Mittwoch, 31. Oktober 2007
Staatlicher Rassismus muss ohne Feigenblatt auskommen
Die HAZ von heute:


„Die Härtefallkommission ist eine Farce“


Niedersachsens Wohlfahrtsverbände kündigen dem Innenminister ihre
Mitarbeit auf

Von Michael B. Berger
Hannover. Sie soll ausländischen Staatsangehörigen, die nach den
üblichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes kein Bleiberecht haben,
„aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen“ zu einem
Bleiberecht verhelfen: die Härtefallkommission. Seit einem Jahr besteht
sie in Niedersachsen. Doch jetzt kündigen die Wohlfahrtsverbände dem
Innenminister die Zusammenarbeit auf. „Die Härtefallkommission ist eine
Farce“, sagt Jochen Flitta von der Arbeiterwohlfahrt. „Mit Humanität hat
diese Konstruktion wenig zu tun“, sagt Günter Famulla, Vorsitzender des
Paritätischen: „Wir geben zum Jahresende unser Mandat zurück.“
Famulla ist eines von acht Mitgliedern der Kommission, die Innenminister
Uwe Schünemann (CDU) nach langem inneren Widerstreben vor einem Jahr ins
Leben gerufen hat. Nach Angaben des Flüchtlingsrates hat die Kommission
in diesem Jahr neun Fälle abschließend bearbeitet, fünf von ihnen
positiv beschieden. „Das ist eine viel zu niedrige Quote“, finden
Famulla und Jochen Flitta, der stellvertretendes Mitglied in der
Kommission ist und der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien
Wohlfahrtsverbände vorsteht. Kaum ein Flüchtling habe überhaupt die
Chance, als Härtefall wahrgenommen zu werden, weil die
Ausschlusskriterien „viel zu streng und rigoros“ seien. „Skandalös“
findet etwa Famulla, dass jemand schon von vorn herein als möglicher
Kandidat für eine Härtefalllösung ausscheide, wenn irgendein
Familienmitglied mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist: „Das ist doch
Sippenhaft.“
Famulla und Flitta betonen, dass ihre Ankündigung, die
Härtefallkommission zu verlassen, keine Kritik an den anderen
Kommissionsmitgliedern oder am Vorsitzenden der Härtefallkommission,
Frank Frühling, bedeute. „Aber unsere Kritik, dass das enge Korsett der
Bestimmungen nur dazu dient, von vorn herein die meisten Leute
auszuschließen, hat sich in der Praxis bestätigt. Die Hürden, sich eines
Falles anzunehmen, sind skandalös hoch gesetzt.“ Wie der Flüchtlingsrat
kritisieren die Wohlfahrtsverbände, dass nur in Niedersachsen so hohe
Hürden aufgebaut werden.
Als Mangel empfinden sie, dass nicht die Kommission, sondern der vom
Innenminister eingesetzte Vorsitzende über Annahme oder Nichtannahme
eines Ersuchens entscheide. Befasse sich dann die Kommission mit einem
Fall, müssten sechs der acht Mitglieder für eine Anerkennung stimmen:
„Die Dreiviertelmehrheit ist zu hoch.“ Und selbst wenn die Kommission
einen Fall positiv entscheide, gebe der Innenminister, wie im Frühjahr
geschehen, einem Flüchtling nur ein Aufenthaltsrecht für ein halbes Jahr
und eine Art Bewährungszeit: „Da machen wir nicht länger mit.“
Man habe mit Innenminister Schünemann wiederholt das Gespräch gesucht,
aber keinen Termin bekommen. Nun wolle man sich nicht missbrauchen
lassen. „Es wird der Eindruck erweckt, Niedersachsen habe da eine
seriöse Kommission. Doch die hat nichts zu beschicken“, sagt Famulla.

Kommentar
Alibi-Veranstaltung

Innenminister Uwe Schünemann hat sich lange geziert, überhaupt eine
Härtefallkommission einzurichten. Die Behandlung von humanitären
Flüchtlingsfragen liege doch beim Petitionsausschuss des Landtages in
den besten Händen, hat der CDU-Politiker noch vor gut einem Jahr
argumentiert – und nur auf Druck des Landtages schließlich doch diese
Kommission eingerichtet.
Deren Ergebnis ist nach einem Jahr Arbeit ernüchternd: Nur eine Handvoll
von Fällen wurde akzeptiert, die Ausschlusskriterien sind tatsächlich so
eng gefasst, dass die Kommission nur in den seltensten aller Fälle
wirklich tätig werden kann. So droht die Kommission für Härtefälle,
trotz des Engagements ihrer acht Mitglieder, zu einer reinen
Alibi-Veranstaltung zu verkommen. Schünemanns Warnung, man solle bloß
nicht viel von einer solchen Kommission erwarten, war zutreffend. Er hat
sie so eingemauert, dass sie wenig beschicken kann.

... comment

 
Zur Überschrift

"Staatlicher Rassismus muss ohne Feigenblatt auskommen"

eine Originalpassage aus einem Asylablehnungsbescheid (oder wie auch immer diese seltsamen Behördendinger genannt werden mögen):


"....ist die Zahl der unterernährten Kinder in dem Bezirk von 74% auf 54% zurückgegangen..."

Zynische Anmerkung: Ist der Rest verhungert?


"...befindet sich das Land zwar noch immer im Bürgerkrieg, dennoch ist es auch unbegleiteten Minderjährigen möglich, eines der Waisenhäuser im Küstenstreifen aufzusuchen."

... link  

 
"Die Folter ist eine in der Türkei allgemein übliche Form der Rechtspflege, von der nicht nur politisch aktive Kurden betroffen sind." stand mal in einem ablehnenden Asylbescheid.

... link  


... comment