, die für den Bestand des amerikanischen Kapitalismus grundlegend
ist. Das ganze Komplott bestätigt, dass der Kampf für Mumias Freiheit auf
klassenkämpferischer Gegnerschaft zum rassistischen kapitalistischen System
der USA aufbauen muss. Freiheit für Mumia, sofort! Weg mit der rassistischen
Todesstrafe!

Dieser Artikel erschien in Spartakist Nr. 179 (September 2009), Zeitung der
Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands (siehe www.spartacist.org/deutsch/).



1) PDC-Faktenblatt

Murdered by Mumia: Große Lüge im Dienste des staatlichen Lynchmords

Mumia ist unschuldig! Freiheit jetzt!

www.partisandefense.org/pubs/deutsch/faktenblatt1231.html



2) Der Kampf für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal

Mumia ist unschuldig!

Entlarvung eines Komplotts

www.partisandefense.org/pubs/deutsch/KfsVPamphlet.html



3) Klassenkämpferische Verteidigung kontra Vertrauen in kapitalistische
Justiz

David Lindorffs Killing Time, Michael Schiffmanns Wettlauf gegen den Tod:

Unterminierung von Mumias Kampf um Freiheit

www.partisandefense.org/pubs/deutsch/kapitalistische-justiz.html



4) 80 Jahre nach Justizmord

Lehren des Kampfes für die Freiheit von Sacco und Vanzetti

Freiheit für Mumia und alle Opfer der Klassenjustiz!

www.partisandefense.org/pubs/deutsch/saccovanzetti.html

... comment

 
Deiner Vorrede meine ich zu entnehmen, dass du nicht mit allem Konform gehst.
Ich -ehrlich gesagt- tue das auch nicht wirklich: Ich habe den Spiegelartikel gelesen und man kann wahrlich gegen die Todesstrafe sein (ich bilde mir ein, dagegen zu sein, auch wenn ich keinerlei Probleme hatte, einen Streicher oder Frank hängen zu sehen, was auch wieder ein Anachronismus wäre) und dennoch gleichzeitig den Fall objektiv zu betrachten. Ich bin da überhaupt nicht drin -und vielleicht kann man auch deshalb "anders" urteilen-, aber auch das Komittee erwähnt mit keiner Zeile, dass in Polizeioffizier Faulkner Kugeln steckten, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von der Waffe stammten, die Mumia Abu-Jamal bei sich trug, als das stattfand. Und es erwähnt auch nicht, dass Mumia Abu-Jamal über Jahrzehnte hinweg nicht dazu beitrug, das Verbrechen aufzuklären, obwohl er definitiv Zeuge gewesen sein musste (anders ließe sich seine eigen Schussverletzung -aus der Pistole des Polizisten- wohl kaum nachvollziehen).
Fragen über Fragen. Nur wird Mumia Abu-Jamal sehr wahrscheinlich allein deshalb nicht hingerichtet, weil sein Fall sehr internationale Popularität hervorgerufen hat. Schuld oder Unschuld sind da eher sekundär, es zählt die Politik. Ganz im Gegensatz zu sehr vielen anderen Todeskandidaten und bereits Hingerichteten in den USA (und überall sonst).

... link  

 
@gorillaschnitzel: Nein, die Todesstrafe muss auch für einen NS-Verbrecher, für einen Saddam oder einen Ceaucescu ausgeschlossen bleiben. Das ist meine heutige (lange durchdachte) Einstellung, nachdem ich jahrelang so argumentiert habe wie Du.

... link  


... comment
 
Starke Argumente dafür, Salonmarxologe zu sein
"The International Communist League (Fourth Internationalist) is a proletarian, revolutionary and internationalist tendency committed to the task of building Leninist parties as national sections of a democratic-centralist international. Our aim is the achievement of new October Revolutions—nothing else, nothing other, nothing less. The ICL bases itself on Marxist historical, dialectical materialism and seeks in particular to carry forward the international working-class perspectives of Marxism developed in the theory and practice of the Bolshevik leaders V. I. Lenin and L. D. Trotsky ..."

