Donnerstag, 26. August 2010
Was erzählt der Herr Sarazin eigentlich nächstes Jahr?
"Und die Neger? Haben die sich nicht immer schon viel zu weit aus dem Fenster gelehnt?" oder doch eher "Es muss gesagt werden dürfen, dass Zigeuner genausoviel klauen wie Polen". Eines ist sicher: Über im äußersten Maße volkswirtschaftsschädliche Verhaltensweisen von Topmanagern und deren Straffreiheit wird er kein Wort verlieren.

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Gibt es denn komparative Delinquenzstudien in Bezug auf Sinti und Polen?

*ahem*

Verzeihung.

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Sicher, die sind nur 65 Jahre alt. Ich bin mir ganz darüber im Klaren, dass es Leute gibt, die der Meinung sind, man müsse doch zumindest darüber reden dürfen, dass man die mal aktualisieren könne, rein wissenschaftlich betrachtet natürlich.

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Ich finde schon, dass man dürfte, und dass es auch Wissenschaft wäre und Erkenntnisgewinne erzielen könnte. Aber wenn man mir keinen guten Grund dafür nennen könnte, warum man es tut, welchen Nutzen die gewonnenen Erkenntnisse haben sollen - dann müsste ich eben annehmen, dass man dafür rassistische Gründe hat.

Und einen guten Grund kann ich mir jetzt nicht so wirklich vorstellen. Vielleicht, dass man zielgruppenorientierte Kriminalitätsprävention betreiben und zu diesem Zweck Polizeibeamte oder Sozialarbeiter einstellen will, die ethnisch und/oder kulturell den entsprechenden Gruppen angehören.

Aber dass mein Kommentar eher sarkastisch gemeint sein sollte und ganz sicher nicht für solche "Studien" argumentieren, war schon klar, oder?

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Zumindest mit dem ersten Satz meiner Antwort wollte ich Deinen Sarkasmus eigentlich auf die Spitze treiben.

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Jetzt habe ich es versaut. :)

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das problem ist weniger, was herr sarazin sagt oder nicht sagt, sondern an welchen stellen er beifall erhält und wer diesen beifall spendet.

oder anders: wenn ich heute den anspruch vertrete, arbeiterpartei zu sein, kann ich meine klientel, den möglichst noch organisierten facharbeiter, nur durch rabiate ausgrenzungspolitik gegen alle möglichen lohndrücker bei der stange halten. oder noch anders: populisten reden nicht dem volk nach dem maul, sie offerieren denen, die sich, meistens auch noch zu recht, als angegriffen und zu kurz gekommen fühlen, einfache lösungen.

am allerrabiatesten gebärdet sich dabei die npd, die ja das soziale in ihren nationalen besonders betont und herauskehrt: deutsche arbeit für deutsche arbeiter. erstaunlich dabei ist, wie wenig von denen, die dem zustimmen, dann wirklich den zweiten schritt tun, die neuen alten nazis tatsächlich zu wählen.

ansonsten ist herr sarazin sehr geschickt darin, sein neues buch zu promoten. es war vielleicht doch nicht die beste idee, ihn in seinen aufgaben bei der buba zu beschränken. gut, dass wenigstens die anderen bundesbänker beruflich so eingespannt sind, dass sie nicht auch noch durch kontoverse publizistik auffallen müssen.

die spd-funktionäre, vorneweg gabriel und nahles sind dagegen so ungeschickt in der causa, dass man ihre politischen fähigkeiten insgesamt bezweifeln kann. vorverurtelungen helfen in der sache wenig, austrittsforderungen noch weniger, solange man nicht genau benennen kann, wo denn genau der verstoss gegen satzung und programm liegt und wo genau der schaden liegt, den sarazin der spd zugefügt hat.

die wunde, die krankheit der spd liegt sehr viel tiefer: das sozialdemokratische versprechen: dir, arbeiter, soll es besser gehen, wenn du uns wählst und uns zur regierung verhilfst und deinen kindern erst recht, ist nicht nur unglaubwürdig, sondern nicht mehr zu halten. noch schlimmer, die klientel der spd weiss das, genauso, wie es die spd-funktionäre wissen.

von daher haben wir das ende der spd als volkspartei bereits erlebt. die spaltung der spd in einen konservativ-populistischen arbeitnehmerflügel und einen sozialliberalen flügel ist bisher ausgeblieben, vor allem deswegen, weil es die linke auch nicht versteht, die konservativ-populistische arbeiterpartei zu geben.
auf einem anderen blatt steht, dass die facharbeiter das vor sich haben, was die landwirte hinter sich haben: politisch haben sie nichts mehr zu melden. sogar die cdu hat das begriffen und wendet sich den schichten zu, für die auch die grünen interessante klientel sind.

