http://distels.wordpress.com/2013/05/02/schnaps-zur-hand/
aber auch nicht mit Themen belästigen will, die nicht Ihre sind hier doch noch mal eine Klarstellung:
Oh wie ist das schön!
"Da kippt das dann halt um ins Reaktionäre; und das ist ja eine hochaktive Gruppe von Altlinken rund um die Flüchtlingsräte, die gerade sehr lautstark gegen PoC-Konkurrenz, die mit mit viel Engagement mittels US-Ansätzen die Diskussion in Deutschland überhaupt erst mal anschlussfähig machen, agitiert. Weil sie es gewohnt sind, paternalistisch einen verkürzten Aktionismus mit ein paar weißen Platzhirschen zu pflegen, und nun ausrasten, wenn sie auf einmal auf Augenhöhe mit PoC diskutieren sollen, die deren eigenes Verhalten auf den Prüfstand stellen.
Das sind teils imposante Sachen, die Che und solche wie er auf die Beine gestellt haben, was die Historie betrifft, war das notwendig und verdient allen Respekt. Nur dass mittlerweile ja alle in Jahrzehnten aufgebaute Netzwerke bis in die Mainstream-Medien hinein genutzt werden, um PoC (und Lesben wie auch Feministinnen im Allgemeinen) das Maul zu stopfen. Und das ist nicht mehr komisch, sondern spielt direkt der Neuen Rechten in die Hände."
Praktisch alles an diesen Sätzen ist falsch, und es ist schon sehr bemerkenswert, wie hier jemand systematisch einen rein intersubjektiven, auf seinem und meinem Blog entstandenen Konflikt kleinklein auf die politische Ebene extrapoliert, als hätte da eine Verkettung von Missverständnissen und Kommunikationsknoten auf einigen Seitenstraßen in Kleinbloggersdorf irgendetwas zu tun mit Politik. Es gibt keine hochaktive Gruppe von Altlinken rund um die Flüchtlingsräte, die da irgendwas betreiben würde, hochaktiv ist auch nur wie hochaggressiv eine dieser typischen Momoschen Sprachstanzen, die er immer verwendet, manchmal habe ich den Eindruck, der arbeitet mit Textbausteinen. Es gibt keine PoC-Konkurrenz zu Flüchtlingsräten, in denen sind selber sehr viele Geflüchtete sehr aktiv. Der Konflikt auf dem Nobordercamp spielte sich auch nicht zwischen Flüchtlingsräten und PoC ab, sondern zwischen der meines Wissens schon wieder untergegangenen Gruppe RS, die sich durch Infiltration in die Position der OrganisatorInnen und des SprecherInnenrats des Camps gemogelt hatte und Flüchtlings-Soli-Gruppen, zu denen neben überwiegend weißdeutschen und gemischten Gruppen z.B. die in verschiedenen gebloggten Diskussionen schon als „weiß“ und „paternalistisch“ bezeichnete Organisation The Voice gehörte, die mehrheitlich aus Geflüchteten aus Sierra Leone, Kamerun und Nigeria besteht sowie Romano Cachipe - dieser Name wiederum sagt alles.
RS war eine Gruppe, die teils aus schwarzen und teils aus weißdeutschen Studierenden überwiegend der Unis in Potsdam und Berlin bestand und einen CW-Ansatz vertritt, der gemeinsame Grundzüge mit einem Bullenprogramm aufweist, das in London durchgeführt wurde, um einerseits Polizeibeamte für rassistisch geprägte Problemlagen zu sensibilisieren, andererseits aber auch die riots, die wesentlich von tamilischen und karibischen MigrantInnen im Londoner Eastend vorangetrieben wurden zu ethnisieren: Sie nach dem Teile-und-herrsche Prinzip umzudeuten in Konflikte nicht sozialer Begründung, sondern „Rassenkrawalle“.
http://che2001.blogger.de/stories/2117286/#2117347
http://www.wildcat-www.de/material/m001siva.htm
Ein hieraus abgeleitetes Soziodrama- und Teach-In- Konzept versuchten sie dann autoritär auf dem Nobordercamp durchzusetzen, das eigentlich als Mobilisierungs-Koordinations- und Rückzugscamp für Blockade- und Protestaktionen an den Flughafenterminals Düsseldorf und Köln-Bonn gedacht war, wo es darum gehen sollte, Abschiebungen zu verhindern. Die meisten Leute, die dorthin gekommen waren, um konkrete Aktionen zu machen hatten da schlicht keinen Bock drauf. Die RS-Leute gingen so weit, Roma (die, um die es da eigentlich schwerpunktmäßig ging, nämlich darum, deren Abschiebung zu verhindern) Fleisch grillen verbieten zu wollen, da antirassistische Linke ja vegan lebten.
Auf Augenhöhe mit PoC zu diskutieren ist in Flüchtlingssolizusammenhängen kein Problem, sind doch viele ihrer FunktionsträgerInnen selber frühere AsylbewerberInnen oder MigrantInnen. Was mich angeht: Ich war längere Zeit einziger Weißdeutscher in einer sonst rein kurdisch-irakischen Gruppe, ich habe mit Leuten wie Jean René Kwaka Mbangu oder Peter Donatus (schwärzer geht es nicht) auf Augenhöhe zusammengearbeitet (na ja, bei der Körpergröße von Jean René ist Augenhöhe gelogen). Es ist von Momorulez eine gern benutzte Figur, von Antirassismus ohne PoC, Antisexismus ohne Schwule und Lesben usw. zu sprechen, die Polemik ist ja wunderschön, aber auf die Zusammenhänge, in denen Flüchtlingsräte agieren (Kargah keine PoC - ja klar, IranerInnen sind ja Arier im Wortsinn!), Gruppen wie The Voice, Karawane oder ich als Person mich bewegte und bewege trifft das nicht zu. Ich würde den Konflikt um RS bewerten als den gescheiterten Versuch einer vor allem sehr jungen und unerfahrenen Gruppe, mit seminartheoriegespeisten Methoden über Jahrzehnte gewachsene praxisorientierte Netzwerke dominieren zu wollen. Beim Berliner Refugee-Camp fielen die übrigens dadurch auf, dass sie mit Flüchtlings flirteten bzw. schmusen wollten, was auf keinerlei Gegenliebe stieß, sondern als sexuelle Belästigung ankam.
Und das hat nichts zu tun mit dem Aufdecken von Paternalismus weißdeutscher Antira-VorturnerInnen gegenüber PoC. Letzteres gibt es zwar durchaus, aber eher bei amnesty international, Diakonischen Werken, regional bei Initiativgruppen in Süddeutschland, aber nicht dort, wo MR es zuordnet.
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Nachtreten.
Wäre ich fies, würde ich seine Tendenz zum Nachtreten für die spezifischste Eigenschaft seiner Persönlichkeit erklären. Bzw. die Imagination des Anderen im Negativum. Aber erstens, wäre das ungerecht, zweitens, trifft das nicht zu, und drittens, wäre ich dann ja selbst genau so ein Nachtreter...
;-))
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Ich habe mal wieder bei MR reingeschaut, aber an der Stelle dann gleich abgebrochen:
Wenn man sich wie ich gerade dilletierend an den Jazz und Blues heran wagt und das nicht, um ihn zu okkupieren oder zu annektieren, sondern auch um zu spüren und zu reflektieren, was das Material mit mir jeweils macht,DAS ist MR, wie er leibt und lebt!
Wenn andere Leute Jazzmusik machen (oder gar Leute, die MR nicht leiden kann): Dann ist das gememäß seiner Auslegung von CWS eine "Okkupation" oder "Annektion".
Also: Pfui!
Sobald er selbst aber exakt das selbe versucht (es sei ihm gegönnt), dann wandelt es sich in einen edlen Akt.
Ähem...
Dass er beim Selber-Rumtröten weiterhin ordentlich viel Spaß hat, das wünsche ich ihm natürlich trotzdem. Wenn er da etwas hat, was ihn glücklich macht: Dann ist das auch für mich eine Freude (aus alter Verbundenheit heraus).
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Da war es auf eine ekelhafte Art wenigstens ehrlicher von dem Kommentator Loellie, mir irgendwann "“ich bin doch kein N***”-gequängel" zu unterstellen - er hat sich wenigstens offen als beleidigend und rassistisch gezeigt, statt sich hinter weißem Gutmenschentum zu verstecken. So zeigt sich CW-total in seiner ganzen Schönheit: weißer Mann zeigt Pockfrau brachial, wo es langgeht. Wer solche Verbündete hat braucht keine Feinde mehr.
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So wie ich es sehe: Sowohl die Überbetonung der Sprecher/innenposition (wie bei MR), als auch die komplette Ignorierung sind unfair - bzw. erzeugen unfaire Ergebnisse.
Im Fall von MR sehe ich da allerdings allemal noch die gute Absicht.
(vielleicht besteht die Hölle aus lauter guten Absichten, wer weiß)
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Im fernen Lande Kategorien
Kategorien liegt zwischen der Grundbegriffsinsel und Klischeenesien im Abstrakten Ozean, von der Grundbegriffsinsel durch den Konkreten Kanal, von Klischeenesien durch die Descartes-Straight getrennt. Das kategorische Bruttosozialprodukt basiert hauptsächlich auf der Produktion von Schablonen, in die Leute, kulturelle Strömungen und politische Bewegungen gezwängt werden.
So geht es (wie auch früher bei den Zahnlosen Liberalen ohne Gemüt) Momorulez auch nicht um konkrete Subjekte, mit denen er oder die sich mit ihm auseinandersetzen, sondern um abstrakte Prinzipien und kategoriale Diskursmuster, die dann ganz unmittelbar mit seiner höchstpersönlichen Subjektivität kurzgeschlossen werden. Anschließend beklagt er sich darüber, dass Intersubjektivität nicht stattfände. Tolle Erkenntnis - sie findet deswegen bei ihm nicht statt, weil er andere Subjektivitäten nicht in der Lage ist wahrzunehmen.
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Solch eine Aussage einer Nichtweißen müssten selbst Leute wie Loellie zum Nachdenken bringen. Loellie ist so eine Art potenzierter Momorulez, insofern zumindest unterhaltsam.
Netbitch, letzter Absatz: schön gesagt.
Interessant fände ich aber auch die Erörterung der Frage, warum MR hier am laufenden Band eine Rolle spielt. Entweder ist so langsam alles gesagt oder er hat so viel zu sagen, dass man ihn nicht gleichzeitig bashen sollte. Auf eine bestimmte Art scheint er ja doch sehr wichtig und einflussreich zu sein.
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Als ich zum vereinbarten Zeitpunkt am vereinbarten Ort war, kam ich auf ihn zu und begrüßte ihn herzlich, hätte ihn, wie es meine Art ist, am liebsten gleich umarmt, und er fragte etwas irritiert, wer ich denn wäre.
Er saß da in seinem Büro inmitten vollgeschnupfter Taschentücher, die kugelförmig zusammengerollt auf Fensterbänken, Schreibtisch usw. herumlagen, was ich sehr konsternierend fand und verhielt sich nicht so, wie ich es bei einer Verabredung erwarte, sondern wirkte zurückhaltend und mißtrauisch. Dem Bloggerverhalten nach hätte ich einen lebhaften bis überschwänglichen Menschen erwarte, der den ich vorfand wirkte eher emotional gedämpft, fast wie unter Tranquilizer stehend.
Wir gingen dann in eine Kneipe, wo wir uns mit Noah trafen, es folgte eine Vorstellungs-und Kennenlernrunde, anschließend der Besuch eines Fußballspiels im Millerntorstadion. Danach wollten wir in einer Kneipe vertieft diskutieren, das fand aber nicht mehr statt, weil Momo noch mit dem Hund gehen musste und ihn der Tag bisher zu sehr angestrengt hatte, um das Gespräch fortzusetzen.
Eigentlich waren wir am nächsten Tag mit Dr. Dean verabredet, aber da traf ich, wegen einer Demo verspätet gekommen, MR nicht mehr an. Der hatte etwa eine dreiviertel Stunde neben Dean auf mich gewartet, ohne dass der Eine sich dem Anderen zu erkennen gegeben hätte, und war dann gegangen.
Den Abend hatte ich gemeinsam mit Noah Sow von Kneipe zu Kneipe ziehend verbracht und hochinteressante Gespräche mit ihr geführt. Für mich war das insgesamt ein gelungener Abend mit netten Leuten gewesen, Momos Verhalten im Umfeld hatte ich aber eher seltsam und nicht von sozialer Kompetenz geprägt gefunden.
In der Folgezeit häuften sich solche Erfahrungen. Ich weiß, dass ich als Historiker, Politiwissenschaftler und Doktor eine mitunter ätzend belehrende Art habe und ich habe Fehler in der Kommunikation gemacht. Nur kamen bei ihm sachlich gemeinte Kritiken gleich als Umerziehungsversuche und Bashing seiner Person an, Auseinandersetzungen auch mit anderen Blogmenschen, die ich eher als wechselseitiges intellektuelles Genecke bezeichnen würde als existenzielle Angriffe auf seine Person. Dabei bewerteten MR und Loellie mit schöner Regelmäßigkeit Kritiken, die mit sexueller Orientierung überhaupt nichts zu tun hatten als Schwulenbashing, und wenn man dem dann widersprach war das Mißachtung schwuler Positionen. Schwule Positionen im Sinne von gay pride waren von den beiden aber kaum jemals geäußert worden außerhalb von Musik- und Literaturfragen. Ich habe da im Nachhinein den Eindruck, dass durchaus auf der Basis eigener Traumatisierungen das Schwulenticket ständig gezogen wurde, um sich selber als verfolgt, bedroht und daher berechtigt, Schutzräume für sich selber zu reklamieren, selbst aber schonungslos auszuteilen inszenieren zu können. Politisch ist das Alles nur in einem sehr indirekten Sinne.
@Genova: Er spielt deshalb am laufenden Band eine Rolle, weil da verschiedene Themen miteinander verzahnt sind.
1) Wie gehe ich mit Marginalisierten und Traumatisierten um, wo beginnt und wo endet im Kontakt mit denen eigene Privilegiertheit?
2) Inwieweit wird andererseits Marginalisiertheit oder Zugehörigkeit zu einer unterdrückten Gruppe instrumentalisiert, um Recht zu haben und moralischen Druck auf Andere auszuüben? Das ist für mich ein Dauerthema in linken Zusammenhängen seit den späten Achtzigern, und das haben MR und noch so einige andere Diven der Marginalisierung regelmäßig vorgeführt.
3) spielen genau diese Mechanismen in zahlreichen Blogschlachten eine Rolle, wobei sich viele Personen, die in der Offline-Realität politisch überhaupt nicht tätig und teilweise sozial gruppenunfähig sind, im Netz als unheimlich engagiert erscheinen. Dies generiert ein totales Zerrbild von linken, feministischen, antirassistischen Inititiativen, und dieses Zerrbild versuchen Leute wie ich durch reality check auszugleichen.
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wow, puh, also mir hat eine Blogdiskussion bereits gereicht. Mir stößt diese entfremdete, eingeschränkte Art der Kommunikation über Blogs schon genug auf. Wie hier schon oft gesagt, fallen nonverbale Aussagen komplett und allerlei Untertöne wie Ironie oft genug neben runter. Dazu paßt dein Punkt 3.
In diese Dynamiken habe ich mich ganz unbeleckt reinbegeben und habe darum immer noch Redebedarf :))
-> Genova, Deine Frage hat Che gut beantwortet: MR steht für den Mechanismus. Darum möchte ich allerdings auch ungern über "andere" Gründe sprechen, das erscheint mir nicht der passende Ort. Obwohl es aufgrund der Dynamik bloggen+persönlicher Kontakt+persönliche Beleidigungen vielleicht nicht mehr anders geht?
Generell hat mich die Anregung von Genova daran erinnert daß ich es viel wichtiger finde, wie kürzlich über den Klassismusbegriff zu reden.
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“In 1985, the Handsworth area of the English city of Birmingham was rocked by riots. Blacks, Asians and whites took to the streets in protest against poverty, unemployment and, in particular, police harassment. In the violence that followed, two people were killed and dozens injured. It was almost the last flicker of the Eighties inner city conflagrations.
Twenty years later, in October 2005, another riot erupted in the area. This time the fighting was not between youth and police but between blacks and Asians. An unsubstantiated – and almost certainly untrue – rumour that a Jamaican girl had been raped by a group of Asian men, led to a weekend of violence between the two communities, during which a young black man was murdered.”
Also 1985 gingen Schwarze und Pakistaner gemeinsam auf die Straße, um gegen gegen Arbeitslosigkeit und Polizeiwillkür zu demonstrieren, 20 Jahre später waren sie wieder auf der Straße, aber um sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Was war in der Zwischenzeit passiert? Die Politik des Multikulturalismus war von staatlicher Seite übernommen und propagiert worden.
„The staring point of multicultural policies is the acceptance of societies as diverse. Yet, there is an unstated assumption that such diversity ends at the edges of minority communities. Birmingham council’s policies, like much multicultural policy, treated minority communities as homogeneous wholes, ignoring conflicts within those communities. …
Imagine that you are a secular Bangladeshi living in Birmingham. You don’t think of yourself as a Muslim, you may not even think yourself as Bangladeshi. Over time, however, you come to see yourself in those terms, not just because those identities provide you with access to power, influence and resources, but also because those identities possess a social reality through receiving constant confirmation and affirmation. It is how you are seen; so it is how you come to see yourself. You come to fear and resent African Caribbeans and Sikhs and the Irish, partly because they are competitors for that pot of council largesse and power, and partly because the rules of the game are that your identity has to be affirmed as distinctive and different from the identities of other groups. Being Muslim also means being not-Irish, not-Sikh and not-African Caribbean.”
Multikulturalismus versteht also Menschen nicht in erster Linie als Individuen (und damit als potentiell Gleiche), sondern als Angehörige von Identitätsgruppen (die sich potentiell ungleich und ausschließend gegenüber stehen). Und die Menschen lernen mit der Zeit, sich selber so zu sehen. „Muslim sein bedeutet, kein Ire, kein Sikh und kein Afro zu sein.“
Genau das tut Momo auch, er ordnet Menschen immer in Schubladen ein: Weiße und PoC, Heten und Schwule, Mehrheitsgesellschaft und diskriminierte Minderheiten usw. Alle sauber getrennt und in eine moralische Hierarchie eingeordnet, deren Geltung einfach unterstellt wird und von der dann politische Forderungen abgeleitet werden.
Und wie das in England dazu geführt hat, dass Gruppen, die sich früher durch ein gemeinsames Interesse verbunden gesehen haben, sich heut feindselig gegenüber stehen, führt es im Internet auch zu Feindseligkeiten.
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Madness tight on the heads of the rebels
The bitterness erup's like a heart blas'
Broke glass, ritual of blood an' a-burnin'
Served by a cruelin' fighting
5 nights of horror and of bleeding
Broke glass, cold blades as sharp as the eyes of hate
And the stabbin', it's
War amongs' the rebels
Madness, madness, war
Night number one was in Brixton
Sofrano B sound system
'im was a-beatin' up the riddim with a fire
'im comin' down his reggae reggae wire
It was a sound checkin' down your spinal column
A bad music tearin' up your flesh
An' the rebels dem start a fighting
De youth dem just tun wild, it's
War amongs' the rebels
Madness, madness, war
Night number two down at Sheppard's
Right up Railton road
It was a night name friday when ev'ryone was high on brew or drew(?)
A pound or two worth of Kali
Sound comin' down of the king's music iron
The riddim just bubblin' an' backfirin'
Ragin' an' risin'
When suddenly the music cut -
Steelblade drinkin' blood in darkness, it's
War amongs' the rebels
Madness, madness, war
Night number three, over the river
Right outside the Rainbow
Inside James Brown was screamin soul
Outside the rebels were freezin' cold
Babylonian tyrants descended
Bounced on the brothers who were bold
So with a flick of the wris', a jab and a stab
The song of hate was sounded
The pile of oppression was vomited
And two policemen wounded
Righteous, righteous war
Night number four at the blues dance, abuse dance
Two rooms packed and the pressure pushin' up
Hot, hotheads
Ritual of blood in the blues dance
Broke glass splintering, fire
Axes, blades, brain blas'
Rebellion rushin' down the wrong road
Storm blowin' down the wrong tree
And Leroy bleeds near death on the fourth night
In a blues dance, on a black rebellious night, it's
War amongs' the rebels
Madness, madness, war
Night number five at the telegraph
Vengeance walk thru de doors
So slow, so smooth
So tight and ripe and -smash!
Broke glass, a bottle finds a head
And the shell of the fire heard -crack!
The victim feels fear
Finds hands, holds knife, finds throat
Oh, the stabbins and the bleedin' and the blood, it's
War amongs' the rebels
Madness, madness, war
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Ich hatte die sehr häufig rund um ethnische Gruppenidentitäten entwickelten US-Konzepte als zu kurz greifend und häufig rassistische Teilungen eher zementierend als überwindend kritisiert. Der Multikulturalismus ist ein Vorteil gegenüber dem klassischen Nationalismus mit Leitkulturgedanken, aber er wird dann zu so einer Art liberalem Multirassismus. Demgegenüber wies ich insbesondere darauf hin, dass der sozialrevolutionäre Antirassismus mit seiner Ausrichtung an der Mehrfachunterdrückung auf Überwindung der bestehenden Verhältnisse, nicht ihre Konservierung in einer netteren Form oder bloße Bewusstmachung von Privilegien abziele. Und Rassismus und Klassenfrage miteinander kontecxtualisiert. Halt der klassische Unterschied zwischen liberal und radical left, um es im angelsächsischen Kontext zu sagen. Nicht sofort, aber so allmählich begann MR das als weißes Konzept im Gegensatz zu den von PoC stammenden CW-Konzepten anzusehen. Was Quatsch ist, denn entwickelt wurde der Antira-Ansatz, wie er von den Materialien für einen Neuen Antiimperialismus vertreten wird z.B. von Leuten wie Ambalavaner Sivanandan, auf den sich dann z.B. der von MR aufgrund einíger unglücklich zitierter Formulierungen für neokonservativ gehaltene extrem linke Autor Detlef Hartmann bezieht. Ambalavaner Sivanandan hört sich auch ungeheuer weißdeutsch an. Das waren so die ersten Sollbruchstellen.
Mein Beharren auf einem aus meiner Sicht den CW-Konzepten weit überlegenen und radikaleren Antirassismus, den ich seit 22 Jahren vertrete brachte MR neben ein paar biografischen Notizen zu einer Männergruppe und der von mir geäußerten Skepsis an einer im Gruppentherapiestil betriebenen Genderarbeit nach und nach dazu, mich als Reaktionär anzusehen. Irgendwann wurde das dann auf die Debatten rund ums Nobordercamp übertragen und eine Front von altlinken Neokonservativen erfunden, die aus reiner Privilegienverteidigung Poc, Lesben, Feministinnen und Schwulen das Maul stopfen wollten.
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Kenne da noch n paar Leute - zwar nur oberflächlich oder nur ganz kurz kennengelernt - aus Südamerika und Afrika, die vom Kleidercode oder im einen oder anderen habit ganz leicht jener Zeit des Multikulti zuzuordnen sind. Ich würde sagen, post-linke oder post-politische Alternativkultur der frühen 80er.
Worüber aber die begeisterten Klatscher aus der Sarrazin-Zeit sich diebisch freuten, war, dass diese Alternativkultur, die sich Deutschland als ein Einwanderungsland wünschte und dann vielleicht etwas oberflächlich-naiv "bunte" Stadtteilfeste organisierte usw. (obwohl, ich sehe schon ein, dass hier bereits das losging mit den Identitäten), damit gescheitert sei, fremde Kulturen als bereichernd aufzufassen, sie einfach mit offenen Armen zu empfangen und Vielfalt zu feiern. Mein Eindruck: das wurde schon demonstrativ so gemacht. Anstelle, wie ich es erlebt habe, dass die deutsche Frau mit einer Art Alternativ-Hippie-Kleid mit dem Perser auf dem Stadtteilfest Persische Musik vorträgt, müsse man ja schließlich von denen, denn die sind ja anders, fordern, dass die sich "integrierten" und sich nicht in irgendwelche Nebenkulturen verzögen!
