Dienstag, 17. Juni 2014
Das Schiff der Piratenpartei ist gekentert
Der Stern beschreibt das "wie", beim Don war schon seit längerer Zeit das "warum" das Thema. Wobei ich nicht so ganz schlüssig bin, ob ich seinen Ansätzen folgen soll. Sicherlich trägt es nicht zur Akzeptanz und Durchsetzungsfähigkeit einer Partei bei, wenn ein Weltraumfahrstuhl gefordert wird oder KandidatInnen rhetorisch so unprofessionell und paddelig wie möglich auftreten, auch nicht, wenn via Twitter und andere social media radikale Außenseiterpositionen in autoritärer Weise als Linie durchgesetzt werden sollen. Aber die Krankheiten der Partei sind älter. Wir tagten ja jahrelang im selben Lokal, ich kenne ihren Stammtisch - und erlebte die als eine Gruppe von Nerds, die interessante und gute Ideen haben, aber vom real life sehr abgehoben sind. Da liegt das Übel an der Wurzel.

Und jenseits des Nerdtums sind die Forderungen der Piraten teils bei den Grünen, teils bei den Freien Wählern und teils wohl auch den Linken gut aufgehoben. Im internationalen Kontext sind die Piraten nochmal eine andere Sache, in Ägypten etwa eine radikale Avantgarde. In Deutschland sind sie, obwohl sie wichtige Themen angesprochen haben mittlerweile überflüssig.

http://www.stern.de/politik/deutschland/stern-rtl-wahltrend-die-piraten-sind-abgemeldet-2117473.html

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Ich frag mich, ob du von einem Stammtisch auf eine ganze Partei schließen kannst, die dazu nicht besonders homogen mir scheint.

Ich frag mich auch, ob du die Freien Wähler in Bayern kennst oder die Grünen im Süden von Deutschland ..

Die Piraten wurden von konservativen Medien und konservativen Trotteln vom Schlage eines Don gern mal kaputt geredet.

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Die Piraten wurden von konservativen Medien und konservativen Trotteln vom Schlage eines Don gern mal kaputt geredet.

Man kann dem Don natürlich vorwerfen, dass er sich an Figuren und Tendenzen abgearbeitet hat, die nicht unbedingt völlig repräsentativ gewesen sein mögen für das, was Piratenpolitik vielerorts ausmacht. Aber "kaputt geredet", das klingt in meinen Ohren nach Dolchstoßlegende. Als ob die Piraten nicht ständig ihre Enterhaken in die eigenen Knie gerammt hätten...

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@lacommune: Gut gegeben, ich kenne die Freien Wähler und die Grünen in Norddeutschland, die Piraten in Niedersachsen und Berlin. Und da würde ich sagen, dass die Freien Wähler so eine Art Schnittmenge aus der Initiative "Mehr Demokratie" und verärgerter Grünenbasis darstellen, die Unterschiede zwischen Grünen und Linken haben da primär etwas mit persönlichen Aversionen zwischen Leuten zu tun und mit hochideologischen Prinzipiensetzungen, bei denen es - ich bin, außer Linkstheoretiker im Materialien-Umfeld und Antira auch Kommunalpolitiker - um Begrasungen von Bahngleisen und sowas geht.

Bei uns in Niedersachsen engagieren sich autonome Antifas bei den Grünen oder der Linkspartei, je nachdem, wo es was zu holen gibt. Finde ich auch legitim, komme selber aus Zusammenhängen, wo es immer breite Bündnisse gab -im Zweifelsfall aus der RAF-Hungerstreik Soli bis zu zum linken Rand der SPD oder von Greenpeace bis zu Antiimps links von der Antifa. Von daher ist mir auch Dons Selbstverortung als Linker mit noskeesker Abgrenzung zur Antifa -die nicht eine Bewegung ist, sondern ein Summelsarium von 5-10 Leute Kleingruppen, die vom Staatsschutz qua 129a Verfahren niedergemachte bundesweite Antifa umfasste mal vielleicht 300 Leute, die aber 20.000 zu Demos mobilisieren konnte, das war 1995 - ein Rätsel. Was er in seiner Selbstverortung links nennt würde ich wertkonservativ nennen. Das politische Spektrum dem ich zugehöre bewegt sich so zwischen Robin Wood, Pro Asyl und Neuem Antiimperialismus, die Liga der Werktätigen Kurdistans und die Zapatisten stehen mir näher als deutsche Parteien. Und da sind für mich die Piraten nur ein bunt-interessanter Teil eines insgesamt abgelehnten Systems.