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Hierzu Cem Özdemir:
"Thilo Sarrazin ist ein Stammeskrieger, wie ihn sich ein Bin Laden nur wünschen kann.Sarrazins ideologischer Rückzugsappell zum Blut- und Boden-Dogma bedeutet jedoch im Kern, die Moderne aufzugeben, für die er vorgeblich so vehement streitet."

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fürchte, dass Sarrazin als verhältnismässig unbelastete" Gestalt durchaus die "Führungs- und Führerkrise" der deutschen Rechten für sich entscheiden könnte und aus dem rechten Flugsand und den "Deklassierte aller Klassen" eine Organisation formen wird, welche in der Lage sein wird, eine Art Schillpartei auf Bundesebene aufzubauen

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hm, ob er wirklich auf dem tiger reiten will?

there once was a lady from riga
who went to ride on a tiger
it was a tough ride
which ended inside
and with a smile on the face of the tiger

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Für mich der einzige Lichtblick bei der sarrazynischen Bewerbung um die Stelle als de duitse Wilders: dass sich der ZdJ mal auf der Seite der Muslime befindet.
http://misanthrope.blogger.de/stories/1685727/

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Schon sein Name sagt ja, dass er sarazenischer Herkunft ist. Daher wohl auch Stammeskrieger, steckt halt doch im Blut, müsste man ihn also in den Jemen oder wo der herstammt abschieben, seiner eigenen Logik nach.

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"Für mich der einzige Lichtblick bei der sarrazynischen Bewerbung um die Stelle als de duitse Wilders: dass sich der ZdJ mal auf der Seite der Muslime befindet. "

Klaro! Der Zentralrat weiss ja auch dass früher gegen die "Ostjuden" ganz ähnlich, ach was, ganz genauso "argumentiert" wurde.

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Ich wüsste nicht, dass der Zentralrat sonst gegen Muslime in Deutschland wäre?! Lassen wir doch mal nicht die Kirche im Dorf, sondern den Palästina-Konflikt in der Westbank.

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Stimmt, der Zentralrat hat sehr oft und eindeutig gegen antimuslimischen Rechtspopulismus Stellung bezogen.

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Inzwischen hackt der auch schon auf den Juden rum. Brandgefährlich, der Mann. Wenn der wirklich Ernst machte käme da übrigens mehr heraus als nur eine Schill-Partei auf Bundesebene. Eher eine zweite FPÖ, die das klassisch-konservative Drittel der CDU-Wählerschaft abgreifen könnte.

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Was der in dem "Welt-am-Sonntag"-Interview sagt (Intelligenz zu 50-80 Prozent erblich, Kinder asiatischer Herkunft lernbereiter und integrationsfähiger als solche kurdischer, türkischer oder arabischer Abstammung, besondere Gene, die nur Juden und Basken haben) liest sich wie aus der Vergleichenden Biologie des Menschen, einem Anthropologiebuch, das von vielen FachkollegInnen als wissenschaftlich unhaltbar und in Traditionen der "Rassenhygiene" verwurzelt kritisiert wurde. Vermutlich holt er sich seine Informationen aus solch einer Ecke. Jedenfalls ist seine Behauptung, die Heredität von Intelligenz sei wissenschaftlich bewiesen schlicht Unfug.

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Meine neue Collage ist fertig: die haarigsten Sarastro-Sprüche

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Die einzigen, die jetzt noch laut zu Thilo halten, sind Gauweiler, Kelek, Broder und die NPD.

Eigentlich lustig.

@netbitch: Das mit dem jüdischen Gen hat er ja noch nicht mal böse gemeint, der sieht das völlig wertfrei. Der glaubt das ja tatsächlich und findet das auch nicht schlimm vom Juden dass der sein eigenes Gen hat.
Und so einer beschwert sich, dass das Land immer dümmer wird.

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"findet das auch nicht schlimm vom Juden dass der sein eigenes Gen hat." erinnert mich an alte Schnabeltassen-Sprüche wie "Postfordismus kesselt nicht";-)


Es lebe der Currywurst-Kommunismus!

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Ich wusste einfach nicht, wie ich es anders ausdrücken sollte … ;)

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http://bit.ly/a6j5ov

Ein gefundenes Fressen für einen Historiker, dessen Fachgebiet das ist. Mir sind echt gerade die Gesichtszüge entglitten, wie der in der Kritik an Sarrazin lauter "Sichtweisen" adelt, die mit guten Gründen auf dem Index stehen.

