Freitag, 13. Juni 2008
Über den Aufbau von Vorurteilen
Manche Debatten sollte man sich doch wirklich nicht zumuten, wenn sie dazu führen, dass man einen Teil seiner Diskussionspartner nicht mehr ernst nehmen kann. Dies ist nun passiert. Ich hätte gewissen Diskutanten (jo@chim und Statler sind ganz ausdrücklich nicht gemeint) mehr zugetraut. Schade!

http://www.antibuerokratieteam.net/2008/06/03/der-abbau-von-vorurteilen/#comment-52822

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Das ist doch wurscht, solange man Diskussionspartner hat, die man ernst nehmen kann. Vielleicht ist vieles ja auf extremes Aneinandervorbeireden zurückzuführen!?

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Wenn man nach drei Jahren der Diskussion miteinander immer noch aneinander vorbeiredet, ist bei mindestens einer Seite davon auszugehen, dass es um das Gegenüber nicht verstehen Wollen geht. Und das Ganze ist eher eine psychologische als eine politische Angelegenheit, wo es um die Geschlossenheit des eigenen Weltbildes, das rhetorisch Obsiegen und das letzte Wort haben Wollen geht. Irgendwann wird eine solche Diskussion dann sinnlos.

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In diesem Fall liegt der "Fehler" vermutlich schon darin, sich den Themen relativ krampfhaft über Politik zu nähern und sich unbedingt politisch positionieren zu müssen. Einige libertäre Kollegen verneinen es ja, überhaupt Politik zu machen, weil das für sie schon demokratisch bzw. sozialistisch wäre, was irgendwie eins sein soll. Jedenfalls ist der Einstieg Politik an genau diese Aspekte geknüpft: Obsiegen, Macht, Definitionshoheit, ... Da steckt ein "Den anderen nicht verstehen wollen" nach meinem Dafürhalten schon oft mit drin.

Zwar mag man das anders sehen, wenn man in diesem Zusammenhang die zwingende Folge der Herrschaft, des Beherrschens verneint, ich habe jedoch häufiger Zweifel, ob im menschlichen Zusammenleben mehrere "Wahrheiten" wirklich koexistieren können oder ob man nicht in der Gesellschaft eher dazu neigt, sie in Konkurrenz zu setzen und darauf abzuzielen, dass die Wahrnehmung des anderen einfach von Grund auf falsch sein muss. Was mir aber auch wieder besonders im Bereich des Politischen auffällt.

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Der ganze Umgang mit Texten und Bedeutungen bleibt mir rätselhaft. Immer wieder. Ist doch mit andern Leuten auch nicht so.

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Grosser Himmel, bei nochmaligem lesen des ganzen Quatsches, der sich da entwickelt hat, seh ich erst, dass netbitch noch rechter hat als ich dachte. Bei Ches anfänglichen ruhigen Einlassungen scheint schlicht nicht das gewünschte Ergebnis in ausreichendem Reinheitsgrad rausgekommen zu sein, wie bei Statlers "vereinnahmender" Verlinkung selbst schon nicht.

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Frau Shalimar erklärt Euch die Küchenpsychologie
Heute: Liberalinskis