Ich lief in den 80ern dann natürlich auch ne Zeit lang mit dieser Stofftasche aus Ecuador herum (die mir aber, glaube ich, wenigstens meine Tante aus Arizona mitgebracht hatte). Einige nahmen dann tatsächlich z.T. diese Alternativ-Stile an; kurz in Kontakt mit diesem ehemals Afrikaner und dem ehem. Südafrikaner fühlte ich mich wie einer Zeitmaschine und konnte es nicht glauben, dass sich diese Kultur noch gehalten hatte. Also dasselbe Phänomen, bloß umgekehrt: ich fange an, mich zu sehen wie die anderen mich sehen, nur das dies nicht die Sicht der eigenen in obigen Sinne Kultur war, sondern die des "multikulti". Der Südamerikaner empfahl mir jedenfalls, um mich Südamerikanischer Kultur anzunähern, ich weiß nicht mehr, wie wir darauf kamen, doch tatsächlich Castaneda zu lesen! Ich was bass erstaunt. Schämte ich mich doch eher, dass ich den mal gelesen hatte!
Soweit ich weiß, wurden in Deutschland keine solche multikulturalen Politiken betrieben, wie in anderen Ländern, der Quelle von oben zufolge in England und, wie glaube gehört zu haben, in Kanada.
Daher scheint mir die obige Diskussion in Teilen immer etwas akademisch. Wie wurden eigentlich diese multikulturalen Politiken implementiert? Denn schließlich argumentiert der Autor ja auch mit Wettbewerb und Macht. Gabs da Quotenregelungen für Stadtverordnetensitze? Die kausale These müsste also, aus meiner Sicht zumindest, nochmal nachgeprüft werden.
Für Deutschland trifft es jedenfalls m.E. nicht zu, dass Multikulti zu Grenzziehungen zwischen diesen verschiedenen Kulturen, im Ergebnis zu konkretem Rassismus geführt hat. Bestimmt gibt es jedoch genug Erklärungsansätze für die deutsche heutige Situation. Multikulturalismus, wie hier kritisiert, gehört sicherlich nicht mit dazu. Auch ohne Multikulturalismus haben wir keinen kulturellen Schmelztiegel bekommen. Im Sinne einer revolutionären Theorie und/oder Praxis ist es natürlich ein Leichtes, Multikulturalität oder meinetwegen "Multukulti" zu kritisieren. Wenn ich aber diese Kritik mit den heute in Deutschland diagnostizierten Parallelen zu jenen Fehlentwicklungen vergleiche, dann fällt mir wiederum eine weitere Parallele auf, dass es nämlich doch ein ziemlich akademischer Diskurs ist.
Aus meiner weniger revolutionär gestimmten Sicht war dann aber doch Mulitikulti gar nicht so schlecht!
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Btw und grüne Integrationspolitiker haben mit Multikulturalismus für Einwanderung geworben nach dem Motto, es müsse Leute für Drecksarbeit geben für die sich Deutsche zu fein sind.
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Und diese von der Gesellschaft für ... Völker scheinen ja echt Spinner gewesen zu sein; sind das heute wieder dieselben?
Ich weiß, das gilt als Igitt: Ich war für den Kosovo-Einsatz. Aber lass uns darüber jetzt nicht diskutieren. Eigentlich wollte ich ja Heidegger mit seiner Erd-Philosophie lesen, es war ein toller, heißer Sommer; aber wenn Du da das Radio anmachtest, dann diese Massenvergewaltigen, im Prinzip vor der Haustür. Noch im Vorstellungskreis. Das ging so nicht. Aber anderes Thema; lass uns darüber jetzt nicht diskutieren. Fischers Auschwitz-Vergleich fand ich allerdings auch eklig. Ist das Ergebnis davon, dass Deutschland jetzt einer der größten Waffenhändler der Welt ist? Es war sogar gut, dass es Rot Grün war, die da mitmachten. So ist es nämlich umso mehr die Ausnahme gewesen. Aber das rote Herz fühlt sich ja so in seinem Stolz gekränkt. In meiner Warnehmung war es nämlich so; und die Dammbruchtheorie, "wenn Deutschland erstmal wieder kriegmacht, dann ...." Dann wurde immer die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt und sich an gloreiche linke Geschichte erinnert. Actio gleich reactio. Da kann man auch sagen, "wenn solche Methoden der "Kriegsführung" in Europa wieder eingeführt werden, und das geduldet wird, was dann?"
Kenne nicht genau genug die kriegerischen Aktivitäten der kriegsgeilen Amerikaner. Kenne aber ne Kommunistin, die ausflippte, weil - ich vermute kriegsrechtlich nicht so vorgesehen - ausflippte, weil amrikanische Bomber auf deutschem Boden landeten und wieder starteten (vor dem Kosovo-Einsatz). Aber was geht jetzt vor? Das Prinzip? Ich unterstelle da einfach auch ein gehöriges Maß an Antiamerikanismus, wohlgefällige Prinzipientreue und linkes Beleidigte-Leberwurst-Spielen.
Dasselbe beim Anti-Saddam-Hussein-Krieg; hing da mit so lauter Kommunisten in sonem Lokal rum. Die hatten alle furchtbar Depressionen - weil es denen lediglich um ihre eigenen Befindlichkeiten ging! Alles Ideale futsch! 150 Jahre umsonst, nicht mal WW II so richtig gewonnen: Und dann auch noch das!
Wie gesagt, ich bin da eher Impulsiv: Bei den Neonazis ist es auch bestimmt die Beste Methode, systematisch die führenden Köpfe auszuschalten. (Egal, wie.)
Außerdem habt ihr doch auch etwas vom Prinzip her Gutes gemacht, aber letztlich etwas, das als "Friedensfest", wie es damals wohl genannt worden mag, für eure Zwecke, von denen die anderen keine Ahnung hatten, ausgenutzt.
Kannte da mal ne Type, der hat mit niedrigestem Einkommen, damals noch Sozi, gleich drei Kinder adoptiert (Jamaika?, Brasilien?), indem er die Mutter heiratete, die nur die Straße kannten (die ersten Worte, die sie lernen wollten, waren Schwanz, Fotze), und hat den einen jedenfalls, den ich dann noch mal sah, zu einem prächtigen, friedlichen hernwachsenen Burschen großgezogen. Die zogen dann kurz beim "Festival der Kulturen" (End-90er -Ed. nee, müssen doch so Anfang-Mitte Nuller gewesen sein) mit ihrer Trommeltruppe vorbei. Why not? Er hat hier seine Community. Und was wäre wohl aus denen (besonders der vierjährigen Tochter) drüben geworden? Ich weiß, es gibt viele Brasilianer, die das hassen, aber diese Umzüge gibt es auch bei mir in der (fast monokulturellen) Vorstadt: und die hatten jetzt auf einmal einen Groove drauf!, dass ich echt raus auf die Straße gegangen bin, um mir das anzusehen. Ich vermute hier echt, was kulturelle Tradierung betrifft, Einflüsse aus Übersee. Und die waren ja alle noch echt jung und werden sich weiterentwickeln.
Naja - und dieser grüne Zynismus: War der wirklich so dreist?
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Vielleicht lässt sich sagen, dass die Ethnifizierung die dunkle Seite von bestimmten Diskursen ist, wie sie aus angelsächsischen Ländern (imho allzu unreflektiert) übernommen werden. Ich halte den angelsächsischen Begriff von "race" jedenfalls für hochproblematisch - und kann meine Bedenken nicht davon eleminiert sehen, dass es deutliche Differenzen zum deutschen Begriff von "Menschenrassen" gibt, in Kontext und Inhalt. Der Begriff selbst ist falsch. Auch "race" taugt nichts. Am Ende sind wir alle vor allem eines: Menschen.
Eine mögliche Ethnifizierung des sozialen Miteinanders ist die Gefahr bei dem, was Qwertzu "CW total" nennt.
Es wäre vermutlich hilfreich, wenn mehr Beteiligten klar wäre, erstens, dass CW vor allem dazu dienen soll Selbstkritik bzw. die Reflektion der eigenen Lage zu leisten, sowie dazu, das Verständnis füreinander zu verbessern, gerade auch in Bezug auf die dreidimensionale Struktur von Diskriminierungen und Privilegierungen, die bei einem konkreten Menschen selten nur in eine einzige Richtung weisen.
Und zweitens, dass CW eben nur ein theoretischer (und oft eben hilfreicher!) Baustein von vielen ist - und imho eben nicht in Konkurrenz oder Verdrängung zur sozialen Frage gedacht werden sollte. Es gibt einen Riesenhaufen weiterer, sehr wichtiger Politikfelder und auch politischer Konzepte und Theorien, die Berücksichtigung verdienen - übrigens auch innerhalb von Themen wie Rassismus, Migration, Flüchtlingshilfe usw.
So sehe ich das jedenfalls.
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Was heute übrig ist? Eine Gemengelage, die aus den hier veröffentlichten Aufrufen zur Flüchtlingssolidarität vielleicht ersehbar erscheint. Vielleicht auch nicht - ich bewege mich im Binnenhorizont einer Flüchtlingssoliszene.
@Dean: Ich bin ganz bei Dir.
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Die 'oral history' der afghanischen Räterepublik und der deutschen Solidarität! Ja, mach das mal! Hört sich gut an! Seit ihrem unsäglichem Sow-Text fang ich ja so langsam auch an, mich zu positionieren und fasse die nur noch mit Fingerspitzen an. Das aber wäre zu wichtig.
Ich hoffe, ihr habt oder nehmt euch die nötige Zeit, um das medial angemessen rüberzubringen, denn das, nachdem, was Du schreibst, könnte das echt interessant werden. Also los! Schreib, oder besser spreche: Historie, Historiker!
Kannte da son Typ, der jammte immer mit so kurdischen Musikern in Altona; dann wurde aber die kurdische Sprache in der Türkei erlaubt; ok., die flogen halt rüber, machten ein Konzert. Aber da, so berichtete er, stellte sich heraus, dass der Band Leader dort ein Superstar war. Die spielten dann, für den Kerl unverhofft, woodstock-like plötzlich vor ein paar hundert Tausend Leuten!
Sag also bitte Bescheid, wenn das auf Sendung geht.
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und hier:
http://kritikundkunst.wordpress.com/2013/05/14/also-noch-einmal-cw-und-rutschky-und-brecht-und-so/#comment-7032
Privilegiertenmuschi (nicht von mir, aber von mir als Provokation unterstützt!) ist very hard, aber ist es sooo falsch?
ceterum censeo: Im Übrigen bin ich dafür, dass die Linke endlich ihr innerlinkes Unterredungsgebahren klärt…
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ceterum censeo: Im Übrigen bin ich dafür, dass die Linke endlich ihr innerlinkes Unterredungsgebahren klärt…
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Btw. und das ist keineswegs als persönlicher Angriff auf Noah gemeint, die ich an sich sehr schätze, allerdings nur zweimal persönlich erlebt habe, was aber sehr eindrucksvolle Begegnungen waren.
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Im Moment feiert MM einen Führungskader der "black liberation army" ab. Die bekannten sich u.a. zu Polizistenmorden - und zwar auch mal "einfache so", weil weiße Polizisten ja per se "Feinde im revolutionären Kampfe" sind. Auch die hochgradig gewalttätigen "Konfiskationen" (d.h. Raubüberfälle) dieser Gruppe findet dieser Kader in seiner Autobio supergut, weil, hach, ja so revolutionär! Schade nur, wer dabei jemand zu Schaden kam. Aber nur, wenn es ein Schwarzer war...
Der Wunsch nach Radikalität kann fast grenzenlose Blödheit nach sich ziehen. Tja.
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Hm, nix für ungut. Unterschreib ich natürlich alles. Aber, ähem, wer war das noch mal, der das seit Jahr und Tag sagt?... Ähem... ja, die liebe Eitelkeit...
Es ehrt uns natürlich einerseits, dass wir uns hierum bekümmern (den oktoberfestgestählten, lodenbemäntelten, kniebundledernen CSU-Jung-Fritzen sind solche karrierehindernden Diskurse selbstredend sowas von scheißegal). Dennoch...
@ dean: habe ich vor jahren/Jahrzehnten anläßlich Mumias schon mal so beschrieben. natürlich muss Mumia sofort freikommen. Selbst wenn er sotospeak schuldig wäre, hätte er seine Strafe sowas von abgesessen. (höchstwahrscheinlich ist er unschuldig.) Dennoch hast Du Recht. Weiße Polizisten nur, weil sie weiß und weil sie Polizisten sind, zum Abschuß freigeben geht mal gar nicht! da möchte ich, gegen alle revolutionäre Dialektik, ein paar starre Moralstandards bürgerlichen Gewissens gewahrt sehen.
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Im Übrigen ist meine Auseinandersetzung mit dem Moralspackentum, wie das in meiner Szene heißt, eine die ich seit 1990 führe.
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weniger emanzipativ vielleicht. "Straight Edge" fehlt dann hier noch, denke ich. Aber Straight Edge wurde ja irgendwann auch vegan und kippte nachher sogar in Richtung "Hare Krishna".
Aber auch aus dem Umfeld von ML und "Straight Edge" kamen gute Sachen (Slavoj Zizek / Minor Threat & Slapshot) ;-) Is aber Geschmacksache.
Problematisch ist, dass die guten Ansätze dann hinterher oft mit verworfen werden, wie der Nörgler ja treffend bemerkt hat.
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Macht sie sich über ihre eigene Unwissenheit lustig? Will sie damit sich über Sow mokieren? Nach dem Motto: "Gelernt habe ich aber bei ihr, dass 2 und 2 = 4 ist"?
"Rasse" ist deshalb kein wissenschaftlicher Begriff, weil es willkürlich zu wählende Merkmale sind, um greifende Abgrenzungen zu schaffen. Dasselbe Problem haben wir bereits beim Begriff Art bzw. in der klassischen Taxonomie. Die äußere Erscheinungsform kann uns zu schnell über die wirklichen Abstammugsverhältnisse hinwegtäuschen.
Es öffnen sich die Tore zur Pseudowissenschaft, will heißen, jede/r ist eingeladen, zu definieren, was diese oder jene Rasse ausmache. Und genauso ist es ja grausamerweise in der (deutschen) Geschichte geschehen. All das führt dazu, dass ein Sarrazin vom "jüdischem Gen" rumzuseiern sich nicht entblödet.
Beispiel: In meinem Bertelsmann Handlexikon las ich mal, dass Anthropologen ungefähr 27 afrikanische Rassen unterschieden hatten, soweit ich mich erinnere, sogar hochkomplizierte mathematische Methoden bis zu Fraktalen anwendeten, um die ganzen Merkmale - was weiß ich, Kopfform Nasenläge usw. - quantifiziert gegeneinander zu gewichten und verschieden Typen zu beschreiben und es dann aber doch aufgaben.
Machen wir es also so, wie diese Anthropologen. Dann sind wir genau umgekehrt vorgegangen wie jeder vernünftige Wissenschaftler. Wir haben uns erst den Gegenstand geschaffen, indem wir eine Unzahl von Merkmalen dem zu untersuchenden Gegenstand andichteten. Welchen wissenschaftlichen Wert sollen jetzt weitere Untersuchungen über weitere Merkmale desselben Gegenstandes haben?
Es ist somit ein Rassebegriff denkbar, der sich ausschließlich aus Vorurteilen zusammensetzt. Und genauso funktioniert dann ja dieser Begriff in der Praxis.
Interessant bei Wicki: der Unterschied zw. klassischer und kladistischer Taxonomie. So wurde von Kritikern der klassischen Taxonomie ironisch "die Einführung eines eigenen Reiches „Psychozoa“ für den Menschen gefordert, das gleichrangig neben den Reichen der Tiere, Pflanzen und Pilze stehen soll, um den bedeutenden ökologischen Nischenwechsel des Menschen beim Verlassen der afrikanischen Savanne auch taxonomisch zur Geltung zu bringen."
Aber vielleicht wollte sie bloß selbstironisch einen nichtssagenden Artikel schreiben. (Bildungs)bürgerlich aus der Vogelperspektive. Das ist ihr dann aber gründlich misslungen, bestenfalls ne Kolummne in "Brigitte". Zum Thema Rassismus wäre das im Übrigen einfach unanständig. MR hat es mit "Wohlfühlantirassismus" schon ganz gut getroffen.
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Ihr hat das Buch, wie sie geschrieben hat, an verschiedenen Stellen sogar sehr gut gefallen, und vielleicht war es ja so, dass der Part in Bezug auf "Menschrassen" und Ethnifizierung für sie besonders erhellend war - zumal das ja tatsächlich in Sows Buch sehr engagiert, gut formuliert und mit besten Argumenten dargestellt wird. Und, ist das so schlimm, wenn ihr diese Passagen so gut gefallen haben?
Zu bedenken ist vielleicht auch, dass Katrin Rönnicke vor allem Feministin und Bloggerin ist. Nicht jeder kann jedes politische Feld beackern. Oder?
Ich glaube nicht, dass MR in Bezug auf Katrin Rönnicke auch nur irgendwie recht hat. Diesen verurteilenden Ton, mit dem eine ganze Person herab gesetzt wird, finde ich sowieso zum Kotzen, ganz speziell von jemanden, um es mal ganz krass zu formulieren, der sich zeitlebens immer zu schade war, um sich übers bloße Schreiben und Labern hinaus politisch zu betätigen. Wenn gerade so jemand in Bezug auf einen politischen Aktivisten von Wohlfühlaktivismus spricht, dann hat das in meinen Augen eher lächerliche Züge...
Sorry.
Was MR betrifft, und auch Frau Sow: Wenn man einzelne (möglicherweise falsche) Auffassungen übergewichtet, dann kommt man zu folgenden Schlüssen, ziemlich zwangsläufig:
1. John Dean ist ein totaler Idiot
2. Noah Sow ist ein totaler Idiot
3. Momorulez ist ein totaler Idiot
4. Ziggev ist ein totaler Idiot
(to be followed)
Tatsächlich wird man einer Person nur selten (eigentlich: nie) gerecht, wenn man sie anhand einzelner Äußerungen beurteilt. Ein wesentlicher Aspekt ist auch schlicht das Tun.
Hier fallen mir bei mir selbst (Achtung: Selbstlob), bei Noah Sow und vielen anderen, die hier diskutieren bzw. diskutiert werden, allerdings ein Haufen ziemlich grandioser bzw. wirklich gute Dinge ein.
Keep things in perspective!
Und nein, es sind nicht immer die Worte, an denen man Menschen messen sollte.
P.S.
Habe ich eigentlich erwähnt, dass ich heute wieder an meinem "Projekt" gearbeitet habe, einem Obdachlosen Obdach (eine Wohnung) zu verschaffen?
Zählt das? Für mich schon, zumal ich gesundheitlich nicht gerade topfit bin zur Zeit. Und ich wäre z.B. sehr stolz auf mich, wenn es mir gelungen wäre, so ein Buch wie das von Noah Sow zu schreiben. Dafür sind mir andere Dinge gelungen. Und den meisten hier: Andere gute Sachen.
Oder sehe ich das falsch, Ziggev?
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Diese Besprechung zu überfliegen war wirklich Zeitverschwendung. Wenn ihr Passagen gut gefallen haben, hätte sie das ja mal etwas ausführlicher darstellen können.
"Zu glauben, dass Katrin Rönnicke nur eine Sache aus dem Buch von Noah Sow gezogen hat, halte ich für, ähem, ich sags mal so: ziemlich unrealistisch... "
Ich hielt mich ja auch für realistisch, als ich mich auf die Besprechung freute. Denn sie stand für mich nicht im Verdacht, mit ressentimentgeladenen Geschwätz aufzuwarten. Ich habe mich ehrlich gesagt noch nie eingehend mit Rassismus beschäftigt. Abgesehen von den paar simplen eben vorgetragenen Überlegungen. Und dann les ich, sie wolle gelernt haben, dass "Rasse" kein wissenschaftlicher Begriff sei! Der Rest, dies war mein Eindruck: ein seichtes Lamento, von jemandem, der bzw. hier: die sich langweilt und "auch mal was" zu Sow schreiben wollte. Oder ging es ihr schlicht um die Aufmerksamkeit? Ist ja nicht schlecht, mal ein bisschen mit Marketing-Mathoden Werbung für Feminismus machen, aka "Alphamädchen". Vorhersehbar war nur leider, dass dies auf Dauer wirkungslos bleiben würde. So jedenfalls, wenn ich richtig gelesen habe, die Vermutung der Autorin damals in der SZ, der die wunderbare Zwischenüberschrift Oh, Porno, super, kein Problem! in die Feder floss. So verfestigt sich der Eindruck eines leeren Aktivismus.
Gegen welchen ich zuerst gar nichts einzuwenden habe.
Auch möchte ich sagen, dass mir schon klar ist, dass ich manchmal ziemlich rumlabere. Dabei geht es mir jedoch gar nicht mal so um Aufmerksamkeit. Trotzdem, wenn Du lust hast einen ziemlich verlaberten Text von mir zu Roenicke zu lesen, wo ich mich auch darum bemühe, sie nicht einseitig darzustellen, musst ja aber nicht. Immerhin hatte sie ja nach mehreren Tagen einen ziemlich wütenden Kommentar von mir bei sich freigeschaltet, wo ich ihr Agieren "reflexhaft", ihre Besprechung "unanständig" genannt hatte. Ehrlich gesagt hatte ich selbst den Kommentar ziemlich reflexhaft geschrieben.
Es fällt mir nicht schwer, über Schwächen anderer hinwegzusehen. Wenn aber das einzige, was übrigbleibt, das (unfreiwillige) Eingeständnis der eigenen Unwissenheit und Inkompetenz ist, sich zum Thema zu äußern, reragiere ich verärgert.
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Als Lamento habe ich es nicht angesehen.
Ist vielleicht auch eine Stilfrage. So wie ich Katrin Rönnicke einschätze, formuliert sie lieber zurückhaltend bis sehr zurückhaltend. Ich bin da eher auf Krawall gebürstet bzw. mag es, die Dinge zuzuspitzen und sehr direkt zu formulieren. Wenn ich ihre Texte lese, dann macht mich das mitunter auch etwas unruhig. Weil: Ich bin nicht so sanft.
Wenn man mich lässt (ähem: und ich mich selber lasse), dann treibe ich politische Opponenten in Diskussionen gerne in die Ecke bzw. vor mir her. Bzw., versuche das. Nicht, dass das immer sehr schlau wäre, aber z.B. in der Auseinandersetzung (damals gemeinsam auch mit MR) mit einer damals starken pseudoliberalen rechtslibertär bis rechtsautoritär, auf außenpolitsche Gewalt setzenden Blogger-Offensive (u.a. mit B.L.O.G - wobei die ja noch ziemlich harmlos waren): da habe ich diese rechten Wichte teilweise in Grund und Boden argumentiert. Gemeinsam u.a. mit Che, Netbitch, Momorulez, Nörgler und anderen.
Teils, weil ich es erforderlich hielt, teils, weil mir das Spaß gemacht hat.
Katrin Rönnicke würde da anders vorgehen, und - denke ich jedenfalls - niemals so scharf und konfrontativ formulieren. Ich denke, das hat aber auch (!) Qualitäten. Und, vielleicht ist das auch einen Hinweis wert, sie ist ja noch ziemlich jung und eben kein "alter politischer Hase" wie viele von uns hier, hat andere Schwerpunkte - und ist sicher auch nicht so wie wir an politischer Theorie und Streit über polittheoretische Fragen interessiert.
Das macht sie aber längst noch nicht zu einer verlogenen "Wohlfühlantirassistin" oder zu noch Ärgeren. Und ehrlich, wenn ich die Naivität sehe, mit der z.B. MM gerade Assata Shakur und das Treiben der "Black Liberation Army" abfeiert - dann fällt mir schon auf, dass eine Menge Leute und Obermoralisten (auch: MR) hier geflissentlich den Mund halten, obwohl sie es besser wissen.
Das nenne ich: Naives Schweigen.
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Genau das ist immer meine Vermutung. Auch vermute ich, dass der Fall liegt, wie Hartmut ihn (hypothetisch) beschreibt: "Wenn die CW mir diese widerwärtige Beweislast spiegeln will, sage ich: Provokation gelungen, message understood!"
Wenn ich meine eigene Wahrnehmung, mein Denken und Verhalten beobachte, dann stelle ich fest, dass ich keineswegs frei von Vorurteilen bin. Daher stimme ich ja auch Dr. Dean zu: "Es wäre vermutlich hilfreich, wenn mehr Beteiligten klar wäre, erstens, dass CW vor allem dazu dienen soll Selbstkritik bzw. die Reflektion der eigenen Lage zu leisten, (...)"