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"Man kann dem Don natürlich vorwerfen, dass er sich an Figuren und Tendenzen abgearbeitet hat, die nicht unbedingt völlig repräsentativ gewesen sein mögen"

"Abgearbeitet" trifft es wohl ganz gut. Es geht um persönliche Animositäten, deshalb ist der auch analytisch eine Null. Alles, was der schreibt, ist eine Spiegelung, es geht immer nur um das Verhältnis des Geschriebenen zu seinem Fahrrad, zu seinen Anzügen, zu seinem ganzen peinlichen Luxusgeplapper. Ich habe dem das schon vor Jahren in seinen Blog geschrieben: Wer so bewusst Schuhe für 300 Euro trägt, legt die Latte hoch.

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@mark: Ja und nein. Klar, Selbstverschulden ist ordentlich da. Aber auch in der Öffentlichkeit wurde Front gemacht und breit negativ berichtet, jeder hat seine Rolle schön brav gespielt, meist bestand die "Kritik" aus oberflächlicher Scheisse und häufig wurde mit zweierlei Maß gemessen. Das hat schon Einfluss.

@che: Die Freien Wähler in Bayern, die doch einen gewissen Einfluss bekommen haben, rekrutieren sich größtenteils aus potentiellen und enttäuschten CSU-Wählern und haben mit der CSU mehr gemeinsam, als mit der eh schon rechten Bayern-SPD.

Die Grünen in Baden-Württemberg wirken wie eine grüne CDU/CSU.

In diesen Gruppen sehe ich überhaupt keine Zukunft, für die Piraten und wünsch mir dort auch keine und ich bezweifle auch, dass der wichtige Piraten-Fokus -Netzpolitik- bei deinen roten und grünen Sozialdemokraten eine große Zukunft hat.

Ich lehne ja auch diese Parteien-Demokratie ab und sicherlich kann man an Teilen der Piraten einiges kritisieren, zum Beispiel neoliberale Denkweisen, vom Feminismus keine Ahnung, technokratische Gesellschaftsideale und so weiter, aber du kommst grad mit dem muffigen und so oft gehörten Argument der Abgehobenheit, "die sind ja gar nicht real", übrigens ein typischer Vorwurf gegenüber linke Gruppen. Dann verlinkst du auch noch dieses dümmliche Boulevardblatt, was grad in einer der letzten Ausgaben, auf der Titelseite, für Nationalismus wirbt und dazu noch schön den Quoten-Schwarzen platziert.

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Unter "dümmlichen Boulevardblättern" würde ich so etwas wie die BILD, Super-Illu oder den Kölner Kurier verbuchen. Am SPIEGEL kritisieren Leute, die ich so kenne, z.B. mein Vater eher die Tatsache, dass er LeserInnen intellektuell überfordere. Wobei mein Vater pensionierter Bankdirektor mit Volksschulabschluss (heute hieße das Hauptschulabschluss) und Handelslehre ist und einen sozialen Status hat, den unsereins heute mit Doktortitel (den ich habe) nicht erreichen würde - typische Nachkriegskarriere. "meine roten und grünen Sozialdemokraten" sind nicht meine, ich verstehe mich als sozialrevolutionärer Vertreter des Materialien für einen Neuen Antiimperialismus/Wildcat-Spektrums, ehemals RZ-Umfeld. Und habe immerhin schon aus politischen Gründen vor Gericht gestanden.

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Ich bezog mich auf den STERN. Den verlinkst du ja auch.

Andererseits wurde oder wird der SPIEGEL auch als "BILD für's Bürgertum" spöttisch beschrieben.

Ich halte wenig vom SPIEGEL, hab aber auch nie ne Printausgabe in der Hand. Ein bisschen nehme ich SPIEGEL ONLINE wahr. SPON hat durchaus "Boulevard-Qualitäten" (gut, welche Online-Ausgabe einer Zeitung nicht) und ist relativ rechts. Ich meine mich auch erinnern zu können, dass der SPIEGEL 2005 für Merkel und gegen Schröder geworben hat (nicht dass das einen großen Unterschied machen würde). Auch haben im SPIEGEL Leute ihren Platz gefunden, die kurz davor noch Nazis aus der ersten Reihe waren. Der SPIEGEL-Gründer Rudolf Augstein ist auch eine eher dubiose Figur und kein Linker. Etwaige Verdienste im Nachkriegsdeutschland will ich der Zeitung nicht generell absprechen.