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Ich hörte bei der Pressekonferenz zwischen den Zeilen ständig "Jensen", "Bell Curve" und "Baur/Fischer/Lenz". Gruselig. Volkskörperkunde ist das....

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Interessant war, wie sich die Körperhaltung von Necla Kelek veränderte, je länger Sarrazin redete. Ihr war deutlich anzumerken, dass sie sich an einen anderen Ort wünschte.

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Ich finde den Schirrmacher-Text trotzdem noch übler als das, was ich von Sarrazins Verlautbarungen bisher mitbekommen. Der Sarrazin ist so plump, der schafft sich selbst ab. Schirrmacher weist jedoch einen ganz hinterfotzigen Weg, was mit dessen Demagogie anzufangen sei. Schlimm.

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Schirrmacher betreibt eine Weile eine Gratwanderung, indem er Fehler Sarrazins benennt, wenn auch nicht deutlich genug, auf die Irrigkeit etwa der Bell Curve hinweist, die bei ihm aber nur als Fragwürdigkeit erscheint, und andererseits auf eugenische Implikationen hinweist. Das Fass macht er in seinem Schlusssatz auf, der das Einfallstor zur Eugenik wirklich eröffnet. Grauenvoll.

BTW, mein Vater, der ja den NS erlebt hat, bezeichnet das Ganze als "Verbrecherdebatte". Recht hat er.

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Bezeichnend fand ich bei der Pressekonferenz übrigens die Frage eines niederländischen Journalisten, ob Sarrazin der deutsche Wilders sei. Bin mal gespannt, was man in Israel zu der Geschichte sagt. Die Reaktionen der MigrantInnenverbände in Deutschland sprachen ja Bände.

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Thilos feuchte gewinnen an Kontour
Bin nun wahrlich kein Schirrmacher-Fan. Aber was Ihr da herauslest finde ich fast schon bösartig. Mir scheint Schirmacher auf das abzuzielen, was noergler hier einst den "protoeliminatorischer Antipauperismus" Sarrazins nannte.
http://che2001.blogger.de/stories/1515859/#1518027
Anders gesagt: Thilos feuchte Träume gewinnen immer deutlicher an Kontour und der Wendepunkt ist einer der Debatte, die sich in diese Richtung und zuungunsten von Sarrazin drehen wird. Was Schirmacher beschreibt ist doch lediglich die Konsequenz der versuchten Ausleuchtung der "50 bis 80%", die Sarrazin als "Lücke" anbietet. Und genau aus dieser Lücke spriessen Thilos feuchte Träume.

noergler schrieb:
Ich meine, man sollte osteuropäische Jüdinnen von kerndeutschen Leistungs- und Hodenträgern im Projekt „Intelligenzborn“ begatten lassen, zum Zwecke der intelligiblen Aufnordung. Das hülfe dann gegen die „40 Prozent Unterschichtgeburten“ in Berlin. Die nämlich sind „der Rest“, der „woanders hingehen“ sollte: „Den Nichtleistungsträgern ist zu vermitteln, dass sie ebenso gerne woanders nichts leisten sollten.“

Genau so ist es und noergler sind nach dem heutigen Kenntnisstand wohl ausgezeichnete prognostische Fähigkeiten zu attestieren.

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Ich bin mir bei Schirrmacher überhaupt nicht sicher. Der lässt sich als Anti-Eugeniker und Vertreter des ethnischen schmelztiegels ebenso lesen wie andersherum, weil er ohne Not Fässer aufmacht, die Sarrazin noch zugelassen hatte.

In dem, was er zu Stephen Jay Gould schreibt bin ich ganz bei ihm. Schwierig wird es hiermit: "Er kann nicht erklären, wieso viele große geistige Leistungen der letzten Jahrhunderte aus bildungsferneren Schichten stammten. Dabei wäre dies der Impuls, mit dem man auch die muslimischen Milieus aufwecken könnte. Bildung und das Vermögen, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, hat Menschen aus dem gesellschaftlichen Nichts zu den großen Bewegen gemacht, ganz gleich, wer ihre Eltern waren." ---- "Wir", die weißen, gebildeten deutschen Mehrheitsmenschen sollen die muslimischen Milieus also aufwecken. Das ist aber dermaßen kulturalistisch und paternalistisch, dass ich mich auf diese Ebene gar nicht mehr einlassen kann. Zumal diese Milieus zum Teil eine Chimäre sind. Man kann nicht die Parallelgesellschaft bestimmter türkischer Milieus in NRW und die Hamburger Islamistenszene der Gesamtheit der in Deutschland lebenden Muslime überstülpen. Dann könnte man auch das Peenemünder NVA-Stasi-Rentner-Milieu und die westdeutsche Zuhälter-Szene als "typisch deutsch" definieren.