Daher sehe ich zunächst keinen Grund, total auszuflippen, wenn ich höre, dass alle Weißen (Deutsche?) Rassisten seien. Darum möchte ich mit Hartmut zuerst sagen: Provokation gelungen.
Natürlich lässt sich darüber nachdenken, ob eine solche Provokation über narzisstische Kränkung ok. ist. Für mich ist aber eine solche in der Tat ein Hinweis darauf, dass da an sich zu arbeiten wäre. Was mich betrifft, ist gerade die Beobachtung, dass ich nicht frei von Rassismen bin, für mich eine solche Kränkung: wie blöd man sich dabei fühlen kann!
Wie weit die essentialistischen, identitären Diskurse gehen, weiß ich nicht. Aber da "Rasse" ja ihr zufolge eh kein wissenschaftlicher Begriff ist, scheinen diese ohnehin nicht ganz konsistent geführt zu werden. Wer weiß ist, müsste sie also gar nicht spezifizieren können. Deshalb verstehe ich die Rede von Weißen eher gewissermaßen undogmatisch. So vermute ich, dass es ein weniger auf starre Definitionen und Sprachkontrolle angelegtes Sprechen ist, welches sich eh als unmöglich erweisen würde, sondern eher ein sich verständlich machen wollendes.
Wer beleidigt mit dem berühmten "ich bin doch kein Rassist" reagiert, hat ja eben gerade sein identitäres Selbstkonzept bewiesen. War das die (trickreiche) Provokation? (wäre eine nich unlustige Variante.)
Wenn "Rasse" kein wissenschaftlicher Begriff ist, dann könnte es umgekehrt heißen: Wenn es keine "Weißen" gibt, dann gibt es eben auch keine weißen Rassisten" - Problem erledigt. Und so haben ja Weiße, wie es aussieht, das Privileg, sich nicht selbst als weiß aufzufassen; man geruht, sich selber als Regelfall aufzufassen, es sind immer die anderen, die mit irgendwelchen Attributen zu belegen sind.
Und dieses: "Wenn es keine 'Weißen' gibt, dann gibt es eben auch keine weißen Rassisten" hat Sow ihrerseits lediglich wieder umgedreht, bzw. in Gänze negiert.
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Sowohl die Kontra-CW- und CW-absolut oder Ultra-CW-Fraktion eint nämlich ironischerweise, dass sie dringend „zu den Guten“ gehören wollen. Das ist per se ja nicht schlecht. Ähnlich wie Religionen auch.
So entspinnt sich auch das Muster bei Kontra-CW und Ultra-CW gleichermaßen nach religiösem Muster. Das weiße solidarische CW-Ultra-Lager eher nach einer protestantischen Ethik, die dann in der totalen Zerknirschung darüber kulminiert, Weiße(r) und also quasi per se Sünder zu sein.
Bei der narzißtischen Kontra-Fraktion läuft das Muster dann eher nach katholischem Vorbild ab: Eins weiß um die eigene Auserwähltheit qua Absolution und erregt sich über die Pharisäer des Ultra-Lagers. Die Auserwähltheit kommt hier nicht durch ständige „nie ausreichende“ Kasteiung zustande, sondern eher durch Taufe, Kommunion und Firmung im Namen des Marx und des Engels und des Heiligen Klassenkampfs. Durch die gehört eins ja per se zu den Guten und lässt sich Vorwürfe über eigenen Rassismus von irgendwelchen Emporkömmlingen ja mal schon gar nicht gefallen. Die sich solchermaßen Erdreistenden werden auch schon mal mit einem desubstantivierten „Hermann Göring“ belegt, wie neulich beim Doppelmonarch.
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Ja. Ist ja auch nicht verkehrt, gut sein zu wollen...
Wobei man an dieser Stelle dann darüber reflektieren könnte, worin denn genau der Sinn bzw. die Zielstellung des Diskurses besteht.
Für mich sieht das oft nur danach aus, als ob da verschiedene linke Gruppen miteinander in Konkurrenz gehen - Theorie als Diskurswaffe bzw. als Mittel zur Erlangung von Hegemonie im linken Diskurs.
Ist es das im Wesentlichen? Ich fürchte ja.
Mein persönlicher Maßstab (auch in Sachen AntiRassismus) ist hingegen vor allem das Tun. Und hier wird es wirklich schwierig.
Auch für mich: Ich bin kein toller antirassistischer Kämpfer. Ab und an mache ich da mal was richtig (ich habe tatsächlich schon eine Reihe von Rechten Rassisten "umerzogen"), im persönlichen Umgang gehöre ich zu denen, die keine Hautfarben sehen (finde ich jetzt auch nicht so sonderlich schwer), konkret (zum Beispiel auf die letzte Woche bezogen) gehöre ich wohl eher zu denen, die schwerst benachteiligte Migranten erfolgreich in Schutz nehmen und ermutigen.
Aber erstens ist sowas für mich relativ mühelos, und zweitens, ist das jetzt auch nicht so eine Riesensache. Meine "antirassistischen" (ich würde eher sagen: pro Migranten) Tätigekeiten der letzten Woche lassen sich auf ziemlich genau 60 Minuten beziffern. Zwei Menschen den Rücken gestärkt.
(konkret: einer Näherin eine Reihe von Tipps gegeben, wie sie an einen Job kommt, und sie beim Verfassen von Emails ziemlich intensiv unterstützt - sie war jedenfalls sehr dankbar dafür - und ein Mädchen in Schutz genommen und ihr anschließend Perspektiven gegeben - anhand der einfachen Frage: "Was macht dir Spaß" - und diese dann im Detail etwas ausgebaut und mit ihr Vorstellungsgespräche geübt damit sie in ihrem Wunschbereich ein Praktika findet)
Also: Tatsächlich nix Dolles. 60 Minuten, vielleicht sogar 90. Nicht mehr. Ich sehe mich auch nicht in erster Linie als Antirassist - das ist halt eine Facette von mehreren. Nix Dolles also - was die "Tun-Ebene" angeht. Nur: Ist es denn bei denen, welche teils sehr radikale Töne in der CW-Debatte anklingen lassen, tatsächlich so viel besser (wenn man mal eben genau dieses Wortgeklingel und politische Streiten aus der Gesamtbilanz rausnimmt, und das tatsächliche, konkrete antirassistische Tun betrachtet)?
Ich habe da so meinen Zweifel.
Und genau an der Stelle, dem tatsächlichen Tun, wird es nämlich absurd, wenn man sich die Debatten dann noch einmal genau ansieht. Ich meine, mit welchem Recht dürfen Leute wie MR und andere von mir mit fast schon tödlichen Ernst behaupten, ich sei ein "Rassist"?
Was genau soll das?
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Wenn wir beim Tun sind, so ist das sicher Richtig, doch da werden bei den Autonomen auch genug Kämpfe ausgefochten, wer denn schon wie lange dabei ist und wer die krassesten Aktionen gemacht hat. Da entsteht bei den erklärten Anarchisten ganz schnell eine Ersatz-Hierarchie. Der Che wird das alles viel besser kennen.
Auf nem Straßenfest hat mir mal ein kleiner Junge ne Zeitschrift über Rassismus in der Region verkauft und in dem Verkaufsgespräch hab ich den gloreichen Satz von mir gegeben "Ich bin Anti-Rassist!" für den ich mich hinterher geschämt habe.
Weil das war nämlich genau dieser Narzißmus der sich qua Gesinnung, qua Wissen per se antirassistisch wähnt. Und den mein ich auch bei vielen CW-Kontras rauszuhören.
Und vielleicht kann eins das Terroristenbeispiel vom Che hernehmen. Da sprach er von Grundsolidarität. Und DIE über die Lager hinweg aufrecht erhalten zu wollen ist immer schwieriger, in die Kerbe schlägt ja auch der Doppelmonarch mit seinem cetero censeo. NUR, ist er wirklich an einer Verständigung interessiert oder beteiligt er sich mit Faschismus-Vergleichen nicht genauso an einer Verhärtung der innerlinken Fronten, wie das eine accalmie tut?
In diesem Positionierungswahn, den ziggev irgendwann mal sehr schön skizziert hat, vermisse ich schonmal das einerseits/andererseits. Das Jein.
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Das ist aus nem Ärzte-Song.
Von mir ein check*, Che!
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Ich war jedenfalls selbst kurz davor, Don ein paar gallige Takte dazu zu schreiben...
(was ich getan hätte, wenn ich es nicht für völlig vergebene Liebesmüh eingestuft hätte)
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Und die höheren (oder wieauchimmergearteten) Erkenntnisse von CW-Anwender*innen schließen leider genauso wenig aus, gleichsam lustvolle wie pauschale Vorurteile und Vor-Verurteilungen an diejenigen zu richten, welche qua Hautfarbe/Geschlecht/sexuelle Orientierung nebst Verweigerung bestimmter theoretischer Annahmen: halt nicht zur geliebten In-Group der höheren Erkenntnis rechnen.
Irgendwie ist das halt so. Schlimmer noch: Wir sind halt so. Éine gewisse Dosis Selbstkritik nebst Fähigkeit dazu sollte dieses Leiden etwas verringern.
Das führt dann ggf. zur Erkenntnis: "Ich beherrsche alle Begrifflichkeiten und theoretischen Annahmen rund um CWS, bin eine Pracht von Mensch und nahezu fehlerfrei - und trotzdem ist es keine TOP-Idee, wenn ich diejenigen verächtlich mache und hämisch kommentiere, bei denen dies eben nicht der Fall ist."
Wegen der oben angesprochenen Schwierigkeiten liegt hier der Schwerpunkt im Wort:
ggf.
(wir sind halt so)
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Eins kann tatsächlich fragen wie sinnvoll das ist, da z.B. die Diskriminierung von "slawisch" Markierten mit dieser Heuristik nicht fassbar ist oder auch gewisse (nicht alle!) Mechanismen die im Antisemitismus wirksam sind. Das alles deutet darauf hin, dass CW eben "allein nicht selig macht".
Was identitäre Konzepte angeht, die von Diskriminierten genutzt werden, so finde ich da den Begriff der "strategischen Essentialismen" von Spivak ganz hilfreich.
Ich finde Ansätze hilfreich, die der komplizierten Gemengelage von Machtbeziehungen Rechnung tragen, die ja auch qwertzu immer betont. Ich habe Negri/Hardt noch nicht gelesen, könnte mir aber vorstellen, dass sie mit den Begriffen Empire und Multitude in diese Richtung wollen.
John Fiske hat die Begriffe "power block" und "the people" dafür geprägt und betont das ein und derselbe Mensch gleichzeitig Teil beider Allianzen sein kann.
Edith: das mit der Asian Supremacy ist zu problematisch.
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http://rhizom.blogsport.eu/
Sowohl insofern was die Schwierigkeit angeht, den Begriff "Rassismus" zu fassen, als auch insofern, dass White Supremacy "wirkt"!
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Eine Freundin von mir erlebte es in Südostasien, ich meine, es war Laos, dass bei ihrem Anblick - 1,80 große blonde blauäugige weiße Frau - der Dämonenaustreiber geholt wurde. Das ist freilich etwas Anderes als supremativer Rassismus, das ist einfach abergläubische hinterwäldlerische Fremdenangst.
Btw. Von Leuten, die aus Südamerika, Indien, Südafrika und Südkorea stammen und hier arbeiten bekam ich mit, dass sie Deutschland für ein cooles und gastfreundlches Land halten, vor allem für eines mit den unkompliziertesten Umgangsformen weltweit und für sehr wenig rassistisch. An Deutschen kritisieren sie vor allem, dass diese über sich selbst nicht lachen können, so etwa jener indische Bekannte, der, wie vielfach erwähnt, jeden Vortrag mit "Ich möchte jetzt etwas Farbe in die Sache bringen" einleitet. In Brasilien gibt es die Unterscheidung zwischen pünktlich sein (was dort eher ungewöhnlich ist) und sich etwa eine Viertelstunde plus/minus Zeit lassen können (was als normal gilt). Bei uns ist dies ja eher umgekehrt, im akademischen Bereich spricht man von ST (sine tempore) bei einzuhaltender Pünktlichkeit und CT (cum tempore) bei der erlaubten Trödelviertelstunde. In Brasilien heißt das Hora bzw. Hora Alemao, exakte Pünkltlichkeit wird also als deutschtypische Besonderheit wahrgenommen, wobei die BrasilianerInnen aber zugleich auch über die eigene Unpünktlichkeit lachen.
Nur: All diese PoC-Leute, die Deutschland cool und nett finden, sind hochqualifizierte Fachkräfte, überwiegend IngenieurInnen bei VW, Bosch oder Siemens, die überhaupt nicht mitbekommen, wie es auf dem platten Lande, bei sozial Schwachen oder vor der Deklassierung zitternden unteren MittelschichtlerInnen und jenseits der Elbe und außerhalb der Werke oder der angesagten Viertel ausschaut.
Leute, die auf dem Wege des Asylrechts nach Deutschland gekommen sind nehmen dieses Land hingegen als massivst rassistisch wahr. Ich kenne Nigerianer, die nachts unbewaffnet niemals aus dem Haus gehen würden. Wobei der Rassismus, dem Asylsuchende ausgesetzt sind zum großenTeil ein institutionalisierter und behördlicher Rassismus ist der sich ohne Weiteres auf NS-Kontinuitäten zurückleiten lässt.
Dazu kommt dann ein Alltagsrassismus, der sich von der sozialen Frage selten trennen lässt. Es sind ja keine schwarzen oder gelben Manager, die von deutschen Rassisten verprügelt oder gemordet werden. Wobei, etwa im Umfeld von Sammelunterkünften, spontane Hilfsbereitschaft aus der Nachbarschaft ebensohäufig vorkommt wie Aggression, daneben auch noch so ein Rassismus der sich selber gar nicht für solchen hält wie das Dumpfklischee "Schwarze können toll tanzen und singen, ihnen liegt Musik im Blut usw.". Schwarz zu sein bzw.afrikanisch auszusehen ist auch noch mal was Anderes als allgemein "Of Colour", die Rassismen denen Schwarze ausgesetzt sind greifen da nochmal härter als bei Anderen. Was afrodeutsche Bekannte angeht: Ich kenne da Solche, die das Umherlaufen in mehrheitsweißer Umgebung fast wie einen Spießrutenlauf wahrnehmen, hatte Noahs Traumatisierungserfahrungen ja auch mitbekommen, und ich kenne Andere, die noch nicht einmal wahrnehmen, wenn Weißdeutsche sie durch eine rassistische Brille sehen. Wie ja nun auch schon wiederholt gesagt, da kenne ich so einige, die mit Alltagsrassismus vorzugsweise mit einem derben Verarschehumor so zwischen Titanic, Borat und Walter Moers umgehen. Weiß noch, wie auf einem antirasssistischen Straßenfest jemand rappte "Hier kommt der Zulumann, der Zulumann, der Zulumann, der zwölfmal hintereinander kann!" und sich die People of Colour köstlich über das Entsetzen in den Gesichtern der politisch korrekten deutschen Antiras amüsierten;-)
Ceterum zenseo Dean möge meine Mails beantworten.
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Aber hier war ich drüber gestolpert:
http://schizoanalyse.wordpress.com/2013/03/29/bildung-klassismus-und-habitus-teil-1/
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Ein Bekannter erzählte, sie wohnten damals in einer ländlichen Gegend in Brasilien, eines Tages kam der Postbote aus dem Ort vorbei und meinte, hey, Du hast einen Brief bekommen, kannst ja mal, wenn Du Bock hast, vorbeikommen und ihn abholen !
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Eine ähnliche Herablassung meinte ich sogar bei Friedmann und Spiegel anlässlich des Möllemann-Skandals in den folgenden Fernseh-Diskussionen zu beobachten. Rhetorisch allen haushoch überlegen kam da schon mal ein feiner ironischer Unterton vor, selbstverständlich rein auf rhetorischer Ebene. Das war wirklich rhetorische Kunstfertigkeit in Vollendung. Mir schien aber, die wenigsten haben es mitbekommen.
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Demnach wären das dann keine objektiven, sichtbaren Merkmale von Menschen, sondern????....
Andererseits wird bei allen Beispielen für Rassismus, die sie anführt, ganz klar auf Hautfarbe Bezug genommen. Die Proleten, die sie in der Holzklasse der Bahn anstarren, tun das ja nicht, weil sie um ihre Selbstdefinition wüssten, sondern weil sie anders aussieht (Ist ja auch nicht einsehbar, warum man ein Farbwort zur Bezeichnung sozialer Erfahrungen benutzen sollte).
Ich finde ihr Buch grottenschlecht und bin erstaunt, dass es (auch hier) so positive Aufnahme findet. Wenn es nur der Bericht einer farbigen Deutschen wäre, die ihre Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung schildert, wäre es vielleicht OK, aber dabei bleibt es ja nicht.
Es werden massiv per ordre de Mufti Festlegungen getroffen was unter Rassismus zu verstehen ist, wer wie zu bezeichnen ist usw. Da müsste man dann argumentativ schon ein bisschen mehr aufwenden, als nur zu sagen, dass man als Betroffene weiß, wovon man redet.
Hinzu kommen echte logische Knaller, z.B. wird behauptet, dass es wissenschaftliche Objektivität nicht gäbe und gleichzeitig behauptet man, Wissenschaftler hätten nachgewiesen, dass es keine Rassen gäbe, oder s. oben, wer Schwarzer und wer Weißer ist bestimme ich.
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Man vertritt (jedenfalls implizit) einen nichtskeptischen Realismus und geht davon aus, dass es die Dinger da draußen wirklich gibt. Es muss nur noch das Zentimetermaß drangehalten werden, und schon weiß ich, nach der und der Konvention, wie lang, breit oder hoch es ist. - Die Quantenphysik, die Heisenberg zur indischen Philosophie konvertieren ließ, einmal beiseite, und den Umstand, dass Galilei nicht nur durch ein Fernrohr blickte sondern auch aus seinen Privataugen auf die Welt, stellt sich die Frage, warum der Wissenschaftler, der unter dem Banner der Objektivität forscht (das tut natürlich keiner. Es hüpfen nicht weißbekittelte Professorentypen dickbebrillt durchs Labor und von rufen Zeit zu Zeit aus: "Jau! Wieder eine objektive Erkenntnis gewonnen! Cool, man!"), so große
Stücke auf seine Objektivität hält, sprich, warum er so sehr darum bemüht ist, seine Subjektivität draußen zu halten. Das tut er, allen Missverständnissen zum Trotz, nicht, weil er glaubt, dass Subjektivität etwas schlechtes oder ein Übel sei, oder weil er glaubte, dass nur "da draußen" die Wahrheit aufzufinden sei und alle andere Erkenntnis wertlos, dass nur seine Methode, die er möglicherweise "objektiv" nennt, zur Wahrheit führe, also objektive Erkenntnis=Wahrheit, nein, das alles wären philosophische Ansichten, über die sich streiten ließe. Er lässt seine Subjektivität soweit als möglich draußen, weil er natürlich hofft, dass seine Ergebnisse sich als wissenschaftlich weiterverwertbar erweisen, dass seine Erkenntnis irgendwann einmal in den Schulbüchern auftaucht, versehen mit seinem Namen. Dazu müssen aber seine Ergebnisse nachprüfbar sein, von anderen Forschern, weil aber deren Subjektivität sich von seiner erfahrungsgemäß oft ziemlich unterscheidet, konzentriert er sich auf ohne subjektive Anteile nachprüfbare Verfahrensweisen und Methoden. Gelingt ihm das, und die anderen Forscher kommen zu demselben Ergebnis und kommen er und seine Kollegen zu dem Schluss, dass die in Rede stehende Erkenntnis als gültig anzusehen sei, dann ist dies das Gesamtergebnis eines Prozesses mit vielen sozialen Anteilen, nämlich die Interaktion unter den Wissenschaftlern in Publikationen, auf Kongressen usw., den wir mit dem Ausdruck "wissenschaftliche Objektivität" kennzeichnen.
Objektivität ist keine philosophische oder erkenntnistheoretische Kategorie sondern eine Methode. Nun mag es freilich Wissenschaftler geben, die von Philosophie weniger Ahnung haben und die Methodologie mit Epistemologie verwechseln und sich dann vermeintlich philosophisch großtun. Epistemologie mit Methodologie zu verwechseln - das kann aber auch mal einem Sozialwissenschaftler passieren. So kommen solche Sätze wie: "Es gibt keine wissenschaftliche Objektivität" zustande.
Mit der Objektivität verhält es sich wie folgt: Es ist für philosophische, erkenntnistheoretische Überlegungen ein vollkommen uninteressantes bis nicht existentes Konzept. Wir sprechen hier mehr von Empirie oder Induktion. Wogegen Subjektivität höchst interessant ist, hier sprechen wir mehr von Phänomenologie, Intention, Anschauung usf.
Also bitte, fang nicht wieder mit diesem langweiligen Kram an, willy!
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Und trotzdem lief da tolle Flüchtlingsarbeit, haben wir eine Stadt nazifrei gemacht und ja, es wurden großartige Parties gefeiert, es war ja nicht alles Spackenkram. Aber auch der Spackenkram war allgegenwärtig.
Zu dem, was heutige jungsche Antifas so angeht schreibe ich noch etwas.
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Scheint aber schon wieder gelöscht zu sein
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Und, ja, da ist was wahres dran: Mein Loblied auf wissenschaftliche Methodologie mit ihrer Bescheidenheit und objektivistischer Selbstbeschränkung würde in moralische Muster übersetzt protestantischem Duckmäusertum entsprechen. Als schädliche Auswirkungen Nietsches sehe ich dagegen u.A. bürgerliche Selbstermächtigungsversuche, die sich als "Wissenschaft" selbstmissverstehen: Als da wären z.B. der Sozialdarwinismus eines Ernst Haeckel und dessen laienhafter "Monismus" (das ändert jedoch nichts an seinen zurecht berühmten u. absolut wunderbaren Bildtafeln zur Meeresbiologie, die sogar im Jugendstil einen Widerhall fanden). Darwin brach übrigens die Korrespondenz mit Haeckel ab, Darwin war halt ein anständiger Kerl. Oder Käfersammlertum á la Ernst Jünger mit seinem hausbackenen Anarcherntum. Ich kann mir jedoch nicht helfen, mir sind diese Patriarchen in ihrer unfreiwilligen Komik, die sich für mich aus diesem unverkennbaren Mangel an Selbstreflexivität und drolligem "Selbstbewusstsein" ergibt, irgenwie sympathisch. Sie erinnern mich an meinen Großvater, in dem noch dieser überkommene patriarchalische Stil zu bewundern war. Ab und zu schloss er sich für ein paar Tage in sein Arbeitszimmer ein - nachdem er sich eine Fliegenpilzsuppe gekocht hatte. Auch ließ er es sich nicht nehmen, als Geistlicher sich auf einer Brücke ablichten zu lassen, auf deren Geländer der Totenschädel vor ihm stand, den er in seinem Arbeitszimmer im Regal hatte, mit einer Pfeife zw. die Zähne gesteckt.
So habe ich halt ein eher romantisches Verhältnis zu der Vorstellung, es gebe Wissenschaft als Selbstzweck zumindest jedenfalls in der Grundlagenforschung. Ich fände es jedenfalls schade, wenn diese möglicherweise selbstmissverständiche Praxis oder Vorstellung untergehen würde. Es ist dies vielleicht eine bürgerlich-degenerative dekadente Selbsttäuschung. Ich hänge ihr nichtsdestotrotz an.
