Mittwoch, 23. Juni 2021
Kein Druck bitte! Durch eine Impfpflicht würde laut Umfrage die Impfbereitschaft eher sinken
Dr. Thomas Kron



Eine repräsentative Online-Umfrage spricht gegen eine Impfpflicht zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Wie andere Untersuchungen auch zeigt die Umfrage der Verhaltensökonomin und Psychologin Dr. Katrin Schmelz und ihres US-amerikanischen Kollegen Prof. Dr. Samuel Bowles, dass es vor allem darauf ankommt, das Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen und die Wissenschaft nicht zu beschädigen, sondern zu fördern [1].

Könnte die Impfbereitschaft in Deutschland stagnieren?
So schwer die Pandemie in Millionen Leben auch eingegriffen hat: In Deutschland gibt es keine Pflicht, sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen. In anderen Ländern ist eine solche Verpflichtung längst eingeführt, sei es für Pflegekräfte in Italien oder für Studierende in Kalifornien.

Werden sich in Deutschland genug Menschen freiwillig impfen lassen, um die Pandemie zu beenden? In Israel etwa, lange Zeit Vorreiter bei den Impfungen, stagniert das Impfniveau bei rund 63%. In Deutschland ist die Frage beim derzeitigen Stand der Impfkampagne noch offen, dürfte aber im Laufe der nächsten Monate an Relevanz gewinnen.

Eine Umfrage mit 2.600 Bürgern
Der Bereitschaft zur freiwilligen Impfung und möglichen Reaktionen auf eine Impfpflicht sind Schmelz und Bowles in der repräsentativen Online-Befragung ?Leben im Ausnahmezustand? nachgegangen.

In der Untersuchung des Exzellenzclusters ?The Politics of Inequality? der Universität Konstanz haben sie nach dem persönlichen Impfwunsch gefragt: Würden sich die Teilnehmer freiwillig impfen lassen wollen? Und würden sie sich immer noch gern impfen lassen, wenn eine Impfpflicht ihnen die Entscheidung aus der Hand nähme?

Zwang lässt Impfbereitschaft sinken
Eine Besonderheit der Studie von Schmelz und Bowles ist die Durchführung als ?Panel?: Jeweils im Frühjahr und im Herbst 2020 wurden dieselben rund 2.600 Personen befragt. Deren freiwillige Impfbereitschaft blieb unverändert hoch bei etwa 2 Dritteln. Anders die Bereitschaft unter verpflichtenden Bedingungen: In der ersten Befragungswelle blieb der Impfwunsch im Falle einer Pflicht nur bei 44% der Befragten erhalten, in der zweiten Welle waren es lediglich 28%.

"Wer dem Staat misstraut, mag sich schon gar nicht zum Impfen zwingen lassen". Dr. Katrin Schmelz


Durch die wiederholte Befragung derselben Personen können die Forscher nachvollziehen, welche Gründe zu einem vermehrten Widerstand gegen eine mögliche Impfpflicht führen. ?Das Vertrauen in öffentliche Institutionen hat einen entscheidenden und direkten Einfluss: Wer dem Staat misstraut, mag sich schon gar nicht zum Impfen zwingen lassen?, sagt Schmelz in einer Mitteilung der Universität.

?Die Akzeptanz einer möglichen Impfpflicht ? aber auch die freiwillige Impfbereitschaft ? ist gerade bei den Menschen merklich zurückgegangen, die zwischen den ersten beiden Lockdowns Vertrauen in unsere Regierung und die Wissenschaft verloren haben. Im Durchschnitt war das politische Vertrauen im Herbst allerdings noch genauso hoch wie im vorherigen Frühjahr: Menschen, die Vertrauen in den Staat verloren haben, halten sich die Waage mit Menschen, die Vertrauen gewonnen haben.?

