... newer stories
Donnerstag, 18. Mai 2006
Endgültig letzte Bemerkung zu Frau Ali/Magan
che2001, 17:57h
Ich bin nicht unschuldig daran, dass ein ziemlich langer Thread entstand, der im Diskusionsverlauf von meinen ursprünglichen Intentionen abwich und der phasenweise ziemlich verunglückte, insofern eine Nachbemerkung: Ayaan Hirsi Ali ist eine recht schillernde und zwiespältige Person. Einerseits ist sie scharfe Gegnerin einer Integrationspolitik, die auf Ghettoisierung hinausläuft (bin ich auch, wenn auch mit anderem Schwerpunkt), einerseits hat sie sich gegen Zuzugsbeschränkung von MigrantInnen ausgesprochen und sogar ein Recht auf Wirtschaftsmigration proklamiert (tue ich auch), andererseits verlangt, dass nicht integrationsbereite MigrantInnen ausreisen sollten und eine Integrationspflicht proklamiert (knifflig bis grenzwertig). Ihr Vergleich von Frauenunterdrückung mit der Shoah ist andererseits unsäglich und stellt sie in Gesellschaft der unappetitlichsten Leute. Auch ein Satz wie "Es ist für eine Frau zwischen 14 und 44 Jahren auf dieser Welt wahrscheinlicher, dass sie durch ihre eigene Familie ermordet wird, als dass sie an Malaria, an Krebs, im Krieg oder bei einem Autounfall umkommt." erscheint mir ebenfalls höchst fragwürdig. Zu sagen: "In vielen Ländern dieser Welt ist Ermordung durch Angehörige der eigenen Familie für jüngere Frauen eine wahrscheinliche und häufige Todesursache" wäre sicherlich seriöser.
Die Nähe zu Theo van Gogh, der Muslime "Ziegenficker" nannte, schon mal wegen antisemitischer Ausfälle der heftigeren Art vor Gericht stand und seinerseits zeitweise dem Wohlstandsrassisten Pim Fortuyn nahestand, macht zumindest stutzig. Und wenn sie jetzt für einen rechten Think-Tank in den USA arbeitet, könnte daraus ein Aha! werden.
Endlich stellt sich die Frage, wieso eine Frau mit laut eigenem Bekenntnis feministischen Positionen und asylpolitischem Engagement sich ausgerechnet in einer Partei engagiert, die an der Verschärfung des niederländischen Asylrechts mitgewirkt hat.
Andererseits verwundert der Zeitpunkt der Aberkennung ihrer Staatsangehörigkeit und die ungeheure Schnelligkeit, in der das durchgezogen werden soll. Soll hier eine Kritikerin einer scharfen Gangart in der niederländischen Asylpolitik kaltgestellt werden?
Mein "Schmunzeln" galt den Krokodilstränen, die bei kulturalistisch-xenophoben Leuten über die Ausweisung der Dame geweint werden, nicht ihrer Ausweisung selber.
Die Nähe zu Theo van Gogh, der Muslime "Ziegenficker" nannte, schon mal wegen antisemitischer Ausfälle der heftigeren Art vor Gericht stand und seinerseits zeitweise dem Wohlstandsrassisten Pim Fortuyn nahestand, macht zumindest stutzig. Und wenn sie jetzt für einen rechten Think-Tank in den USA arbeitet, könnte daraus ein Aha! werden.
Endlich stellt sich die Frage, wieso eine Frau mit laut eigenem Bekenntnis feministischen Positionen und asylpolitischem Engagement sich ausgerechnet in einer Partei engagiert, die an der Verschärfung des niederländischen Asylrechts mitgewirkt hat.
Andererseits verwundert der Zeitpunkt der Aberkennung ihrer Staatsangehörigkeit und die ungeheure Schnelligkeit, in der das durchgezogen werden soll. Soll hier eine Kritikerin einer scharfen Gangart in der niederländischen Asylpolitik kaltgestellt werden?
Mein "Schmunzeln" galt den Krokodilstränen, die bei kulturalistisch-xenophoben Leuten über die Ausweisung der Dame geweint werden, nicht ihrer Ausweisung selber.