Ich möchte es hier mit einer analogen Figur wie oben versuchen: Es ist eine Methode - Wissen um seiner selbst Willen zu akkumulieren - , jedenfalls ergibt sich hieraus, so möchte ich vorsichtig formulieren, eine bestimmte Form des Wissenserwerbs, die sich womöglich im Missverstehen ihrer selbst absolut setzt. Eine andere Art des Wissens, welches sich aus einem anders gearteten Erwerb ergibt, hätte wahrscheinlich eine andere Form. Andererseits möchte ich aber auch daran erinnern, dass Nietzsche ein Kultur- bzw. Zeitdiagnostiker war. Mit Betonung auf Diagnostiker. Darum stehe ich im Anschluss an Nietzsche gebetsmühlenhaft aufgesagten Dogmen des Relativismus des Wissens immer skeptisch gegenüber. Warum gleich eine aus einem kritischen Impuls gewonnene Erkenntnis fast schon absolut setzen? Ich bin kein Wissenschaftler, aber z.B. Biologie, Botanik, Zoologie sind einfach ein schönes Hobby, zumal wenn Du in Deinem Umfeld diverse Geologen, einige aus Biologieprofessorenhaushalt, rumwuseln hast. Ein normaler Waldspaziergang wird zur unterhaltsamen Wissensanreicherung. Bei wissensrelativistischen Positionen, relativistisch hinsichtlich zu diagnostizierenden oder zu identifizierenden Interessen oder Machtverhältnissen, handelt es sich um Machttheorien. Sie sind hilfreich, um eben jene Interessenlagen und Machtstrukturen zu analysieren. Und IMHO sollten sie dort, in diesem Paradigma, verbleiben. Dass Wissen immer interessengeleitet ist, ist für den Naturforscher eine Trivialität. Quasie eine Hirnzugabe zu seiner Praxis, die er oder sie sich gerne gefallen lässt, letztlich aber für ihren oder seinen Wissenserwerb als unerheblich ansieht. Postmoderne - ich denke hier an an Nietzsche anschließende - Diagnosen, ernten ein Schulterzucken, - aber schau mal hier, diese rote Waldameise! Diese Art gilt als so gut wie ausgestorben! Bei solchen Diagnosen sollte eins nicht stehenbleiben, dies wäre mein bescheidener Vorschlag, wenn es sich um Statements in epistemologischem Sinne handeln soll. Interessanter wäre es doch, sich einmal mit dem Wissenserwerb selbst zu beschäftigen: Wie konnte es eigentlich sein, dass Menschen auf dem Mond ihre Fußabdrücke hinterlassen konnten? Anstatt eine Theorie der Macht auf den naturwissenschaftlichen Wissenserwerb anzuwenden. Ohne aber sich je mit der tatsächlichen Wissensakkululation beschäftigt zu haben, werden gebentsmühlenhaft wissensrelativistische Formulierungen nachgeplappert zur Rückversicherung der eigenen Machttheorie, die, zwar von Nietzsches ursprünglicher Diagnose inspiriert, auch ganz gut ohne diese epistemologischen Statements auskommen würde. Aus diesem Missverständnis, dass es sich um Epistemologie handelte, rührt IMHO die so scheinende Lücke her, wenn ein Foucauldt, eigentlich ein Empirie-Junkie, bei aller Machttheorie sich selbst als "fröhlichen Positivist" bezeichnet. Daher wieder: Eine Methode wird mit einer epistemologischen Positionsbestimmung verwechselt. Dies ruft solche wie willy auf den Plan, der selber einem postmodernen Selbstmissverständnis auf den Leim gegangen ist, welches er nun Don-Quichotte-artig zu bekämpfen vermeint. Wenn Du wissen willst, wie Wissen zustande kommt, dann gehe zu den Wissenschaftlern! AFAIK gibt es solche Ansätze in der Wissenschaftstheorie; faszinierend fand ich da aus diesem Grunde die (konstruktivistischen) Ansätze von Bruno Latour.
Und zuletzt könnte diese (postmoderne) wissensrelativistische Sichtweise sogar als Diesseitsverneinung in Nietzsches Sinne interpretiert werden.
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(leider)
P.S.
Ich frage mich, ob dekonstruktuvistische Verfahren in der Sozialwissenschaft vor allem als eine Heuristik zur Thesenentwicklung und Thesenhinterfragung zu betrachten sind.
Ich neige dazu, diese Frage zu bejahen. Ziggev und Futuretwin: Seht ihr das anders - und falls ja: Warum?
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Im Übrigen bin ich der Meinung, Du solltest meine Mails beantworten.
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* was nicht heißt, dass ich Desinteresse an deiner Position habe - neugierige Fragen an dich hätte ich da noch jede Menge
P.S.
Eine kleine Gemeinheit hätte ich da noch:
Ließe sich nicht behaupten, dass Carl Schmitt (ja, genau der) ein früher und in seiner Formulierungskunst beeindruckender Dekonstruktivist war?
Seine Methode war definitiv der Dekonstruktivismus, und seine schwache Seite war eben nicht nur, dass er sich den falschen Zwecken verschrieb (pardon: Wortspiel), sondern dass die auf dekonstruktivistische Weise erhaltenen Thesen von Carl Schmitt tatsächlich vielfach haltlos waren. Sein Verzicht auf kritische Selbstprüfung und überhaupt, Prüfung der eigenen Thesen, sein quasi negativer Wahrheitsbegriff, der die munter herbei fomulierte (angebliche) Falschheit und (tatsächliche) Mangelhaftigkeit der von ihm dekonstruierten (weil: abgelehnten) Thesen, Theorien und Institutionen, mit einer angenommenen Intaktheit der eigenen Annahmen verwechselte:
machte sein dekonstruktivistisches Denken, egal wie elegant es vorgetragen wurde, letztlich zu etwas schlecht begründeten, sogar haltlosen, dem die eigenen Substanz fehlte, bei dem er sogar die offenkundigsten Widersprüche seiner eigenen Auffassungen stets durch ebenso brillant vorgetragene Ignoranz auszugleichen versuchte...
(...in Ermangelung anderer geistiger Mittel)
Jedenfalls - und tatsächlich: Ein Urahn des politischen Dekonstruktivismus.
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Im Übrigen bin ich der Meinung, Du solltest meine Mails beantworten.
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Beim Dekonstruktivismus wird es sich vermutlich um eine weitere Methode handeln. Mir reicht es aber schon aus, wie die Realität andauernd Menschen "dekonstruiert" und bin mehr für Rekonstruktion. Der Pessimismus, welcher angesichts der prognostizierten Zukunft so nahe liegt, erzwingt noch lange nicht pessimistische Theorien. Manchmal wollte es mir scheinen, dass die Anhänger solcher schwarzen Theorien sich ganz gerne auch mal an dieser Schwärze, diesem Pessimismus berauschten. Wenn diese Methode keine im, platt gesagt, Sinne eines "fröhlichen Positivismus" verwertbare Ergebnisse hervorbringt, dann - no problem - wird es sich sicherlich um eine in theoretischer Hinsicht interessante Weise der Theorienbildung handeln.
Ich finde sozialwissenschaftliche Theorienbildung und -anwendungen vor allem desh. interessant, weil sie das weite Feld der Irrationalität beackern. Da bin ich gewissermaßen bei den Griechen steckengeblieben, die sich doch tatsächlich staunend die Frage stellten, wie überhaupt Irrationalität möglich sei? Siehe Akrasia (auch "Kopflosigkeit")-Problem. Gewissermaßen immer noch eine Reaktion auf die freudsche Kränkung und die freche Frage, ob wir wirklich entscheiden können, wer jetzt im Oberstübchen tatsächlich Herr im Hause ist.
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auch Du könntest einfach mal linguistic turn googeln, da wird, z.B. bei wikipedia, ziemlich klar und plausibel gesagt, welchen Stellenwert der Dekonstruktivismus in Sprach- und Sozialwissenschaften, namentlich der Geschichtsforschung heute hat und warum. Hat mit schwarzen Theorien, Pessismismus und Irrationalität nichts zu tun. Sondern sehr viel mehr mit der Kritik an einem falschen Objektivitätsbegriff. In der Geschichtswissenschaft z.B. wird davon ausgegangen, dass es eine objektive Geschichtsschreibung oder auch objektive historische Erkenntnis gar nicht geben kann, weil Geschichte immer mit partikularen Interessen, widerstreitenden Machtverhältnissen und gruppenspezifischen subjektiven Erfahrungsweisen zu tun hat. Was Deinen letzten Absatz angeht bin ich bei Dir.
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Doch. Der hier:
"Einen Menschen aber, der die Wissenschaft einem nicht aus ihr selbst, sondern von außen, ihr fremden, äußerlichen Interessen entlehnten Standpunkt zu akkomodieren sucht, nenne ich 'gemein'."
(MEW 26.2, S. 112)
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Marx´ Widerwillen dagegen, "die Wissenschaft einem nicht aus ihr selbst, sondern von außen, ihr fremden, äußerlichen Interessen entlehnten Standpunkt zu akkommodieren" zu suchen, richtet sich aber wider Verirrungen, die die Wissenschaft - ob "interessengeleitet" oder nicht, wobei es unerheblich ist, ob im trivialen Sinne oder etwa in der Art, wie Wissenschaft betrieben wird, damit wissenschaftliche Erkenntnis dem Wohle der Menschheit dient - selbst einem ihr äußerlichen Standpunkt andienen wollen.
Marx gibt hier ein Statement in wissenschaftlich-methodologischer Hinsicht. Die Trivialität, dass Wissenschaft zur Erkenntnis hinstrebt, noch einmal beiseite. Eine notwendige Bedingung für wissenschaftlichen Wissenserwerb ist aber, dass klar ist, wie die Erkenntnisabsicht eigentlich (möglichst genau) lautet. Ist dies aber einmal gegeben, sollte an der einmal gefundenen oder entwickelten geeigneten Methode festgehalten werden.
Die Erkenntnis, dass Wahrheit (nicht Wissenschaft - das ist in vielen Fällen einfach trivial) nur schwer vom Interesse zu trennen ist, darf nicht dazu verführen, dass ich mir über meine Interessen klar werde und daraufhin mir die passende "Wissenschaft" anpasse. Dies wäre ein methodologischer Fehler. Zum Beispiel wäre es bereits im Interesse der Dominanzgesellschft, überhaupt von "Fortschritt" zu sprechen. Diese Forderung, dasselbe zu unterlassen, müsste sich aber wiederum denselben Vorwurf gefallen lassen, nämlich "interessengeleitet" zu sein. ... Und so kann es immer fröhlich weitergehen. Nehmen wir aber beide Positionen ernst, handelt es sich um ein Dilemma. Also kein Grund, sich zu streiten, sondern eher ein Anlass, mal wieder ein bisschen (am besten als "Freunde der Weisheit" gemeinsam) in Sachen Methodologie zu machen.
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klar kannte ich den Begriff linguistic turn. Nur hatte ich den immer zuerst der Philosophie zugerechnet. Bis zu dessen Dementi wurde vielerseits geglaubt, er stamme von Rorty (gleichnamiges Werk - Du siehst, ich habe gegoolet). Rorty (den zu lesen mir leider nicht vergönnt war) gilt (oder leider galt) ja als das enfant terrible der angelsächsichen (analytischen) Philosophie. Vermutlich, weil er sich gerade (auch?) zuerst mit diesem Werk sich von der analytischen Philosophie abwandte. Dekonstruktivismus (ob Rortyscher Prägung oder nicht) sah also nach einer Abwendung von der analytischen Philosophie aus. Aber trotzdem sah es so aus, wenn Du Dich in Sachen Philosophie Anfang der 90er an Unis rumtriebst, dass der linguistik turn sehr wohl als eine etablierte Richtung in der Philosophie galt. G. Ryle oder der Sprachpragmatische Ansatz von Austin (auf den sich beispielsweise Butler bezieht), oder auch Strawsen, die "normalsprachliche" Ansätze, mehr oder weniger im Anschluss an den späten Wittgenstein, fruchtbar machen wollten, standen für diese Vermutung.
Auf den ersten Blick also schien die Diagnose "linguistic turn" erstmal überhaupt gar nicht so aufregend. Zumindest, wenn Du mal beim späten Wittgenstein vorbeigeschaut hattest. Was war jetzt die Neuigkeit?
Sogar der frühe Wittgestein stand für denselben! (Philosophische Probleme entstehen bloß dadurch, dass wir unsere Spreche nicht logische durchdringen.) Die wittgensteinische Abwendung von epistemologischen oder metaphysischen Fragen, der sich schlicht auf die (Logik der) Sprache oder später auf sprachliches Verhalten konzentriert hatte, - wie konnte dieses Erstsemesterwissen solche Aufregung in den Sozialwissenschaften bewirken?
R. Dummet, der einen der wichtigsten Korpus der wichtigsten Texte der analytischen Philosophie - zur selben Zeit wie Rortys "The Linguistic Turn. Essays in Philosophical Method" - herausgab, sieht sogar G. Frege als Anfangsstart der Bewegung des linguistic turns mit dessen Schrift über Die Grundlagen der Arithmetik. Hier folge ich der englischen Wiki. Das mag erstaunlich erscheinen, denn Frege ist einer der prominentesten Vertreter des Logizismus. Er wollte die Arithmetik auf logische Begriffe zurückführen. Später, aber jetzt habe ich keine Lust direkt, in meinen Hard-Ware Quellen nachzuschauen, wurde sogar - wieder im Anschluss an Wittgenstein - versucht, die Arithmetik auf die Geometrie zurückzufähren.
Frege liefert übrigens eine Art Definition der Objektivität, denn er glaubte, dass "... die Zahl etwas Objektives [sei]." Er verstand "unter Objektivität eine Unabhängigkeit von unserem Empfinden, Anschauen und Vorstellen [...]."
Dummet gilt im Weiteren als einer der ersten, die überhaupt mit einer Geschichtsschreibung der analytischen Philosophie (1967 - zugleich mit Rortys Abwendung) begann. Und als einer der Wenigen. Also ein eher seltenes Phänomen in dieser Disziplin, wie es selbst aus der Perspektive dieser anglophonen Tradition so gesehen wird. Vergleiche einfach die Wiki-Einträge auf englisch und auf Deutsch. Es ist vielleicht doch eine Frage der Narration, wie die Geschichte des linguistic turn in Wahrheit aussieht. Nur seltsamerweise waren es immer Analytiker (Rorty), die hinüberschwenkten zum Dekonstruktivismus, und nie umgekehrt. Bei den dekonstruktivistischen Reszipienten dann nochmal extrem.
Und, dies mein Eindruck und Vorwurf, dann nochmal in Deutschland nochmal besonders. Dass über das Narrativ in den Sozialwissenschaften keine Objektivität zu haben ist, ist doch eigentlich gar keine so andauernd hervorzuhebende Tatsache!
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Bis dahin hatte man nämlich geglaubt, wenn jemand "Stein" sagt, fällt ihm einer aus dem Mund.
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@ Ziggev
Das von Dir benannte Dilemma existiert nur dann, wenn man die Wissenschaft nach dem Gleichheitsimperativ des Marktes modelliert. Wissenschaft aber ist gebunden an die Geltung ihrer Resultate. Das unterscheidet sie von Meinung, Standpunkt, Weltanschauung.
Der Spruch dazu heißt: Die Meinung, dass zwei mal zwei 3,87 sei, konnte sich in der Mathematik nicht durchsetzen.
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Dass zwei mal zwei 3,87 sei, hierzu vielleicht nochmal meine Bemerkungen zu Frege durchlesen!
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Wenn Rhizom sagt "niemand hat zwischen Interessenabhängigkeit und Wahrheit einen Widerspruch aufgemacht", dann ist das Ausdruck seiner Vorstellung, die Marxsche Theorie sei Klassenkampfliteratur. Der Klassenkampf vertritt Interessen, also darf es keinen Gegensatz von Interessenabhängigkeit und Wahrheit geben.
Das ist der Gefühls- und Moralmarxismus, der Marxismus der Herzen.
Im Unterschied zu dem, was Rhizom ihm unterstellen möchte, unterscheidet Marx selbst sehr wohl zwischen Wissenschaft und interessensgeleitetem Kapitalisten-Agitprop, wie seine Zerlegungen der Roscher, Senior, Bastiat zeigen.
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Wenn Du den Unterschied von "Wissenschaft zeigt geltend auf, was gilt" und "Wissenschaft ist gebunden an die Geltung ihrer Resultate" begriffen hast, dann darfst Du Dich für Erkenntnisgewinn bei mir bedanken.
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Wissenschaft ist gebunden an die Geltung ihrer Resultate ist keine Charakterisierung der Wissenschaft per se sondern ein bestimmtes wissenschaftliches Programm. Nämlich das des Empirikers. D.h. ich mache meine Methode klar und treffe Progosen. Dann kommen Tests, doch wenn das Prognostizierte nie und nimmer eintrifft, dann muss ich an meiner Methode oder an meinen Hypothesen (den Prognosen), also meiner Theorie, etwas ändern. Um zum Mond zu fliegen, muss ich nicht das Wesen der Wissenschaft mit Marx richtig verstanden haben, sondern ich muss sie nur richtig anzuwenden wissen.
Treffen aber die Prognosen ein, darf ich meine Theorie weiterhin daraufhin testen, ob sie zur Hypothesenbildung etwas taugt.
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Ich hatte Rhizom bereits vor Jahren als sehr kluges Blog identifiziert, sonst würde ich dort nicht regelmäßig lesen. Wenn er über den Nahostkonflikt, die "Anti"deutschen, Homophobie, Rassismus schreibt, ist er so brillant, dass mir Vergleichbares nicht bekannt ist.
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Um nochmal den polemischen Modus noch nicht ganz abgeschaltet zu haben: Wissenschaft ist gebunden an die Geltung ihrer Resultate ist nichts weiter als eine verquaste Formulierung/Voraussetzung dessen, dass Wissenschaft, bitte schön, auch Wissen hervorbringen sollte. Aber so, in diesem apodiktischen Tonfall vorgetragen, vernebelt eine solche Formulierung eher den Vorgang, für den wir uns interessieren, nämlich wie vorgegangen wird, um Wissen zu akkumulieren und wie dieses Vorgehen theoretisch zu rekonstruieren wäre. Die Vorliebnahme mit deduktivem Schließen, welche das Zwingende solcher Schlussfiguren dem Vortragenden unvermeidlich eine gewisse Autorität zu verleihen scheint, verkleinert nicht nur den Umfang oder das Ausmaß, in welchem sich uns die unermessliche Vielfalt der Phänomene darbietet, auf einen einzigen Punkt, sondern verstellt auch den Blick auf all die Theorien, die jeden Moment bereit sind, sich angesichts dieser Unermesslichkeit selbst abzuschaffen, weil ihnen deduktives Schließen grundsätzlich fremd ist und sie von Anfang an mit falsifikatorischem Rüstzeug losgezogen sind. Trotzdem, oder gerade deshalb, mögen wir sie und halten sie, auch wenn sie widerlegt sind, in einer Art experimentellem Zoo und am Leben, da nie sicher ist, ob sich nicht im Rückgriff noch einmal ein kleines nettes Theoriechen herausbilden würde, welche die Phänomene besser erklärt. Philosophische Systeme verführen zur Rechthaberei, vor der wir uns nicht zuletzt in Sorge um bestehende oder in Erinnerung um einmal vorgetragen worden seiende induktive Ansätze lieber ins Freie, in die Welt der Phänomene flüchten sollten.
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Seine Methode war definitiv der Dekonstruktivismus, und seine schwache Seite war eben nicht nur, dass er sich den falschen Zwecken verschrieb (pardon: Wortspiel), sondern dass die auf dekonstruktivistische Weise erhaltenen Thesen von Carl Schmitt tatsächlich vielfach haltlos waren. Sein Verzicht auf kritische Selbstprüfung und überhaupt, Prüfung der eigenen Thesen, sein quasi negativer Wahrheitsbegriff, der die munter herbei fomulierte (angebliche) Falschheit und (tatsächliche) Mangelhaftigkeit der von ihm dekonstruierten (weil: abgelehnten) Thesen, Theorien und Institutionen, mit einer angenommenen Intaktheit der eigenen Annahmen verwechselte:
machte sein dekonstruktivistisches Denken, egal wie elegant es vorgetragen wurde, letztlich zu etwas schlecht begründeten, sogar haltlosen, dem die eigenen Substanz fehlte, bei dem er sogar die offenkundigsten Widersprüche seiner eigenen Auffassungen stets durch ebenso brillant vorgetragene Ignoranz auszugleichen versuchte...
(...in Ermangelung anderer geistiger Mittel)
Jedenfalls - und tatsächlich: Ein Urahn des politischen Dekonstruktivismus.
Wat soll datt denn? Schmitt war ein NS-Jurist, der leider hinsichtlich Ordnungspolitik eine bis heute mächtige Wirkungsgeschichte hat, aber der hat doch nichts mit Denkonstruktivismus zu tun.
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Heidegger war auch ein ziemlicher Nazi, das sagt über seine Philosophie allerdings nix aus, da lässt sich vieles emanzipativ umdeuten, bzw. nutzbar machen.
Und selbst Carl Schmitt wird von linken Denkern rezipiert, z.B. von Chantal Mouffe.
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Im Moment bin ich aber echt geschockt. Ne Nachbarin erzählte eben, beim Flöhmarktverkauf (immer noch Erbschaft des Vaters) sei sie mal kurz auf die Toilette gegangen. Als sie wiederkam, hatte ihre "Freundin" die Ausgabe von 1900 des Kapitals für 3 € verkauft. ächts ...
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Wenn Foucault und Derrida links waren, dann jedenfalls nicht als Kosequenz ihrer Theorien.
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Das mit Kalle Marx 1900 dürfte dann so in etwa ein Verlust in Höhe von 100 Euro gewesen sein - oder war es sogar noch mehr?
(eine 1890er Ausgabe könnte ich für 250,- auftreiben)
Trotzdem: Ganz schön ärgerlich!
Aber wer kann das als Durchschnittsbürger schon wissen? Zumal die neueren Karl Marx-Ausgaben (z.B. der DDR) i.d.R. kaum mehr wert sind als der in ihnen innewohnende Brennwert...
;-)
Ähm, könnte es sein, dass du die Ausgabe von 1909 gemeint hast? Falls ja, kann ich dich ein bisken trösten.
@ Che
Ich glaube du unterschätzt meinen methodologischen Hintergrund gewaltig. Ist aber egal. In die Forschung werde ich nicht gehen - der Zug ist abgefahren. Mit dem Werk von Carl Schmitt habe ich mich auch auseinander gesetzt, eher episodisch, teils vertieft - und in der Summe bislang einige tausend Seiten lang. Ich fand z.B. sehr interessant, dass H. Arendt fast die gleichen Unterstreichungen bei C.S. gemacht hat wie ich (was ich erst vor vier Wochen heraus gefunden habe).
Wer meint, dass Carl Schmitt nicht dekonstruktivistisch gearbeitet hat, oder schlimmer noch, dass der ja "nur ein Nazi-Jurist" gewesen sei, der hat - pardon - in dieser Frage imho keine Ahnung. Aber sowas von!
;-)
Und zu meinen, wie Che, man könne mit dekonstruktivistischen Methoden echte und haltbare wissenschaftliche Erkenntnisse schaffen, halte ich für durchaus diskutabel. Teils ist das richtig, obwohl ich dekonstruktistische Methoden als Erkenntnislieferant innerhalb der Sozialwissenschaft insgesamt für ausgesprochen nachrangig halte.
Ich glaube aber tatsächlich, dass es insgesamt präziser ist, wenn man Dekonstruktivismus im Wesentlichen bei der a) Infragestellung von vorhandenen Theorien und b) Entwicklung von wissenschaftlichen Fragestellungen verortet.
Und ja, es besteht imho tatsächlich eine gewisse Gefahr "postmoderner Beliebigkeit", wenn sophistische Rhetorik und Dekonstruktivismus a) als bevorzugtes wissenschaftliches Mittel eingesetzt werden und b) zugleich als wesentliche Verfahren zur Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse behauptet werden.
Das Ergebnis solcher Einstellung ist z.B. im Bereich der Queer Theory zu bewundern - die von manchen Vertretern für universalistisch (!) gehalten und angepriesen wird, obwohl sie es definitionsgemäß gar nicht sein kann.
Im Übrigen glaube ich im Fall der Sozialwissenschaften sehr stark daran, dass diese - oftmals - von a) Interessen, b) Ideologien und c) der Beobachterperspektive sehr stark beeinflusst sind, und zwar in Hinblick auf Theorievorrat, Theorieentwicklung und Forschungsprogramm.
Insofern ist das mit der "wissenschafltichen Objektivität" in den Sozialwissenschaften tatsächlich reichlich kompliziert - und streckenweise sogar unmöglich. Ich dachte, das wäre ein alter Hut - und es wäre mir neu, dass man für diese oder ähnliche Erkenntnisse auch nur eine einzige Prise Dekonstruktivismus oder "Postmoderne" benötigt.