Vertrauen in die Bürger besser als Zwang
Wie viele Menschen sich letzten Endes tatsächlich freiwillig impfen lassen werden, lässt sich noch nicht sagen. Schmelz und Bowles argumentieren aber, dass es sich für die Regierung lohnen könnte, in die freiwillige Impfbereitschaft der Bevölkerung zu vertrauen. Anhand einer Modellierung zeigen sie: Je größer der Anteil der bereits geimpften Bevölkerung, desto mehr Ungeimpfte entwickeln den Wunsch, sich ebenfalls impfen zu lassen, zumindest bis zu einem gewissen Punkt.

?Das liegt daran, dass man sich für persönliche Entscheidungen stark am sozialen Umfeld orientiert?, erklärt Schmelz. ?Haben die Nachbarn, Freunde und Kollegen sich bereits freiwillig impfen lassen, steigt der Wunsch, selbst auch diesen Schritt zu gehen. Dieser Konformitätseffekt dürfte viele derjenigen mitziehen, die sich im Augenblick noch nicht impfen lassen möchten oder unentschieden sind.?

Haben die Nachbarn, Freunde und Kollegen sich bereits freiwillig impfen lassen, steigt der Wunsch, selbst auch diesen Schritt zu gehen. Dr. Katrin Schmelz
Eine Impfpflicht könnte die Impfmotivation deshalb nicht nur direkt ? aus Widerstand gegen Zwang ? verringern, sondern auch indirekt: Die freiwillige Impfentscheidung anderer sendet ein positives Signal und das geht verloren, wenn sie bei der Impfentscheidung keine Wahl hatten.

Sollte die Impfkampagne in Deutschland ins Stocken geraten, sollten die politisch Entscheider sich der möglichen Kosten einer Impfpflicht bewusst sein, meint Samuel Bowles der Mitteilung zufolge. Bowles: ?Der Widerstand gegen das Impfen würde zunehmen und vermutlich würde auch die Entfremdung der Bevölkerung von den Regierenden und ihren wissenschaftlichen und medizinischen Experten zunehmen.?


Bedeutung von Vertrauen und Misstrauen mehrfach belegt
Wie wichtig in diesem Zusammenhang Vertrauen ist, hat unter anderen eine Studie von Wissenschaftlern des ZEW Mannheim (Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) und der Humboldt-Universität zu Berlin zu den Auswirkungen zweier großer Querdenken-Kundgebungen gezeigt.


Wie schädlich mangelndes Vertrauen oder Misstrauen in Staat und Wissenschaft für die Akzeptanz von Schutzmaßnahmen ist, haben auch Untersuchungen eines Teams von Versorgungsforschern belegt.

Wie die Wissenschaftler der Universität Witten/Herdecke im Bundesgesundheitsblatt berichten, haben sie 6 Hauptkategorien im Zusammenhang mit der Ablehnung der Corona-Schutzmaßnahmen identifiziert:

Fehlinformationen der sozialen Medien

Misstrauen gegenüber den etablierten öffentlichen Medien

Wissensdefizite und Verunsicherung

Einschränkung der Grundrechte

Rolle der Behörden (Bevölkerungskontrolle und mangelndes Vertrauen in das Robert Koch-Institut)

wirtschaftliche Auswirkungen der Pandemie

Manche Nutzer sozialer Medien hätten zum Beispiel behauptet, ?dass die Regierung absichtlich Panik hinsichtlich der Corona-Erkrankung schüre, um Maßnahmen zur Bevölkerungskontrolle einzuführen?. Beispiel: ?Meine Freiheit lasse ich mir von euch [gemeint ist die Regierung] nicht weiter einschränken! Ihr spinnt doch. Diese Panikmache ist Absicht, um uns in Zwangsimpfungen zu bringen. Nicht mit mir! Keine Nadel, kein Chip kommt in meinen Körper!?

