Montag, 13. Januar 2014
Voraussetzungen für Abschiebungen -aus einem Lagebericht des Auswärtigen Amts
Das Auswärtige Amt erstellt regelmäßigt interne Dossiers, in denen die Lagen in den verschiedensten Staaten bewertet wird. Diese Dossiers bilden die Basis des behördlichen Handelns z.B. bezüglich Visavergabe und Abschiebungen. In dem Dossier zu Montenengro heißt es:


"I. Allgemeine politische Lage
Nach einem Referendum über die Unabhängigkeit des Landes am 21. Mai 2006 hat sich
Montenegro als eigenständiger Staat friedlich von Serbien losgelöst. Seither hat der junge
Staat dank eines im regionalen Vergleich tendenziell hohen Wirtschaftswachstums, der
gelungenen Einbindung nationaler Minderheiten in die Regierung, nahezu konfliktfreier
Beziehungen zu allen Nachbarstaaten und voranschreitender Reformen die Eigenständigkeit
festigen und seine demokratischen Strukturen sukzessive konsolidieren können.
Diese Fortschritte anerkennend hat die Europäische Union am 29. Juni 2012 Beitrittsverhandlungen
mit Montenegro aufgenommen. Vorausgegangen war ein außerordentlicher Fortschrittsbericht
der Europäischen Kommission im Mai 2012 mit entsprechender Empfehlung.
Hierin hat die Kommission die Reformen der vergangenen Jahre gewürdigt und gleichzeitig
die Notwendigkeit der effektiven Implementierung, insbesondere bei der Bekämpfung von
Korruption und organisierter Kriminalität sowie zur Stärkung des Justizsektors, unterstrichen.
Der Verhandlungsrahmen legt erstmals einen besonderen Schwerpunkt auf die Kapitel 23
(„Justiz und Grundrechte“ und Justiz) und 24 („Recht, Freiheit Sicherheit“ – u.a. Kampf
gegen organisierte Kriminalität und Korruption) des EU-Acquis. Die Reformfortschritte
werden anhand definierter Etappenziele („interim bench-marks“) fortlaufend gemessen. Der
Rat hat bei unbefriedigenden Zwischenergebnissen die Möglichkeit, die Öffnung oder
Schließung weiterer Kapitel auszusetzen. Mit diesem Ansatz soll das Reform-Momentum
sowie der Druck zur Fort- bzw. Umsetzung des Reformprozesses in den kritischen Bereichen
aufrechterhalten werden. Dieser Ansatz wird sowohl von der Regierung als auch von Medien,
Nichtregierungsorganisationen und oppositionellen Kräften in Montenegro befürwortet.
Das politische Leben in Montenegro ist durch eine starke Polarisierung zwischen der seit
Jahrzehnten dominierenden Regierungsmehrheit und einer (selten geschlossen auftretenden)
Opposition gekennzeichnet. Ritualisierte Schlagabtausche und persönliche Verunglimpfungen
sind an der Tagesordnung – nicht nur im politischen Alltag, sondern auch im Mediensektor
und in Teilen der sehr lebendigen Zivilgesellschaft. Dennoch hat sich die Regierung über die
Jahre als handlungsfähig und das politische System – mit dem Erstarken neuer Parteien – als
offen erwiesen.
Die Wahlbeobachtungsmission von OSZE/ODIHR stellt in ihrem abschließenden Bericht zu
den Parlamentswahlen vom 14. Oktober 2012 fest, dass diese in einem friedlichen und
pluralistischen Umfeld stattfanden. Sie weist allerdings auch auf Indizien für einen Mangel
öffentlichen Vertrauens in den Wahlprozess hin und nennt Verbesserungsbedarf zum Beispiel
mit Blick auf die Wählerlisten, Überwachung der Finanzierung der Wahlkampagnen und
Prüfung von Beschwerden. Der Abschlussbericht der OSZE/ODIHR zur Präsidentschaftswahl
am 7. April 2013 akzentuiert diese Kritik. Das montenegrinische Parlament hat daraufhin eine
Arbeitsgruppe eingerichtet, deren Ziel es ist, durch entsprechende Änderungen des Wahlrechts
das Vertrauen der Montenegriner in den Wahlprozess zu stärken. Dies und die Wählermobilisierung
bei der Parlamentswahlen (70 % im Vergleich zu 66 % 2009) sind Fortschritte
im demokratischen Reifeprozess Montenegros. Auch in der Wahrnehmung der Bevölkerung
findet eine langsame, aber stetige Stärkung der demokratischen Strukturen statt. Demgegenüber
nehmen die wirtschaftlichen Probleme und sozialen Härten für viele Menschen
spürbar zu."


Richtig spannend wird der Lagebericht hinsichtlich der Situation der Roma.


