Freitag, 7. Dezember 2007
Gedanken zu einer unseligen Debatte
http://ingoway.wordpress.com/2007/12/04/genosse-denunziant/#more-288

Wenn ich mir das hier anschaue, denke ich, dass hier
Spaltungsprozesse zwischen Kräften zum Tragen kommen, die nie wirklich zusammengehörten. Antideutsche, die in ihrer permanent fortgesetzten Distanzierung gegen antimperialistische Linke irgendwann zum Zweckbündnis mit prowestlichen Radikalliberalen, Rechtsliberalen und Neokonservativen gelangten, sind ebensosehr dogmatische Linksradikale wie klassische Antiimperialisten, nur mit umgekehrtem Feindbild hinsichtlich internationaler Frontverläufe (Ich mag den Ausdruck nicht, passt hier aber.)Mit antiimperialistischen, sozialrevolutionären und autonomen Antifas haben sie aber nach ganz rechts gesehen den gleichen Feind und die gleiche Art, diesen zu bekämpfen. Da erscheint es logisch, dass Antideutsche gegen Angriffe auf Antifas vom bürgerlichen Lager her recht entschieden reagieren. So wenig ich mit Antideutschen gemein habe - gegen Kritik von rechts würde ich sie jederzeit verteidigen.
Romani ite domum! ;-)

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Ach Che...
Die "Frontlinien" in dieser Auseinandersetzung sind in der Tat sehr bemerkenswert. Ich finde es ja eigentlich ganz schick, wenn mal die Sollbruchstellen sichtbar werden und bestimmte Punkt mehr oder weniger geklärt werden, denn dann weiß man wieder wo man steht.

Gemeinsamkeiten finden sich wohl in den Biografien der Antifaverteidiger, auch wenn es natürlich jede Menge Punkte gibt, die uns trennen, aber es gibt eben auch Elemente, die einen verbinden.

Über den Verlauf kann man eigentlich nur den Kopf schütteln. Gerade weil da bei den "Kritikern" so viel Unwissenheit offenbar wird und auch deren Passivität gegenüber der faschistischen Bedrohung und der Zynismus (Der Staat wird schon alles richten)

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Die machen im Grunde nur, was die Bürgerpresse seit jeher auch tut: Rechte Gewalt wird kleingeschrieben und antifaschistische Selbsthilfe denunziert. Im Kommentarbereich der BLOGs ging das so weit, dass ein Gast die Evidenz meiner eigenen Erlebnisse bestritt. Wir bilden uns unsere eigenen Erfahrungen nur ein, jawohl! Haarsträubend. Und eigentlich machen da Blogkommentatoren, die sich als besonders kritische Stimmen sehen, nichts als Springerpresse im Kleinen zu spielen.

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... wobei manchmal sogar die Springerpresse besser ist
(Was nun nicht heißen soll, dass Springer nun durchweg brauchbar und halbwegs vorurteilsfrei berichten würde.)

Das, was beim B.L.O.G. in den Kommentarspalten ablief, hätte ich noch einige Wochen zuvor für nicht möglich gehalten.

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Am ätzendsten fand ich ja diese Stimme aus dem Off, der übrigens in seiner Eigenschaft als früherer Admin bei Davids Medienkritik durch Drohungen gegen mißliebige Kommentatoren auffiel und "Kriminalität von Migranten" als eines seiner Hauptinteressengebiete angab. Dass solche Leute etwas gegen Antifas haben, ergibt sich daraus, dass die Unterschiede zu den Neonazis erst noch gesucht werden müssen. Aber auch der nennt sich "liberal".

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Ich habe auch Probleme damit, wenn persönliche Erlebnisse bestritten werden.

Man muss allerdings konstatieren, dass die verschiedenen Positionen von der jeweiligen Gegenseite oft nur sehr verzerrt wiedergegeben werden, bis hin zur Sinnentstellung. Besonders geübt in dieser Disziplin scheint mir der Kollege zu sein, der hier als erster kommentiert hat. Das lässt aus meiner Sicht nun auch wieder jede Menge Rückschlüsse zu, die ich aber nicht nennen muss, weil jeder sie sich denken kann.