Auch in das Robert Koch-Institut und seine Empfehlungen haben manche Bürger den Versorgungsforschern zufolge kein Vertrauen. Empfehlungen würden als unangemessen empfunden und Informationen mangels eigener Studien des Robert Koch-Instituts zur Infektionshäufigkeit in Zweifel gezogen. Darüber hinaus werde unterstellt, dass die Quote der schwereren COVID-19-Verläufe und Todesfälle ?verfälscht und eigentlich niedriger wäre?.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

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lieber che
wenn sich die delta-variante durchsetzt die sich auf schüler die vorher wenig betroffen waren ausbreitet

dann füllen heerschaaren von helikoptereltern die arztpraxen
und wenn du dann kommst du hättest einen termin kämst vorher dranne
sollst du mal die hysteriker kennenlernen
vom wahnsinn geleitet
dem chronisten manhartsberg und some 1 nicht unähnlich
der ziwo kennt die pappenheimer

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Ich kann im Zweifelsfalle meine Interessen da recht robust durchsetzen, im Wortsinn armstrong.

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Tja, alle reden vom Impfen. Nur eben: dazu benötigt man Impfstoff. Daß wir schon lange einen nur noch halbfunktionierenden bzw. dilettantisch agierenden Staat haben, zeigt sich auch beim Impfen wieder. In Berlin sind SEIT ÜBER ZWEI MONATEN bei den fünf Impfzentren keine Termine zu bekommen. Ähnliches über die Hausärzte:

"Bitte beachten Sie, dass aufgrund der hohen Nachfrage und aktuell begrenzter Impfdosen alle Verfügbarkeiten ausgebucht sind. Bitte versuchen Sie es erneut zu einem späteren Zeitpunkt."

Inzwischen nähert man sich dem Prinzip DDR an: Man hat Beziehungen oder kennt einen Impfarzt. Wer keine Beziehungen hat und auf den Staat angewiesen ist, ist leider verloren.

Eigentlich machen es die Muselclans hier in Deutschland richtig: Was zählt, ist Familie und über den Staat lacht man. Und solche Haltung befördert eben ein Staat, dem seine Bürgern gleichgültig sind, so daß dann irgendwann die Bürger ihm gegenüber gleichgültig werden.

(Man versuche mal, in Berlin einen Termin beim Bürgeramt zu bekommen, weil man einen Ausweis verlängern muß. Mein Ausweis läuft 2024 ab. Vielleicht sollte ich jetzt schon einmal anfangen, einen Termin zu ergattern.)

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In meinem Bekanntenkreis sind sehr viele Leute in den Zwanzigern und Dreißigern geimpft, weil sie beim Impftermin über achtzigjähriger Angehöriger mitgegangen sind und behauptet haben, sie würden die pflegen. Zwar sind die überhaupt nicht auf Pflegestufe, aber danach wurde nicht gefragt.

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Ich glaub, da muss man ausnahmsweise nicht "der Staat" mit reinziehen, dem alles egal ist. Finde ich sowieso keine geschickte Metapher, es der Staat zu nennen, wenn man eine tiefbegabte politische Kaste meint. Die sind nicht "der Staat". Dit is Balin erklärt es vollständig.

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Stimmt, in Magdeburg, Göttingen, Kassel oder Hannover ist das vollkommen anders. Da gibt es das Problem dass Hunderte Impfdosen leer herumliegen, weil die Leute nicht zu ihren Terminen in den Impfzentren kommen, weil sie vorher schon von Haus- oder Betriebsärzten geimpft wurden und sich nicht abgemeldet haben.

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In München ist es aber so, dass noch über 100000 Menschen der Priorität 3 noch nicht mal die Möglichkeit haben, einen Termin auszuwählen. Dös is' Minga?

Mein Impftermin in einer Praxis hat sich rein zufällig ergeben. Im Impfzentrum habe ich mich noch nicht abgemeldet, weil die zweite Dosis noch aussteht, und der Arzt nicht wusste, ob er genug bekommt, um die Zweitimpfung durchzuführen.

Nach meiner Zweitimpfung werde ich mich abmelden, wette aber, ich habe bis dahin noch immer kein Angebot zur Terminauswahl.

Ein solches Angebot bedeutet ja nicht, dass man in naher Zukunft auch einen Termin bekommt, nur das man berechtigt ist, sich um einen zu bemühen.