Merke: Es kann auch ein guter Sozialwissenschaftler sein, wer mit Postmoderne & Co nichts am Hut hat.
Geht wirklich. Natürlich.
(gilt übrigens auch in umgekehrter Richtung)
Den Ideologismus bestimmter Befürworter von "Dekonstruktivismus" kann mensch übrigens immer dann schön sehen, wenn z.B. im Bereich der Sexualität biologische (z.B. in Hinblick auf Biochemie) Erkenntnisse ganz (!) abgelehnt werden, weil mit diesen ja immer sogleich "Biologismus" einher ginge.
Als ob sich eine so komplizierte und von Lernvorgängen nun überreichlich geprägte Veranstaltung namens "Sexualität" tatsächlich in eine rein biologische Angelegenheit verwandeln könnte, wenn einfach mal ein paar biologische Tatsachen für bedeutsam gehalten werden...
Anyway, ich bin grad so schön in Faß-aufmach-Stimmung: Die bei "Linken" und Linken so beliebte Queer Theory (bes. seitens von "Dritte-Welle-Feministinnen") ist an einigen Stellen sogar ganz simpel kontrakfaktisch. Also, kurzum, Quatsch.
Was im Übrigen nichts daran ändert, dass sie für eine bestimmte Teilmenge von "Queers" oder LGBT* wichtige und beachtenswerte politische Anliegen transportiert...
(öhm: das hat sogar direkt mit dem Ausgangsposting zu tun - MR und sein massivstes Unwohlsein in Bezug auf uns deute ich auch damit, dass wir uns seinem impliziten Ansinnen verweigerten, die von ihm so geschätzte Queer Theory zur Grundlage unseres Denkens und Urteilens zu machen)
Moral von der Geschicht: Kaum etwas in der Politik wird einfach "falsch", nur weil die dafür heran gezogene theoretische Grundlage teils objektiv (ich habe "objektiv" gesagt!) falsch ist.
Oder anders: Kaum etwas ist einfach.
(*hach* jetzt war ich mal so richtig reaktionär! LOL)
P.S.
Hat jemand von euch eine oder mehrere Ideen zum Konzept des "enthusiastic consent"?
Könnte mensch nämlich ganz spannend drüber diskutieren, meine ich. Ist auch ein richtig dankbares Thema.
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MR und sein massivstes Unwohlsein in Bezug auf uns deute ich auch damit, dass wir uns seinem impliziten Ansinnen verweigerten, die von ihm so geschätzte Queer Theory zur Grundlage unseres Denkens und Urteilens zu machenmöchte ich so nicht kommentarlos stehen lassen. Was Momos Problem mit gewissen Debatten hier war, daraus hat er selber nie einen Hehl gemacht:
Ich finde diese Szene-Kuriositäten in aktuellen Debatten immer ein wenig problematisch, weil sie den Arschlöchern Munition liefern. Das, was Du aus sehr ungewöhnlichen Subkulturen berichtest, die gesamtgesellschaftlich kaum eine Rolle spielten, wird von denen dann generalisiert und letztlich gegen die gewandt, die weiterhin Diskreditierung aus Ausgrenzung unterliegen.Das hat er immer und immer wieder ziemlich klar gesagt, und ich weiß nicht, warum man da jetzt Legenden stricken muss, wir sollten alle zu einer Umschwulung verdonnert werden.
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Sehr gut, che! Zeigs ihm! ;-)
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Ich kann MRs Argumentation sogar gut folgen, nur die Schlussfolgerung fand ich absurd: weil die Schilderung von Peinlichkeiten und Merkwürdigkeiten aus gesellschaftspolitisch irrelevanten Subkulturen konservativ gesinnten Leuten ihre Vorurteile über Linke bestätigen würde sollte sie lieber gleich unterbleiben. Abgesehen davon, dass die gesellschaftspolitisch irrelevanten Subkulturen zeitweise für mich und andere die hier kommunizieren zeitweise die einzige eigene Lebenswirklichkeit waren (was für einen Aufschrei hätte es gegeben, wäre jemandem in den Sinn gekommen, die schwule Sub in dieser Weise abzubürsten) sehe ich unter den hier Diskutierenden nur sehr wenige mit einer solchen Poschhardt-Perspektive, und was Leute, die so fatr beyond sind, dass ich sie ohnehin nie überzeugen werde denken interessiert mich nicht. Abgesehen mal davon, dass es auch nicht Ziel dieses Blogs ist, mit solchen Inhalten strategisch umzugehen.
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„(Der Sozialkonstruktivismus) verkennt in seiner einseitigen Perspektive auf die Umwelt als Verhaltensdeterminante, dass die soziale Umwelt, die auf die Individuen einwirkt und ein bestimmtes Verhalten evoziert, immer das Produkt der Handlungen eben dieser Individuen, dieser Frauen und dieser Männer, ist. Und dann stellt sich die Frage, wovon das Handeln dieser Individuen bei der Gestaltung der sozialen Strukturen, die wiederum genau das Verhalten hervorbringen, das wir beobachten können, letztendlich bestimmt wird. Bei der Beantwortung dieser Frage wird deutlich, dass der Queer-Diskurs ein bedeutendes Moment des sozialkonstruktivistischen Ansatzes dauerhaft übersieht – nämlich die Biologie des Menschen.“
http://www.das-parlament.de/2011/37-38/Beilage/008.html
Die Frage, warum es überhaupt Menschen gibt, wird (ob bewusst oder aus ideologischer Voreingenommenheit) einfach übergangen. Und es ist wohl klar, wer die bisher einzige überzeugende Antwort auf diese Frage geliefert hat: Darwin.
Wenn man nun Darwins Theorie einbezieht, ergeben sich ganz neue Perspektiven:
„Die unterschiedlichen Ebenen der Wirklichkeit lassen sich in ein System genereller Aussagen und Gesetze einbetten, die vom Generellen zum Speziellen verlaufen - also von der Physik zur Chemie, von da zum Gehirn und zu den Mustern unseres Sozialverhaltens. Noch vor etwa fünfzig Jahren erschienen die Vorgänge in einer Zelle so kompliziert, daß man nicht glaubte, sie auf physikalische und chemische Prozesse zurückführen zu können. Deshalb postulierten einige Forscher zusätzlich eine "Lebenskraft". Die brauchen wir heute nicht mehr.“
http://www.zeit.de/1998/36/199836.wilson-interview.xml
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"es ist auch noch niemand auf die Idee gekommen, nun z.B. dekonstruktivistische oder relativistische Geologie zu betreiben. Die entsprechenden Ansätze bleiben auf Sprach- und Gesellschaftswissenschaten und theoretische Physik beschränkt, aus gutem Grund." (Che, @ 18. Mai. 2013, 15:04)
Dean hatte dann sich gefragt, "ob dekonstruktuvistische Verfahren in der Sozialwissenschaft vor allem als eine Heuristik zur Thesenentwicklung und Thesenhinterfragung zu betrachten sind."
Es kam mir mittlerweile bereits mehr als einmal zu Ohren, dass beklagt wurde, in den Sozial- oder Geschichtswissenschaften sei bei einer Abhandlung oftmals so c.a. (übertrieben) 2/3 des Gesamtkorpus´ einer Art theoretischer Verbemerkung oder "Positionsbestimung" gewidmet worden, durchaus nicht in der Absicht, eine theoretische Leistung als eigentliche Arbeit vorzustellen, sondern mehr, um die sozialwissenschaftlich (-empirische) Arbeit in einem theoretisch-wissenschaftlichen Kontext zu "verorten", gewissermaßen, um an einen theoretischen Diskurs den Anschluss nicht zu verlieren - auch wenn hier nun gewisse theoretische Modifikationen vorgenommen wurden, die nun mal zu nennen seien, damit die eigentliche sozial- oder geschichtswissenschaftliche Leistung nicht falsch in der unablässig sich ändernden Theorielandschaft eingeordnet werde.
Gleichwohl schien mir dieses Lamento immer etwas wohlfeil, denn mir schien die Erkenntis, dass Geschichtsschreibung immer in einem Narrativ zu geschen habe, doch immer eine nicht gar so aufregende Erkenntnis gewesen zu sein. Bei Geschichtsschteibung kann es sich also nur, wenn sie ernstgenommen wenden will, nur um eine selbstkritische, die eigenen Grundlagen oder Voraussetzungen hinterfragende Schreibe (=ein Narrativ) handeln. Soweit, so trivial. Das vertstehe selbst ich, der ich mich diesbetreffs immer bloß auf Aristophanes, Thykidikdes und Grimmelshausen beschschränkt habe (u. noch n bisscherl Sartre über Flaubert - Proust mal ganz außen vor).
Daher sehe ich ich "den" Dekonstruktivismus tatächlich eher als eine theorieinspierierende Bewegung. Womit ich die ensprechende Theorien weder kleinreden will noch vermag.
Es will mir also scheinen, dass beim "Dekonstruktivismus" der "-ism" möglicherweise zu manchem Missverständnis zu verführen das Potenzial besitzt. Ich bin davon überzeugt, dass Michel Foucault in keiner Weise scherzte, als er sich als "fröhlicher Positivisten" bezeichenete.
Theorienjunkies empfehele ich nur, sich einmal mit der angelsächsichen Geschichtsschreibung des linguistic turn, der beim frühen Wittengsnstein losgeht (bis hin zu Rorty), zu beschäftigen. Ich bin mir sicher, dann werden auch manche Erkenntnisse, Butler betreffrend z.B. (Austin et al), aufgehen, - und ich finde, Saussure darf auch mal im Kontext Freges gesehen werden.
Isms sind jedenfalls nicht mein Ding. Ich war mal bei einer Beratungsstelle, richtig schön links!, so Sachen wie: mit dem Arbeitsamt umgehen, überhaupt, wie die Gesellschaftsstruktur so geartet ist, Schichten, Chancen usw., - und da wurde mir doch tatsächlich Bourdieu präsentiert. - Aber hatten die denn nicht Proust gelesen? Kannten die denn nicht den gesellschaftlichen Aufstieg des Dr. Verdurin?
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@Aber hatten die denn nicht Proust gelesen? Kannten die denn nicht den gesellschaftlichen Aufstieg des Dr. Verdurin?----
Zumindest kenne ich den nicht, wüsste aber auch nicht, warum man sich auf einen Literaten statt einen politischen Theoretiker beziehen sollten. Mir erschiene das absurd.
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Die Frage stellt sich dann, wenn monokausal gedacht wird.
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Kopfschütteld saßen wir jedenfalls alle da. Drei Eiuro!
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.... wenn Du Proust erst mal zweimal durchhast, dann interessiert Dich das alles gar nicht mehr! Vor Proust kann ich Dich, als neugierieger Mensche, nur warnen. Haste den erst zweimal durch, sind Dir alle vollgestellten Regale egal.
Wenn Du den erst mal mindestens zweimal durchhast, ist Dir wirklich alles andere gleichgültig. Zwischendurch mal n bisschen Th. Mann, wie gesagt, Thykidides, Aristophanes, Grimmelhausen, Platon, ... dieselben, wenn´s wirklich nötig ist, weil bisher unbekannt.
Meine bescheidene Leseerfahrung besagt nur das Einzige: Dass es wirklich kein leeres Geschwätz von Adorno ist, dass eigentlich alles bereits bei Proust steht.
Seit meiner letzten Zweitlektüre von vor mehr als 5 Jahren kann ich meine literarischen Leseversuche an einer Hand abzählen - wenn ich mir die meisten Finger abhacke. So Pflichtsachen wie Th. Mann mitgerechnet.
Sie also bitte gewarnt - und überlege es Dir genau, in welchem Sommer - es dauert so ungefähr zwei - Du damit beginnst, unter welchem Apfelbaum, auf welcher Obstwiese, denn Du wirst Dich ein Leben lang daran erinnern. Und wirst Dir ein Leben lang, bis zur Zweitlektüre, nur noch diese Fallobstwiese zurücksehnen.
Aber ich bin mir ziemlich sicher: Mein Genervtsein seit jeher von jeglicher Literatur liegt nicht nur an Prousts endlosen Sätzen, nein, Du fühlst Dich in der Tat wie jemand, der sich gnädig herabbeugt zu literarischen Versuchen, z.B. zu den 227 Seiten Vladimir Sorokin, die ich mir zuletzt - nach sechs Jahren - antat, wenn Du also weiterhin Dich für Literatur interessieren willst, beeil Dich, es kann so schnell kommen und Du hast Proust zweimal durch - zweimal ist das Minimum (nach dem ersten Mal wirst Du schon verstehen, warum) - und dann hast Du das untrügliche Gefühl, Adorno hatte Recht, alles gelesen zu haben.
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Das geht über 600 Seiten wie im RTL Scripted Reality TV über Familien, deren wir uns alle stellvertretend schämen müssen. Und gerade der Alleralbernste von allen, Dr. Verdurin, wird dann, 2000 Seiten später, Chefarzt im wichtigsten Krankenhaus in Paris, wo er sich den entsprechenden Habitus zugelegt hat: das versteinerte, autoritäre Gesicht einer Autorität, umworben, umschwänzelt, ... musst Du aber wirklich selber lesen!
(am Schluss, übrigens, rehabilitiert er ihn jedoch als echt anständigen Kerl, der von all den Affären seiner Frau wusste, oder eine so ähnliche Geschichte ...)
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In meiner Magisterarbeit habe ich viel mit Bordieu gearbeitet, da hab ich die Bücher aber nur ausgeliehen.
Da war ich ja auch auf Butler gestoßen. Und ja Ziggev, (das war glaub ich im Nachbar-Thread), Austin ist total wichtig für Butler. Und ist auch besser zu lesen. Also vor einer Butler-Exegese mal "Zur Theorie der Sprechakte" vorschalten...schadet nicht.
Neulich bin ich auch auf einen Text gestoßen, der das wieder mit meinen aktuellen Interessen verbindet: Nämlich Castoriadis' Theorie des Imaginären. Da wurde dann die Frage aufgeworfen, wie eins vom Imaginären handlungstheoretisch zum Habitus-Konzept Bordieus kommt und als Bindeglied wird die Performativität genannt.
Irgendwie fällt gerade vieles, mit dem ich mich beschäftigt habe an (s)einen Platz. Ich werd demnächst selbst mal ein Blog starten um meine wirren Ideen etwas zu ordnen. :-)
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daran kannst Du uns gerne teilhaben lassen, wenn Du glaubst, dass es die Mühe wert ist!
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futuretwin, kannst du das etwas erläutern?
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Wie Du weißt, kann ich immer nur im Vermutungsmodus sprechen; Du als Sozialwissenschaftler wirst aber wissen, oder musst wisen, um die Notwendigkeit der theoretischen Rückversicherung, so habe ich Dich jedenfalls verstanden; ich aber mit meinen möchtegern philosophischen Gebärden glaubte bei einigen Vertretern des sog. "Dekonstruktivismus" eine Verwechslung des erforderlichen theoretischen Aufwands für diese notwendige Kontextualisierung mit der Theorie selbst festzustellen.
Wir Philosophen, wenn ich mich einmal als dieser Spezies zugehörig zu schimpfen mich erdreisten darf, reagieren aber etwas eifersüchtig und notorisch allergisch, wenn uns unsrer liebster Gegenstand (unser liebstes Spielzeug!) auf so eine billige Weise weggenommen wird. Was aber methodisches Vorgehen ist, was Du ja auch in meinen Augen hinreichend klar gemacht hast, wird nun als "philosophische" Position verkauft, dies aber ohne mich.
(Dasselbe gilt, wie ich bereits auszuführen trachtete, für "objektiv".)
Die Frage ist also eine nach einer (geeigneten) Metatheorie?
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Wenn das Handeln durch die Umwelt bestimmt wird und die Umwelt durch das Handeln, laufen wir in einen Zirkel hinein, richtig?
Ich habe das Gefühl, das da Dein Problem ist und du eine erste Ursache festlegen möchtest, das geht aber nicht. Natürlich durchdringen sich beide gegenseitig.
Es ist ja auch nicht "die Umwelt" die die Menschen bestimmt, es sind Institutionen, also verfestigtes Handeln und Denken.
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zugegeben: ich habe nur ganz oberflächlich (Wiki) nachgelesen, dass sich Butler auf Austin bezieht. Mein Vorschlag, für diejenigen, die ganz viel Zeit haben, wäre nur gewesen, dort, wo dekonstruktivistische Ansätze sich auf Philosophen beziehen, die mehr der analytischen Tradition zugerechnet werden, mal genauer hinzuschauen.
Wir Philosophen sind jedenfalls immer etwas eifersüchtig, wenn scheinbar leichtfertig auf die eine oder andere unserer Koryphäen Bezug genommen wird. Dabei müsste doch ersteinmal deren (etwa der Sprachpragmatiker und Wittgensteinfollowers wie etwa nicht nur Austin, sondern auch Ryle oder Strawson) genauer Status in der Philosophiegeschichte nachgezeichnet werden. (verwandte Ansätze, deren Philosophiegeschichtlicher Status wiederum usw.)
Kurz, wenn mir die Lebenszeit bliebe, wäre ich für einen Ansatz des 'analytischen Dekonstruktivismus'. So verrückt es klingt. Sowenig ich vom Dekonstruktivismus verstehe, halte ich es dennoch für möglich, neben vielem Blabla, welches mir unverkennbar auf diesem Gebiet (zumindest auf Rezipientzenseite) zustandegekommen zu sein scheint, den Dekonstruktivismus zu mit analytischen Mitteln zu rekonstruieren. Denn, so wollte es mir scheinen, es wird u.A. auf Fragen, die in der analytischen Tradition in (fast) keine Wünsche offenlassenden Weise bereits gestellt wurden, Bezug genommen.
Wir könnten solche nebelhaften Aussagen wie "die faszinierende Erkenntnis, dass es innerhalb der Sprache nur Sprache gibt" (Noergler) genauer fassen. Denn es ist eine - aus philosophischer Sicht - banale Erkenntnis, dass Sprache nur qua Sprache existiert. Grob gesagt ist Philosophie im 20. Jh. Sprachphilosophie. Oder wenigstens, wenn wir, etwas frech gesagt, negativ-dialektische profeffionelle Aphorismen-Produzenten ausklammern.
Ich frage mich also, wo der genaue Fehler liegt, wenn vor dem Hintergrund einer nicht-skepitsch realistischen Grundannahme, welche die meisten zeitgenössischen Philosophen teilen, gesagt wird, dass unsere Körper selbst Konstruktionen sind, dass das Geschlecht selbst eine Konstruktion sei. Wenn hier ein Fehler vorliegt. Liegt der Fehler auf Rezipientenseite, was solche wie willy auf den Plan ruft, haben wir es mit einem Versäumnis einer sorgfältigen Rekonstruktion dekonstruktivistischer Positionen zu tun? Ist es also lediglich eine im Dekonstruktivismus selbst angelegte Verführung, sich in den Kategorien zu verirren, oder sind die Gleise hierzu nicht vielleicht doch bereits im Dekonstruktivismus gelegt? Wenn ja, wie wurde das genau gemacht? Wo liegen hier womöglich (systematisch) polemische (irreführende?) Impulse, wie wäre das genau zu rekonstruieren?
Mir scheint immer, dekonstruktivistische Ansätze werden immer zu sehr in ihrem rhetorischen Furor gelesen. An welchem - bitteschön - von mir aus nicht zu sparen wäre! Also kurz: Handelt es sich bei Butler um eine Philosophie der Körper (da würde ich persönlich immer mit dem Naturalisten Diogenes losgehen) oder ist es eine sprachphilosophische Position? Sollte letzteres zutreffen, enthebt dies uns nicht der Aufgabe, eine vernünftige Theorie der Bedeutung zu versuchen aufzustellen, mit anderen Worten, so würde ich jedenfalls zu fragen versuchen, wie ließe sich unter solchen Vorzeichen eine annehmbare Erkenntnistheorie formulieren?
Aber ich vermute, all diese Fragen würden sich vielleicht gar nicht stellen, würden die betreffenden Autoren genau genug gelesen. Schließlich muss auch jede "Dekonstruktion" als Theorie auf irgendetwas basieren. Mein Eindruck: auf Rezipientenseite wird sich verrückt gemacht, weil irrtümlich angenommen wird, es sei eine Theorie möglich, die mit einem Hieb des theoretischen Buschmessers sich ihrer Wurzeln entledigt hätte. Diese Wurzeln müssen aber notwendig existieren oder existiert haben. Wenn nicht, wo genau liegt der Fehler? Mir fehlen die Mittel. dies zu analysiren. Hilfe?
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Mich nervt einfach, dass in den Kulturwissenschaften immernoch aus ursprünglich philosophischer Quelle stammende Phantasmen als grundsätzlich ernstzunehmende Fragestellungen rumgeistern, deren Faule-Eier-Geruch wir uns schon längst von der Nase weggewedelt haben. In der Unverborgenheit belieben wir stattdessen, tief durchzuatmen!
Ich habe da mein nicht mal Selfmade-Esoterikertum. Osho wurde darum gebeten, in kurzen Sätzen auf Stichworte zu antworten: "Jesus?" - "Ein Fall für die Psychiatrie! - Er glaubte, Sein Vater sei Gott!"
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Gerade Lyotard hat sich z.T. sehr stark auf Wittgenstein berufen.
@ziggev
Marxismus und Psychoanalyse sind für dich außerphilosophisch? Möglicherweise liegt hier schon ein Missverständnis.
Auch zu deiner Kritik hab ich mal spannendes bei rhizom gelesen, der sie z.T. teilt, hab ich zwar nicht alles verstanden......
http://rhizom.blogsport.eu/2012/02/19/class-and-identity-politics/
Um die Diskussion mit Sophie geht es mir....
Später mischt auch der Che mit, sehe ich gerade ;-) aber da gehts wieder um rhizoms Lieblingsthema: Chrr! De "Anti"deutschen!
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So abgesehen davon mutet es mir, selber ausgeprägter Anhänger der Interdisziplarität, seltsam an, als promovierter Historiker, Politologe und Kommunikationswissenschaftler von einem laut Eigenauskunft, korrigiere mich, wenn ich falsch liege, von einem Philosophie-Studienabbrecher von oben herab mit Philosophen-Dünkel angepault zu werden.
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Etwa, das andere Denker vor dem Poststrukturalismus die Gemachtheit von Geschlecht, Rasse, usw. schon erfasst hatten, steht da. Rhizom ordnet sie dem Pragmatismus zu, symbolischer Interaktionismus wäre ein anderer Begriff.
Poststrukturalismus(Postmoderne, Dekonstruktion, name it) ist/war eine Mode. Vielleicht liegts mit an den tollen klingenden Namen: Lyotard, Irigaray, Baudrillard, Laclau, Cixous, Foucault, Lacan,….
;-)
Und dann kommt noch ein bestimmter Gestus und Stil dazu.
„Anti-Ödipus“ von Deleuze, „Libidinöse Ökonomie“ von Lyotard, „Glas“ von Derrida, die sind ja auch stilistisch ganz anders unterwegs als klassische philosophische Texte.
Die sind auch beeinflusst von so Autoren wie Bataille und Klossowski, die Grenze zwischen Literatur und Wissenschaft quasi von der anderen Seite her aufgeweicht haben. In Frankreich hat das eh Tradition, siehe Sartre, das geht sicher noch weiter zurück.
Deshalb sind die Franzosen vor allem in der Kulturtheorie so beliebt. Deswegen wurde es auch eher ihnen zugeschrieben, die Sprache als „das neue Ding“ entdeckt zu haben, die anderen Autoren kannten die schlicht nicht.
Und dann kommt halt hinzu, dass die dann häufig sicher nicht vollständig durchdrungen werden, tue ich ja auch nicht und selbst der doch sehr fitte rhizom hat bei Derrida aufgegeben.
