Sonntag, 10. August 2008
Kritischer Einwurf zum Thema Elend, Hilfsbereitschaft und Neoliberalismus
"Mit der allgegenwärtigen massenmedial inszenierten Präsenz des Elends in den Bildern der armen Leidenden und seinem Echo, der Menschlichkeit in Form von Spenden und unmittelbarer Hilfsbereitschaft, werden also letztlich Unvermeidlichkeit und Naturalisierung reproduziert. In Anlehnung an Althusser könnte man von einem ideologischen Zivilgesellschaftsapparat reden, der der Philanthropie den Ort zuweist, sie in praktische Hilfe ausformuliert und damit zugleich beschränkt, sie genau auf diesen Ort begrenzt und damit aus anderen gesellschaftlichen "Diskursknotenpunkten des Kampfes um Macht" ausschließt. Philanthropie wird zur strukturellen Heuchelei und Pest der Gegenwart, weil sie gerade das zu verdecken in der Lage ist, was längst klar ist: dass der nreoliberale wie der Kapitalismus überhaupt weder Willens noch in der Lage ist, Ungerechtigkeiten, Ausbeutungsverhältnisse und Kriege hinter sich zu lassen, dass er die Struktur gewordene Unmenschlichkeit ist.....Jeder hat das Recht an jedem Ort der Welt menschenwürdig zu leben. Und genau das ist es, was der neoliberale Philanthropismus zu verbergen sucht. Die Frage, die er ideologisch und in der Praxis der humanitären Intervention (seien es Kriege oder Lebensmittelverteilungen) zum Schweigen bringen will und in seinem Sinne beantwortet: dass es nämlich kein Recht auf Rechte gibt, sondern allenfalls ein Recht auf Alimentierung, oder schlimmer noch, das Recht auf die Pflicht der selbstverantworteten Freiheit in der ICH-AG oder im Kleinkredit."

Aus: Fantomas, Sommer 2008, Sonderheft "Globale soziale Rechte"

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