Montag, 8. März 2010
Der ehrliche Bericht eines IMs
findet sich auf dem Opablog:


http://opablog.twoday.net/topics/DDR-Stimmen

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ja, ein - unabhängig von jeder wertung - gut nachvollziehbarer text.

*

aber ot: als historiker - sind dir da mehr infos bekannt? oder kennst du leute, die mehr wissen könnten?

der aufstand von glückstadt

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Nein. Ich könnte Dir da etwas zu sagen bezüglich der ursprünglichen Herleitung des Zölibats aus den Alten Hochkulturen, der Gnosis und der Benediktinerregel, aber das hilft Dir wahrscheinlich überhaupt nicht weiter. Sowas wie "Sex behindert die Versenkung des Geistes in kontemplative Meditation, weil dadurch Wahrnehmungswege verändert werden" passt in diesen Kontext gar nicht rein, obwohl es der historische Ursprung des ganzen Themas ist. Die Unterscheidung von Geistwelt und Leibwelt, wobei Geist nicht Intellekt meint, sondern nur dann eigentlich gemeint ist, wenn von einem körperlosen Wesen ausgegangen wird ist der ursprüngliche Bezugsrahmen, aber den mit heutigen Mißbrauchsszenarien in Bezug zu setzen, das ist sehr sehr schwerer Stoff. Ich denke mal, DER Gesamtkontext geht noch weit über den Universalienstreit hinaus.

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schade. ich war jedenfalls ziemlich baff, als mir klar wurde, dass ich nicht nur von dem konkreten aufstand noch nie gehört hatte, sondern überhaupt nur ein vages bild hinsichtlich dieses ganzen heimmilieus, in das dann und wann auch eben das gehörte, was ulrike meinhof bambule nannte - ohne das das jemals konkreter wurde - wer, wann, wieso, wie waren die staatlichen reaktionen etc.
empfinde ich gerade als echtes defizit.

zölibat: ich vermute, dass du dich auf den ersten teil des beitrags beziehst - aber da steht ja eben schon, dass ich persönlich das nicht für zentral halte - eher eben die totale institution (btw: ich habe das gefühl oder auch eine erinnerung, dass das bewusstsein über die existenz dieser struktur auch in der linken mal ausgeprägter war - spiegelt sich vielleicht auch im bedeutungsverlust der antiknastarbeit wieder ?)

aber das hier

Die Unterscheidung von Geistwelt und Leibwelt, wobei Geist nicht Intellekt meint, sondern nur dann eigentlich gemeint ist, wenn von einem körperlosen Wesen ausgegangen wird...

empfinde ich gerade schon wieder als anregendes hirnfutter.

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Das Einzige, was ich über den Aufstand von Glückstadt weiß, ist das, was darüber im Baader-Meinhof-Komplex steht und was auch in dem Film gezeigt wurde - also inhaltlich praktisch nicht mehr, als was bei Dir schon steht. Zum Rest heute abend mehr.