Und wenn mir jemand folgendes verständlich machen kann, bin ich dankbar, fürchte jedoch es ist nicht so einfach……… ;-)
„[Butler] versucht philosophische Inkohärenzen wie den apparenten Widerspruch von geschlechtlicher Korporalität und Identität zu entschlüsseln und in Einklang mit den im zwanzigsten Jahrhundert von Arendt bis Derrida aufgeworfenen Fragen an Heideggers Metaphysikkritik zu bringen. Das mag zwar manchmal nicht so ganz offensichtlich sein und Derrida macht es einem bei Gott nicht einfach, aber Dekonstruktion ist eben nicht bloß der Hinweis auf Sprache als Medium oder was auch immer sich viel zu viele Knalltüten darunter vorstellen, sondern auf die quasi-transzendentale, notwendige Korruptibilität (Iterabilität) und Autoimmunität von Materie der notwendigen Verräumlichung (espacement; différance) von Zeit wegen, was im Kehrschluss jede Art von Selbstpräsenz oder Präsenz als solche verunmöglicht und damit Identität, nun im umgangssprachlichen Sinn, negiert, uns jedoch auch wieder auf eine materialistische (Quasi-)Ontologie zurückbringt: Überleben, und das nicht nur von lebendiger Materie."
Oookay.
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ps
also versprochen, werde versuchen in Zukunft etwas besonnener rumzunerven. Ich bin nur immer etwas verwundert, dass gerade die Themen und Disziplinen, für die ich mich in meinem 8-jährigen Erstsementertum nie interessiert hatte und für fundamental uninteressant gefunden hatte, eben dieselben sind, mit denen Leute sich auch noch nach Abschluss ihrer Studien beschäftigen. Es reicht dann wohl nicht aus, um hier auszugleichen, bloß in Blogs zu lesen. Es ist dann aber auch nicht gerade leicht, sein Unverständnis, die Skepsis und die vielen Fragezeichen halbwegs lesbar zu formulieren. Billige Polemik zu vermeiden, hatte ich mich immer bemüht, jetzt habe ich etwas die Geduld verloren, die eigentlich die Geduld mit mir selbst war. Dass sich daraus nichts Anschlussfähiges ergibt, hätte mir natürlich klar sein müssen.
Dass übrigens die Negative Dialektik eine Ansammlung von Aphorismen sei, stammt nicht von mir, sondern das sagte Herbert Schnädelbach in diesem Jahr in einem Interview.
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@Ziggev, kein Problem.
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„Wenn das Handeln durch die Umwelt bestimmt wird und die Umwelt durch das Handeln, laufen wir in einen Zirkel hinein, richtig?“
Genau mein Reden, und deshalb kann das nicht richtig sein. Das Handeln von Menschen kann man eben nicht isoliert als Handeln eines (der Umwelt gegenüberstehenden) Subjekts verstehen, sondern nur als Handeln von ganzen Menschen, will sagen von körperlichen Wesen, die eine ganz bestimmte Umwelt brauchen, um überhaupt leben zu können. Die ganze Fragestellung von Subjekt und Objekt ist schon im Ansatz falsch, denn man kann beide nur in der Abstraktion von einander Isolieren, real ist der Mensch immer ein Teil der (materiellen) Welt. Das wurde bisher überzeugend nur erklärt von der Evolutionstheorie, die den Menschen eben als Ergebnis eines rein materiellen Prozesses versteht.
Natürlich sind Menschen nicht nur materielle Wesen, aber wenn man den menschlichen Geist erklären will, dann muss man erklären, wie so was wie Subjekte in einer materiellen Welt entstehen konnten. Das Ausgehen vom Subjekt (von Descartes bis Foucault und Butler) kann die Welt nicht erklären, aber das Ausgehen von der Welt kann das Subjekt erklären. (In dieser Hinsicht erscheinen mir die Bücher von Daniel Dennett ganz hervorragend). Karl Marx war da schon auf dem richtigen Dampfer, aber er konnte sich leider nicht von der hegelschen Dialektik befreien.
„Ich habe das Gefühl, das da Dein Problem ist und du eine erste Ursache festlegen möchtest, das geht aber nicht. Natürlich durchdringen sich beide gegenseitig.“
Warum sollte das nicht gehen? Die Natur existierte unzweifelhaft vor jeder menschlichen Gesellschaft und muss logischerweise der Ausgangspunkt der Erklärung sein. Das sind hochinteressante Fragen, ob es einen fundamentalen Unterschied zwischen dem Menschen und der übrigen Natur gibt und worin dieser liegen könnte, und wo so was wie Gesellschaft eigentlich beginnt, aber damit beschäftigen sich ja Philosophen heute nicht mehr. (Was nicht zuletzt auf den ganzen Diskurs-Unsinn zurückzuführen sein dürfte)
„Es ist ja auch nicht "die Umwelt" die die Menschen bestimmt, es sind Institutionen, also verfestigtes Handeln und Denken.“
Auch hier hat Marx schon einiges geleistet um die Herkunft gesellschaftlichen Institutionen zu erklären:
„Die erste Voraussetzung aller Menschengeschichte ist natürlich die Existenz lebendiger menschlicher Individuen. Der erste zu konstatierende Tatbestand ist also die körperliche Organisation dieser Individuen und ihr dadurch gegebenes Verhältnis zur übrigen Natur.“
http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_017.htm#I_I
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Es ist also etwas voreilig, zu behaupten, die Evolutionstheorie sei die einzige, die den infrage stehenden Komplex überzeugend "erklärt". Es gibt immernoch den sympathischen Searle.
Im Übrigen scheinst Du mir Erklärung und Definition zu verwechseln. Bevor wir uns daranmachen, irgendetwas zu "erklären", sollte wir doch ersteinmal uns darüber zu verständigen versuchen, was wir einer "Erklärung" zuzuführen beabsichtigen. Die Frage nach dem Subjekt stellt sich nun mal vom Subjekt her, und da beißt die Maus keinen Faden ab. Lax formuliert: Du musst es schon dem Subjekt selbst überlassen, auszusagen, was es von sich selber hält. Für nähere Erläuterungen dürfen dann meinetwegen auf naturwissenschaftlichem Wege gewonnene Erkenntnisse hinzugezogen werden. ODER wir definieren das Subjekt mit naturalistischen Methoden, dann beinhalten die Bestandteile dieser Definition aber bereits das, was Du unter "Erklärung" zu verstehen scheinst.
Ganz ähnlich verhält es sich beim Scheinbegriff "Rasse". Alles, was ich in erklärerischer Absicht dazu äußere, was eine die-und-die Rasse ausmache, sind die willkürlich gewählten Bestandteile meiner Definition. Hier aber ist bereits Ende der Durchsage. Zum Scheinbegriff "Rasse" lässt sich nichts erklären, sondern nur willkürlich definieren. Aus gutem Grunde existiert dieser Begriff nicht einmal in der klassischen Taxonomie (deren willkürliches Vorgehen von ihren Kritikern bemängelt wurde). Solche Scheinbegriffe erweisen sich für neugieriges Weiterforschen als impotent.
Du bleibst uns also auch schuldig, was Du unter "Erklärung" zu verstehen geruhst. Hier bin ich weiß Gott kein Experte, aber der Begriff der Erklärung kann bereits auf eine lange und nichttriviale Geschichte der Erörterung verweisen. Mit einem Wort: Was ist eine Erklärung? Diese Diskussion hat ihren vorläufigen Höhepunkt im "Schluss auf die beste Erklärung" gefunden. (bitte googeln!) Wir befinden uns also im Reich der Hypothesen. Welche Hypothesen willst Du aber über das Wesen des menschlichen Geistes, über die Subjektivität aufstellen? Dein Ansatz hilft da in meinen Augen in keiner Weise weiter.
"Natürlich sind Menschen nicht nur materielle Wesen, aber wenn man den menschlichen Geist erklären will, dann muss man erklären, wie so was wie Subjekte in einer materiellen Welt entstehen konnten."
Klar, es ist möglich, ganz auf naturalistische Methoden sich verlassend, nachzuvollziehen zu versuchen, "wie so was wie Subjekte in einer materiellen Welt entstehen konnten." Ein solches Vorgehen "erklärt" aber nicht das Wesen des menschlichen Geistes.
Du scheinst Dich also auf einen, Deinerseits leider unreflektiert gebliebenen, Begriff der Erklärung zu verlassen. Dabei merkst Du aber nicht, dass Du ihn auf implizit durchaus unterschiedliche Weise gebrauchst. Denn etwas wie den menschlichen Geist zu "erklären" und zu "erklären", "wie so was wie Subjekte in einer materiellen Welt entstehen konnten", legt mindestens zwei vollkommen unterschiedliche Interpretationen des Begriffs der Erklärung nahe.
Deine Argumentation ist also systematisch bereits in sich nicht stimmig.
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Dass, oder inwiefern es einen fundamentalen Unterschied zw. Mensch und Tier (=Natur) gibt, wird übrigens z.z. implizit lebhaft in der Tierehtik diskutiert. Deshalb, unter diesem Aspekt, finde ich diese Diskussion, sehr aktuell, jedenfalls über alle Maßen interessant. K. Lorenz wurde noch dafür verlacht, dass er meinte, dass sein Hund ein "schlechtes Gewsissen" gehabt habe, weil er gefurzt hatte und es stank. Er habe sich geschämt und hätte sich daraufhin verdünnt. Dabei hatte das Konrad Lorenz als Anspielung auf Darwin gemeint haben können. Wenn Du mal Darwins Notizhefte aus der Zeit kurz vor der Niederschrift der Entstehung der Arten durchliest. Der landadelige Darwin noch konnte nicht umhin zu denken, dass Pferde die weite Aussicht über saftige, englische Wiesen bewunderten. Ich meine mich zu erinnern, dass das Beispiel mit dem sich schämenden Hund bereits auch bei ihm vorkam.
“Ich kann nicht umhin zu denken, daß Pferde eine weite Aussicht bewundern. Die eigentliche Überlegenheit des Menschen hängt vielleicht zusammen mit der Anzahl der Quellen von Lust und den Arten des angeborenen Wohlgefallens, an denen er teilhat. Das Gefallen an musikalischen Klängen teilt er mit den Vögeln, am Geheul mit dén Affen, am Geruch mit vielen Tieren. Sieh, wie der Hund den Geruch eines Rebhuns mag. Des Menschen Wohlgefallen am Duft der Blumen geht zurück auf Vorfahren, die Früchtefresser waren. Ursprung der Farben? …” - Notizheft M
ps
Seinen Durchbruch, und dass er sich entschloss, die Entstehung der Arten letztlich doch zu veröffentlichen oder jedenfalls niederzuschgreiben, verdanken wir seinen durchaus subjektiven Beobachtungen, z.B. indem er die Mimik seines neugeborenen Sohnes mit dem Verhalten anderer Tiere verglich, also auf eine Art Seelenleben schloss. Dies die Selbstauskunft Darwins, nachzulesen in den entsprechenden Notizheften.
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Nun, dann dazu mal meine Übersetzung für die Sterblichen:
Butler versucht die Nichtübereinstimmung von biologischem Geschlecht, Selbstverständnis und gesellschaftlicher Rollenzuweisung zu entschlüsseln und in Einklang mit den im zwanzigsten Jahrhundert von Arendt bis Derrida aufgeworfenen Fragen an Heiddeggers Metaphysik zu bringen. Dekonstruktion beinhaltet nicht einfach den Hinweis darauf, dass Sprache Realität konstruiert und konstituiert, sondern auch, dass die Sprache selber korrupt macht: Gesellschaftlich als allgemeinverbindliche Sprachdefinitionen wie Geschlecht, Rasse, Klasse definieren Menschen als das, was sie im Interesse des Fortbestandes der Herrschaft zu sein haben und sind keine wertfreien Begrifflichkeiten. Der Begriff der Realität, die so ist, wie sie ist setzt Hierarchien, Machtverhältnisse und Ausschlüsse von Marginalisierten voraus, und darum muss sie in emanziptivem Sinne umdefiniert werden. Der Begriff der Identität reduziert in diesem Kontext Menschen auf das, was sie nach einer ihnen äußerlichen Definition sein sollen, nicht nach ihrem eigenen Sichselbstempfinden oder ihren Wünschen und Zielen. Der Common-Sense-Begriff von Realität ist eine Realität, die von den Herrschenden vorgeben wurde. Die Selbstbehauptung des Individuums ist nur möglich, wenn diese herrschaftliche Rollenzuweisung überwunden wird.
------ Und hier deckt sich das Interesse der Dekonstruktivisten völlig mit den Zielen von Adorno und auch von Marx.
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ps
ok., Korrektur, wie ich gerade hörte, wird in Schottland die kritische Theorie wieder eifrig rezipiert.
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Aber so betrachtet: Aphorismen so um die 60-100 Seiten sollten mir den Text umso leseleckerer machen.
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Na, dann wäre das nur kompliziert ausgedrückt, wie ich Butler auch verstanden hatte. Wie die Materie da rein passt hatte ich nur nicht so ganz klar bekommen und dachte da wäre „mehr drin“.
;-)
Zum Teil fällst du mit deiner Erklärung auch hinter Butlers Denken zurück wie mir scheint.
Zum Beispiel wenn du von Umdefinieren sprichst. Das ist ja nicht ganz so einfach, da du ja von keinem außersprachlichen Standort aus die Realität angehen kannst. Du bist immer schon von Sprache bestimmt. Daher passt auch „Sichselbstempfinden oder ihren Wünschen und Zielen“ nicht, weil die sind ja auch nicht vorsprachlich. Wünsche vielleicht schon, schwierige Frage, Deleuze/Guattari würden das vielleicht so sehen, aber das Selbstempfinden nicht. Spätestens Ziele sind immer schon sprachlich.
Hier greift dann ja auch ihre Performativität: Da Identitäten immer wieder sprachlich hervorgebracht wird, kann sich Subversion in dieses „performen“ einschleichen.
Das war auch etwas wo MR mal hinter Butler zurückgefallen ist, übrigens genau bei der Hetenperformance über die hier so heiß diskutiert wurde: Als ich ihn fragte, wie sich Heten denn inszenieren sollten, schrub er, die könnten sich doch auch mal gar nicht inszenieren.
Genau das aber geht nach Butler, wenn ich sie richtig verstanden habe eben nicht.(Wobei auch da der symbolische Interaktionismus schon vorher draugekommen war, in dem Fall Goffmann) Heterosexualität wird wie alle Normen durch Sprechakte immer wieder hervorgebracht und stabilisiert und kann höchstens in leicht veränderter Form wiederholt werden.
Genau da hat sie viel von Austin, vielleicht sogar von Searle. Dieses iterative, dieses immer wieder neu Hervorbringen kommt, glaub ich von Derrida, Wobei er da übertrieben optimistisch die Subversion abfeiert, da hatte Bordieu ihn stark kritisiert und Butler nimmt da so eine mittlere Position ein.
Zu Adorno: Bei der Dialektik der Aufklärung finde ich übrigens das Odysseus-Kapitel am spannendsten, Odysseus ist nämlich zentral für meine Überlegungen.
@ willy
Hier wird’s doch endlich mal interessant: zu Kritik des Subjekt-Objekt-Dualismus schreib ich morgen mal was. Aus psychologischer Sicht. Geisteswissenschaftliche Psychologie allerdings.
Dass Marx zum Thema Verdinglichung vieles geleistet hat, würde ich mir nie rausnehmen zu bestreiten.
Was die Institutionen und die Umwelt angeht hab ich gerade noch interessantes bei Castoriadis gelesen: „Ich meine, dass die Gattung Mensch eine monströse Spezies ist (...)Dass wir biologisch nicht lebensfähig sind, ist offensichtlich. (...)Kein pilzefressendes Tier würde jemals einen Giftpilz anrühren. Aber wir müssen das erst lernen! (…) Dieses Tier, der homo sapiens, hätte längst aufgehört zu existieren, hätte es nicht gleichzeitig durch (…) eine Art neodarwinistische[n] Selektionsprozess etwas radikal Neues (…) geschaffen, nämlich die Gesellschaft und die Institutionen.“
Wenn die Institutionen jedoch als quasi unhinterfragbar erscheinen, spricht Castoriadis, mit Freud, von einem Totem. Hochspannend das.
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Unsere Weltsich IST aber immer subjektiv, aus der Nummer kommst du nicht raus. Und die Methoden, die du hierzu benutzen möchtest, ich nehme mal an, dass geht so in Richtung "Männer waren Jäger und deshalb sind sie heute so und so..."?
Da die Urzeit für immer vorbei ist, kann die Wissenschaftlichkeit hier auch immer nur fragwürdig bleiben. Solchen Überlegungen kann keine Objektivität bescheinigt werden, nur weil sie sich naturwissenschaftlich schimpfen.
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Und noch ein kleiner Zusatz: Es gibt auch in der nichtmenschlichen Fauna Kulturen, will heißen, dass erlernte Fertigkeiten, z.B. Werkzeuggebrauch, von Generation zu Generation weitergegeben werden, dergestalt, dass ohne diese Weitergabe solche Kulturtechniken untergehen würden. Was irgendwelche Vögel auf der einen Insel gelernt haben und seit Generationen praktizieren, ist auf der nächsten bei derselben Art gänzlich unbekannt. Die kulturlosen auf der einen Insel versuchen immer noch die Larven mit dem Schnabel aus der Rinde herauszuholen, während für ihre Artgenossen auf der nächsten es eine gutbekannte Technik ist, zum selben Zweck elegant kleine Stöckchen oder dergleichen zu verwenden.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube gehört zu haben, dass dergleichen sogar bei staatenbildenden Insekten, wie etwa Ameisen, beobachtet wurde.
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Er schreibt weiter, das „Sein immer schon Schöpfung ist“. Er meint damit nicht etwas Gottes Schöpfung, sondern eher Emergenz. Und die menschliche Fähigkeit zur Imagination treibt diese Schöpfungskraft auf die Spitze. Da ist er auch m.E.gar nicht so weit von Ernst Bloch entfernt und vielleicht auch nicht von deinem Anliegen, willy!
Bloch geht es ja darum, alles von der Materie her zu denken. Materie ist für ihn wieder identisch mit Substanz. Alles Seiende ist Materie. Ich glaube, das ist der vom Kopf auf die Füße gestellte Spinoza, andererseits kommt das aus der arabischen Aristoteles-Rezeption und letztlich steht natürlich auch bei Engels schon so einiges. Was als der Materie übgeordnet gedacht wurde, sind demnach immer schon Fetische oder mit Castoriadis Totems.
Und der „totemistische“ Überschuss, der in die Institutionen projiziert wird, kulminiert dann eben in Entitäten, die statt unser als Schöpfer oder Telos angerufen werden: Gott, der "Geist" des Idealismus und ich würde auch den Wert im Kapitalismus darunter fassen.
Der Blogger Andreas Kemper hat Bloch feministisch weitergedacht und festgestellt, dass der Materie traditionell weiblich konnotiert war, sichtbar schon an der Etymologie: mater
Hab ich das nicht schonmal verlinkt? Mach ich auch gerne nochmal. Am Beispiel von Machiavelli stellt er die These auf, dass Traumatisierungen der Hintergrund für die Schaffung solcher Totems sind. Er nennt sie aber nicht so. Ausgehend von Machiavellis Virtu nennt er sie Virtualitäten oder Virtualitätsdispositive (Foucault!).
Mit Hilfe von Castoriadis kann man dies genauer untersuchen. Er postuliert nämlich, dass jede Subjektwerdung immer mit einer Art Trauma verbunden ist, da bei einem Säugling noch keine Trennung zwischen Ich und Welt vorliegen kann. Mithilfe der Psychoanalyse v.a. von Melanie Klein arbeitet er das genau aus.
Der Verlust dieser Einheit und der damit verbundenen Allmachtsphantasie führt letztlich dazu, die Allmacht irgendwo anders zu verorten.
Nun ist jedoch für das sich abspaltende Subjekt alles Objekt. Ohne Objekt kein Subjekt. Was hinterher Objekte kennzeichnet ist, neben Resten von frühkindlichen „Spitzfindigkeiten und Mucken“ etwas, was eins Intersubjektivität nennen kann: also gesellschaftlich, hernach sprachlich.
Hier könnten wir wieder an Butler anknüpfen.
Butlers Performativitätskonzept ist ja deswegen spannend, weil es dem Einzelnen Handlungsfähigkeit (wenn auch nicht viel) zugesteht in Bezug auf die Markierungen, die sich dem Körper einschreiben. Nach ihr werden durch immer wieder wiederholte Sprechakte die Körper immer neu als solche hervorgebracht. Diese Akte sind zwar in hohem Maße institutionalisiert, bieten jedoch trotzdem Chancen für Subversivität, da sie immer von Neuem getätigt werden.
Drei Jahre vor Butler kommt Heubach mit völlig anderen Mitteln zu ganz ähnlichen Ergebnissen, die er freilich auch völlig anders anwendet. Er ist Psychologe und attackiert die strikte Subjekt/Objekt-Trennung in der Psychologie mit Hilfe der Konzepte von Psychoanalytikern wie Winnicott und der psychologischen Morphologie von Salber.
Einerseits schreibt er
„Ist in diesem Sinne von einem Gegenstand oder etwas Gegenständlichem die
Rede, dann ist also nicht notwendig etwas dinglich Gegebenes angesprochen;
damit ist lediglich ausgesagt, dass es sich dabei um etwas erlebens- und
verhaltensrelativ Entgegenstehendes handelt. Dies kann ein Ding, eine Person, der
eigene Körper, kurz: etwas materialiter Gegebenes sein; (...). Es kann aber
genauso gut etwas nicht ‚substanziell permanent‘ (Piaget) Gegebenes sein, etwa
ein Gefühl, eine Handlung, eine Beziehung oder ein Vorstellungskonstrukt.“
Er bezeichnet an anderer Stelle mit Piaget die Wiederholung als „zentrale und möglicherweise ursprünglichste Technik der Identitätsgewinnung“.
Wie gesagt ohne Objekte kein Subjekt. Nun ist der Körper EIN WEITERES OBJEKT, die ja durch Wiederholung generiert werden (Freuds Holzspule).
Hier haben wir also etwas ähnliches wie Butlers Konzept, aber weitgehend ohne Sprache, eher durch Interaktion. Das Ich stellt alle Objekte durch Wiederholung her, und Objekte sind neben Dingen alles, von Vorstellungen anderer bis zum eigenen Körper.
So dass ist im Wesentlichen das, was bei mir gerade als Puzzle zusammengefallen ist. Da fehlt jetzt noch viel Morphologie, Theweleit, Horkdorno und Wertkritik.
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Sooo aufregend fand ich es deshalb nicht, was ich las, als ich eben mal "Iterabilität" im Kontext Derridas googelte.
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Dass unsere Weltsicht subjektiv ist bedeutet nicht, dass das Subjekt gewissermaßen ein Äquivalent der Welt darstellt, etwa so dass es keine Welt gäbe, wenn es keine Subjekte gäbe, die sie wahrnehmen. Wenn morgen eine Seuche oder ein Meteorit die Menschheit auslöschen, bleibt das für den Rest des Universums ein relativ unwichtiges Ereignis und alles geht weiter wie zuvor.
Wenn dem anders wäre würde sich natürlich auch die Frage nach der Natur dieses mysteriösen Subjekts stellen? Da es ja der Welt äquivalent ist, kann es nicht Teil der Welt sein, aber was ist es dann? Gott? Und wie kommt es in diesen Körper und kann ihn bewegen?
Schon Descartes quälte sich ja mit diesen Fragen ab und konnte sie nicht beantworten, ohne Gott zu Hilfe zu nehmen.
Aus meiner Sicht ist die Annahme, dass die materielle Welt wirklich existiert und der Mensch mitsamt seinem Erkenntnisvermögen und seiner Subjektivität ein Teil von ihr ist, sehr viel widerspruchsfreier.
Daniel Dennett beschreibt die Entstehung des Bewusstseins folgendermaßen:
“In the beginning, there were no reasons; there were only causes. Nothing had a purpose, nothing had so much as a function; there was no teleology in the world at all. The explanation for this is simple: There was nothing that had interests. But after millennia there happened to emerge simple replicators. While they had no inkling of their interests, and perhaps properly speaking had no interests, we, peering back from our godlike vantage point at their early days, can nonarbitrarily assign them certain interests — generated by their defining "interest" in self-replication. That is, maybe it really made no difference, was a matter of no concern, didn't matter to anyone or anything whether or not they succeeded in replicating (though it does seem that we can be grateful that they did), but at least we can assign them interests conditionally. If these simple replicators are to survive and replicate,thus persisting in the face of increasing entropy, their environment must meet certain conditions: conditions conducive to replication must be present or at least frequent.
