Ein Finanzbeamter meinte, dass er mich um meinen Job beneiden würde. Frei zu entscheiden, ob und wann man ins Büro geht oder Homeoffice macht, zu bestimmen, wie lange man am Tag arbeitet und mit welchen Kunden man sich unterhält und mit welchen nicht, das stelle er sich überaus angenehm vor.


Darauf antwortete ich: "Ja, und es gibt keine Pension, Du musst Dich privat kranken- und sozialversichern, es gibt auch kein Gehalt. Du wirst nicht für Arbeitsstunden bezahlt, sondern für konkrete Produktion. Das hieße in Deinem Fall Steuerbescheide nach Stückzahl, sagen wir mal 50 Euro pro Bescheid, einige Hundert Euro, wenn es Großverdiener oder Firmenkunden sind. Wenn Du zuwenig bei einem Achtstundentag verdienst kannst Du ja Nachtschichten einlegen oder mal ein Wochenende durcharbeiten. Du kannst aber auch Hilfsassistenten einstellen, die für Dich die Kopierarbeiten, Scannen, Postverkehr usw. erledigen damit Du auf höhere Stückzahlen durch Konzentration der Kerntätigkeit kommst. Die kriegen dann pro Bescheid ein Fünftel Deines Honorars ausgezahlt ohne dass Dir dies abgezogen wird, und Du wirst bei Betriebsfeiern belobigt und mit einer Flasche Champagner ausgezeichnet."

Er war not amused.

Und nicht zu vergessen: Es gibt auch keine Beihilfe. Die bringt mehr bei der Erstattung von Arzt- und Behandlungskosten usw. (bis zu 60 Prozent).

Ich habe auch zeitweise im öffentlichen Dinest gearbeitet. Als meine Mutter starb, habe ich eine Zeit lang versucht, ihr Geschäft weiter zu führen, mit wenig Erfolg, aber ich kenne beide Seiten der Medaille.

Allein schon dass du als Selbstständiger das Geld in der Kasse hast und dann nach der Steuererklärung deinen Teil an den Staat zahlen musst (also dein Geld wieder hergeben musst), ist psychologisch etwas ganz anderes, als wenn du deine Steuern nur als Ausdruck auf dem Lohnzettel siehst.

Du verdienst als Selbstständiger wohl häufig mehr, aber du musst viel flexibler sein, auch mal 12 oder mehr Stunden arbeiten und am Wochenende, und wenn es schief geht stehst du mit einem Haufen Schulden da. Ist schon angenehmer um halb fünf nach Hause zu gehen und nicht mehr an die Arbeit zu denken.