Dienstag, 9. Oktober 2007
Todesstag eines großen Revolutionärs
Nachdem zum Todestag von Che Guevara anderswo schon viel gesagt wurde, möchte ich auf den sich demnächst jährenden Todestag eines weit weniger bekannten, aber viel netteren Revolutionärs hinweisen.
Ausgerechnet ich muss das sagen, aber für meinen Spitznamen kann ich ja nichts. Thomas Sankara, der Liebling des Jungen Afrika und Begründer des Staats Burkina Faso, was Land der Unbestechlichen bedeutet, starb am 15. Oktober 1987 durch reaktionäre Militärs, die sich dafür rächten, dass er ihre Korruptionssümpfe trockengelegt hatte (trockengelegt klingt komisch in einem Land wie Burkina Faso):

http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Sankara


"Revolutionäre und Individuen kann man ermorden, aber Ideen lassen sich nicht töten."

"Nehmen sie meinen Fall: Von 1000 Kindern, die im gleichen Jahr wie ich geboren wurden, ist die Hälfte in den ersten drei Lebensmonaten gestorben. Ich hatte das unverschämte Glück davonzukommen. Ich hatte auch das Glück, in der Folge nicht Opfer einer jener Krankheiten zu werden, die wir hier in Afrika kennen und die die Menschen aus meinem Jahrgang weiter dezimiert hat. Ich gehöre zu jenen 16 Kindern von 100, die zur Schule gehen konnten. Das war eine weitere unerhörte Chance. Ich gehörte zu jenen 18 von 100 Eingeschulten, die bis zur mittleren Reife kamen, und zu jenen 300 Jugendlichen im ganzen Land, die ins Ausland gehen und ihre Ausbildung vervollständigen und bei der Rückkehr sicher sein konnten, einen Arbeitsplatz zu finden. Ich gehörte zu den zwei auf 100 Soldaten, die in sozialer Hinsicht einen stabilen und gut bezahlten Platz haben . Wir sind es, die in der Stadt leben, die den Ton angeben, die der Weltöffentlichkeit erklären, was hier geht, was nicht geht und wie man die Situation hier einzuschätzen hat. Wir sind es, die von Menschenrechten sprechen, von der sinkenden Kaufkraft, vom Klima des Terrors. Wir vergessen dabei, daß wir Tausende von Kindern zum Tode verurteilt haben, weil wir nicht akzeptierten, daß unsere Gehälter auch nur ein kleines bißchen gesenkt werden sollten, um so eine kleine Gesundheitsstation zu finanzieren. Und wir haben die Weltöffentlichkeit nicht aufgerüttelt angesichts des Skandals, den diese Toten darstellen. Wir tragen unsern Teil bei zur internationalen Komplizenschaft des guten Gewissens. 'Ich vergebe dir deine Fehler, du vergibst mir die meinen. Ich schweige zu deinen schmutzigen Geschäften, du schweigst zu meinen Untaten, und wir beide gehören zu den sauberen Leuten."

"Gewiß",man führt nicht grundlegende Veränderungen durch ohne ein Minimum an Wahnsinn. In diesem Fall wird dies zu Nonkonformismus, zum Mut, den bekannten Formeln den Rücken zu kehren, die Zukunft zu erfinden. Vor allem brauchte es die Verrückten von gestern, damit wir uns heute so außerordentlich klarsichtig verhalten können. Ich möchte zu dieser Sorte von Verrückten gehören."

"Die Kolonialmächte haben eine Welt mit willkürlich gezogenen Grenzen geschaffen, die sie die Dritte nennen, eine Rumpelkammer, mit der sie umgehen,wie es ihnen nützt. Die Dritte Welt muss sich erheben, die drei Kontinente müssen mit einer Stimme sprechen."

"Die Freiheit muss die Herzen der Menschen erfüllen. Der Sozialismus darf nicht mit Gewehren und nicht gegen die Massen verwirklicht werden. Nicht mit dem Wort der Gewalt, sondern der Gewalt des Wortes müssen die Revolutionäre siegen."

"Dafür, dass alle Afrikaner etwas zu essen haben und lesen können lohnt es sich, den Reichen etwas wegzunehmen. Solidarische Menschen aber geben freiwillig."

"Ich möchte kein Mensch sein, der für sich selbst kämpft, sondern für alle Anderen und mit allen Anderen."

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Erinnert mich
ein wenig an Allende, auch wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anders waren. Aber »Sozialismus durch Überzeugung«, das ist mir natürlich sehr sympatisch. Wer die besseren Ideen hat, braucht sich schließlich nicht zu verstecken....

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Ich les sowas gerne, aber sofort meldet sich eine Stimme die sagt, dass sehr viele Leute "richtige" Gedanken äußern können, aber viel weniger die soziale oder politische Situation eines Landes ein bischen besser machen konnten.
Und die sind hinsichtlich der Äußerung von "richtigen" Gedanken manchmal eher schweigsam.
Die breite, weit in die Gesellschaft hineinreichende Koalitionen bilden können und auf dieser Basis eine effektive Politik betreiben. Ich glaub, dass wir da in unserer eigenen Geschichte eine Menge guter Leute hatten. Oder wie dem Francismo in Spanien das Licht ausgedreht wurde. Und natürlich die chilenische Concertación. Niemand hätte es vor 8 Jahren für möglich gehalten, dass die Pin8-Sippe jetzt in U-Haft sitzt, die Ekel-Rechte nur noch allgemein erkennbar extrem lächerlich rumzetert und eben auch die vernünftigeren Teile dieser Rechte die Verhaftung auch noch gutheißt.
Wenn Klassengegensätze und Privilegien jemals abgebaut wurden, dann durch kluge Kompromisse und Koalitionen. "Richtige" Gedanken haben leider manchmal die Eigenheit, dass sie polarisieren und das ist imho für die Linke sehr oft schlecht ausgegangen.

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Der harte Kern
Der harte Kern, einer Kirsche zum Beispiel, ist immer ungenießbar. Er wird ausgespuckt. Bei gutem Boden wird ein Baum aus ihm.

Einerseits. Und andererseits sind die politisch handelnden Subjekte die Massen, weniger Einzelpersonen. Was Einzelne zum ersten Mal gedacht haben, setzen irgendwann Bewegungen, Verbände, Parteien, wie auch immer sich kollektive Kräfte nennen um.

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Dem Francismo das Licht ausgedreht hat eine breite Koalition aus Gewerkschaften, Sozialisten, Linkskatholiken und dem Königshaus. Saltofthearth schreibt da sehr konzise und folgerichtig.

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Der Franquismus starb ja nicht einfach mit Franco. Zwischen Carrero Blancos Himmelfahrt und dem Putschversuch des Obersten Tejero geschahen so einige Dinge. Aber wahrscheinlich war ja für Dich die Etnazifizierung mit dem Tode Hitlers abgeschlossen ;-)

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Dass der König die Demokratie einführte war von Franco aber nicht vorgesehen gewesen, und Carrero Blanco sollte, hätte es Operation Menschenfresser nicht gegeben, wie ein Art Berija den König kontrollieren sollen. Noch 1982 trafen sich an einem Franco-Denkmal putschbereite Offiziere und schworen, das alte Spanien zu beschützen, nur dass es zu einem neuerlichen Putschversuch dann doch nicht mehr kam. Die transicion wurde erst unter Gonzalez abgeschlossen.

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Der Kommandant hat heute Geburtstag. Ich erwarte ein Tribute ;-)

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