Samstag, 13. Mai 2006
Schaut auf diese Stadt!
Heute in Göttingen: Naziaufmarsch, Gegendemo mit 5000 Leuten vom Bündnis gegen rechts, Leistungsshow der Staatsmacht mit Hubschraubern und Wasserwerfern. Keinen Fußbreit den Faschisten!

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Der Sozialismus der Deutschen Bank
Soviel Aufregung um mein letztes Posting, so viel Parolen, die ich als Klischees zu hörengewohnt bin. Neuer Mensch, Negation von Egoismus? Da zitiere ich mal einen Klassiker:

"Alle Revolutionen haben bisher nur eines bewiesen, nämlich, daß sich vieles ändern läßt, bloß nicht die Menschen."
(Karl Marx)

Wenn ich schrieb, dass ich es in bestimmten historischen (revolutionären) Situationen gut finde, wenn streikende Arbeiter (das können auch Angestellte oder sonstwie abhängig Beschäftigte sein) ihr Unternehmen besetzen, für enteignet erklären und die Produktion auf eigene Faust weitwerführen, so meinte ich damit, dass dies die einzige Form von Enteignung ist, die ich akzeptiere, im Gegensatz zu Enteignungen, die von einer Staatsmacht durchgeführt werden. Die autonome dezentrale proletarische Aktion stand hier für mich im Vordergrund. Das heißt nicht, dass es zwangsläufig so kommen muss oder ich das unbedingt so will. Was ich grundsätzlich für erstrebenswert halte, ist eine Gesellschaft, in der es ein garantiertes Mindesteinkommen ohne den Zwang zur Arbeit gibt, und eine Gesellschaft, in der der genossenschaftliche Sektor und die Arbeitnehmerbeteiligung sowohl an Unternehmensgewinnen als auch Unternehmensentscheidungen im Mittelpunkt stehen.


Btw., ich hatte da kürzlich auf einer Party ein sehr interessantes Gespräch mit einem Manager der Deutschen Bank, höheres Tier. Er wusste, wo ich stehe, und meinte, auch er sei für Sozialismus, gerade weil er als Finanzfachmann die Hintergründe kenne, wüsste er, dass es gar keine Alternative gäbe. Und dann entwarf er ein faszinierendes Szenario: Die Produktivität unserer Wirtschaft hängt mit ihrem hohen Grad an Rationalisierung zusammen, die immer schneller geht. Zwangsläufig kommt es dabei zu immer mehr steigender Arbeitslosigkeit; der Großteil der heutigen Arbeitslosen ist arbeitslos, weil sie in der Produktion, der Verwaltung und sehr bald dem Management (das mittlere Management ist eine Berufsgruppe, die demnächst fast komplett aussortiert werden dürfte) nicht mehr benötigt werden, es ist gesellschaftlich erwünscht, dass sie arbeitslos sind, weil nur dies Profitraten sichert. Also müsse man sie dafür bezahlen, dass sie nicht arbeiten. Arbeit als ausschließliche oder hauptsächliche Grundlage des Lebensunterhalts sei ein historisches Auslaufmodell. Statt dass man den HartzIV-Empfängern auch noch ihr angespartes Vermögen wegnehme, sollte man ihnen zusätzlich zum Arbeitslosengeld oder sogar stattdessen Aktienpakete und GmbH-Anteile geben, alle Kleinsparern zu Gesellschaftern machen. Mittelständischen GmbHs und KGs würde durch weite, vom Staat geförderte Streuung zusätzlicher Gesellschaftsanteile frisches Risikokapital verschafft, vom Weltkonzern bis zum Mittelständler könnte aus der Wirtschaft der Gewinn in die gesamte Gesellschaft zurückfließen, und Publikumsgesellschaften wie BASF, Deutsche Bank oder VW würden durch weiteste Aktienstreuung tatsächlich zu volkseigenen Betrieben, ohne ihre Dynamik zu verlieren.

Gut, mit meinen Vorstellungen eines revolutionären Sozialismus hat das nichts zu tun, aber es war ein sehr interessantes Gespräch. Ich hatte ja schon öfter festgestellt, dass es in den Kreisen helle Köpfe gibt; Herrhausens Vorschlag, der Dritten Welt die Schulden zu erlassen, war ein Beispiel dafür.

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che2001, Freitag, 12. Mai 2006, 19:08
Wie meistens, auch-einer, geht Dein Beitrag in eine erhellende Richtung - und ich denke da gerade an meine IT-Erfahrungen mit nichtnur einem sehr unhierarchischen, chaotischen und liebenswerten Unternehmen...

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