Das mit den prognostischen Fähigkeiten des Nörglers stimmt freilich.

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"Bösartig Lesarten" paßt schon zum Affekt, den die Schirrmachers produzieren wollen. Alles nur bösartige, machtgeile Finsterlinge, die dem aufrechten Willen zur Wahrheit im Wege stehen.

Zu diesem Schirrmacherschen Machwerk schreibe ich noch mal einen Eintrag in meinem Blog. Das ist das gemeinste, was ich seit Jahren gelesen habe.

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Mir scheint Schirrmachers Trick - wenn er denn einen gebraucht - darin zu bestehen, sozialdarwinistisch-eugenische Implikationen aus Sarrazin abzuleiten, von denen er sich selbst zwar wieder distanziert, dann aber zu der conclusio zu kommen "das bringt die Debatte weiter" und "es ist zwar falsch, aber endlich hat´s wer gesagt." Und wenn er das tut, dann wäre das ein besonders perfider Weg, das seit dem Ende des NS aus gutem Grunde Unsagbare wieder zu sagen.

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Nein, der akzeptiert ja allerlei Prämissen. "Natürlich sind wir überfremdet ("demographisch verwundet", geht's noch?), ABER ..." - und in dem Stil geht das die ganze Zeit. Da werden Eugeniker zu Aufklärern usw..

Der adaptiert Strukturen eines Diskurses aus dem späten 19. Jahrhundert nach dem Motto "Natürlich ist der biologistische Krawall-Antisemitismus verwerflich, aber ...", und dann kommt allerlei struktureller Antisemitismus, sozusagen, in Analogie gesprochen.

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Schön aber diese Entgegnung von @TheGurkenkaiser bei Twitter:

"Das Großkapital enteignen, den Staat stürzen - das sind Provokationen, aber im Kern notwendige Forderungen. Die schweigende Mehrheit etc."

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Besonders heftig ist dieser Satz hier:


"Er will eine völlig neue politische Debatte auslösen, die im Kern biologisch und nicht kulturell argumentiert." denn daran ist überhaupt gar nichts neu. Die Debatte hatte schon so um 1890 ein Schallmeyer ausgelöst, da setzte dann die ganze Richtung der Eugenik an, die es sehr bald mit der "Nordischen Rasse" hatte. Der Schirrmacher selbst vertritt ja nun seine "Methusalem"-Theorie, derzufolge Überalterung das Hauptproblem aller modernen Gesellschaften sei und es eine demographische Bombe gäbe, derzufolge nachwachsende Generationen die Renten für die Alten nicht mehr aufbringen könnten (wenn mensch dem folgt, wäre das eigentlich DAS Argument für Einwanderung), beklagt die Auflösung der patriarchalen Kleinfamilie als Kernzelle der Gesellschaft usw., lauter struktur- und normkonservatives Zeug, das mit Biologismus zusammengebracht dann allerdings eine hochbrisante und sehr braune Mischung ergibt. Andererseits argumentiert er auch mit der früheren Einwanderungspolitik der USA, die teils an eugenischen Prinzipien orientiert war und teils auch an der "Nützlichkeit" bestimmter Einwanderungsgruppen für die Volkswirtschaft (seltene Berufe und Qualifikationen usw.). Diesen ganzen Diskurs kenne ich gut und halte das für nicht minder menschenverachtend und reaktionär, es ist dann aber wieder ein anderer Schuh. Ergo: Ich weiß nicht so ganz genau, was Her Schirrmacher hier wirklich sagen will. Unterm Strich ist es aber auf jeden Fall reaktionär, und ich halte jede Bevölkerungspolitik und jedes social engineering GRUNDSÄTZLICH für falsch und bekämpfenswert.


Für Freies Fluten!


BtW: Und biologisch KANN man hier gar nicht argumentieren, weil ethnische Gruppen nämlich keine biologisch definierbaren Kollektive darstellen. Wer das glaubt, ist bereits Rassist und bewegt sich außerhalb der modernen Populationsgenetik.


Fazit: Besonders gefährlich finde ich, dass er weltanschaulich konservative Positionen, in einem radikal aufklärerischen Kontext formulierte Biologismuskritik (Gould) und unhinterfragte Biologismen und Unkritik zum Thema Eugenik mischt, da entsteht ein inhaltlich abstruser Brei, mit dem sich letztlich alles legitimieren lässt.

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