Sonntag, 29. November 2009
Wieder unterwegs
„Scheiße, dass ich den ICE nach Hannover verpasst habe“, dachte ich noch, als ich in den Bummelzug stieg.Meine Gedanken weilten noch bei der Frau, mit der ich besprochen hatte, Gedanken und Körperflüssigkeiten auszutauschen und dachte, in diesem Zug könne nichts mehr kommen. Doch dann wurde die Bahnfahrt doch noch zu einem interessanten Erlebnis. In Zügen habe ich ja auch sonst schon witzige und merksame Begegnungen gehabt http://che2001.blogger.de/stories/1491016/ , nur ging diese in eine andere Richtung. Neben mir saß ein indisch aussehender Mann (Asylbewerber,dachte ich aufgrund seiner ärmlichen und verwaschenen Kleidung, was sind wir doch alle viel zu sehr durch Wahrnehmungsklischees geprägt) der mich auf Englisch fragte, ob ich ein bestimmtes Chinarestaurant in Burgdorf kenne. Nein, erwiderte ich, kenne ich nicht. Da erzählte er, dass er von seinem Chef, dem Besitzer eines indischen Restaurants in Aarhus beauftragt sei, dieses Restaurant, dessen Besitzer sich aus Altersgründen zur Ruhe setzen wolle zu begutachten und wenn es ihm zusage zu kaufen. Um Geld zu sparen sei er mit einem Frachter über Bremerhaven eingereist und sitze seit Bremerhaven in diesem Regionalexpress, und nach Burgdorf würde er in die Schweiz weiterreisen, um sich dort einen Landgasthof anzusehen. Er sei staatenloser Tamile und ständig für seinen Chef in Europa unterwegs. Er zeigte mir seinen Reisepass, der seitenweise vollgestempelt war mit Visa aller möglichen Länder von Nepal bis Frankreich. Ein Weltreisender by rail, genauer gesagt: Per Billigzug.


Ich musste an den Inder denken, den ich vor Jahren getroffen hatte und der per Zug durch Deutschland reisend meinte, er fände es bemerkenswert, wie aufgeräumt die Slums an den Rändern der deutschen Städte wären. Er meinte die Gartenkolonien.

Schräg gegenüber saß eine junge deutsche Frau, der man die Armut in Bekleidung, Ausstrahlung und allem einfach ansah. Die erzählte davon, dass sie ihren Ex im Klinikum besuchen fahre, der im Wachkoma läge.

Zwischendurch bekam ich noch die Probleme einer Polin mit, deren polnische Bahncard der deutsche Schaffner nicht akzeptieren wollte und die unterwegs war, um ihren herzkranken Sohn in der MHH zu besuchen.

Wie winzig doch meine Probleme angesichts dessen sind. Im ICE hätte ich all dies nicht erlebt. Es war die richtige Fahrt.

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So pauschal würde ich das aber nicht sagen. Auch im ICE kann man interessante Leute treffen und interessante Gespräche führen. Vielleicht sogar im ICE nach Hannover ;-)

Zu den Wahrnehmungsklischees: da muss man sich in Selbstreflexion üben, wie Du es ja gerade in diesem Artikel tust. Da ist Arbeit an sich selbst notwendig. Ich bin oft in diese Falle(n) gegangen.

Einerseits nimmt einem das Unterbewusstsein ja auch viele richtige Entscheidungen ab. Andererseits kann man durch die Reaktion auf Äußerlichkeiten viel Interessantes verlieren. Ich fürchte, das ist eine Frage der Erfahrung. Das versteht man mit 30 besser als mit 20, mit 40 besser als mit 30 — aber in einigen Fragen habe ich es auch mit 42 noch nicht geschafft …

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kann mich von vor 10-15 Jahren noch erinnern, dass der ICE freitags und sonntags abends voll mit Wehrpflichtigen war, ein Erlebnis eigener Art ;-( ... besser ("authentischer"?!) ist es aber, mit dem Wochenendticket grössere Strecken zurückzulegen

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