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Dann will ich das Hirn mal weiter füttern
Ich hatte mich einige Jahre intensiv mit Mystik, Gnosis, Yoga und Parapsychologie beschäftigt, und daraus ergibt sich eine Sichtweise auf Religion an sich, die sich gründlich von landläufigen Meinungen und offizieller Kirchenlehre unterscheidet. Das gilt auch und gerade für das Thema Zölibat. Mystiker üben Askese nicht als Bußübung aus oder um sich selbst zu bestrafen, jedenfalls nicht in erster Linie. Ursprünglich ging es darum, dass fasten, Entsagung oder zum Beispiel auch die Kalt- und Eisbäder der Juden dazu dienen sollten, einen höhere Grad an Wachheit zu erzielen. Radscha-Yogi berichten, dass durch jahrelanges ganztägiges Meditieren die Nerven so überfeinert würden, dass sie einen Orgasmus oder Alkoholkonsum nicht mehr aushalten würden - die Synapsen würden dann gewissermaßen durchbrennen. Andererseits halten sie es klaglos auf glühenden Kohlen aus. Die Körperlichkeit eines Mystikers wird von diesem sozusagen umprogrammiert. Vielleicht kann man das mit einem Leistungssportler vergleichen, der ja auch nicht rauchen, alken oder Junkfood essen darf. Zum Begriff Geist/Welt: Richtige Hardcoregnostiker sind der Auffassung, dass nur die Welt des Geistes und das Nichts absolut real sind, unsere körperliche Welt, alles, was die Physik zu fassen vermag, hingegen eine Täuschung. Hierbei ist jedoch die Definition von Wirklichkeit schon wieder sehr speziell, als wirklich gilt nämlich, was ewig und unveränderbar ist. Die Seelen der Menschen stammten aus einer solchen ewigen Geistessphäre, die mit dem "ewigen Licht" identifiziert wird (interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Licht tatsächlich ewig ist, weil bei Lichtgeschwindigkeit keine Zeit verstreicht, ein Umstand, der mystisch-gnostische Vorstellungen für manche Physiker interessant macht, Fritjof Capra wäre ein Beispiel) und seien aufgrund der Trennung von Gott (der bei modernen Mystikern eher als höchster Bewustseinszustand des Geists selber denn als vaterähnliches Überwesen begriffen wird) in die Nähe des Nichts geraten und, um diesem zu entkommen, in sterbliche Körper inkarniert. Sinn des leiblichen Lebens sei es, im Geiste zu erwachen und spätestens nach dem Tode sich mit Gott im ewigen Geiste wiederzuvereinen. Und alle Hochreligionen seien nur parabelhafte Beschreibungen dieser Verhältnisse plus Anleitungen zur Selbsterlösung, die dann auch noch mit allerlei volkstümlichen Legenden und historischen Sagen überwuchert wurden. Platons Höhlengleichnis gehört in diesen Denkhorizont, und wahrscheinlich ein Großteil des frühen Christentums, der Manichäismus und das Katharertum sowieso. Wenn wir das jetzt auf die Ursprünge des Zölibats rückbeziehen sehen wir, wie ungeheuer weit sich - wenn die gnostisch-mystische Sichtweise denn stimmen sollte - die katholische Kirche von ihren Wurzeln entfernt hat.

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Wirklich hochinteressant. Mir stellt sich im Anschluss dann die Frage: Ist die Hegelsche Philosophie säkularisierte Gnosis?

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Che, da solltest Du einen eigenen Beitrag draus machen, hier im Kommentarbereich verkommt das.

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danke schon mal...
...auch wenn das nicht unbedingt die richtung gewesen ist, in die meine assoziationen gingen.

aber letztere haben dadurch noch mal einen anderen drive bekommen, weil wir an dem punkt ähnlichkeiten haben, was die genannte - weit zurückliegende - beschäftigung mit den angesprochenen bereichen anbelangt. vielleicht dazu ein andermal mehr von mir, nur im kontext noch das: die institutionalisierten religionen haben meiner meinung nach mit den angeführten strömungen vielleicht mal eine gemeinsame basis besessen, nämlich den schamanismus -

"zumal schamanismus in einem gewissen sinne die älteste "bewusstseinstechnik" der spezies darstellt - uralt und von sibirien bis australien, von afrika bis in die amazonaswälder, von skandinavien bis nordamerika bis heute in relikten vorhanden. wahre meister der trance, und damit auch meister der dissoziativen zustände. und gleichfalls die urform aller psychotherapie wie auch vermutlich aller religion,..."

- sich aber in laufe der zeit so derart weit davon entfernt, dass ich sie inzwischen als eigenen teil innerhalb der vorhandenen machtstrukturen begreife, der sich seine vermeintlichen (glaubens-)inhalte nur noch in form von passenden ideologischen relikten hält, mittels der sich einschüchterung und geforderte demut am besten rechtfertigen lassen.

was die körperfeindlichkeit betrifft, würde ich gerade an dem punkt differenzieren wollen: viele "klassische" mystischen traditionen sehen den körper imo nicht unbedingt als "feindlich", sondern eher als- hm, materialisierten ausdruck von wie auch immer begriffener energie an - und darin ist die regelrechte bekämpfung körperlicher bedürfnisse eben nicht implizit enthalten; eher sind dann intensive studien des körpers zwecks erlangung von eigener kontrolle und manipulationsmöglichkeiten - die yogis sind da nur ein beispiel - angesagt. auch das sehe ich aus verschiedenen gründen skeptisch, aber trotzdem ist das für mich ein ziemlicher unterschied bspw. zu historischen praktiken der kath. kirche.

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