Dienstag, 9. Oktober 2007
Der Münte, die Bezugsdauer und die herrschaftliche Verfügung über Zukunftschancen versus Wirtschaftsdemokratie
Abgesehen von dem Theaterdonner, der um den Rücktritt oder Nichtrücktritt von Münte gemacht wird, der aber auch gar nicht zur Debatte stünde und andererseits doch (wenn ja, warum nicht?) stellt sich die Frage nach Verlängerung des AlG1-Bezugs ja eigentlich nur für die Betroffenen. Und da möchte ich einmal ein paar dissidente Gedanken äußern. Als sich mein Studium dem Ende näherte, so Anfang der 1990er, fingen Diejenigen meiner FreundInnen, die ihr Studium fertig, aber noch keinen Job hatten, meist für ein halbes Jahr bei Bosch oder VW am Band an, um so für Leistungen des Arbeitsamts berechtigt zu sein. Dabei war ihnen weniger das Arbeitslosengeld wichtig als vielmehr die Möglichkeit, eine Umschulung oder Weiterbildung, u.U. auch ein Aufbaustudium finanziert zu bekommen. Wurde aus dem studierten Beruf nichts, schuf man sich so selber Alternatuven. Wir nannte es die selnstorganisierte duale Ausbildung. So lernten Diplomsozialwirte Schreiner, Diplomgeografinnen Buchhändlerin und Diplomchemiker Physiotherapeut, um dann teils im Weiterbildungsberuf, teils im studierten Fach beruflich Erfolg zu haben, oder mal ließ sich zum Mediengestalter oder Grafikdesigner ausbilden und machte aus dem Mix Wissenschaft und Mediakompetenz einen hochattraktiven neuen Job. Ich empfand es damals als einen Skandal, als das SGBIII geändert wurde und man mindestens 1 Jahr beitragspflichtig arbeiten musste, um Leistungen beziehen zu können. Noch immer war die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes, heute AlG 1, recht großzügig geregelt: Bei beitragspflichtiger Arbeit von einem Jahr Dauer 6 Monate AlG, bei drei Jahren Arbeit 9 Monate AlG, bei fünf Jahren 12 Monate AlG, bei zehn Jahren waren das schon 24 Monate, und wer nach einem langen Erwerbsleben mit 50+ arbeitslos wude, konnte davon ausgehen, die Zeit bis Eintritt in die Rente mit Leistungen des Arbeitsamts zu überbrücken. Wer, Finanzierbarkeit vorausgesetzt, für die Bezugsdauer von AlG 1 heute eine vergleichbare Regelung durchsetzen will hätte meine Wählerstimme. Warum gibt es eigentlich keine linke Kampagne dafür?

In Italien wird gerade über den Sozialpakt abgestimmt. Über die Arbeitsmarkt- und Rentenreform befinden die Betroffenen, nämlich Angestellte, Arbeiter und Arbeitslose (und nicht Unternehmer oder Selbstständige) per Wahl. Zur Wahl steht unter anderem eine Heraufsetzung des REntenbezugsalters von 58 auf 62. Abgesehen von einer solch kommoden Lebensarbeitszeitsregelung finde ich, dass das durchgeführte Referendum klare Demokratievorteile bietet.

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was soll da links daran sein, den grossunternehmen qua arbeitslosenversicherung die möglichkeit zu geben, ihre belegschaft zu verjüngen?

richtig ist, dass das zu zeiten der rheinischen republik germacht wurde. aber die rheinische republik gibt es seit bald zwanzig jahren nicht mehr.

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Links daran ist, dass die Lebensbedingungen für Arbeitslose etwas erträglicher werden. Die Arbeitslosenbewegung in Frankreich vertritt Forderungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld für Arbeitslose, weil sie, realitätsnah und im Gegensatz zum deutschen Phrasendenken, Arbeitslosigkeit als in vielen Fällen langfristiges Schicksal, nicht als vorübergehende Phase begreift.

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das wäre der ansatz, diejenigen, die auf teilnahme am arbeitsmarkt verzichten, dafür entsprechend zu entschädigen.

ein guter ansatz, der hat vieles für sich. links im emanzipatorischen sinn ist er ebenfalls.

läuft bei den landwirten schon seit längerem so. da gibt es auch keinen bauernfunktionär, der denen erzählt, die zumutbarkeitsgrenzen für die landwirtschaftliche produktion müssten gesenkt werden, wer nicht arbeite brauche auch nicht essen.

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Da stimme ich zu 100% zu.

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