Put more anthropomorphically, if these simple replicators want to continue to replicate, they should hope and strive for various things; they should avoid the "bad" things and seek the "good" things. When an entity arrives on the scene capable of behavior that staves off, however primitively, its own dissolution and decomposition, it brings with it into the world its "good." That is to say, it creates a point of view from which the world's events can be roughly partitioned into the favorable, the unfavorable, and the neutral. And its own innate proclivities to seek the first, shun the second, and ignore the third contribute essentially to the definition of the three classes. As the creature thus comes to have interests, the world and its events begin creating reasons for it — whether or not the creature can fully recognize them (Dennett, 1984a). The first reasons preexisted their own recognition. Indeed, the first problem faced by the first problem-facers was to learn how to recognize and act on the reasons that their very existence brought into existence.” (Consciousness explained, S. 173f.)
Demnach ist die Subjektivität also einfach eine Konsequenz davon, dass schon die primitivsten Organismen zwischen sich und der Welt unterschieden müssen, um überleben und sich fortpflanzen zu können. Was spricht dagegen?
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Dass "Gott" für Descartes nur ein Kunstgriff war und als Zugeständnis an die vorschnellen Urteile seiner Zeit zu begreifen, sollte selbst Dir klar sein.
Ich stimme Che zu, Deine Einzellerlebensphilosophie besteht in erster Linie aus unübersetzten englischen Texten.
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Daher müsste imho unterschieden werden zw. dem philosophischen, sprich methodologiekritischem, Anteil einer Bewegung, die sich "Dekontruktivismus" schimpft, und deren Ergebnissen. Die Frage stellt sich: Stellt sich diese Frage überhaupt; aber wenn da gar keine methodologischen Fragen gestellt werden, sondern sich lediglich eine neue Methode darstellt und entblöst, dann sollten wir diese neue Methode Methode sein lassen und nicht mit philosophischem Fragen verwechseln.
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Die Dekonstruktivisten übertrugen dann diese Erkenntnisse auf die bisherige europäische Philosophie und verbanden logischerweise solche Opponenten wie Marx und Nietzsche mit der Frage, wie sich das in einen neuen Gesamthorizont einordnen lässt.
Dazu kam dann die Sprachtheorie, die versuchte, aus diesen Erkenntnissen neue Sprechformen zu entwickeln, um dem Thema besser gerecht zu werden.
Und das ist die Basis, wo Butler und Co. ansetzen.
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Aber am Anfang desselben jedoch meintest Du doch sicherlich nicht mit "Konstruktivismus" den Konstruktivismus erlanger Schule, sondern eher französischer, oder jedenfalls anderer Prägung? Nicht wahr?, jedoch Schriftsteller wie Marx oder Nietzsche als solche lediglich zu lesen und überhaupt die Sprachphilosophie dazu zu missbrauchen, um alleine neue Sprachformen zu entwickeln, macht noch keine Radikalkritik des europäischen Denkens aus. Heidegger (oder sogar Husserl) oder darüber hinaus unterschiedliche andere Descartes-Kritiker des Abendlandes standen ja schon immer bereit.
Werde meine Zweifel im Zweifelsfall noch mal mit Quellengabe versuchen deutlicher auszusagen.
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Bis dato seien ihr keine tatsächlichen Fälle einer Grenzüberschreitung der Zweigeschlechtlichkeit in anderen Kulturen bekannt.
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Dennoch scheint mir Schröter ihrerseits über das Ziel hinauszuschießen. Sie unterstellt den PostrukturalistInnen ja, sie würden mehrgeschlechtliche Gesellschaften überhöhen und als besser als die zweipolige Geschlechtlichkeit der westlich-europäischen Gesellschaften darstellen. Der Nachweis wäre erst einmal zu führen; ich habe die dekonstruktivistischen Ansätze immer so verstanden, dass lediglich Andersartigkeit konstatiert wurde und daher Geschlechtlichkeit zumindest teilweise als soziale Rollenkonstruktion, nicht als AUSSCHLIESSLICH biologische Tatsache angesehen wurde. Hinsichtlich des Themas Rückprojektion auf die Antike wäre zu sagen, dass Foucault nicht Mehrgeschlechtlichkeit thematisierte, sondern die Tatsache, dass das heutige Konzept Homo- vs. Heterosexualität im alten Griechenland unbekannt war. Zumindest in Athen sah das so aus, dass ältere wohlhabende hochgebildete Herren sexuelle Beziehungen zu Knaben hatten, was als Teil eines Erziehungauftrags angesehen wurde, und zugleich mit Frauen verheiratet waren, die sie als Eigentum betrachteten, während es Luxusprostituierte gab, die höher angesehen waren als verheiratete Frauen. Da wurde nichts idealisiert, sondern lediglich herausgestellt, dass Sexualmoral und Geschlechterrollen gesellschaftsabhängig und stark variabel sind.
Gründlich daneben haut Schröter bei Ina Rösing:
"Eine besonders kühne Wissenschaftlerin versichert sogar, in einer peruanischen Population zwölf unterschiedliche Geschlechter entdeckt zu haben" (Rösing 1999)".
Abgesehen davon, dass es sich um eine bolivianische Population und um zehn Geschlechter handelt und Ina Rösing so ziemlich die profilierteste Kennerin andiner indigener Gesellschaften ist ist die zugleich keine Dekonstruktivistin und steht den Foucault-Butler-geschulten Ansätzen denkbar fern - sie steht selbst in der Tradition der rassenhygienisch vorbelasteten Mainzer Schule der Anthropologie, operierte noch in den Neunzigern mit dem Rassenbegriff und machte sich einen schlechten Namen damit, ihre Mutter, die NS-Täterin Ilse Schwidetzky und deren Menschenforschungen an zwangsuntersuchten Sinti und Roma zu verteidigen. In Anbetracht dessen stellen sich mir erst mal ein paar Fragezeichen hinsichtlich der Seriösität Schröters. Im Übrigen setzt diese die Mehrgeschlechtlichkeit konstatierenden EthnologInnen und die mit Ergebnissen der Ethnologie argumentierenden Queerfeministinnen gleich, obwohl das zwei unterschiedliche Gruppen sind.
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so viel Differenziertheit stört doch nur in ideologisch geführten Debatten;-)
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Was an poststrukturalistischer Sprachtheorie besonders stört, ist, daß zwischem natürlichem und grammatischen Geschlecht kein Unterschied gemacht wird. Außerdem tut der Poststrukturalismus genau das, was er seinen Gegnern vorwirft: eurozentrisch denken. Sie beurteilen nämlich nicht-indoeuropäische Sprachen mit Wissen, das sie von ihren eigenen europäischen Sprachen haben. Sie setzen, das, was sie in indoeuropäischen Sprache als Genus kennen, mit irgendetwas in außereuropäischen Sprachen gleich, was sie dann Geschlecht nennen. Übersehen wird dann auch noch, daß es in vielen Sprachen mehrere Geschlechterkategorien gibt, deren Funktionen in der deutschen Sprache zusammengefallen sind, und die sprachgeschichtlich erst relativ spät so systematisch und starr natürlichen Geschlechtern zugeordnet wurden, wie wir es heute kennen. Das ist in anderen Sprachen u.U. vollkommen anders. Genus ist also für sich genommen nix als eine relativ unwichtige, semantikfreie grammatische Struktur, und kein Zeichen, wie Menschen ihre Welt sehen. Wenn Tschetschenen etwa fünf Geschlechter gebrauchen, heißt das nicht, daß sie neben den uns bekannten noch drei weitere Geschlechter kennen, und daß Georgier überhaupt nicht wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sind, nur weil ihre Sprache keinen Genus kennt.
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Btw.: Ich würde mich in dieser Matrix gar nicht erst einordnen. Nachdem ich von Anderen als unscheinbares kleines Männlein, als Alpha-Macker, als androgyner Frauenversteher und als quasi asexuelles Wesen, aber auch als Heldentyp einsortiert wurde bin ich mit dem Einsortiertwerden durch.
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Ist das wirklich so? Wo passiert denn diese Einebnung?
@che Baudrillard hab ich auch noch auf der Liste, aber danke! ;-)
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Auf meiner Liste steht "Das System der Dinge" aber den symbolischen Tod werde ich da auch mal aufnehmen, das scheint mir auch gut zu passen.
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Gesetzt den Fall, scheint mir das aber doch etwas dünn. Mir riecht dieser Vorwurf etwas nach Strohpuppen-Argument. Will sagen, es wird eine "Strohpuppe" gebastelt, die eine Position vertritt, etwa die Einebnung des Unterschieds von Sexus und Genus, nur, um diese Puppe dann in Brand stecken zu können. Es vertritt aber niemand diese Position. Und wenn doch, so ist sie m. E. 1. falsch und 2. nicht so verbreitet, als dass eins von "der poststrukturalistischen Sprachtheorie" sprechen kann.
Zusammenhänge zwischen Genus und Sexus gibt es aber natürlich. Und das ist auch z.T. ganz interessant. Mir ist mal aufgefallen, dass wenn mir ein Nomen nicht einfällt und ich das Genus auch nicht weiss, es gerne mit maskulinem Artikel belege, als wäre Maskulinum quasi die default-Einstellung. Und das ist bei Geschlecht ja ähnlich.
Aber zu weit darf eins die Vergleiche da nicht treiben. Und die Hälfte aller Sprachen hat gar kein Genus. Auch manche indogermanische Sprachen nicht, zentralkurdisch und südkurdisch z.B., vielleicht weiss der Che da Bescheid. ;-)
Ich hab selbst auch Linguistik studiert und weiss daher, dass es in nicht-indogermanischen Sprachen z.T. bis zu zehn verschiedene Nominalklassen gibt, die fallen aber streng genommen nicht unter Genera.
Dann fallen meistens Nomen mit ähnlicher Bedeutung in eine Klasse. Das kann z.B. die physi(kali)sche Form des Signifikats sein. Z.T. gibt es Numeralklassifikatoren, also Zählwörter, ohne die ein Nomen nicht gezählt werden kann (z.B. in den modernen chinesischen Sprachen). Was wir nur bei Massennomina brauchen (drei Blatt Papier) und was im Kneipendeutsch gerne unter den Tresen fällt ("Drei Pils!") ;-)
Solche Zählwörter können z.B. "Frucht" für annährend kugelförmige Gegenstände sein. Unser Prof war sehr (!) fett und ich weiss noch gut, wie er augenzwinkernd als Beispiel "Eine Frucht Linguistikdozent." anführte. ;-)
Übrigens, s.o.p., argumentierst Du ziemlich unsauber, wenn Du von Eurozentrismus sprichst. Das Verbreitungsgebiet der indogermanischen Sprachen ist nicht deckungsgleich mit Europa, sondern geht bis nach Indien (daher der Name). Persisch ist deutlich eine außereuropäische Sprache, während Finnisch, Baskisch und Ungarisch keine indogermanischen Sprachen sind, obwohl sie in Europa gesprochen werden.
Übrigens (weil ich grad so schön in Fahrt bin):
Wenn es Sprachen gibt, in denen es Nominalklassen gibt, die weder mit Genus, noch mit Sexus etwas zu tun haben, dann heißt dies doch nicht automatisch, dass Genus und Sexus grundsätzlich völlig entkoppelt werden können.
Es ist eben etwas komplizierter. Natürlich lagert sich Soziales in der Sprache ab. Aber vieles Sprachliche ist trotzdem arbiträr. Was spricht denn dagegen?
Viele hier wollen sich m.E. eine monokausale Weltsicht erhalten. Willy, z.B. kommt nicht damit klar, dass Gesellschaft die Individuen bestimmt und diese dann wieder die Gesellschaft. Die Individuen werden eben NICHT NUR von der Gesellschaft bestimmt. Beide sind nicht monokausal, das ist hier keine newtonsche Physik, Leute!
Das funktioniert doch schon in den Naturwissenschaften nicht! Der Alltagsverstand versucht alles monokausal zu erklären, weil das einfacher und praktischer ist. Das muss aber doch hinterfragt werden! Und durchaus schon im Alltag:
Früher hieß es z.B. „Zieh dir was an, sonst erkältest du dich!“ Heute laufen ganz Schlaue mit T-Shirts durch den Schnee, die sagen „Erreger machen krank, nicht die Kälte.“ Mit Lacan kann ich da nur sagen, „les non dupes errent“: die nicht Genarrten irren! Was hilft es für den Alltag denn, dass in der NEO stand, dass eins sich in der Antarktis nicht erkälten kann, weil es da keine Erreger gibt. Wir sind nicht in der Antarktis! Und hier, Überraschung, erkältet eins sich durch Erreger UND Kälte. Der Organismus enthält ständig Erreger, kann die aber bekämpfen, wenn er nicht, etwa durch Kälte, geschwächt wird.
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Passt bitte auf, ob ihr von Genus, Sexus oder Gender sprecht!
Ich glaube hier wird auch Ethnologie und Linguistik durchmengt. Wenn Schröter betont, es gäbe nur zwei Geschlechter, dann ist das vor allem auf Genus bezogen und damit hat sie Recht, da Nominalklassen nicht als Genera gefasst werden dürfen.
Wenn sie damit „die Poststrukturalisten“ attackieren will, passt dies gar nicht, wo che ja drauf hin gewiesen hat. Das Argument: „Sie hat aber trotzdem Recht.“ ist keins. Ja, sie hat Recht, dass es nirgendwo 12 Genera gibt. Nein, dies hat aber auch kein Poststrukturalist behauptet. Bei denen geht es wiederum um Gender. Es wird hier eine Stropuppe konstruiert, die dann abgefackelt werden kann. In Köln heißt die übrigens Nubbel. ;-)
"Der Poststrukturalismus" der hier auch noch munter mit Dekonstruktivismus, Konstruktivismus und Postmoderne durcheinander geworfen wird, wird so selbst zum Konstrukt, dem dann alles untergejubelt wird, was einem nicht passt. Die Autoren, die da gerne bemüht werden, sind mitnichten ein homogener Block. Butler kritisiert z.B. Irigaray und Kristeva, Deleuze kann sie gar nicht leiden, etc.
Das ist ein bisschen so, wie bei MR: bei dem ist auch alles eine Front: che, Kadda, Tsianos, etc.
Oder bei Antideutschen sind überall Antisemiten, bei Maskulisten sind überall Feministinnen.....
Ihr seht überall nur Nägel, weil ihr grade den Anti-Poststrukturalisten-Hammer in der Hand habt.
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„Willy, z.B. kommt nicht damit klar, dass Gesellschaft die Individuen bestimmt und diese dann wieder die Gesellschaft.“
Warum ist es eigentlich so schwer zu verstehen, dass das schon rein logisch nicht möglich ist?
Das ist eine sinnlose Tautologie. Du fällst weit hinter Marx zurück.
Ich habe es doch oben schon zitiert, „(Der Sozialkonstruktivismus) verkennt in seiner einseitigen Perspektive auf die Umwelt als Verhaltensdeterminante, dass die soziale Umwelt, die auf die Individuen einwirkt und ein bestimmtes Verhalten evoziert, immer das Produkt der Handlungen eben dieser Individuen, dieser Frauen und dieser Männer, ist. Und dann stellt sich die Frage, wovon das Handeln dieser Individuen bei der Gestaltung der sozialen Strukturen, die wiederum genau das Verhalten hervorbringen, das wir beobachten können, letztendlich bestimmt wird. Bei der Beantwortung dieser Frage wird deutlich, dass der Queer-Diskurs ein bedeutendes Moment dauerhaft übersieht – nämlich die Biologie des Menschen.“
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„Willy, was Du mit Deinem immer gleichen Sozialbiologismus hier eigentlich willst bleibt zumindest mir ein Rätsel. Es gibt sie noch, die ungelösten Mysterien;-)“
Allerdings, offenbar ist auch hier niemand in der Lage, die evidenten Selbstwidersprüche der idealistischen Philosophie aufzuklären. Bei allen anderen Theorien würde das dazu führen, diese als offensichtlich falsch zu verwerfen.
Es geht mir aber um etwas anderes: ich bin ziemlich überzeugt davon, dass das Scheitern der Linken in den letzten hundert Jahren nicht auf irgendwelche psychologischen Gruppenprozesse zurück zu führen ist, sondern darauf, dass man sich ein völlig unrealistisches Welt- und Menschenbild hat aufreden lassen, was dann natürlich auch zu falschen Einschätzungen in der Praxis führt. Beispiele dazu gibt es massenhaft.
„Dawkins hingegen finde ich ziemlich unappetitlich. Mit seiner Lehre vom Egoismus der Gene, der eine egalitäre Gesellschaft unmöglich mache hat er 30 Jahre lang die Neue Rechte befeuert.“
Offensichtlich hast du Dawkins nicht gelesen. Egoistisch sind die Gene, nicht die Menschen.
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„Ich stimme Che zu, Deine Einzellerlebensphilosophie besteht in erster Linie aus unübersetzten englischen Texten.“
Kannst du kein Englisch? Wer sich mit wissenschaftlichen Texten auseinandersetzen will, der muss das auf Englisch können. Ich habe die von mir zitierten Texte im original gelesen und entsprechend zitiert, aber ich kann sie bei bedarf auch übersetzen.
„Dass "Gott" für Descartes nur ein Kunstgriff war und als Zugeständnis an die vorschnellen Urteile seiner Zeit zu begreifen, sollte selbst Dir klar sein.“
Nein warum sollte es? Ich sehe keinerlei Grund daran zu zweifeln, dass Descartes ein gläubiger Katholik war und mit seiner Philosophie gegen den Atheismus und für den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele kämpfen wollte, wie er es selber sagt. Und nur Auf dieser christlichen Basis macht seine Philosophie überhaupt Sinn.
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Mit "bestimmen" meine ich natürlich nicht, dass Individuen in Gesellschaft völlig aufgehen und umgekehrt, dann hätten wir ein logisches Problem.
Ich glaube es ist wissenschaftlicher Konsens, dass das menschliche Handeln von verschiedenen Faktoren "bestimmt" wird. Grob gesagt: Biologie, Erziehung, freier Wille.
Keiner dieser Faktoren kann völlig ausgeklammert werden. Ich kann die Biologie nicht völlig wegreden, du die Erziehung nicht.
Wo liegt eigentlich das Problem?
@g
Ich hatte da selbst einiges durcheinander geworfen und muss mir den Schuh jetzt selbst anziehen, dass es manchmal hilft, die Texte zu lesen. Ich muss Schröter erstmal durcharbeiten. Sorry!
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Darum geht es überhaupt nicht. Sondern z.B. darum, dass bei fremden, außereuropäischen Gesellschaften transgene Menschen als eigenständige Geschlechter angesehen werden, für die es eigene gesellschaftliche Rollenbilder (z.B. Schamanen) gibt, und auf dieser Grundlage wurde von der Ethnologie her kommend die gesellschaftliche Geschlechtsrollenfestschreibung aufgerollt bzw. hinterfragt und in einem nächsten Schritt Sprechakte entwickelt, die diese Kritik überhaupt erst artikuliert formulierbar machen sollen.
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Du wunderst Dich, weshalb ich und der Nörgler Dir regelmäßig eins überziehen. Das liegt daran: Du jubelst Descartes (und anderen Philosophen) eine Position unter, daß jeder Laie denken muß, Descartes sei katholischer Theologe. Auf diese Weise entstellst und denunzierst Du Texte der Philosophie. Es gibt hier nun zwei Möglichkeiten: Die harmlose Variante geht so: Du weißt es ganz einfach nicht besser. In diesem Falle tätest Du gut daran, die Texte, über die Du schreibst, zu lesen und Dich an diesen zu orientieren. Die zweite Möglichkeit: Du betreibst dieses Geschäft der Denunziation in einer ausgesprochen manipulativen Absicht, um ein bestimmtes (falsches) Bild hervorzurufen. Wenn Du die Texte Descartes lesen würdest, bemerktest Du sehr schnell, daß die Unsterblichkeit der Seele und Gott einen Nebenaspekt bilden. Viel wesentlicher ist bei Descartes die Arbeit des menschlichen Verstandet, die Tätigkeit der Vernunft. Descartes betreibt, nicht anders als Kant, Erkenntnistheorie, keine Theologie. Der Gott Descartes ist der Philosophie bereits völlig äußerlich, er wird lediglich als Prinzip angenommen, ist im Grunde aber entbehrlich. Ob das cogito, das Descartes entfaltet, nun stichhaltig ist und nicht vielmehr in eine Kritik genommen werden kann, weil es in einen verhängnisvollen Dualismus führen kann, steht auf einem anderen Blatt. Aber in einem Zeitalter der kirchlichen Unvernunft und der Irrationalität war Descartes natürlich in aufklärerischer Absicht Rationalist. Darin liegt auch heute noch seine Stärke, mag man nun Details seiner Theorie in die Kritik nehmen.
Ihn als bloßen Gottesbeweisler hinzustellen, ist entweder Dummheit im Denken oder (bewußte) Entstellung von Descartes Philosophie.
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Das ist ein bisschen so, wie bei MR: bei dem ist auch alles eine Front: che, Kadda, Tsianos, etc.
Oder bei Antideutschen sind überall Antisemiten, bei Maskulisten sind überall Feministinnen.....
Ihr seht überall nur Nägel, weil ihr grade den Anti-Poststrukturalisten-Hammer in der Hand habt." --- Das könnte jetzt glatt von mark793 sein, dem ich darin übrigens zustimme;-)
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Jetzt gibt es auch keine Einheitsfront Che-Kadda-Tsianos-Dean-Netbitch-Nörgler-Bersarin-Harald?
*seufz*
(es ist halt auf nichts mehr Verlass - außer vielleicht auf das Verlassensein: aber das ist noch mal ein anderes Thema)
P.S.
Nette Diskussion hier!
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natürlich kann ich einigermaßen Englisch lesen. Habe sogar mal für einen, wenn nicht den größten deutschen "Volksverlag" übersetzt, für den Ullstein-Verlag - einer der wenigen, der sich überhaupt noch finanziell trägt.
Nur leider war das keine "Übersetzung" wie ich sie mir z.B. bei philosophischen englischen Texte angewöhnt habe - welche ich mir natürlich im Geiste anzufertigen hatte, was aber bei philosophischen Texten relativ einfach ist: Man muss nur über das Wissen, über ein paar Termini und deren anerkannte Übersetzung verfügen oder es sich irgendwie raussuchen. Nein. Englische philosophische Texte sind wirklich das Einfachste, was Du als deutscher Muttersprachlicher auf Englisch lesen kannst. Ist einfach so.
Normalerweise braucht man dann ja sicher nur c.a drei Begriffe zu merken bzw. Übersetzungen, um sich englische philosophische Texte klarzumachen, Restliches sich eben heraussuchen, maximal 2 Hände voll davon. Vorausgesetzt natürlich, dass Du über das richtige Wissen über die richtige Übersetzung des betreffenden ´terminus technicus´ verfügst. Von meinen Professoren wurde ich jedenfalls mal darauf hingewiesen, dass eins sich da durchaus auf Joachim Schulte (viele Sachen im Reclam-Verlag) verlassen dürfe.
Aber wenn Du es da auf einmal mit einem nichtendenwollenden Text in übelstem Denglisch, angeblich "amerikanisch", herumzuschlagen gehabt hättest, würdest Du darüber auch etwas weniger leichtfertig gedacht haben.
Und das alles vermischt mit dem Eso-Slang aus den 60er- 70ern der Hippie-Szene in Califonien, und dann noch rüberbringen wollen, was Osho-Anhänger mit diesem oder jenen Slang-Worten ausdrücken wollten, die sie - in Indien - von ihrem Guru (falsch) gelernt hatten. Also vier Sprachen: Das Englische (oder "Amerikanische"), die Zielsprache, Deutsch: Das Nichtenglisch der zu übersetzenden Sprache, dann die Muttersprache der Autoren, aus der sie dann oft falsch ins "Amerikanische" übersetzten, dazu noch Hindi (oder welche tausend indische Sprachen Osho nicht noch dazugelernt hatte, bzw. das bezeichnende Indische Englisch, von dem viele Inder glauben, es sei das wirkliche, das echte Englisch ...
Dann weißt Du einfach, dass ein Wort nur in seinem Kontext einen Sinn ergibt.
@ Kontext !
Oder wie es unter den Forumsrichtlinien meines Lieblingsforums, dem Übersetzungsforum unter www.dict.cc bereits schon unter 2. steht: (Zitat)
"2. KONTEXT
Ausdrücke ohne Kontext sind sehr schwierig zu übersetzen. Die meisten Begriffe können in unterschiedlichen Zusammenhängen stark unterschiedliche Bedeutungen haben. Deshalb gib bei deiner Frage bitte den ganzen Satz oder Textabschnitt oder eine Beschreibung des Zusammenhangs an, um den Kontext zu verdeutlichen."