Insofern ist das Impfpflichtgequatsche völlig überflüssig. Wobei es bei Personal mit patientennaher Arbeit zumindest diskussionswürdig ist.

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@fritz_,

Biermann sang es 1964 einmal in seinem Lied "Die alten Weiber von Buckow":

"Die alten Weiber von Buckow
Die schimpfen auf den Staat
Weil er nur am Sonna'mt
Frische Fische hat
Der Staat heißt Fiete Kohn
Ein Fischer jung und stark
- Ein junges Weib von Buckow
Verschläft mit ihm bis acht
Das hat die Weiber von Buckow
So bös und nass gemacht"

Hier in Berlin heißt der Staat Landesregierung Berlin (Koalition aus SPD/Grüne und Linke). Und er hat Namen wie Michael Müller, Dilek Kalayci, Sandra Scheeres. Die Namen ändern sich zwar, aber nicht die Misere hier. (In Bayern ist es übrigens, was den Impfstoff betrifft, auch nicht leicht.)

Ich wurde im übrigen jetzt auf eine nicht vom Land Berlin betriebenen Seite hingewiesen. Und da gibt es in der Tat Impftermine zu buchen. Daß das über den Link zur Senatsseite nicht geht, ist bezeichnend und traurig. Aber dafür werden hier dann Abteilungen damit beschäftigt, Straßennamen umzubenennen und Leuten, die dagegen protestieren, Verwaltungs- und Bearbeitungsgebühren in Rechnung zu stellen, statt daß es eine funktionierende Bürgerhomepage gibt.

Die chaoische und leider unfähige "Verkehrslenkung Berlin" hat man jetzt umbenannt in "Verkehrsmagagement Berlin". Wenn damit ein Funktionswandel und eine Verbesserung verbunden wäre, wäre das schön. Nur wird das nicht der Fall sein. Lieber macht man Symbolpolitik und findet neue (Straßen)Namen.

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Eine "Impfpflicht" müsste ja auch sanktioniert werden. Gut, im Gesundheitswesen könnte man Impfung zur Voraussetzung machen, aber sonst müsste man das ja wohl mit Buß- bzw. Zwangsgeldern tun, bis hin zur Erzwingungshaft.

Das dauert, wie man bei den hartnäckigsten GEZ-Boykotteuren sieht, vermutlich Jahre. Also sinnlos.

Allein das Gerede von Pflicht kontraproduktiv. Die meisten Leute wollen ja und können (noch) nicht.

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Von einer Impfpflicht halte ich gar nichts (außer allenfalls in relevanten Berufen), zumal das eben ein erheblicher Eingriff in die körperliche Selbstbestimmung ist; und auch rechtlich ist das ein Problem, denn dann müßte der Staat nämlich für mögliche Imfpschäden aufkommen und Schadensersatz leisten. Das dürfte erheblichen juristischen Sprengstoff bieten.

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Dafür werden Impfschäden inzwischen von bestimmten Unfallversicherungen abgedeckt. Die Privatwirtschaft ist da erheblich schneller.

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Biermann, was? Diese Woche hat er irgendwo über Dylan geschrieben, sogar eine Winzigkeit weniger verschwurbelt, als von ihm zu erwarten ist. "Er verbluest nicht nur die Terz und die Septime, sondern er singt alle seine Töne blue." Das heißt, er ist noch nicht tot. Also, beide.

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Na ja, verschwurbelt finde ich ihn nicht. Eher etwas selbstgefällig und großtönend.

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Sowieso. Im Kuhstall wird die Milch gemacht, die Butter und der Friehiehieden.

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Genau. Der erste Mai. Die Songs aus der DDR sind ziemlich gut.

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Könnte an die 70 Jahre alt sein, das Lied. Ich seh gerade, in dem Artikel teilt er mit, dass er, Biermann, - für sich - das Wort Liedermacher erfunden hat. Was für ein Kunde.
Zurück ins Sendestudio.

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Während der deutsche Punk in einem besetzten Haus in der Göttinger Jüdenstraße erfunden wurde.

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