Heute sind die Leute relativ gut ausgebildet (bei einem mittleren Schulabschluss heißt es ja schon "naja", außer das Zeugnis fällt wirklich gut aus), aber ich würde trotzdem meinen, dass viele bei etwas intellektuelleren Aussagen, Texte die sich klar auf etwas beziehen schnell Probleme bekommen. Das Wissen, die Erfahrungen, die Wahrnehmung ist darauf ausgelegt, im kapitalistischen System gut zu funktionieren. Ziemliches Problem.

Ich glaube zu wissen, wo du dich siehst. :)

Ich lese übrigens auch ab und zu ein "dümmliches Boulevardblatt", die TZ. ;)

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Der Stern ist eben für mich auch kein dümmliches Boulevardblatt, für den SPIEGEL habe ich selber schon geschrieben- Wer ist denn die TZ, meinst Du damit die taz?

Bürgerpresse ist halt Bürgerpresse, progressive Haltungen lassen sich dort nur manchmal finden, unter dem Gesichtspunkt ist dann aber außer Le Monde Diplomatique nur noch Presse links von konkret (Wildcat, Arranca und sowas) lesbar. Ehrlich gesagt mir zu eingeengter Blickwinkel.

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Ich habe diesen Blickwinkel nicht.

http://www.tz.de/

Ich kenne die Le Monde Diplomatique nicht so. Ist die nicht eher sozialdemokratisch geprägt, wie TAZ oder FREITAG?! Ich kenn ein paar Leser der Le Monde (und gleichzeitig TAZ) und die schauen auf Medien, die zumindest vom Selbstverständnis radikal links sind, ob nun die Richtung von Konkret, Jungle World, IZ3W.. oder Wildcat, Arranca, Analyse&Kritik.. oder Junge Welt etc. verächtlich hinab und interessieren sich nicht dafür. Das ist meine persönliche Erfahrung dazu.

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OK, danke!

Was als sozialdemokratisch gilt ist dann auch noch die Frage, die taz ist grüne Parteirichtungspresse, der Freitag eher DIE LINKE. Die Le Monde Diplomatique ist schon in dem Sinne sozialdemokratisch als das sie den französischen Sozialisten nahesteht, aber das Einzigartige an ihr ist, dass sie, blöde Formulierung, "globalisierungskritische" Perspektiven, nämlich die von Basisbewegungen in den drei Kontinenten sehr stark berücksichtigt, und in dem Kontext könnte man sie auch als antiimperialistisch bezeichnen. Mein alter Wirkungskreis ist ja so links, dass die SPIEGEL und Junge Welt in einem Atemzug erwähnen und beides als etablierte Presse ansehen(selber vor allem geprägt durch Materialien für einen Neuen Antiimperialismus), für mein aktuelles berufliches Umfeld ist alles links von Stern und SPIEGEL linke Kampfpresse, die würden nicht zwischen taz und Junge Welt unterscheiden.


Und dann kenne ich wiederum Stammleser von konkret und Jungle World, die von der Existenz der Antideutschen als politische Strömung bis heute nichts mitbekommen haben.

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Vielleicht kann man die sozialdemokratisch nennen, die für die soziale Marktwirtschaft, in der bürgerlichen Demokratie, eintreten und keine tiefgreifenden Veränderungen denken. "Schröders-SPD" und seine Nachfolger würde ich aber darunter nicht mehr verordnen.

Danke für die Information.

Beides stumpf, dumm, aber gut, wenn man nicht viel von der Jungen Welt hält. ^^

Hm ja, die Bezeichnung ist in der Szene aus der Mode gekommen. Vielleicht auch, weil sie suggeriert, dass man bestimmen Ideologien folgt und das ist ja negativ konnotiert.

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@"Hm ja, die Bezeichnung ist in der Szene aus der Mode gekommen. Vielleicht auch, weil sie suggeriert, dass man bestimmen Ideologien folgt und das ist ja negativ konnotiert." --- Ich weiß nicht genau, was Du damit meinst, wenn Du das auf die Antideutschen beziehst hat es jedenfalls nichts mit dem zu tun, was ich meinte. Für die Junge Welt schreibe ich übrigens gelegentlich und war dort auch schon Autor, bevor es zur Abspaltung der Jungleworld kam.