Oder viel schöner auf Englisch:
"ADD CONTEXT
Terms without context are very hard to translate. Almost every word can have a completely different meaning in a different context. Please add a description of the situation or the full sentence to clarify the context!"
Die Frage also, ob ein Wort nicht eine festzugeschriebene Bedeutung habe, oder es sich nicht diese Bedeutung im jeweiligen Kontext - ich möchte fast sagen - erst 'erarbeiten' muss, - diese Frage kennen wir aber bereits aus der Scholasik; wie bekannt hat der Nominalismus auch in der abendländischen Tradition, bis zu dem mit dem Rasiermesser zurückgehgend, eine ehrwürdige Tradition.
Bei Swift lesen wir wir etwa, lange vor Austin, von irgendwelchen fanatischen Wissenschaftlern auf einer Insel (oder war es nicht eigentlich mehr etwas wie ein UFO ?), die nicht mehr auf die Zeichen/Referenten-Beziehung vertrauen, sondern stattdessen immer jemanden mit einem großen Sack dabei haben mit den Dingen, auf die sie sich sonst sprachlich beziehen würden, damit diese Art Sklave immer das richtige Ding hochzeige, sie unendlich ihre sprachreferenzfreie Sprache immer weiter würden pflegen können und ihre sophistischen Dialoge!
Butler hat also (Edit: c.a. 2300 Jahre später) himmelsstürmend festgestellt, dass die Namen nicht wie Preisschilder im 1-€-Markt an uns kleben. Scholastik, ok., hab´ ich auch mal wieder Bock drauf! Zürück zu den Fragen!
Was hat mir jetzt J. Butler neu erklärt? Sie hat mir das Bild ihrer Schildmühlen, gegen die sie ankämpft, nicht erklärt, sondern anschaulich dargestellt?
Es wollte jedenfalls so aussehen, dass Butler mit ihrem Begriff der "Iterabilität" sich groß tun wollte, dabei ist es für uns Praktiker die tägliche Erfahrung, dass immer nur dieselben Ausdrücke kommen, die im Kontext jedoch leider meist etw. anderes bedeuten! Butler, gerade auch, was ihren sprachpragmatischen Ansatz betrifft, setzt bloß auf einen eigentlich analytischen Diskurs auf, verrät dies aber nicht der "dekonstruktivistischen" Bewegung, und deshalb mochten die Briten auch Derrida nicht.
Bis auf Weiteres bleibe ich jedenfalls bei Ockham und Swift.
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"Das könnte jetzt glatt von mark793 sein, dem ich darin übrigens zustimme;-)"
Mit dem wurde ich hier auch schon verwechselt. ;-)
@bersarin
Ich könnte mir vorstellen, dass willys Lesart von Descartes durch Chomsky vermittelt wurde, da können z.T. ein paar Sachen recht merkwürdig "durchkommen", ohne, dass ich das jetzt konkret belegen könnte.
@ziggev
Ich hab jetzt die Stelle zur Materie (bzw. Materialität) bei Butler gefunden, die möglicherweise auch Sophie bei rhizom meinte, vielleicht ist das ja zentral:
"Vermittels der Sprache eine Materialität außerhalb der Sprache zu setzen heißt immer noch jene Materialität zu setzen, und die so gesetzte Materialität wird diese Setzung als ihre konstitutive Bedingung behalten. (...) Einen Begriff von Materie zu haben, bedeutet, ebenjene Exteriorität zu verlieren, deren Sicherstellung von diesem Begriff erwartet wurde."
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Oder vielleicht auch nicht.
Ich habe grade überlegt, ob willy bei La Mettrie vielleicht besser aufgehoben ist, als bei Descartes. Ist schwer zu sagen. Der wird ja von vielen wohl oft zu Unrecht auf seinen mechanischen Materialismus verengt, z.B. von Bloch.
In Walsers "Der Augenblick der Liebe" kommt er etwas anders "zu Wort".
Interessantes findet sich auch hier:
http://www.lsr-projekt.de/#para
Bernd Laska untersucht dort Parallelen zwischen Julien Offray de La Mettrie, Max Stirner und Wilhelm Reich.
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geradestehen von uns ja so vergöttlichtem, "ONfray", stehen, dessen Ausgaben zu erlaben.
... ach, was soll eins nur erzählen, wenn
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"Denn mag es auch für uns Gläubige genügen, im Glauben überzeugt zu sein, daß die Seele nicht mit dem Körper untergeht und daß es einen Gott gibt, so kann man doch Ungläubige von keiner Religion, ja wohl nicht einmal von der Notwendigkeit moralischer Tugend überzeugen, wie es scheint, wenn man ihnen nicht zuvor jene beiden Sätze mit natürlichen Gründen beweist." So Descartes in der Widmung der Meditationen an die theologische Fakultät der Universität von Paris. Seine Absicht ist also ganz klar, die Ungläubigen von der Wahrheit der christlichen Religion zu überzeugen, und zu diesem Zweck entwickelt er seine Philosophie.
Welchen Grund siehst du, an diesen Worten zu zweifeln? Dass die ganze idealistische Philosophie darauf aufbaut, ändert daran nichts. Schließlich ist das auch nur verkappte Theologie.
Aber natürlich weist du besser, was Descartes gedacht und gewollt hat als dieser selber.
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"Und ich bin wiederum ziemlich überzeugt davon, dass das Scheitern der Linken etwas mit ökonomischen Kräfteverhältnissen zu tun hat."
Sicher auch, aber es gibt zahlreiche Hinweise auf die verhängnisvolle Biophobie und ihre Auswirkunen.
Z.B. die Kibbuzim, eine typisch linke Idee. "eine ländliche Kollektivsiedlung in Israel mit gemeinsamem Eigentum und basisdemokratischen Strukturen...In den Kibbuzim war die patriarchalische Kleinfamilie aufgelöst und die Kindererziehung ebenfalls zentralisiert.": (wikipedia). Das ganze wurde mit großem Enthusiasmus begonnen und ist auf ganzer Linie gescheitert. "das Kollektivbewusstsein nahm ab. Eine wichtige Konsequenz war die weitgehende Abschaffung der Kinderhäuser ...Zusammenfassend kann man von einer deutlichen Entwicklung vieler Kibbuzim hin zu einem „normalen“ Dorf sprechen, von „sozialistischen“ Siedlungen ist immer seltener die Rede. Eine weitere Auflösung der Kibbuzim und ihrer ursprünglichen Ideale in der Zukunft ist wahrscheinlich."(a.a.O.) Und das ganze beruhte darauf, dass sich die Frauen (!) nicht dauerhaft von ihren Kindern trennen wollten. Dabei ist die Familie doch nur ein soziales Konstrukt des Patriarchates.
Oder hieram Aralsee: "Im Laufe des 20. Jahrhunderts, vornehmlich unter sowjetischer Herrschaft, wurden riesige Bewässerungsflächen für Baumwollplantagen und Reisfelder geschaffen mitten in der Wüste. Es wurden hundert von Kilometer lange Kanäle geschaffen um die Wüste zu bewässern, die mit dem Wasser aus den Zuflüssen des Aralsees genährt wurden. ... Seit den 50-er Jahren wurde sehr viel Wasser für landwirtschaftliche Bewässerungszwecke, überwiegend für den Anbau von Baumwolle, den beiden Flüssen abgeleitet. In den 60-er Jahren beschloss die Sowjetregierung den Anbau von Baumwolle und Reis südlich des Aralsees massiv zu intensivieren. Riesige Bewässerungsanlagen wurden angelegt, Kanäle gebaut, die Läufe der beiden großen Flüsse Syr-Darja und Amu-Darja umgeleitet. ...Alle diese Maßnahmen haben letztlich dazu geführt, dass die Wasserversorgung des Aralsees fast vollständig lahm gelegt worden ist. ...Man hat sich an das Leben mit einer Monokultur gewöhnt, obwohl sie wenig Raum lässt für andere landwirtschaftliche Produkte. Viele Regionen können sich nicht mehr selbst versorgen und sind auf Nahrungsimporte angewiesen. Die Baumwollmonokulturen erfordern einen hohen Pestizideinsatz. Damit die Baumwollkapseln maschinell zu ernten sind, versprüht man vorher Entlaubungsmittel. Das Gift dringt in den Boden ein und macht die Menschen krank."
http://www.302.schule.bremen.de/wasserprojekt/aralsee/lang_aralsee.htm
Woher sollten die Kommunisten auch wissen, dass die Natur, "das Andere des Geistes" sich nicht beliebig vom Menschen manipulieren lässt? Bei Marx steht ja schlielich das Gegenteil: "Übrigens ist diese der menschlichen Geschichte vorhergehende Natur ja nicht die Natur, in der Feuerbach lebt, nicht die Natur, die heutzutage, ausgenommen etwa auf einzelnen australischen Koralleninseln neueren Ursprungs, nirgends mehr existiert, also auch für Feuerbach nicht existiert."
http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_017.htm#I_I
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"Ich glaube es ist wissenschaftlicher Konsens, dass das menschliche Handeln von verschiedenen Faktoren "bestimmt" wird. Grob gesagt: Biologie, Erziehung, freier Wille. Keiner dieser Faktoren kann völlig ausgeklammert werden. Ich kann die Biologie nicht völlig wegreden, du die Erziehung nicht.
Wo liegt eigentlich das Problem?"
Das Problem liegt darin, dass die menschliche Gesellschaft mitsamt ihren Institutionen wie Erziehung historisch geworden ist. Natürlich kann man heutzutage die Erziehung nicht ausklammern, aber sie kann die biologische menschliche Natur nicht eliminieren, sie wirkt weiter (und ändert sich nur in evolutionären Zeiträumen von vielen Jahrtausenden).
Che hat ja schon mal auf die eigenartige Veränderungsresistenz der Geschlechterrollen hingewiesen, die nach wie vor allen feministischen Umerziehungsversuchen der letzten Jahrzehnte trotzen.
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Willy, Du vermagst es nicht zwischen den Zeilen zu lesen und die Subtexte eines Textes mitzubekommen. An der Literatur der DDR und überhaupt der, die in Diktaturen produziert wird, wirst Du kläglich scheitern, da ist nämlich alles versteckt und verborgen gesagt.)
Wem hätte Descartes im Zeitalter der Inquisition und der Verhaftungen denn sein Buch widmen sollen? Der Loge der Freimaurer oder der der Atheisten? Der Inhalt der Meditationen spottet dieser Widmung und wenn die Theologen von Paris die spitzfindige Lektüre beherrschten, dann wäre ihnen sicherlich aufgefallen, daß es sich hier um alles andere als ein theologisches Werk handelt. Die Konterbande hat Descartes durchaus geschickt in diesen Text eingearbeitet.
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Ich gehöre überhaupt keiner „Front“ an. Die Causa MR interessiert mich nicht. Ich bin ein Bewohner des Grandhotel Abgrund. Ich beschäftige mich mit Philosophie, Ästhetik und Gesellschaftskritik resp. -theorie. Was MR mittlerweile macht, gehört keinem dieser drei Bereiche an. Deshalb: Leider ungeil, um mit Deichkind zu sprechen bzw. abzuwandeln.
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Frontschweine ohne Front.
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Das Internet ist riesig, zum Copy&Pasten gibt es da mit Sicherheit noch viel zu finden.
Wenn Du darauf irgendwann mal keine Lust hast, dann kannst Du uns stattdessen mal erklären, ob die Zahl der Füchse im Wald ursächlich ist für die Zahl der Mäuse; oder doch umgekehrt. Es muß ja genau eines von beiden sein, denn sonst kommen wir in - in einen ZIIIRKEL! OH GOTT!!!
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Mit dem Folgenden möchte ich kein geschichtsphilosophisches Dogma aufstellen (ich hoffe, es wird noch klar werden, warum mir daran sowenig liegt): die Philosophie muss notwendig ihre eigene Historitizität reflektieren, wie auch die aller anderen Wissenschaften, sollte es nicht in ihrem eigenen Anligen sein, sich zu einer "Normalwissenschaft" (i.S. Kuhns) zurückzuentwickeln. Aus dieser Erkenntnis eine Geschichtsphilosophie, aus der dann auch noch eine besondere, umso verbesserte, Geschichtswissenschaft geboren werde, zu folgern, ist für mich klar ein Fehlgriff. (Mit manchmal verheerenden Folgen (!))
Ich möchte jedoch kurz fragen, wie es sich mit von Philosophen manchmal so genannten "Einzelwissenschaften" verhält, und wobei dann aber jede möglicherweise anklingende Herablassung aus philosophischer Sicht m.E. völlig verfehlt und unangebracht ist, also mehr darüber wissen, wie nun der umgekehrte Prozess abläuft. Wenn also "Einzelwissenschaftler" sich der (metodologisch) für sie brauchbaren - der Verdacht ist: je, wie´s passt - Ergebnisse philosophischer Forschung ermächtigen zu versuchten. Nehmen wir etwa Austin, den offenbar Butler für sich so fruchtbar zu machen vermochte. Vielleicht spiegelte sich in selbigem noch die (auch für die Heutigen Analytiker, AFAIK) abstruse Vorstellung, aus einer philosophischen Theorie etwas wie "Einzelwissenschaften" - die dann als alleiniges Paradigma zu gelten hätten - abzuleiten, vielleicht spielte die Sehnsucht eine Rolle, aus der Philosophie, die dann besser handhabbar wäre, eine "Normalwissenschaft" zu machen, z.B. "logischer Empirismus", was aber aber alle Folgephänomene der analytischen Philosophie enttäuschten, jedoch immer wieder - gewohnheitsmäßig - solcher Regression gern angelastet wird. Austin - und so viele andere - haben einfach klargemacht, dass wir vielleicht doch nicht so schnell an Wittgenstein vorbeikommen.
Dieser Fehler, etwa aus den revolutionären Erkenntnissen eines Wittgensteins (oder Carnaps oder Freges ...) eine eigene Methode zu entwickeln, die alle anderen gewissermasßen in den Schatten stellt, um zu einer "universellen wissenschaftlichen" Sprache zu gelangen und aus dem ursprübglichen wittgensteinischen Konzept: "Es gibt keine philosophische Fragen, zuerst müßten wir aber die logischen Strukturen unserer Sprache untersuchen" eine Normalwissenschaft zu machen, dieser Fehler wird in der analytischen Philosophie schon längst nicht mehr gemacht. Ist Geschichte.
Andererseits wird nun immer wieder aus dem ("postmodernen" - war das wirklich Nietzsche?) Steinbruch der Philosophie ein beträchtlicher Brocken herausgehauen und genau im Sinne der Anklage falschverstanden. Gerade die Elemente, die als selbstausgedachte "Vereinzelverwissenschaftlichung", "Normalwissenschaft" nicht mehr Beachtung finden - und bemerkenswert ist dazu noch, dass es dann Elemente sind, die aus der analytischen Philosophie entlehnt werden, welche aber nur versteht, wer etwas Ahnung von analytischer Philosophie hat - , werden von den "Einzel-", oder z.B. Sozialwissenschaften für sich in Anspruch genommen, um sich selbst eine neue Grundlage zu geben, während allein es der Philosophie obliegt, sich diese fundamentalen Fragen nach der richtigen Methode usw. immer wieder neu zu stellen.
Fundamentale Fragen stellen sich nun mal nicht in den "Einzelwissenschaften", abgesehen von Ausnahmen, die sicherlich zu würdigen wären. Wenn es nun für die Sozialwissenschaften eine große neue Erkenntnis ist, dass in denselben es nicht so leicht ist mit Objektivität und Subjektivität, weil Subjekte über Objekte nachdenken, und sie zugleich Objekte ihrer Subjektivität sind, und wenn hieraus die Folgerung lautet: 'es "gibt" keine Objektivität', dann ist das einfach kein philosophisches Problem. Sondern die Sozialwissenschaften denken über die Stimmigkeit ihrer eigenen Methodologie nach. Es gibt manchmal diese Ausnahmesituationen, etwa in der Quantenphysik, dass sich metodologische Fragen derart neu stellten, dass die Philosophie demgegenüber nicht die kalte Schulter zeigen kann.
Das ist nun mal die Normal- oder Ausnahmesituation, dass die Normalwissenschftler einen Zustand herzustellen versuchen, welcher es ihnen erlaubt, ohne schwerwiegende Änderungen ihres Paradigmas neue Erkenntnisse zu formulieren, während Philosophen in einem fortwährenden Dissens stehen.
Je herausforderner einer philosophische (anseitsweise formulierte) Theorie ist, siehe Nietzsche, um so besser. Das gilt aber nicht für die Naturwissenschaft, und es gilt nicht für die Sozialwissenschaft. Fundamentale Unterschiede.
Die Rolle der ultimativen Revolution (in meinem Sinne nicht im politschen Sinne) kommt nicht irgendeiner "Einzelwissenschaft" zu. Aber manchmal verstehen sich "Einzelwissenschaften" falsch als irgendwie "philosophisch" - und werden dann auch noch bei denselben Falschen abgeschriebenen (siehe Derrida), abhängig, von einer Sehnsucht, stammend von der analytischen Philosophie, die geschichtlich die Sehnsucht nach einer Normalwissenschaft aufbewahrt hat - , weil sie sich selbst "dekonstruktuieren", aber jeder Schuster, der nicht bei seinem Leisten bleibt, verliert irgendwann seinen Job.
Che, und aus diesen Gründen scheint mir Deine Herleitung, die mich zu einem vernünftigen Verständnis des sog. "Dekonstruktivismus" anleiten sollte, weniger auf einen Korpus der zu rezipierenden Literatur, sondern mehr auf einen "Kanon" zu verweisen, der mich, abgesehen von notwendigen kriminalistischem Interesse nicht die Bohne interessiert. (Weil ich, vermutlich, wenn, ganz andersgearteten Problemen nachgegangen wäre.)
HT: Tim Crane (Cambridge), Philosophie, Naturwissenschaft, Geschichte. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie; 2013 Heft 1. BTW, "HT" heißt 'hat tip'. - ich habe mal davon gehört, es sei besserer Stil, seine "Inspiration" anzugeben.
Stellt sich diese Frage überhhaupt, und wenn ja, wie stellt sie sich dann?
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Ist es wirklich nur der starke Arm, dessen Willen zufolge alle Räder stillstehen ? Stillstand:
Es gibt überhaupt wenig Dinge, denen ich sowenig Respekt entgegenbringe, wie gegenüber der Selbstgerechtigkeit von sich in "Philosophenstatus" hinaufschwingende u. an dieser Aufgabe scheiternde SelbstilfswissenschaftlerInnen wie Politologen, Psychologen, Soziologen, Historikern und dem Richterstand.
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Mich interessieren nur Fragestellungen, die in irgendeiner Weise geeignet sind, den Klassenkampf voranzubringen. Oder allgemeiner ausgedrückt, soziale Emanzipationsbewegungen.
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Meintest Du das mit Klassenkampf?
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Ach Männo, ich ziehe mich lieber aufs Land zurück zu meinen adeligen oder jedenfalls wohlhabenden Freunden und pfeife auf eures Pseudo-links-verspießertes-Stadguerillatum.
Hier draußen sind die Frauen auch eindeutig schöner.
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@"eine Philosophie, die Wahrheit durch Aktion oder Kampf ersetzt, ist nun mal einfach Terror, kann ich auch nichts mehr dran ändern." Wahrheit durch Aktion oder Kampf zu ersetzen ist nicht mein Interesse, sondern Wahrheit für soziale Veränderung nutzbar zu machen, überhaupt erst Wahrheiten zu finden, an denen Befreiung ansetzen kann.
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... wir arbeiten jedenfalls daran ... :-)
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in der Philosophie ist es immer vordringlichste Aufgabe, fundamentale Annahmen zu kritisieren. Daher kann es nur sehr selten Einigkeit geben (naja, eine Umfrage ergab, dass - soweit ich mich erinnere - über 80 % der befragten Philosophen einem "nonsceptical realism" anhängen.) Es gibt also, salopp gesagt, immer nur Streit. Desh. sind Philosophen meist auch immer so freundlich, um Höflichkeit bemüht, sonst würde gar nichts mehr gehen, jedenfalls meistens (in Oxford soll Wittgenstein mal die eiserne Kaminschaufel gezückt haben ...).
Anmerkung: Jetzt wird´s echt kompliziert: "..., sondern Wahrheit für soziale Veränderung nutzbar zu machen, überhaupt erst Wahrheiten zu finden, an denen Befreiung ansetzen kann." Das sei es, was Dich interessiert. Von Marx nur wenig Schimmer habend, fällt mir da nur Marx ein. Du hast zwar extra nicht gesagt, dass erst durch soziales Engagement Wahrheit zustande käme, sondern dass Du Wahrheiten "finden" wollest, an denen Befreiung ansetzen könne. Trotzdem würde ich, wenn, dann Marx nur dann kritisieren wollen, es jedenfalls versuchen, wenn ich den Eindruck hätte, dass er fundamental falschen Annahmen anhinge, bei Marx dies aber recht kompliziert, könnte ich nicht leisten.
Bei Marx, diesen Eindruck kann man schon mal gewinnen, liegt der Teufel im Detail. Dennoch würde ich nie dort anzusetzen versuchen. Wenn ich es denn je zu versuchen mich trauen würde.
Wenn wir Marx wirklich primär als Philosophen in den Blick nehmen würden, würde sein ganzer empirischer Fleiß in den Hintergrund rücken und Du würdest bei ihm keine "Wahrheiten" "finden", die zur Befreiung tauglich wären. Wahrheit funktioniert eher wie eine "regulative Idee", eine Formulierung wie "p genau dann, wenn p der Fall ist" eben als eine solche.
Marx würde ich also eher und etwas platt gesagt zu den "Einzelwissenschaften" zurechnen. (Ende Anmerkung)
Aber warum kommt es regelmäßig, wenn es um Gender, Feminismus, Dekonstruktivismus, Critical Whiteness usw. geht, immer wieder zu solchen um fundamentale Fragestellungen besorgte und heftige, um nicht zu sagen übelgelaunte und unerbittliche, Diskussionen?
Liegt dies vielleicht nicht doch daran, dass Uneinigkeit darin besteht, inwiefern die Ergebnisse (um nicht zu sagen Wahrheiten), die diese theoretischen Ansätze - je nach dem, wie sie aufgefasst werden - hervorbringen, tauglich sind, um der Befreiung von Individuen zu dienen? (Du siehst schon: die Unterstellung, Wahrheit werde politisch-pragmatischen Aspekten untergeordnet.)
"Einzelwissenschaften" stellen sich also fundamentale Fragen, kritisieren gegenseitig die Annahmen der jeweiligen Opponenten - nur manche scheinen zu glauben, es sei damit nicht getan, man will sich wie Philosophen zu gebärden. Und wie schön ist es, sich endlos zu streiten und immer selber recht zu behalten. - Keine philosophische Haltung! Hier liegt m.E. ein großer Irrtum. Nur weil philosophische Fragestellungen zu neuen Methodiken in der Wissenschaft führen, sollten die Auseinandersetzungen über diese grundsätzlichen Fragestellungen und Methodiken nicht dazu führen, Postulate zu formulieren, die über die je eigene "Einzelwissenschaft" hinausgehen. Es ist nun mal nicht deren Aufgabe, Wahrheiten zu formulieren. "Jede historische Darstellung findet immer im Narrativ statt, deshalb ..." Deshalb was? Das Narrativ ist natürlich trivial: "Du glaubst nicht, was ich gestern erlebt habe, es war also dergestalt, ich erzähle es Dir mal, es war so: ..." Es ist nicht gesagt, dass die nun folgende Erzählung eine "Konstruktion" ist - sie kann auch buchstäblich wahr sein. Eine realistische Auffassung von Geschichte lässt sich so leicht nicht aus dem Ring stoßen. Natürlich muss sie jemand erzählen. Für Literaturwissenschaftler interessant - aber für Historiker?
Sich also immerzu endlos streiten, wenn es um Gender, Dekonstruktivismus usw. geht, oder CW, dahinder stehen politische Absichten oder ein philosophischer Furor, der sich nur das falsche Gebiet ausgesucht hat. (So meine These.)
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