Ob "Die Stimme aus dem Off" sich wirklich als Liberalen sieht, wage ich übrigens zu bezweifeln. Gibt es irgendwo eine derartige Selbstwahrnehmung? Es würde mich wundern.

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Er sagte es an einer Stelle expressis verbis.

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Nun ja, unsereins ist es gewohnt, dass "liberal" ein Etikett ist, mit dem sich viele gerne schmücken. Gerade dass wir es in unserem Blog im Namen führen, bringt uns regelmäßig missgünstige Reaktionen ein.

Ich habe auch nichts dagegen, dass man sich um dieses Etikett streitet. Aber nicht mit beliebigen Methoden.

Was "DSadO" angeht, habe ich ihn bisher in keiner Sekunde als reinen "Liberalen" betrachtet, sondern eher als Konservativen. Was ja auch nichts Schlimmes ist.

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Unter den Blogliberalen seid Ihr, S&W und A-Team die einzigen, die ich noch ernst nehme. (Ob Paul13 sich als Liberalen sieht weiß ich nicht, für mich ist er der Ironiker der Neocons)

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antifa: verlorene siege - verlogene kriege?
ein paar worte von mir zur debatte, verspätet, aber es geht ja auch irgendwie um vergangenheit, um biografien und identitäten.

1) vergangenheit: wer was wann getan hat - oder nicht, das wissen nur die beteiligten selbst. ich meine, mich erinnern zu können, dass antifa-aktionen in den 90ern von nothilfe gegenüber bedrohten asylbewerbern bis hin zu brandanschlägen auf parkende autos oder ansonsten mißliebige institutionen reichten. manchmal beides gemischt, manchmal nicht. wie es eben immer so ist: es gibt menschen, die setzen ihre gesundheit ein, um die anderer zu verteidigen, es gibt andere, die bald keinen anderen halt mehr haben als den kampf und sein militantes ethos - auf der suche nach lebenssinn, persönlicher bedeutung oder selbstwert vor dem hintergrund sonst drohender leere oder mittelmäßigkeit. haben oder hatten die einen potenzielle opfer vor augen, brauch(t)en die anderen für ihre "dogfights" dringend irgend ein gesicht zum dreinschlagen. wie gesagt, die motive waren wohl sehr unterschiedlich: altruismus, solidarität, lifestyle, adrenalin, geltungssucht, wichtigtuerei. und so auch die taten "der" antifa. alles nur eine frage der abstraktion:
man kann sich einem braunen mob entgegenstellen, weil die polizei wegschaut - direkt vor einem wohnblock, vor dem brauner pöbel tobt. man kann sich aber auch schon -rechtzeitig?- dem braunen mob entgegenstellen, wenn er in münchen auf dem stachus demonstratiert. man kann sich ebenso natürlich der polizei entgegenstellen, die diesen aufmarsch schützen muss. man kann sich selbstverständlich und konsequenterweise auch gleich mal dem schweinestaat entgegenstellen, der polizisten schickt, die diese aufmärsche schützen müssen. oder, jetzt mal ganz prinzipiell gedacht und getan, man muss sich den banken entgegenstellen, die den schweinestaat schließlich finanzieren, der ja polizisten unterhält und losschickt, solche aufmärsche zu schützen, die wiederum direkt nach solingen oder mölln zielen. Last but not least, hat man dann nicht sogar eine verpflichtung darin zu erblicken, sich heroisch randalierend einem penny-markt entgegenzustellen, etwa weil dort das alkoholverbot für miderjährige ziemlich faschistoid durchgesetzt wird? wie gesagt, das ist die skala. vom bürgerlichen, mit den schwächsten solidarisch, bis hin zu den schwächsten, solidarisch mit allen feinden des bürgerlichen.