Ich glaube, das Rätsel von T.Albert vermag ich zu lösen. Zunächst einmal war Statlers Verlinkung nicht "vereinnahmend", sondern hochdifferenzierend. Mensch kann nämlich auch als LinkeR von Hayek profitieren. Die "spontane Ordnung", die Spieltheorie,die Überlegungen zur Wissensgesellschaft, all das sind Dinge, mit denen undogmatische Linke eigentlich sehr viel anfangen könnten. Nur hinsichtlich der konkreten politischen Ansichten klappts halt nicht. Ich traue Statler auch genug Ironie zu, diese Bombe bewusst in der eigenen Fankurve zu platzieren. Diese wiederum hat überwiegend ein Wahrnehmungsproblem. Für die sind Linke nämlich nicht nur Leute, die sozialistische, feministische, ökopazifistische Standpunkte vertreten oder sich entsprechend politisch organisieren, sondern sie haben bestimmte kollektive Charaktereigenschaften bzw. Mentalitäten (so, wie für den deutschen Spießer Juden auch nicht einfach nur an etwas anderes glaubten, nebenbei gesagt, das ist nämlich haargenau der selbe Mechanismus), die ihnen zugeschrieben werden. Für unsere ach so liberalen Freunde sind Linke autoritär, kollektivistisch, freiheitsfeindlich, zwanghaft und bürokratisch. Das Bild davon, wie der/die Linke zu sein habe, wird geprägt von der DDR und vielleicht noch Gestalten wie Castro und Chavez plus dem, was Leute wie Hayek geschrieben haben, die natürlich noch die tatsächlichen und ursprünglichen Stalinisten im Auge hatten. Wie die westliche Linke drauf ist, zu der T.Albert, Che, Momo, Workingclasshero oder ich zu rechnen sind, das ist ihnen aus persönlichem Erleben nicht bekannt. Wenn dann Che oder T.Albert darauf hinweisen, dass diese westliche Linke ein undogmatisches buntes Völkchen ist und mit einer chaotischen Punk- und Hippiehorde mehr zu tun hat als mit dem Bild von "den Linken", das die im Kopf haben, und das es bei dieser Linken so etwas wie ein Staatsmodell, einen Gesellschaftsentwurf, eine konkrete Utopie gar nicht mehr gibt (und sie daher auch keine autoritäre, diktatorische Gesellschaftsordnung anstreben), dann ist die Antwort bestenfalls "schön, das es auch solche Linke gibt, es wäre besser, wenn alle Linken so wären". Aber dabei bleibt das festgefügte Linkenbild unverändert in den Köpfen und wird kein Stück relativiert. Die Botschaft ist nämlich eigentlich gar nicht angekommen. Sie lautet tatsächlich. "Es gibt nicht auch solche Linke, sondern die weit überwiegende Mehrheit der undogmatischen Linken im Westen, die sogenannte linke Szene ist solch eine bunte Boheme". Die sind heute zwar politisch bedeutungslos, brachten es aber in den Siebzigern und Achtzigern locker auf über 100.000 Leute (am Rande: etwa doppelt so viel, wie die FDP Mit- und Ohneglieder hat). Diese Erkenntnis darf auf keinen Fall zugelassen werden, ebensowenig wie die Tatsache, dass Enteignungen, Verstaatlichungen usw. zur Zeit so wenig drohen wie der Einmarsch der Hunnen oder die Wiedereinführung der Spanischen Inquisition. Denn die Feindbildprojektion dient dazu, ein elitäres Bewusstsein und ein Wir-Gefühl aufrechtzuerhalten. Es ist auch eine rationalisierte Angst vor Unterschichten, Ausländern, Subkulturen und toughen Frauen. Die Diskussion über Texte und Autoren hat deshalb den Charakter einer Exegese der wahren und reinen Lehre und ist deshalb von historischen und ökonomischen Zeitumständen und Interessenlagen völlig losgelöst, weil sie nur einem Ziel dient: Der totalen Identifikation im eigenen Kollektiv. Dass dies über liberale Inhalte geschieht ist ein Treppenwitz.

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Herzlichsten Dank, Frau Shalimar!
Wirklich allerherzlichsten Dank, Eine musste ja mitlesen und mir meine Verwicklungen in der fremden Küche dann erklären. Ich hoffe echt, dass Du Dich nicht allzu sehr gequält hast. Unterhaltsam find ich aber schon, dass der bunte Linke sofort angepfiffen wird, wenn er im Begriff ist an Hayek was interessant zu finden. Ich hab ja den Eindruck, wir sollen gar nicht- wurde ja auch von irgendwem gesagt. Welche Furcht!

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Grandioser Text von netbitch, sehr schön! Einer dieser "Dixi et salvavi animam meam"-Texte, die historisch nur in sehr großen Zeitabständen zu lesen sind.

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Allerdings!

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mit denen wollt ich auch mal diskutieren
naja zitterwölfisch als minderheit in meiner eigenen art eben halt

http://www.derwesten.de/nachrichten/2008/6/14/news-55576189/detail.html

für mich is derwesten.de schlimma als die nekrophilen aus die npd

von da an hab ich die position des radikaldemokratischen aufgegeben und unterstütze den eu-vertrag mit bauchschmerzen so wie er is

die schweizer ham das ewich gelernt. wir sind offenkundich nich in der lage etwas zitterwölfisch zu entscheiden. es tobt der mob in seiner abgrundtiefen dummheit ob pseudolinks bis nekro-rechts. alles eine kiste und die neoliberalen brüllen was von: freihandel reicht doch!

wär ich ein chinesischer politiker würde ich panzer auffahren lassen aber zitterwölfe sind noch die hände gebunden. ich lass die motoren abba schon mal laufen. man weiss ja nie

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Immerhin ein Fortschritt
So schlimm ist das doch gar nicht, Che. Es bedeutet doch immerhin einen Fortschritt, dass keine Bamberger Reiter mehr mit Stacheldraht behandelt werden (sollen) ;-)

Und für Querfrontdebatten ist die Sektion der neoliberalen Weltverschwörung sicherlich ebensowenig geeignet wie Dein Kriegstagebuch. Weiss nich' ob Blogs das leisten können oder gar sollen...

Die Debatte zu Hayek hätte aber tatsächlich interessant gewesen sein können. Für mich persönlich, weil ich (als Linker, Anfang der 90er) einen ganz ähnlichen "Einstiegspunkt" wie Jesse Larner gefunden hatte.

Auch die Berührungspunkte zwischem Hayeks - konservativem - Kulturverständnis und Gramscis Hegemoniebegriff wären sicher spannend zu diskutieren.