... link (10 Kommentare) ... comment
Das "Scheitern der Multikultur"
che2001, 12:02h
Was bei der ganzen Debatte um Ayaan Hirsi Ali/Magan mitschwang und sozusagen die Matrix für die sich in diesem Umfeld abgelaufenen Konflikte bildete, ist die Diskussion darüber, ob die multikulturelle Gesellschaft in Westeuropa gescheitert sei. Unsereins hatte ja schon 1990 das grüne Konzept des Multikulturalismus als Multitrassismus kritisiert. Jeder Ethnie ihre Identität zu lassen, möglichst viele Moscheen, Kulturzentren und meinetwegen Pagoden bauen zu lassen und zu denken, das wird schon werden führt eher zu Ghettobildung als zu etwas Wünschenswertem. Interkulturalität, nicht Multikulturalität wäre die eigentliche Forderung, voneinander Lernen, Austausch der Kulturen untereinander, wechselseitiges Wachstum. Teilweise funktioniert das ja auch. Ich kenne genug Menschen nordafrikanischer, türkischer, persischer, kurdischer und israelopalästinensischer Herkunft (man kann durchaus beides zugleich sein), die nicht nur in Deutschland hervorragend integriert sind, sondern eine eigene kulturelle Identität entwickelt haben, die sich zwischen den Kulturen befindet. Voraussetzung dafür ist, neben der individuellen Bereitschaft, eine Umgebung, die am Austausch interessiert ist. Das Konzept des Multikulturalismus nimmt die MigrantInnen nicht wirklich ernst. Selbst wenn ihr Anderssein als Bereicherung empfunden wird, so setzt es sich häufig nicht mit den Bedingungen des Andersseins auseinander, etwa, wenn mit der Tolerierung des muslimischen Glaubens auch Sexismus und Frauenunterdrückung toleriert werden. Eine Vorstellung, die Multikultur als Bereicherung betrachtet, ohne sich differenziert mit den Problemen und sehr differierenden Interessenlagen der MigrantInnen auseinanderzusetzen, hat etwas latent Rassistisches. Da bleibt im schlimmsten Fall nichts Anderes übrig, als öfter fremdländisch zu essen und multikulturelle Stadtfeste zu konsumieren. Ganz hart und etwas überspitzt gesprochen wird die multikulturelle Gesellschaft dann zum Völkerzoo. Ich erinnere mich noch mit Belustigung an die Szene, als, vor einem Deutschkurs für Ausländerinnen, der noch nicht begonnen hatte, wartend einige extrem chic und ziemlich scharf gekleidete Libanesinnen und Iranerinnen auf zwei Frauen in tiefschwarzer Totalverschleierung losgingen, sie an den Armen festhielten und wütend auf sie einschrieen. Die Dozentin, eine naiv-ökopazifistische Grüne, ging dazwischen und ermahnte die Frauen, Toleranz walten zu lassen, wir Deutschen akzeptierten sie in unserem Lande, dann müssten sie auch konservative Muslimas akzeptieren. Darauf kam die wutentbrannte Antwort: "Hizbollah! Diese Frauen sind Hizbollahi! Die sind der Grund, dass wir unser Land verlassen mussten!" Darauf wusste die Dozentin keine Antwort.
- Meine ganzen persischen, kurdischen usw. Freunde sind Leute, die schon in der Gesellschaft ihres Heimatlandes dagegen waren. Vielleicht ist die Tatsache, dass man nicht nur einer verfolgten Minderheit angehörte, sondern bewusst für deren Rechte eintrat, und dass man als Jugendlicher gegen die Welt der Eltern rebellierte, eine besonders gute Voraussetzung dafür, wirkliche Interkulturalität auszubilden oder aber sich in hohem Maße zu integrieren, was ja nicht gleich Assimilation bedeuten muss. Einer meiner kurdisch-irakischen Freunde kehrte nach dem letzten Golfkrieg in seine Heimat zurück und hatte dort einen guten Job. Nach kurzer Zeit war er wieder hier. Das Land war ihm fremd geworden, er definiert sich jetzt als deutscher Linker
kurdischer Herkunft.
Die Lösung? Ich weiß sie nicht, aber die kulturchauvinistische "Leitkultur" kann es jedenfalls nicht sein. Beide Wege, Leitkultur und Multikulturalismus, sind bequem: Bei bestimmten Problemen wird weggeschaut. Es muss einen dritten Weg geben.
Unter anderen Aspekten hatten wir das Thema ja schon mal beim Wickel:
http://che2001.blogger.de/stories/400268/
http://che2001.blogger.de/stories/409400/
- Meine ganzen persischen, kurdischen usw. Freunde sind Leute, die schon in der Gesellschaft ihres Heimatlandes dagegen waren. Vielleicht ist die Tatsache, dass man nicht nur einer verfolgten Minderheit angehörte, sondern bewusst für deren Rechte eintrat, und dass man als Jugendlicher gegen die Welt der Eltern rebellierte, eine besonders gute Voraussetzung dafür, wirkliche Interkulturalität auszubilden oder aber sich in hohem Maße zu integrieren, was ja nicht gleich Assimilation bedeuten muss. Einer meiner kurdisch-irakischen Freunde kehrte nach dem letzten Golfkrieg in seine Heimat zurück und hatte dort einen guten Job. Nach kurzer Zeit war er wieder hier. Das Land war ihm fremd geworden, er definiert sich jetzt als deutscher Linker
kurdischer Herkunft.
Die Lösung? Ich weiß sie nicht, aber die kulturchauvinistische "Leitkultur" kann es jedenfalls nicht sein. Beide Wege, Leitkultur und Multikulturalismus, sind bequem: Bei bestimmten Problemen wird weggeschaut. Es muss einen dritten Weg geben.
Unter anderen Aspekten hatten wir das Thema ja schon mal beim Wickel:
http://che2001.blogger.de/stories/400268/
http://che2001.blogger.de/stories/409400/
... link (12 Kommentare) ... comment
... older stories