(Hervorhebungen von mir)

... link  

 
Nein, ich traue diesen Trotzkisten
hier nicht unbedingt sehr weit über den Weg. Aber zum Hintergrund des ganzen Prozesses muss man wissen, wie die Polizei sich gegenüber MOVE damals in Philadelphia generell verhielt. MOVE war eine Gruppe, die man vielleicht als fundi-grüne Variante von Black Power bezeichnen könnte: Nicht nur gegen Atomenergie und Gentechnologie, sondern für ein allgemeines Zurück zur Natur bis hin zur Deindustrialisierung, Ökotopia-mäßig, und mit sektenartigen Strukturen. Mitglieder mussten den Namen Africa annehmen, zum Beispiel. Auf weiße Öffentlichkeit und Polizei wirkte das so provozierend, dass sie gnadenlos und auch mit illegalen Methoden bekämpft wurden. Sicher, es wurden bei MOVE-Aktivisten Bomben gefunden, ich bin aber nicht sicher, ob die ihnen nicht untergeschoben wurden. Das rechtfertigt jedenfalls nicht die Tatsache, dass schwangeren MOVE-Aktivistinnen wiederholt von weißen Polizisten die Föten aus dem Bauch getreten wurden und dass das MOVE-Zentrum von der Polizei durch einen Bombenangriff zerstört wurde, bei dem u.a. 5 Kinder getötet wurden und ein ganzes Schwarzenviertel niederbrannte. In dem Zusammenhang steht die Festnahme von Mumia Abu Jamal, und ich erinnere mich gut daran, wie selbst NDR und HR den Bombenangriff mit dem Fanatismus der "extremistischen MOVE-Sekte" rechtfertigten.


http://www.nytimes.com/1996/06/25/us/philadelphia-held-liable-for-firebomb-fatal-to-11.html?sec=&spon=&pagewanted=1


Es geht hier nicht nur um den Kampf gegen die Todesstrafe, sondern auch gegen eine erbarmungslose Klassenjustiz und eine terroristische und rassistische Polizei.

... link  

 
Alles richtig! Und eben darum war das von mir aufzuspießen, weil es sich bei dergleichen leider nicht nur um Quatsch handelt, da dieser Quatsch geradezu eine objektive Garantenstellung dafür hat, dass sich nichts ändert.
Das sah Marx selbst schon bei der "1. Internationale", die noch nicht mal solche Sachen draufhatte, wie "Histomat-Diamat", "bolschewistische Führer" und eine Fehlanalyse der Oktoberrevolution.

... link  

 
Nach meinem Gerechtigkeitsempfinden und meinem persönlichen Eindruck von den zugänglichen Informationen ist er nicht so unschuldig, wie ihn seine Unterstützer darstellen. Trotzdem darf die Todesstrafe auf keinen Fall vollstreckt werden, denn sie ist barbarisch und die Exekution kann im Fall entlastender Indizien nicht rückgängig gemacht werden. Er sollte weiterhin in Haft bleiben, aber die Hinrichtung muss [ergänzt: endgültig und unwiderruflich] ausgeschlossen werden.

... link  

 
Ich meine, als das damals passiert ist, in konkret gelesen zu haben, dass Mumia sein Auto (ein Taxi) verlassen hatte, wo er die Waffe im Handschuhfach zurückließ, dann zu seinem Fahrzeug zurückkehrte, später von der Polizei verfolgt und dann angeschossen und festgenommen wurde. Das hieße dann: Entweder hat in Mumias Abwesenheit jemand anders mit dessen Waffe und ohne dessen Wissen einen Polizeibeamten erschossen( möglicherweise sogar Polizeibeamte, die einen Kollegen töteten, um Mumia ans Messer zu bekommen), oder aber Mumia deckt einen Täter, der mit dessen Waffe geschossen hat. Wie gesagt, ich kenne die Beweislage überhaupt nicht, aber in etwa diese Version war die Erste, die ich von dieser Geschichte gelesen habe.

... link  

 
Einen ganz guten Überblick zu den verschiedenen Versionen findet sich übrigens bei wikipedia.


http://de.wikipedia.org/wiki/Mumia_Abu-Jamal

... link  

 
ich habs auch hier nicht lassen können, mich mal wieder gepflegt - nein, nicht zwischen alle stühle zu setzen... sondern auf meinen stuhl zu setzen:

http://kritik-und-kunst.blog.de/2009/08/28/mythen-gegenmythen-6844805/

Abu Jamal mus sofort freigelassen werden. selbst für einen schuldigen wären knapp 30 jahre in der todeszelle grund genug dafür.

... link  

 
So sehr dazwischen sitzt Du gar nicht, ich stimme Dir z.B. zu.

Das hier finde ich, von der Kernaussage "prinzipiell gegen die Todesstrafe" abgesehen besonders gelungen: "Ich habe übrigens auch eine Geschichte: Antirassistischer Aktivist gerät in eine Polizeikontrolle, wird provoziert und beschossen von einem jungen Polizisten, der in einem rassitischen Polizei-Korps sekundär sozialisiert wurde, und reagiert mit einem Notwehrexzess..."

... link  


... comment