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"Und dann kenne ich wiederum Stammleser von konkret und Jungle World, die von der Existenz der Antideutschen als politische Strömung bis heute nichts mitbekommen haben."

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Könnte daran liegen, dass in der konkret der Begriff "antideutsch" nicht verwendet wird. Wenn man also nur konkret liest, existiert der Begriff nicht. Inhaltlich dürfte einem das schon vertraut sein.

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Nein, überhaupt nicht. Ich kenne tatsächlich eine ganze Reihe von Leuten, die niemals mitbekommen haben, dass es eine Pro-Israel-Anti-arabische-Welt-pro-USA-Richtung gibt, die sich als links bezeichnet und die traditionell antiimperialistische Linke kritisiert oder sogar bekämpft. Die halten dann Beiträge von Alex Feuerherdt, Stephan Grigat, Henryk M.Broder, Thomas von der Osten-Sacken und Thomas Uwer für besonders spitz formulierte Polemiken in Karl-Kraus-Manier, aber nicht für etwas, hinter dem eine geschlossene Ideologie stünde und das wörtlich so gemeint wäre. Ich habe echt alte Antifas erlebt, die sich, als ich ihnen antideutsche Blogs zeigte annahmen, dass das Satire sei. Die kennen zwar auch den Ausdruck "antideutsch", damit meinen die dann aber die Attitüde von Slime "Deutschland verrecke".


Btw, Linke, die in der Flüchtlingsarbeit oder konkreten Antifaprojekten, Jugendarbeit, Fanprojekten, Regionalarchiven usw. stecken und studentische Zänkereien nicht zur Kenntnis nehmen haben oft nicht mitbekommen, dass es diese Strömung überhaupt gibt. Wobei ich bei der Spaltung Antideutsche-Antiimps immer innere Zuckungen kriege. In meiner Alterskohorte bezeichnet Antiimps nämlich die konkrete UnterstützerInnenszene der Stadtguerrillagruppe RAF, die 1992 die Waffen niederlegte.

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Ist der Begriff Antiimps nicht eher eine Fremdbezeichnung, die eben die Antideutschen ihren Feinden gegeben haben?
Wobei ich gehört habe, dass etwa die Bahamas sich nicht mal mehr als antideutsch bezeichnet, sondern als "ideologiekritisch". Wozu auch passen würde, dass Justus Wertmüller eine Veranstaltung mal eingeleitet hat mit: "Ich bin einer von diesen antideutschen Linken oder manche sagen auch antilinken Deutschen.", was übrigens johlenden Beifall nach sich zog.

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a propos, Che:
Was hältst du eigentlich von der Theorie, wonach die dritte Generation der RAF nie existiert hat und Rohwedder und Herrhausen andersweitig ermordet wurden. Täter wurden bis heute nie gefasst. Verschwörungstheorie? Oder wie sind die Eigentümtlichkeiten zu erklären? Oder muss man sich damit zufrieden geben, dass man nicht alles erklären kann und Gott das Feld überlassen? Oder ist dir das wurst?

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Na ja, ich bezeichne mich ja auch selber als Antiimperialisten, wenn auch als neuen und beileibe nicht als Antiimp. Die Autonomen formierten sich mal aus einer Debatte heraus, in der antiautoritäre Linksradikale sich vom Antiimperialismusbegriff der Antiimps abwandten und eine eigene antiimperialistische Theorie formulierten, rund um die Zeitschriften Autonomie, Autonomie Neue Folge und Materialien für einen Neuen Antiimperialismus (wobei manche Ausgaben dieser Zeitschriften ganze Bücher ware). Die Antiimps stellten ein eigenes, ziemlich abgeschottetes linkes Milieu dar, das nichts mit den Autonomen zu tun hatte. Diese Diskussionsprozesse spielten sich im Zeitraum 1977-1991 ab. Wenn dann 10 Jahre später Antideutsche Andere mit Antiimps betiteln hat das a Gschmäckle.


Btw. die Wandel von Gruppenbezeichnungen finden allerdings woanders auch statt. So meint der Begriff "Rocker" heute zumeist den motorradfahrenden Teil der Organisierten Kriminalität und bezeichnete mal rockmusikbegeisterte Jugendliche in Lederkluft, historisch das Vorgängermilieu der Headbangerszene.