Entgegen nämlich der von der Bundesregierung angeführten Behauptung, für eine "rechtsmissbräuchliche" Schutzsuche im europäischen Ausland gäbe es keine Begründung verweist der Bericht auf folgende Fakten:

- Ein erheblicher Teil der in Montenegro lebenden Roma lebt ohne gültige Personaldokumente im Land - mit der Konsequenz, dass ihnen den Zugang zu sozialer Fürsorge, medizinischer Versorgung, Ausbildung und Beschäftigung verwehrt ist. Betroffen sind insbesondere Roma-Flüchtlinge: Unter den rund 1.450 in Konik (I und II) lebenden Roma-Flüchtlingen hätten bislang weniger als 10 Personen ihren Rechtsstatus formalisiert. Viele Flüchtlinge haben während des Großbrandes im Juli 2012 gegebenenfalls vorliegende Papiere verloren.

- Nach offiziellen Angaben besuchen lediglich 51% der Roma-Kinder im schulpflichtigen Alter eine Schule. UNICEF geht von einem noch erheblich niedrigeren Anteil aus. Lediglich 10% der Schulkarrieren von Roma-Kindern führen nach Recherchen der lokalen Menschenrechtsorganisation „Human Rights Action“ zu einem Abschluss, wobei 2% eine weiterführende Schule beenden.

- Die Arbeitslosenquote unter Roma liegt "um ein Vielfaches" über der Arbeitslosenquote in der Gesamtbevölkerung (rund 20%). 63,3% der Montenegriner seien der Auffassung, dass Roma in der montenegrinischen Gesellschaft diskriminiert werden. Die Schwierigkeiten der Roma auf dem Arbeitsmarkt seien neben dem niedrigen Ausbildungsniveau auch auf eine geringere Bereitschaft zurückzuführen, Roma einzustellen. Der geplante Bau von Sozialwohnungen für Roma habe in mehreren Orten zu öffentlichen Protesten geführt.

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Die Fallstricke des sich periodisch selbst neu Erfindens am Beispiel von Miley Cyrus
Der geneigte Leser und die informierte Leserin wissen wohl noch, dass es um Detlef Hartmanns Sentenz, gegenüber der Biederkeit früherer Zeiten sei periodisches sich selbst neu erfinden anhand von Elementen, die durchaus außerhalb der eigenen Persönlichkeit vorgefertigt würden heute ein dominantes role model heftige Blogauseinandersetzungen gab.


Bezogen war das eigentlich auf eine industriesoziologische Thematik, aber im popkulturellen Kontext ist das geradezu striking. Es vergeht kaum ein Monat, in dem sich Miley Cyrus nicht irgendwo öffentlich entblößt, um durch kalkulierte Skandälchen die eigene öffentliche Wahrnehmung zu pushen, was ihr mit ihrer belanglosen Trällermusik nicht gelingen würde. Damit segelt sie im Fahrwasser von Madonna, Britney Spears und Lady Gaga. Während nun allerdings Madonna und Lady Gaga ein Format haben, dass Miley Cyrus noch nicht hat und Britney Spears nie erreichen wird, zeigt sich an ihrer Selbstinszenierung als Superbitch ein interessantes Vorher-Nachher-Phänomen. Playmate Jana Vespermann hatte in einem Interview mal gesagt, die Inszenierung weiblicher Körper in der Öffentlichkeit würde in einer heterosexistischen Gesellschaft (nein, diese Formulierung gebrauchte sie nicht, ist jetzt von mir, dennoch sagte sie das sinngemäß) einen maximalen Medien-Approach bewirken und sei somit eine Standardmethode des Marketings. Und da ist es dann interessant, die Geschichte von Miley Cyrus mit der von Britney Spears zu vergleichen. Britta Speer hat sich selbst ja schon ein paarmal neu erfunden: Als superschlanke Bodyshaping-Ikone, zwischendurchmal mit Bauch und eher ungelenk herumhampelnd, inzwischen wieder als rattenscharfe Stangentänzerin, Bühnendomina und Erotikqueen, die für sich in Anspruch nimmt, die zweite, jüngere Madonna zu sein. Dabei fällt unter den Tisch, wie sie zu Anfang ihrer Karriere auftrat. Als sie erstmals die Charts stürmte erzählte sie lang und breit, dass sie noch Jungfrau sei und jeden Abend das Vaterunser bete. Die Traumfrau der konservativen republikanischen Rednecks, die dann auch Wahlkampf für George Doubleu Bush machte.

Ihre Manager kamen dann irgendwann auf die Idee, dass eine schöne langhaarige Blondine mit einem Schlampenimage viel erfolgreicher sei, und dann fing sie an, dies zu bedienen. Da findet sich eine Parallele zu Miley: Bis vor kurzem und über viele Jahre hinweg war sie Schauspielerin in einer Disney-Serie, in der sie ein kreuzbraves Countrygirl darstellte.

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