Montag, 20. Mai 2013
Von der Herkunft der Redewendungen
Die ursprüngliche Bedeutung volkstümlicher Sprechweisen ist etwas, mit dem ich als Alltagshistoriker mich regelmäßig beschäftige und die ich hochinteressant finde. Als das öffentliche Waschen der Hausfrauen auf den Ratsbleichen um 1800 herum mehr und mehr von professionellen Waschfrauen übernommen wurde, die die Wäsche in den Haushalten, die in der Lage waren sie zu bezahlen abholten und dort auch wieder ablieferten erlangten diese Waschweiber eine wichtige soziale Funktion. Ob ein Mann die Ehefrau schlug oder er sie oder sie ihn betrug, die Kinder die Schule schwänzten etc., nichts entging den Waschfrauen, und sie unterhielten sich bei der Arbeit auf der Bleichwiese darüber, ebenso, wie Einsteigediebe aus den Erzählungen der Waschfrauen wertvolle Informationen gewinnen konnten. Die Bezeichung für diese Gespräche wurde aber lautmalerisch aus den Geräuschen abgeleitet, die bei der Wäsche entstanden: Klatschen und tratschen.


Noch in meiner Kindheit drohten Eltern ungezogenen Kindern "Du fängst dir heute noch ne Naht ein", und das kommt daher, dass die Prügelstrafe, z.B. Peitschenhiebe, in früheren Zeiten so heftig zur Anwendung kam, dass hinterher Wunden genäht werden mussten. Adlige Jünglinge waren von der Prügelstrafe ausgenommen, sie hielten sich einen eigenen Prügelknaben, der statt ihrer geschlagen wurde. Makaber ist auch die ursprüngliche Bedeutung von gespannt sein oder etwas spannend finden, denn das bezieht sich auf die Streckbank, auf der Delinquenten vom Henker so lange gespannt wurden bis die Oberarmköpfe aus den Gelenken sprangen. Nicht ungeschoren davonkommen bezieht sich darauf, dass zum Tod durch Enthaupten Verurteilten vor der Hinrichtung die Haare geschoren und der Nacken ausrasiert wurde, damit der Axt oder dem Schwert keine Haare im Weg waren.


Auf den Hund gekommen sein hat gleich mehrere Bedeutungen: Im Dreißigjährigen Krieg begruben Bauern, die Plünderungen fürchteten, ihre Notgroschen unter dem eigenen Hof und markierten die Stelle als Grab für einen toten Hund. Aber auch die Kassetten, in denen Geld aufbewahrt wurde zeigten an ihrem Boden die bildliche Darstellung eines Hundes, wer auf den Hund gekommen war hatte also kaum noch Geld in der Kassette. Schließlich gab es den Brauch, dass ein vom Galgen Begnadigter mit einem toten Hund auf den Schultern um die Stadt ziehen musste.

Sich matt fühlen, matt sein kommt aus dem Arabischen (mata=besiegt, überwältigt, tot), Schachmatt hingegen ist umstritten: Schah mat hieße in persisch-arabischer Wortkombination "Der König ist bedroht oder auch tot", "Shah margbad" "Tod dem König" und "Shah mordebad" "Der König wurde getötet".

Festzuhalten bleibt, dass Begriffe aus orientalischen Sprachen schon sehr früh Eingang ins Deutsche hielten und dass die Gemeinsamkeiten indogermanischer Sprachen (deutsch: "Wissen", Sanskrit/Hindi: "Veda") teils frappierend sind. Aber auch aus dem Arabischen haben die Deutschen viele Lehnwörter:
"Machāzin" arabisch bebilderte Texte (Magazin), "Maṭraḥ" Bodenkissen (Matratze, Matte), "Ta´rifa" Bekanntmachung des Preises (Tarif) usw.

Eine in dem Kontext sehr erhellende Sprache ist Serbokroatisch mit einer gesamtslawischen Grundstruktur und etwa gleich vielen Lehnwörtern aus dem Venezianischen, Deutschen, Türkischen, Griechischen und Lateinischem. Sexualnost i psyckiki Problemski sim absoluti Tabutemi verstehen alle, ebenso, wie ein Friserski, ein Palatschino (Palatschinken) oder eine Konnoba (Kneipe) nicht weiter erklärt werden müssen. Ein Kiosk ist übrigens eigentlich ein türkischer Pavillon (Köschke) bzw. der persische Begriff für eine gemauerte Ecke (Göse), meist als Basis eines Gewölbebogens (Iwan), in der bwz. unter dem sich Sitz-und Liegegegenheiten (Diwan) befanden.

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Einfach zeitlos schön!

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