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@Genova, zumindest die Leute, die diese RAF-Phantom-Theorie vertreten wie dieser Wischnewsky sind mir zutiefst suspekt. Solche Verschwörologen behaupten ja auch, dieses niederländische Mädchen hätte niemals allein die Welt umsegelt, Karl der Große hätte nie gelebt und die Jahrhunderte zwischen 700 und 1000 seien reine Dichtung und hätten nicht stattgefunden. Demzufolge schreiben wir etwa das Jahr 1714. Ich würde auch nie zugeben ein Bilderberger zu sein.

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Unterwanderte Terroristen ja, gesteuert nein
Von den Roten Brigaden in ihrer Spätphase ist bekannt, dass die in hohem Maße geheimdienstgesteuert waren, die ersten Waffen, mit denen die Bewegung 2.Juni geschossen hat, kamen vom V-Schutz. So weit klar. Ich vermute nur, dass Verschwörologen sich ein völlig falsches Bild von der Steuerbarkeit solcher Bewegungen machen. Die Geschichte des seit Ende der Siebziger Jahre geführten Dauerkrieges in Westasien zeigt das doch. Die Muddjaheddin, die Taliban, Saddam Hussein, Al Kaida, alles wohlgepäppelte Pflegekinder des US-Militärs, alles Kettenhunde des Imperialismus, die sich irgendwann losgerissen hatten und in die Hands des Herren gebissen haben. Das ist die Geschichte vom Zauberlehrling, die sich ewig wiederholt, und die Geheimdienste, speziell die US-amerikanischen sind zu blöd, um das zu sehen. Weil, wer die ganze Zeit im Leben der Anderen herumlauscht selber den Realitätsbezug verliert.

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@che: Vielleicht muss ich mich genauer ausdrücken. Wenn du immer laut in die Welt hinaus schreist, dass du Antideutscher bist beziehst du halt Position und viele werden mit dir grob solche Sachen in Verbindung bringen: "Linksradikaler, Marxist, befürwortet den Zionismus, befürwortet westliche Militäreinsätze, lehnt personalisierte Kapitalismuskritik ab, glaubt an einen spezifisch deutschen Nationalcharakter, Wertkritiker, bewertet den Islam als Bedrohung ähnlich dem Nationalsozialismus, kritisiert linke Bewegungen, erachtet die Kritische Theorie als sehr wichtig." Viele Linke werden dich dann als indiskutabel ablehnen und viele weniger linke genauso, weil diese Dinge nicht dem gesellschaftlichen Mainstream in Deutschland entsprechen, du doch als Linksextremer giltst und obskurer Ideologe. Schreist du aber dein "Antideutschtum" nicht heraus oder vertrittst beispielsweise andere Labels wie "Ideologiekritik", schon wirst du nicht so schnell abgestempelt. Das kann dir Türen nach links wie rechts öffnen.

Die Junge Welt nehme ich negativ wahr. Sie beheimatet(e) so gruselige Leute wie Werner Pirker, Arnold Schölzel und vertritt teilweise einen Kurs, der einen Antisemitismus befördern kann oder verdruckster Antisemitismus ist. Zum Beispiel - http://www.streifzuege.org/2006/offener-brief-an-die-junge-welt-und-ihre-leserschaft oder aktuell - http://www.jungewelt.de/2014/06-23/026.php?sstr=Pal%E4stinenser .. der Gegner steht fest.
Den Ukraine-Konflikt betreffend, hat die Junge Welt doch auch ziemlich einseitige Sichtweisen. Sozi ohne Partei kann da bestimmt was zu sagen hehe.

Zum weiter unteren ..

Da machst du es dir zu einfach. Broder und Osten-Sacken sind ja keine Antideutsche, sondern einfach Konservative, die in den Kreisen beliebt sind (grad die Popularität von Broder und Osten-Sacken halte ich für besonders bescheuert).
Übrigens sind ja antideutsche Texte oft mit Absicht polemisch und nicht nur Zeugnis eines geschlossenen Weltbildes. Manche sind einfach als Polemiken zu begreifen.

@genova68: Ja viele dürften die Nähe schon überblicken. Selbst der Wikipedia-Eintrag über die Konkret verweist darauf.

