Samstag, 25. Januar 2014
Flüchtlingsrat Niedersachsen zu aktuellem Rassismus
che2001, 01:01h
Eine interessante Analyse zur Zusammensetzung und Arbeitsweise einer "typischen"
Initiative gegen eine Asylunterkunft findet sich auf der Seite des "Göttinger
Instituts für Demokratieforschung", siehe
http://www.demokratie-goettingen.de/blog/protest-gegen-eine-geplante-asylunterkunft
Wesentliche Merkmale:
- Abgrenzung gegen rechts
- gut situierte und gebildete Mitglieder, überwiegend älter
- hohes Fachwissen
- Anknüpfung an kritische Diskurse der Flüchtlingsgruppen ("Isolation", "keine
Möglichkeiten für Flüchtlinge")
- Ablehnung von vermittelnden Institutionen
- keine primäre Orientierung auf Öffentlichkeit, juristisch-bürokratische
Intervention
- latent Xenophob
Solche Initiativen, wie wir sie - in durchaus unterschiedlicher Ausprägung, aber
doch mit ähnlichen Vorzeichen - auch in Hagen, Undeloh, Appel, Bothfeld und
anderswo wiederfinden, sind meistens tödlich beleidigt, wenn man ihnen Rassismus
vorwirft. Sie argumentieren mit ihrem "wohlverstandenen Eigeninteresse" und
wollen mit Rechtsradikalen nicht verwechselt werden. Das gelingt nur zum Teil,
sei es, weil Rechtsradikale sich anhängen und dann doch rassistische Töne laut
werden ("Gefährdung unserer Frauen"), sei es, weil der behauptete "Wertverlust
des Grundstücks" nur in der Logik der Apartheid einen Sinn entfaltet.
Dennoch macht es einen Unterschied, ob Initiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte
- wie in Schneeberg (Sachsen) oder Berlin Hellersdorf - offen rassistisch
auftreten, oder ob sie sich von Rassisten abgrenzen und betonen, sie wollten ja
auch Flüchtlinge aufnehmen, aber doch bitte "nicht nur bei uns" und "nicht so
viele". Es ist beruhigend, dass uns aus Niedersachsen - vom organisierten
Rechtsextremismus einmal abgesehen - aus den letzten Jahren bislang keine
Aufrufe bekannt sind, in denen die humanitäre Verpflichtung, Flüchtlinge
aufzunehmen, in Zweifel gezogen worden wäre. Im hegemonialen Diskurs ist der
Schutz der Flüchtlinge grundsätzlich verankert und akzeptiert. Wohltuend auch
die kritische Distanz der meisten Medien gegenüber populistischen Kampagnen
gegen "Armutsflüchtlinge". Insofern lässt sich feststellen: Die öffentliche
Stimmung ist durchaus eine andere als in den 90er Jahren. Das ändert nichts an
der Gefährlichkeit rassistischer Gewalttäter. Aber sie sind - anders als in
Sachsen - in Niedersachsen weitgehend isoliert und können sich nicht als
"Vollstrecker des Volkswillens" gerieren. Das hat natürlich auch etwas mit der
Tenorierung der niedersächsischen landespolitik zu tun, die um Verständnis für
Flüchtlinge wirbt. Hoffen wir, dass es so bleibt.
Kai Weber
Initiative gegen eine Asylunterkunft findet sich auf der Seite des "Göttinger
Instituts für Demokratieforschung", siehe
http://www.demokratie-goettingen.de/blog/protest-gegen-eine-geplante-asylunterkunft
Wesentliche Merkmale:
- Abgrenzung gegen rechts
- gut situierte und gebildete Mitglieder, überwiegend älter
- hohes Fachwissen
- Anknüpfung an kritische Diskurse der Flüchtlingsgruppen ("Isolation", "keine
Möglichkeiten für Flüchtlinge")
- Ablehnung von vermittelnden Institutionen
- keine primäre Orientierung auf Öffentlichkeit, juristisch-bürokratische
Intervention
- latent Xenophob
Solche Initiativen, wie wir sie - in durchaus unterschiedlicher Ausprägung, aber
doch mit ähnlichen Vorzeichen - auch in Hagen, Undeloh, Appel, Bothfeld und
anderswo wiederfinden, sind meistens tödlich beleidigt, wenn man ihnen Rassismus
vorwirft. Sie argumentieren mit ihrem "wohlverstandenen Eigeninteresse" und
wollen mit Rechtsradikalen nicht verwechselt werden. Das gelingt nur zum Teil,
sei es, weil Rechtsradikale sich anhängen und dann doch rassistische Töne laut
werden ("Gefährdung unserer Frauen"), sei es, weil der behauptete "Wertverlust
des Grundstücks" nur in der Logik der Apartheid einen Sinn entfaltet.
Dennoch macht es einen Unterschied, ob Initiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte
- wie in Schneeberg (Sachsen) oder Berlin Hellersdorf - offen rassistisch
auftreten, oder ob sie sich von Rassisten abgrenzen und betonen, sie wollten ja
auch Flüchtlinge aufnehmen, aber doch bitte "nicht nur bei uns" und "nicht so
viele". Es ist beruhigend, dass uns aus Niedersachsen - vom organisierten
Rechtsextremismus einmal abgesehen - aus den letzten Jahren bislang keine
Aufrufe bekannt sind, in denen die humanitäre Verpflichtung, Flüchtlinge
aufzunehmen, in Zweifel gezogen worden wäre. Im hegemonialen Diskurs ist der
Schutz der Flüchtlinge grundsätzlich verankert und akzeptiert. Wohltuend auch
die kritische Distanz der meisten Medien gegenüber populistischen Kampagnen
gegen "Armutsflüchtlinge". Insofern lässt sich feststellen: Die öffentliche
Stimmung ist durchaus eine andere als in den 90er Jahren. Das ändert nichts an
der Gefährlichkeit rassistischer Gewalttäter. Aber sie sind - anders als in
Sachsen - in Niedersachsen weitgehend isoliert und können sich nicht als
"Vollstrecker des Volkswillens" gerieren. Das hat natürlich auch etwas mit der
Tenorierung der niedersächsischen landespolitik zu tun, die um Verständnis für
Flüchtlinge wirbt. Hoffen wir, dass es so bleibt.
Kai Weber
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