Oder die Frage, warum Hayek ausdrücklich *kein* Anakap sondern Ordoliberaler war (warum war er das nicht? dafür sollte man ihn gelesen haben, nicht nur ein paar passende Zitate, die man nach lechts oder rinks werfen kann aus der Tasche kramen).

Spieltheorie könnte hier tatsächlich ein Stichwort liefern. Ich vermute aber, dass weder die Paläo-Libertarians (zumindest die die sich bei uns rumtreiben) noch die "antiautoritären Linken" (zumindest die die sich bei Dir rumtreiben) irgendein Interesse an einer derart differenzierten, und damit auch anstrengenden Debatte haben. Q.e.d.

Trotzalledem&alledem war F.A. v. Hayek ausdrücklich *Antisozialist*. Es wäre ggf. zu überprüfen, ob das nur Folklore oder Grundkonstante (dann wäre er nicht mehr zu vereinnahmen) seines Denkens war.

Naja, so ist wieder mal eine grosse Selbstdarstellungs- bzw. Verortungs-Nummer (ey wo bleibt der Roth in Deiner Heldenliste?) draus geworden und Netbitch bekommt den "ich-habe-den-Judenvergleich-gebracht"-Orden am Bande...

... vielleicht machst Du ja mal ein Seminar zum Thema ;-)

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Nörglers Nachtgebet
Es trug mich so ein Traum dahin,
wie sollte ich es fliegen?
Gestürzt, und wieder himmelan,
ein Alp, den zu besiegen
mir nie im heiligen Beschwur
ward jemals mir beschieden.

So wohn' ich selbst im Untergang,
hab Belphegor zum Freunde.
Den Huren Babylons entlang
zieh ihnen ich die Loipe.

Geht mir dereinst der Odem aus,
mit dem ich Gott verfluche,
lebt' ich zuvor in Saus und Braus,
fraß Schinken, Schnitzel, Kuchen.

Der Weiber pralle Mittenwelt
hab ich mir reingegurgelt.
Im heißen Ofen, olala,
ist mir der Schwanz verschmurgelt.

So geht dahin der Welten Lauf.
'S war besser doch als schlechter.
Der Hades tut sich so mir auf
mit seinem Hohngelächter.

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Gesamtdank
Bitchielein, hocherotische Sektenbeauftragte der Bloggosphäre, Tausend Dank für diese goile Analüse! Nörgler, an mein Herz! Endlich biste wieder da! Jo@chim, ich finde Dich mittlerweile ja wesentlich vernünftiger als einen Großteil Deiner Mitstreiter. Wenn wir uns fetzen, haben wir zumindest eine gemeinsame Grundlage.Das Anstrengende ist sonst ja, dass Diskutanten gar nicht wissen, über wen oder was geredet wird. Roth heißt bei mir "Karlo". Achte drauf, der ist ein Freund. Gut´s Nächtle!

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@"Auch die Berührungspunkte zwischem Hayeks - konservativem - Kulturverständnis und Gramscis Hegemoniebegriff wären sicher spannend zu diskutieren." ---- Da mache ich vielleicht tatsächlich mal was zu, insofern danke für die Anregung, Jo@chim!

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Es gibt nicht viele Herzen, an die ich gerne komme, aber Deins gehört dazu, Che.

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Das wiederum weiß ich sehr zu würdigen.

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In solchen Ideologie-Schlachten wird aber von beiden Seiten gerne der anderen Seite unterstellt, dass sie die Dinge nicht so meinen wie sie sagen sondern als Taktik, um etwas anderes durchzusetzen. Oft geschieht das ja auch. Ist auch menschlich. Als fundamentale Unterstellung gegen eine bestimmte Richtung find ich das aber auf Dauer verengend, unproduktiv und langweilig.

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Dabei wurden in diesem Fall die Aggressionen und Missverständnisse teilweise am Ende auch wieder aufgelöst. Insofern hat das noch eine andere Qualität als die Flamewars, die es zu anderen Zeiten gegeben hat. Von Auseinandersetzungen mit rechtspopulistischen Blogs und gewissen Exzentrikern einmal ganz abgesehen, bei denen es dann bis zu handfesten Drohungen kam. Insofern würde ich auch Raysons Fazit zustimmen, dass sich das alles noch im Rahmen hält, aber auch T.Albert darin, dass es keinen Sinn macht, eine Diskussion so zu führen, wie sie dort geführt wurde. Und die Krakeeler am Wegesrand sollte man wohl nicht so sehr beachten.

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Auf der Faktenebene hast Du wohl Recht, aber ich finde mittlerweile die Diskursebene viel interessanter.

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Jetzt hab ich aber endlich was über Hayek gelernt, auch über das Interview.auch über den "massenhaften Hungertod". Das ist doch jetzt mal eine Einordnung.

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Stimmt, und die ist sogar sehr spannend. Witzig ist, dass sie von jemandem kommt, mit dem gewisse Hayek-Experten nicht mehr reden wollen.

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