@futuretwin: Jap. Der Antiimp ist oft ein Phantom und ja die Bahamas hat sich ja schon immer besonders radikal und true gegeben - http://www.redaktion-bahamas.org/auswahl/web57-2.html.

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@lacommune: Ich denke eher, Du machst es Dir zu einfach. Lange Jahre war eines der Hauptthemen auf diesem Blog, auf Don Alphonsos rebellmarkt, auf Dr. Deans Der Morgen, bei der netbitch und auf Momorulez`Metalust das Sich Abarbeiten an einer Allianz aus Blogs, deren politisches Spektrum von Antideutschen der Bahamas-Fraktion über Libertäre (also jetzt nicht klassische Anarchos, sondern marktradikale Minarchisten oder Anarchokapitalisten) und Wirtschaftsliberale bis hin zu Neuen Rechten reichte - Bahamas meets Weikersheim. Im Zentrum dieser Allianz stand das von Broder und den Springer-Redakteuren Miersch und Maxeiner initiierte publizistische Netzwerk "Die Achse des Guten". 2005 hatte auf dem Nockerberg in München ein Gründungstreffen dieses Kreises stattgefunden, bei dem man zum Beispiel Broder und den PI-Gründer Stefan Herre Arm in Arm sehen konnte. Dieses Spektrum war mal so wirkungsmächtig, dass es zu einer bestimmten Zeit ausreichte als Blogger Adorno zu zitieren um automatisch dem Umfeld der Achse des Guten zugerechnet zu werden, war mir selber damals passiert.

Es ist auch auffällig und Küntzel dafür ein Paradebeispiel dass antideutsche Autoren früher oder später bei Springer landen. Von der Osten-Sacken betrieb jahrelang im Irak ein Hilfswerk, dass ohne enge Drähte zu US-Militärdienststellen nicht hätte agieren können. Rechne ich all dies zusammen stellt sich in der Tat die Frage, in welchem Ausmaß die Antideutschen ein Geheimdienstprodukt sind.Broder ein Konservativer? Bis zum 11.09.2001 betrachtete der sich als links, um dann bruchlos zum Bush-Anhänger zu werden. In konkret machten antideutsche Autoren schon Wahlkampf für Sarkozy. Es ist geradezu eines der Kernstücke antideutscher Argumentation zu sagen "Die heutige Linke ist eine strukturell antisemitische Ressentiment-Linke, daher sind aufklärerische Inhalte am Ehesten bei den explizit Konservativen aufgehoben".


Gib mal auf der Suche in diesem Blog "Elemente der Gegenaufklärung" ein oder google "Die Achse des Kruden" bzw. "Miersch Maxeiner rebellmarkt" und "Neoconnard".

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Vielleicht wird dein Blog und Umfeld von der niederländischen Heilsarmee gesteuert. Man weiß es nicht.

Man kann natürlich immer über Aktivitäten von Geheimdiensten spekulieren, solange dies nicht zu einem Totschlagargument wird, aber sowas ist von der Natur der Sache schwer dingfest zu machen.

Das Konserviten bei Springer landen wundert doch niemanden, aber wie gesagt sind solche Leute wie Küntzel und Osten-Sacken nicht "die Antideutschen". Du sprichst ja auch selbst von einer Bahamas-Fraktion (die Bahamas der 90iger wär nochmal ein anderes Thema). Das ist einfach nicht die gesamte Szene und mir ist schon klar, dass es von den grellsten AD-Vertretern nicht weit zu Neokons, Rechtsliberale etc. ist. Das ist aber halt nur ein Teil. Ich geh ja auch nicht her und behaupte die Junge Welt ist stalinistisch-leninistisches Zentralorgan und ich hoffe du nimmst nicht an, dass Springer-Welt antideutsches Zentralorgan ist.

Broder und Herre Arm in Arm überrascht mich nicht. Ich halte ja von ihm nicht grundlos nichts. Kann sein, dass er mal anders war. Vielleicht hatte er ja 2001 ein Erweckungserlebnis. ^^ Was weiß ich. In Deutschland gingen ja bizarre Sachen ab, als die USA erst Afghanistan und dann den Irak besetzten. 2001 (vielleicht war es schon 2002) sollten wir im Deutschunterricht einen Aufsatz über diesen Krieg schreiben. Ein klares "dafür" oder "dagegen" war nicht gefordert. Schlussendlich wurde dann aber der Aufsatz vor der Klasse vorgelesen, der sich klar gegen den US-Einsatz aussprach, nur der (als wäre das Thema schon nicht genug fraglich, im Kontext des Schüleralters). 2003 war plötzlich allen klar, dass das Öl der einzige Kriegsgrund sein musste und die Entmachtung von Saddam wurscht. Ich plappere das nicht nach, sondern ich habe das so erlebt.