2) zukunft: die eigentlich interessante konfliktlinie verläuft meiner ansicht nach nicht zwischen denen, die vor 15 jahren bloß geschlägert haben und denen, die sich wirklich engagierten (dieser gegensatz ist privat-biografischer natur, uninteressant), sondern zwischen denen, die fordern, dass der rechtsstaat mit robustem mandat, von mir aus auch mit autoritärem auftreten, die selbsternannten herren über ausländerbefreite zonen in die schranken weist; und andererseits denen, die einen entschlossen seine macht aufbietenden staat ablehnen, weil sie, zynisch gesagt, die sorge für die leibliche unversehrtheit von minderheiten der "privaten" initiative von gruppen überlassen sehen möchten, deren freies spiel körperlicher kräfte mit den eigentlichen anlässen bald nur noch so viel zu tun hat, wie eine hooligan-schlacht mit der ehre der jeweiligen stammvereine -nämlich nichts.

Wenn es erst einmal einreißt, dass die jugend in ostdeutschland zwischen der äußersten rechten und linken polarisiert wird, dann ist antifa nicht nothilfe, sondern teil einer gewaltspirale, an der man tunlichst nicht drehen sollte.

eine tatsächlich an nothilfe orientierte antifa täte gut daran, sich der polizei anzunähern, ihr ein bestimmtes verhalten abzufordern, statt sie zumeist nicht weniger hart zu bekäpfen als die nazi-schläger. und aufpassen sollte die antifa, dass sie nicht seit an seit mit ihren braunen hass- und lieblingsfeinden G8-gipfel, sicherheitstage und dergleichen mehr aufmischt.

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Das ist ein so komplexer Kommentar, dass ich mir für die Beantwortung Zeit nehmen werde, aber erstmal danke dafür, gibt ja perspektivisch Einiges her!

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aber es gibt eben auch Elemente, die einen verbinden
Komisch, mit Proleten hat mich nie was verbunden, weder auf der großen Shelldemo noch im Kampf um die Willi 36. Mit denen wollten wir nix zu tun haben und haben es ihnen auch deutlichst gezeigt.

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Das würde ich allerdings schon als Verrat an linken Prinzipien bezeichnen. Meinerseits hatte ich mich so um 1990 herum aus der studentisch-akademisch geprägten Linken verabschiedet und gleich 2 Gruppen angeschlossen, in denen eine ganze Reihe von Leuten nie eine Uni von innen gesehen hatte. Dort arbeiteten studierende bzw.studierte Linke, Malocher, AlternativunternehmerInnen, Gelegenheitsjobber und Dauerarbeitslose sowie deutsche und MigrantInnen zusammen. Diese Art Szene, Nukleus der sog. sozialrevolutionären Autonomen oder neuen Antiimperialisten, ist mir sehr viel angenehmer als die zeitgeistige akademische Linke. Und sehr viel "proletarischer".

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@ralph,zu Deinem Kommentar mal etwas ungeordnet meine eigenen Wahrnehmungen: Ich habe nicht vor 15 Jahren mich im Bereich Antifa engagiert, sondern zum ersten Mal 1982 und war auf meiner letzten Antifademo vor 2 Jahren, glaube also, die Verhältnisse ziemlich gut beurteilen zu können.

"Wenn es erst einmal einreißt, dass die jugend in ostdeutschland zwischen der äußersten rechten und linken polarisiert wird, dann ist antifa nicht nothilfe, sondern teil einer gewaltspirale, an der man tunlichst nicht drehen sollte.

