Mittwoch, 22. November 2006
Feuerwehr feuert auf Polizei
Dass bei Demos in Frankreich schon immer extrem proletarisch auf den Bolzen gehauen wird ist nichts Neues. Das hier aber erstaunt dann doch:


http://www.gmx.net/de/themen/nachrichten/ausland/europa/3251008.html

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TV wie bei Vatern
Ich war gestern abend bei meinen Eltern zu Besuch und guckte mit Vater eine Guido-Knopp-Sendung zur Schlacht von Verdun. Nun ist mein Vater jemand, der eine Fernsehsendung nicht aufmerksam verfolgt, sondern, was ich lästig finde, permanent kommentiert. So entstand eine Diskussion, in deren Verlauf Vater sagte, das Beste, was einem Soldaten in einem der beiden Weltkriege passieren konnte, sei es gewesen, gefangengenommen zu werden. Ich erwiderte darauf, das käme auf die Situation an, deutsche Soldaten, die von den Russen in Stalingrad gefangengenommen wurden, wurden zur Zwangsarbeit nach Sibirien deportiert, und die Deutschen gingen mit russischen Kriegsgefangenen vielfach noch schlimmer um. Nach dieser Sendung gab es das Heute-Journal, und mit Vater Nachrichten schauen besteht daraus, dass er vom ersten Bild an erzählt, was er von der aktuellen Nachrichtenlage hält und von den Nachrichtensprechern, so dass man kaum in der Lage ist, der Sendung selber zu folgen. So erzählte er eingangs, die Hizbollah hätte Pierre Gemayel ermordet, um sich dann darüber auszulassen, was er von Marietta Slomka als Person denke. Irgendwann unterbrach ich ihn und sagte, ich wollte eigentlich die Nachrichten mitbekommen. Beleidigt (was ich aber nicht gleich bemerkte) verließ er das Wohnzimmer und begab sich in die Küche. Nach der Sendung teilte ich ihm mit, dass hinsichtlich der Ermordung Gemayels kein einziges Mal das Wort Hizbollah gefallen sei, sondern dass es eher danach aussehe, dass der syrische Geheimdienst dahinterstehe und dass im Augenblick ein Kippen der öffentlichen Meinung im Libanon in eine antisyrische und eher prowestliche Richtung konstatiert würde. Ich hielt das vom Nachrichtenwert her für interessant, er aber explodierte und fragte, warum ich "gegen uns" sei. Als ich nachfragte, was er denn damit meinte, bekam ich zu hören, ich wäre für die Hizbollah, wenn ich sagte, dass die Gemayel nicht ermordet hätte, und außerdem hätte ich gesagt, die Russen hätten sich im Zweiten Weltkrieg fair verhalten und die Deutschen wären die Bösen gewesen. Ich versuchte zwar, das richtigzustellen, bekam dann aber eine Tirade zu hören, derzufolge es die Einsatzgruppenmorde der Nazis an der Ostfront nicht gegeben habe und ich für Bomber Harris, die Rote Armee, die Hizbollah, Al Kaida, die Serben und immer wieder gegen "uns" sei, wobei das damit zusammenhängende "wir" gleichzeitig die deutsche Wehrmacht und Israel umfasste. Irgendwann kam Mutter dazwischen und meinte grinsend: "Hau ab!", und ich ging und ließ ihn mit weiteren Auslassungen die Wand anquatschen.

Was für mich gestern nur ein albernes Ereignis und ziemlich lächerlich war, ist in meiner Kindheit und Jugend einmal eine geradezu traumatische Erfahrung gewesen: Eine eigene, differenzierte Meinung zu vertreten und sich dabei an Erkenntnisinteresse bzw. Annäherung an Wahrheit zu orientieren, wurde von bestimmten Leuten (dunnemals Vater, Lehrer, Mitschüler) mit wutentbrannter, blinder und tendenziell faschistischer Aggression beantwortet. Und für eine bestimmte Generation scheint es typisch zu sein, gleichzeitig die Nazis in Schutz zu nehmen und für Israel zu sein, beides eigentlich nur eine Metapher für
1) man hat selber recht
2) Ausländer, speziell muslimische, sind böse (oder Untermenschen)
3) Wer die deutsche Politik, Gesellschaft oder Mißstände in ihr kritisiert, ist ein Feind, der eliminiert gehört. Im Zweifelsfall reicht es schon aus, undeutsche Speisen zu essen (Döner z.B.).
4) irgendwie muss der Jude her, um diesen Standpunkt gegen Kritik zu schützen.
Oder so.

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