Kunstreich hat Werbung für Sarkozy gemacht, aber auch das überrascht mich nicht. Der hat auch beispielsweise so ne Scheisse abgeliefert - http://jungle-world.com/artikel/2007/28/19952.html.

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Vielleicht ist der Hauptgrund für unsere unterschiedlichen Blickrichtungen der Altersunterschied. Der Bushkrieg 2001-3 war ein Ereignis, das mich nach einer Phase politischer Passivität wieder aktivierte, beim Bushkrieg 1991 hatte ich noch zu denjenigen gehört, die überregional dagegen mobilisierten und sich ökonomisch-theoretisch mit den Hintergründen auseinandersetzten. Initialereignis für mein politisches Engagement war die Iranische Revolution gewesen.


In meiner Schulzeit wurden wir noch nach jedem Starfighter-Absturz darauf eingeschworen, dass "wir" dieses Flugzeug brauchen, und als nach der Erstürmung der entführten Passagiermaschine "Landshut" in der Schülerzeitung zu lesen war dass die GSG-Beamten die Entführer nicht hätten tödlich treffen müssen und sich damit auf eine Stufe mit den Terroristen gestellt hätten und in der gleichen Ausgabe in einem Interview eine Lehrerin gefragt wurde "Was empfinden Sie beim Orgasmus?", da wurde die Schülerzeitung verboten, die Schülervertretung aufgelöst und die mißliebigen SchülerInnen durch eine politisch vergebene 5 in Französisch einen Jahrgang zurückbefördert. So war das in den Siebzigern.

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@lacommune, wieso postest Du Deinen Kommentar wiederholt neu, statt auf meine Antwort einzugehen?

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Wiederholt? Ich hab nur einen Satz editiert!

So viel gescheites fällt mir darauf nicht ein. Ich denke, ich weiß was du meinst.

Siehst du "Entspannt In Die Barbarei" von Ditfurth noch als aktuell und lesenswert?

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Und ich habe bei der Edition dieses Satzes die Unterschiede zwischen vorher und nachher nicht wahrgenommen. Was das Ditfurth-Buch angeht: Ich hatte heute im Zug ein mehrstündiges Gespräch mit einem Reisenden, das mir klarmachte, dass dieses ganze Thema sehr aktuell ist, was ich vorher verneint hätte. Der gesettelte biogrünbürgerliche Mittelstand wird hochaggressiv bis zur Militanz, wenn die Wende der Energiewende ihn am Geldbeutel derwischt. Die gehen nicht mehr als militante AtomkraftgegnerInnen auf die Barrikaden, sondern als wohlhabende BetreiberInnen von Solarkraftanlagen, denen plötzlich qua Änderung bzw. Abschaffung der Einspeisungsregelungen die Revenuequelle beschnitten wird. Und da die nicht mehr wie Ditfurth, Trampert, Ebermann das Thema alternative Energien mit einer Kapitalismuskritik verbinden, sondern sich als Kleinkapitalisten durch das System eingeschränkt sehen, das sie sonst, abgesehen von Forderungen in Menschen-und Bürgerrechtsfragen überzeugt mittragen ist eine Interressenidentität mit Liberalen oder Neokonservativen zwangsläufig. Adaptionen von esoterischem Denken, welche die Dimension des esoterisch-okkultistischen Weltbildes nicht im Mindesten begreifen sind in dieer Szene ja von Vornherein en vogue. Von daher sollte das Buch noch mal neu gelesen werden.


http://che2001.blogger.de/stories/1699322/#1701365


http://che2001.blogger.de/stories/1699322/#1701365

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Ah, hast du eine Meinung zu Agnoli (bspw. http://www.ca-ira.net/verlag/buecher/agnoli-transformation.html) ?

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Ja, habe ich.Wichtiger linker Denker, aber etwas antiquiert.
Seine Überlegungen zum Thema Radikaldemokratie halte ich allerdings für sehr aktuell und waren und sind für mich motivierend und maßstabssetzend. Allemal ist der sehr lesenswert.