eine tatsächlich an nothilfe orientierte antifa täte gut daran, sich der polizei anzunähern, ihr ein bestimmtes verhalten abzufordern, statt sie zumeist nicht weniger hart zu bekäpfen als die nazi-schläger." -sorry, aber das habe ich ganz und gar anders erlebt. Ich habe die Göttinger ZSK-Beamten in Erinnerung, deren Funkverkehr von unsereins abgehört wurde und die einen rassistischen Angriff durch Neonazis auf eine Disco folgendermaßen kommentierten: "Ein ausländischer Mitbürger betritt die Disco. Bin gespannt, wie er wieder rauskommt....aus der Disco wurde soeben ein Notarztwagen verständigt. Ich glaube, unser Freund sieht gut aus.". Die standen feixend daneben, wenn Schwarze zusammengehauen wurden, und in diesem speziellen Fall deeskalierten Autonome sich selber, indem sie einen massiven Angriff auf die randalierenden Nazis aus den eigenen Reihen unterbanden. Der Polizei ein bestimmtes, nämlich deeskalierendes Verhalten abzuforderen war immer Anliegen der Antifa, das ging in Göttingen so weit, dass von den Antifa-DemonstrantInnen "Lasst Milde walten!" skandiert wurde, womit der Göttinger Einsatzleiter und spätere Polizeichef Klaus Milde gemeint war. Selbst oder besser gesagt gerade die zeitweilig wegen Bildung einer kriminellen und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung mit einem 129a) Verfahren verfolgte Autonome Antifa (M) arbeitete indirekt und auf antagonistische Weise mit der Polizei zusammen, auch wenn sie dies nie zugegeben hätte. Einerseits demonstrierte sie geschlossen vermummt und behelmt und gelegentlich auch mit Knüppeln bewaffnet, andererseits war dies eine reine Drohkulisse gegen die Nazis, denn realiter demonstrierten die völlig gewaltfrei - selbst Farbbeutelwürfe wurden von Ordnern verhindert. Und man kündigte der Polizei im Vorhinein die genaue Demoroute und selbst die Anzahl und Quadratmetergröße der mitgeführten Transparente an. In unseren Kreisen belustigte es ja, dass ausgrechnet eine solch ordnungsliebende Truppe wie die (M) mit 129a) verfolgt wurde. Zum Anderen - bei einem Nazi-Aufmarsch 2000 fotografierte ich die von der Polizei eingekesselten Faschos, da trat der Einsatzleiter der Polizei, Herr Ingolf, neben mich und bat mich, keine Vollportraits zu machen und aus den Bildern auch keine Steckbriefe zu basteln, da auch Neonazis ihre Persönlichkeitsrechte hätten. Von zynischer Menschenverachtung um 1990 herum hatte sich der "Stil" der Göttinger Polizei in Richtung Deaskalation und Wahrung staatsbürgerlicher Rechte verändert, wenn auch nicht immer und ständig, und in letzter Zeit scheint das eher wieder in die andere Richtung zu kippen. Und auch wenn das Prinzip "keine Zusammenarbeit mit den Bullen" als Parole ausgegeben wurde - informelle Kontakte und Absprachen zur Prävention besonderer Gewalteskalation gab es immer.
Diejenigen, die darauf nichts geben und sich einseitig deeskalierend verhalten, sind in meiner Wahrnehmung weit häufiger die Ordnungshüter als die Autonomen, z.B. Hamburger E-Schicht oder niedersächsisches SEK.

Hierzu muss ich allerdings sagen, dass meine Kenntnis solcher Sachverhalte sich auf Niedersachsen, Bremen und Hamburg beschränkt und der deutsche Osten mir ferner ist als z.B.Griechenland.

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In der Tat: Das ist Verrat!
Ob nun einer studiert hatte oder nicht, war bei uns immer vollkommen unwichtig und es gab nie einen elitären Habitus. Das gilt sowohl für autonome Zusammenhänge, als auch für libertär-anarchistische Strukturen, in denen ich mich bewege, denn es ging ( und geht!) auch stets darum, elitäre Verhältnisse zu überwinden und zu beseitigen. Das galt und gilt halt leider nicht für alle linken Gruppen und Einzelpersonen, wie wir hier ja auch im Kommentarbereich lesen konnten. Das elitäre Gehabe einiger "linker" Gruppen ist sicherlich auch einer der Hauptgründe, warum diese oft so kläglich scheiterten. In Berlin trat diese Unwesen zum Glück nicht allzu häufig auf, aber in anderen Städten, wie Frankfurt und so, mag das vielleicht beliebter zu sein. Keine Ahnung.

Vielleicht kann rayson ja endlich einmal das gut gehütete Geheimnis offenbaren, wie er denn von mir sinnentstellt wiedergegeben wurde? Leider bleibt der Vorzeigeliberale und Filbingerverteidiger auch hier genauso unbestimmt, wie bei anderen Anwürfen, die er in der Antifadiskussion und bei anderen Gelegenheiten von sich gegeben hat. Was mich ja nicht sonderlich verwundert.

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