Wenn Du allerdings linke TheoretikerInnen auf der Höhe der Zeit suchst:

Detlef Hartmann, Karl-Heinz Roth und Susanne Heim halte ich für sehr empfehlenswert.

Btw: Den Ca-Ira-Verlag halte ich allerdings für einen der übelsten Sümpfe linksdogmatischen Sektierertums.

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Vor allem Karl-Heinz Roth ist mir ein Begriff.

Was sagst du zu der Kritik - http://www.akweb.de/ak_s/ak476/08.htm ?

Nun es wird wohl eine Zeit bestanden haben, als der Ça ira-Haufen weniger ideologisch verderbt war. Zumindest sind unter den vielen Veröffentlichungen interessante dabei.

Ich würde auch die Ça ira-Ausgabe von "Die Transformation der Demokratie" suchen, weil sie mir die optisch ansprechendste scheint (hui wie oberflächlich ;)).

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Dem stimme ich sehr weitgehend zu, sind ja auch meine Leute die das geschrieben haben. Mit Dirk Vogelskamp habe ich im Wortsinn auf der gleichen Barrikade gestanden.

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Die Ditfurth is ja auch so ne Nummer für sich. Sie mag vieles richtig sehen, aber ich hab echt Probleme ihr Auftreten auszuhalten. Dieses eigenartige, verteidigend-aggressive Mackertum mit jetzt-red-ich und Mund-verbieten ist asozial.

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Das war aber mal, neben dem genauen Gegenteil, diesem "Du, das macht mich jetzt aber total betroffen, echt ey" einer der gebräuchlichsten Kommunikationsstile in der linken Szene der Achtziger Jahre: Alles redet durcheinander, die Lautesten setzen sich durch, und wer erstmal das Wort hat gibt es nicht wieder ab, sondern bemüht sich möglichst lange und viel am Stück zu reden. "Kampf um die Einschaltquote" nannten wir das. Das änderte sich erst in den späten Achtzigern, als sich tatsächlich um herrschaftsfreien Diskurs und Zuhören gerade den Leisen und Schwächeren bemüht wurde.

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Sie sollte davon absehen, sich explizit eine antiautoritäre Linke zu nennen.

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Sehe ich nicht ganz so. Ein Verhalten, das durchaus unter sehr schlechtes und rüpelhaftes Benehmen zu fassen ist galt bei der ersten Generation der Antiautoritären mal als guter Ton: Frapper les Bourgeois. Die Autonomen der ersten Generation wie ich sie kennenlernte hatten so in etwa die Umgangsformen einer Rockerbande, mit dem Unterschied, dass die Frauen genauso tough waren wie die Männer. Das lässt sich auch historisch erklären: Die ursprünglichen Antiautoritären richteten ihren Protest gegen eine Gesittung und Wohlanständigkeit, die in der Ära Adenauer wurzelte. Dass schon Männer in Jackets oder Frauen auf High Heels als "zur anderen Seite" zugehörig betrachtet wurden einzig aufgrund ihres Äußeren und dass man sich über korrekte Umgangsformen lustig mache, das kenne ich auch noch. Bis hin zu ironisch gemeinten Frotzeleien in der Art: "Für den Spruch wirst Du Dir irgendwann die Laterne nicht mehr aussuchen können, an die Du gehängt wirst." Es war eine andere Zeit.


Überhaupt nicht mein Ton, dennoch gefiel mir das besser als das ständige Betroffenheitsgejammer der Ökopaxe.

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Nix gegen klare Aussagen und markige Worte, kann sogar was, pathetisch gesagt, emanzipatorisches haben. Ich bin auch dafür, dass jeder seinen berechtigten Raum für die eigene Aussage einfordert, durchsetzt aber dies kann schnell in reine Selbsterhöhung auf Kosten der anderen umschlagen, was wiederum auf Kosten der eigenen Aussage gehen kann. Doppelt scheisse.

Bei der hab ich den Eindruck, die hat immer diesen anstrengenden Ton drauf, unabhängig vom Umfeld. Kenne sie natürlich nicht privat. :D

Mit dem emanzipatorischen Potential wär ich da auch sehr vorsichtig, weil mir ein autoritäres Gehabe deutlich geläufiger scheint, als das krasse Gegenteil.

High Heels sind die Pest.

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